Beiträge von Gert im Thema „BIAS gleich Minimum vom Darkframe ?“

    Hallo Peter/Dolphin,


    Also ich moechte niemandem, der gerade anfaengt sich mit dem Thema zu befassen abschrecken oder vergraulen. Niemand kommt von Null auf Hundert in Nullkommanichts ;)


    Als ich meine Starlight Camera neu hatte, habe ich einfach ein 135er Objektiv vorgeschraubt mit dem bei Starlight vorzueglicherweise vorhandenen Stativschraubwinkel auf den Fotoadapter huckepack aufs Teleskop geschraubt und 20Sek auf den Orionnebel gehalten. Das Ergebnis hat mir prima gefallen, und ob es an Hubble Aufnahmen rankommt oder nicht war mir voellig egal.


    Mein Rat also. Lass' Dich nicht von Experten verschrecken, probier vieles selber aus, dabei lernt man am meisten und das bringt auch das beste 'Erfolgserlebnis'! Der Rest kommt dann von ganz alleine.


    Und natuerlich die Ergebnisse im Forum posten!


    Clear Skies,


    Gert

    Hi Tom und Peter/Dolphin,


    Tom, prima Bilder auf Deiner Seite. Du benutzt ja die HX916, eine schicke Camera. Ich habe die MX716 (vorher die HX516). Bei den Starlight Cameras hat man ein prima Preis/Leistungsverhaeltnis. (Auch wenn es einige Dinge gibt, die ich nicht so toll finde: Ungeregelte Kuehlung + interline CCD mit VBE Problemen). Wenn ich mal ganz kritisch auf Deine Bilder gucke, kann ich sehen, dass Du keine Flats nimmst. Da koenntest Du noch ein wenig raus kitzeln! (Aber das ist ein anderer Thread;-) )


    Peter/Dolphin,
    Tom hat die Gruende fuer Flats ja schon erklaert. Es haengt von vielen Faktoren ab, ob man es sich leisten moechte auf Flats zu verzichten. Sein Statement, ohne Flats und Darks auszukommen kann ich nicht bestaetigen, aber das ist ein anderer Thread. Ich brauche sie, weil ich unter ziemlich aufgehelltem Himmel sitze. Da machen sich auch kleine Unterschiede in der Pixelempfindlichkeit bemerkbar. Ein Beispiel. Bei einer ungefilterten 120Sek Integration von meinem Balkon hat der Himmel Pixelwerte von 10000. Ein schwacher Spiralarm einer Galaxie hat z.B. Pixelwerte von 10200, also nur 200 ueber dem Untergrund. (Klingt nach wenig ist aber noch voll im gruenen Bereich) Wenn jetzt Pixelempfindlichkeiten um 5% schwanken habe ich eine Hintergrundmodulation von 9500 bis 10500. Wenn ich nun bei der Verarbeitung einen dunklen Hintergrund haben will, muss ich 10500 vom Bild abziehen und der Spiralarm ist weg. Wenn man zum CCD spechteln in eine sehr dunkle Gegend faehrt und der Hintergrund praktisch Null ist, ist das ein anderes Thema. Ich muss Tom mal fragen, wie hell sein Beobachtungsplatz ist. Ein Beispiel fuer den Effekt sieht man auf meiner Seite:
    http://www.trivalleystargazers…Galery/ngc3166_mx716.html


    Wie mache ich die Bilder.
    1. Darks. Dazu braucht man nichtmal ein Teleskop. Die Camera mit Deckel drauf nachts auf den Balkontisch (wo hoffentlich die selbe Temperatur herrscht, wie beim Beobachten) und mit den selben Integrationszeiten viele Bilder machen. Ich mache 50, die dann per Median gemittelt werden. (gut gegen Kosmische Teilchenspuren) Bei meinen Belichtungen haben sich Zeiten von 60/120/240Sek als typisch ergeben. Also mache ich Darks mit genau diesen Zeiten und archiviere die gemittelten Frames.


    2. Flats. Ich habe Mattscheiben und Lichtboxen probiert, aber keine guten Ergebnisse erzielt. Ich mache jetzt Flats vom bewoelkten Himmel in der Nacht. Der ist schoen gleichmaessig vom Stadtlicht beleuchtet und die Belichtungszeiten sind nicht zu kurz (so etwa 10-30Sek). (Ist ein Effekt der Sony CCds bei Starlight) Auch hier wieder: viel hilft viel. Ich habe etwa 20 Integrationen pro Farbkanal gemittelt und archiviert. (Dauert bei den kurzen Belichtungen zum Glueck nicht so lange!)


    LRGB Aufnahmen. Es gibt CCDs, wo vor den Pixeln mikroskopisch kleine Farbfilter (RGB) mit aufgebracht sind. (schon beim CCD herstellungsprozess) Z.B. Starlight MX7C oder SXV-H9C. Ich bin damit nicht zufrieden, weil man ja jetzt 3 Pixel braucht, um ein 'pseudo RGB' Pixel zu erzeugen. (Die Hersteller von RGB CCDs haben allerdings schon mit Verarbeitungsalgorithmen viel getan, um das auszugleichen. Ist ein anderes Thema) Ausserdem moechte ich auch mal ungefiltert (S/W) Bilder machen (ohne irgendwas zwischen dem Objekt und dem CCD), oder meinen eigenen H-Alpha filter nehmen. Deswegen habe ich eine Camera, die eigentlich nur S/W Bilder macht. Nun mache ich 3 Aufnahmen durch R/G/B Filter und kombiniere das dann in der Verarbeitungssoftware zum Farbbild (Ich benutze da AstroArt3)


    Bei CCDs lernt man viel ueber Statistik. Zur Verarbeitung gibt es z.B. ein gutes Buch von Richard Berry 'Introduction to Astronomical Image Processing'. Allerdings weiss ich nicht, ob es das auch in deutsch gibt.


    Schlusswort: Nicht verzagen. CCD Spechteln braucht einen gewissen Lernaufwand, der einfach etwas Zeit braucht.


    Clear Skies,


    Gert

    Hallo beisammen,


    Um nochmal die zuerst gestellte Frage aus meiner Sicht zu beantworten. Wenn immer man ein CCD ausliest gibt es Anteile, die wirklich durch einfallendes Licht hervorgerufen worden sind und welche, die aus den physikalischen Eigenschaften des CCD und/oder der Ausleseelektronik incl A/D Wandler stammen. Wenn man dass mal als Nutzsignal und Stoersignal trennt, kommt als naechstes die Unterscheidung nach Abhaengigkeit von solchen Dingen, wie Zeit und Temperatur. Wenn man uberhaupt kein Licht aufs CCD fallen laesst bekommt man trotzdem ein Signal, das Dunkelsignal. Teile davon sind zeitabhaengig. Laenger belichten -> mehr Signal. Nun ist ein 'Strom' ein Fluss von 'irgendwas' pro Zeiteinheit. Strom im Kabel sind Ladungen (Elektronen) pro Sekunde. Die spontane Erzeugung von Ladungen im CCD, durch Waerme stellt einen Strom dar. Das ist der Dunkelstrom. Dieser Strom erzeugt ueber die Integrationszeit ein Dunkelbild. Auch wenn Licht auf's CCD faellt passiert das selbe. (Hier wieder der gleiche Gedankengang: Fluss von aus Lichtquanten gebildeten Ladungen pro Sekunde ueber Zeit integriert gibt's Bild). Nun zum Restanteil im Dunkelbild. Ein reines Dunkelbild haette bei 0-Integrationszeit auch 0-Signal. Was dazu kommt ist das Bias. Das hat eine praktische Konsequenz. Wenn man haeufig variierende Belichtungszeiten hat, verwendet man unangenehmerweise viel Zeit damit die passenden Dunkelbilder zu integrieren. (Und davon gleich viele, damit man besser mitteln kann!) Wenn man aber von einem einmal gemachten Dunkelbild von z.B. 1minute ein Biasbild abzieht, hat man eine Basis um durch Multiplikation mit der Belichtungszeit und Addieren mit Bias ein Dunkelbild fuer praktisch jede Belichtungszeit synthetisch zu erzeugen. Ich glaube so ein Bild nennt man thermisches Bild (bitte korrigieren falls jemand das genauer weiss). Z.B. wenn man ein 10min Dunkelbild braucht wird das thermische Bild mit 10 multipliziert und das Bias addiert.
    Ich benutze das aber nicht, da ich versuche feste Belichtungszeiten zu verwenden und ich dafuer archivierte Dunkelbilder habe. Zur Kalibrierung des Objektbildes braucht man dann noch das Flat. Auch dafuer braucht man ein Dunkelbild (entweder ein eigens angefertigtes, oder ein per Skalierung aus Bias und thermischem Bild generiertes). Langfristig ist der Dunkelstrom im CCD recht stabil. Also muss man nicht immer neue Dunkelbilder machen. Ich benutze meine schon ein Jahr und sie funktionieren immer noch. Wenn sich was aendert ist es im Bias oder im Flat. Das Bias kann von Bauelemente Drift in der Elektronik beeinflusst sein, das Flat durch Staubflocken oder sonstige Ablagerungen auf dem CCD oder Filterglas.
    Bei den Starlight Cameras, die Sony CCDs verwenden, ist das Dunkelbild fast Null. Ein Bild von 1min. oder 10min. Integrationszeit hat fast identische Counts pro Pixel. Kodak ist das viel schlimmer. Deswegen ist ein Dunkelbild von einer sehr kurzen Belichtungszeit (1Sek) schon fast ein ideales Biasbild. Mehr Sorgen habe ich bei den Starlight Cameras mit dem Auslesen der Teilbilder, weil die Sony Chips interleaved ausgelesen werden. Aber das ist ein anderes Thema.
    Ach ja ;) wer moechte kann sich Ergebnisse von meiner MX716 (und frueher HX516) ansehen unter:
    http://www.trivalleystargazers…CD_Galery/ccd_galery2.htm
    Man sieht manchen (alten) Bildern noch die Zeiten an, als ich glaubte ohne Flat auskommen zu koennen. Das sind die besonders 'wolkigen' ;)


    Clear Skies,


    Gert