Beiträge von Astrohardy im Thema „Meteorschauer am Taghimmel - Leoniden damit rum?“

    Neuschwanstein? Da sah eine Frau im Norden von München die Schnuppe direkt in ihren Garten semmeln (bekannter sinnesphysiolgischer Effekt). Sie sammelte dort ein schwarzes Etwas ein, und ein Prof für Geochemie ließ sich damals mit dem Brocken vor der Presse fotografieren. Auf der Page einer englischen Zeitung wurde die Story groß dargestellt. Es gab ein Feld: PLACE A COMMENT HERE. Da hab ich garstige Worte reingeschrieben: "Just another example of a typical meteowrong" plus ein paar Begründungen (Meteorite semmeln nicht brennend in Gärten, sondern verlöschen in ca 25km Höhe, der Einschlagort konnte aufgrund der Beobachtungen gar nicht nördlich von München liegen, das schwarze Etwas sah nicht wie ein Meteorit aus usw). Genau wie im vorliegenden Fall war durch einfaches Nachdenken klar, dass es da massive Probleme mit der Story gab (um es mal ganz freundlich auszudrücken).


    Kaum hatte ich auf SEND gedrückt, klingelte das Telefon. Britischer Schreiberling am anderen Ende mit leicht gereizten Ton. Wie ich denn dazu käme. Immerhin hätte DPA das gemeldet; "what are your sources"? Ich versuchte, wie auch hier, geduldvoll zu erklären, warum die Story nicht sein konnte. Ich berief mich auf "common sense" und nannte ihm ein paar Namen von Experten, die er mal befragen sollte. Er wollte davon nix wissen. Der Typ meinte am Ende: "Well, frankly, you haven't got any sources, it must be a meteorite, thanks".


    Am Ende standen 3 Fakten: Das schwarze Etwas war ein Schlackeklumpen, die Meteoriten wurden gefunden, Neuschwanstein liegt keineswegs nördlich von München.


    Hartwig

    > Nie zuvor (seit Aufzeichnungen) ist ein Komet so dicht an der Erde vorbei gesaust.


    Hier mal ne Hitparade der Annäherungen...103P taucht da gar nicht auf.
    http://www.minorplanetcenter.o…/lists/ClosestComets.html


    Es ist übrigens gar nicht wichtig, dass der Komet dicht dran ist, damit es meteormäßig knallt. Man hat das seit den 90ern sehr gut verstanden, und Esko Lyytinen, David Asher und J. Vaubillion haben die Vorstellungen hierzu inzwischen sehr weit entwickelt. Es knallt, wenn wir einen Dust-Trail, der vor vielen Jahren vom Kometen abgestoßen wurde, durchqueren. Das kann man sehr genau vorhersagen. David Ashers Prognose der Leoniden lagen 1999 um ca. 4 Minuten daneben, und seither gab es keine überraschenden Meteorausbrüche mehr. Ob und wann ist also bei periodischen Kometen gut vorhersagbar, Raten sind schwieriger.


    Guckt man mal auf Mikail Maslovs Seite


    http://feraj.narod.ru/Radiants…-ids1901-2100predeng.html


    so kam es 2011 bei 103P überhaupt zu keinen interessanten Dust-Trail-Passagen. Einzelne Hartley-2 Meteore sind möglich, Stürme eher nicht.


    Daher wurden die meisten Leute mit Meteorahnung auch von der Hype über die Hartley-iden gar nicht so sehr angesteckt, und es wurden ja dann auch praktisch keine Hartley-iden gesehen.


    Und ja, Gerd. Wahrscheinlich sind es Staubteilchen in der Luft.


    Der Grund wieso ich eigentlich maile: Ich komm übrigens trotz der Anmeldung bei dprecview.com nicht an die Bilder ran.


    Hartwig

    Die Hartley2-iden hatten keine nennenswerte Aktivität, und wenn dann nicht an dem Tag. Vorhergesagt war der Schauer für den 2.-3. November, und Dein Datum ist 11 Tage später.


    Bedenke mal: Wenn Du auf Deinen Bildern mit ihrer Grenzgröße von -4mag bis -6mag und ihrem winzigen Gesichtsfeld VIELE Meteore siehst, muss aufgrund der Helligkeitsverteilung der Meteore die Aktivität IMMENS gewesen sein. Meteorstürme sind globale Ereignisse - überall wo es dunkel ist und der Radiant hoch genug steht, hätte man einen Meteorsturm gesehen, der selbst die 1966er Leoniden um Größenordnungen in den Schatten gestellt hätte. Damals gab es bei dunklem Himmel und bloßem Auge (Grenzgröße 6.5) visuell 40 Meteore pro Sekunde. Selbst bei so einer Aktivitiät (der größten im 20. Jahrhundert) sind Feuerkugeln sehr selten. Die Meteorszene würde derzeit von nichts anderem sprechen als von dem immensen Meteorsturm von 2010.


    Nochwas: Meteore sieht man am ganzen Himmel, aber bei Strommeteoren treffen sich die rückwärtigen Verlängerungen im Radianten. Es ist keineswegs so, dass man nur in Richtung auf den Radianten Meteore sieht. Lichtstreuung an Partikeln in der Luft IST aber extrem richtungsabhängig.


    Nun gibt es noch die theoretische Chance auf einen Tagesmeteorsturm (Radiant neben der Sonne am Tageshimmel). Die sind aber a) meist im Sommer, und b) würde gerade die Radio/Radar-Meteorbeobachterszene am Rad drehen, hätte es sowas gegeben. Ferner stimmt, wie Dominik schrieb, ja die Winkelgeschwindigkeit um Größenordnungen nicht nich mit den Erwartungen überein. Glaub uns mal - es sind keine Meteore.


    So, und nun guck ich mir erst mal Deine Bilder an.


    Cheers
    Hartwig
    (Meteor storm buster)

    Winfried, das hat nichts mit den Vorhersagen der globalen Meteoraktivität zu tun! Wenn der Radiant unter dem Horizont ist, gibt es AN DEM BEOBACHTUNGSORT keine Aktivität von Strommeteoren! Das ist nämlich geometrisch nicht möglich. Zur fraglichen Zeit war der Leonidenradiant in München deutlich unter dem Horizont, das hab ich mit Guide gecheckt. Selbst wenn es zu der Zeit einen unangekündigten Sturm mörderheller Leoniden gegeben hätte, hätte Hennig ihn nicht zu der Zeit nicht sehen können!


    Aus diesem Grunde sind wir z.B. 2001 nach Korea gefahren, um da zu stehen, wo der Radiant hoch am Himmel steht. 2001 war es in Deutschland während der beiden Sturmmaxima bereits dunkel - dennoch konnte man aus dem erwähnten Grund keine Leoniden sehen.


    Hartley 2 kann es auch nicht sein. Der steht derzeit zwischen Prokyon und Sirius. 45 Grad unter dem Horizont zur Beobachtungszeit. Zudem muss ein Objekt, das Du mit 700mm Brennweite und 1/2000 sek erfassen kannst, sehr sehr hell sein. Venushell oder so! Komet Hartley 2 ist aktuell etwa 6. Größe, den wird man nicht am hellen Tageshimmel erfassen können. Aber er stand ja sowieso nicht in der fraglichen Richtung oder über dem Horizont.


    Ich sehe auf dem Foto auch keine vielen Meteore, sondern ein einzelnes diffuses Objekt, das für mich nicht wie ein Meteor aussieht.


    Henning, verstehe mich bitte richtig, ergebnisoffen sein heißt doch, dass man mal mögliche Erklärungen prüft und ausschließt. Nur so robbt man sich ran. Und Leoniden und Hartley 2 kann man ausschließen. Das muss man positiv sehen.


    Mir fallen als Erklärungen neben Reflexen spontan hoch fliegende Spinnenweben, Staubteilchen etc ein. Ich weiß, wie mich diese Dinger zum Wahnsinn getrieben haben, als ich damals Komet McNaught am Tageshimmel versucht habe zu beobachten. Ständig flogen mir diese hellen Punkte durchs Feld. Hat man vor allem in der Richtung zur Sonne! Immerhin war die Sonne zur Beobachtungszeit tief im Südwesten, und nach Deiner Aussage war Deine Blickrichtung Süd. Erklärt auch das diffuse Aussehen (diese Teilchen sind eben viel näher dran als das Flugzeug) und die Tatsache, dass man die Dinger in bestimmten Richtungen NICHT sah. Ist nur so eine Erklärung, die durchaus falsch sein kann.


    Hennig, stell doch mal irgendwo ungestackte, unbearbeitete rohe Vollformatfotos, am besten auch mit EXIF-Information, bereit. So wie sie von der Kamera kommen. Noch ne Frage: Hast Du die Kamera während der Bilderserie hinter dem Flugzeug hergeschwenkt?




    Hartwig

    Ähm äh nö, das kann nicht sein!
    Um 15:00 ist der Radiant der Leoniden von München aus ca. 4 Grad UNTER dem Horizont. Daher waren von Deinem Ort aus keine Leoniden sichtbar. Die ZHR der Leoniden betrug laut globaler IMO-Onlineauswertung gegen 10 Uhr die ZHR 7 +- 4. Die ZHR ist die Zahl der Meteore pro Stunde, die Du bei Grenzgröße 6.5 und Radiant im Zenit sehen würdest. Pro Grenzgröße weniger siehst Du ca. Faktor 3 weniger Meteore.... Also: Aus 2 Gründen ist ausgeschlossen, dass es Leoniden waren, die Du da beobachtest hast.


    Sicher hast Du irgendwas auf dem Bildern drauf, worüber man diskutieren kann. Leoniden sind es keine, Meteore wohl auch nicht.


    Cheers



    Hartwig