Beiträge von fraxinus im Thema „Seeingeinfluss - unterschiedliche Öffnungen“

    Hallo zusammen,


    (==>)Stathis:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Statt zu arbeiten sitzte ich stundenlang vor Aberrator und versuchte zu verstehen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Sorry für den Arbeitsausfall aber es ist gut, daß Du Dich hier festgebissen hast. Kaum jemand hat so viele verschiedene Teleskope, unter verschiedenen Bedingungen gesehen wie Du. Und es waren auch einige der Meterklasse dabei, die Normalsterblichen visuell meist nicht zugänglich sind weil die meiste Zeit eine CCD dranhängt.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Warum ist bei gleicher "Turbulence" der RMS Wert von der Spiegelgröße abhängig?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das ist nicht offensichtlich! Und genau wie Du bin ich vom dem Ausmaß der "Zerstörung" überrascht.
    Ich will es, nach Gerds Erklärung, versuchen.
    Diese Seite:
    http://www.telescope-optics.net/induced.htm
    finde ich am besten geeignet, das mathematische Level ist noch zu verdauen (Danke Gerd für den Link!)


    Das allererste Bild zeigt die Tilt und Roughness Komponente. Der Schlüssel zum Verständnis sind also die Größenverhältnisse der der turbulenten Strukturen im Vergleich zur Teleskopöffnung!
    Das ist wie mit dem Beobachten durch eine Fensterscheibe. Das habe ich als Kind mit dem Zeiss 50/540 im Winter gern praktiziert, war richtig gut, keine kalten Finger und schont den Papptubus[:)]
    Wenn jetzt die Fensterscheibe großflächige Keilfehler (Tilt) und ein paar lokale Schlieren (Roughness) hat, dann steht die Chance mit 50mm recht gut, da unbehelligt durchzuschauen. Mit 700mm sammle ich den gesamten optischen Wegunterschied der Scheibe ein, was den hohen PV und damit RMS-Wert erklärt.


    In der Praxis beobachtet man dann folgendes:
    Im 50/540 hüfpt das Sternbild mehr oder weniger.
    Mit 700mm steht es erstaunlich ortsfest da, ändert aber seine Größe.
    (Und erleichter damit das Starhopping, weil die Sterne sauber nach Größenklassen geordnet sind [;)])


    Irgendwann bei ganz großen Optiken, wenn die Öffnung in der Größenordnung der Strörungsstrukturen liegt, sollte sich der RMS Wert stabilisieren und etwa konstant bleiben, also nicht mehr mit der Öffnung wachsen. Keine Ahnung ob das bei 10m schon der Fall ist?


    Ich bin dabei mich weiter durch diese Seite:
    http://www.telescope-optics.net/seeing_error.htm
    zu ackern. Insgesamt ist alles schon erdacht, modelliert und berechnet, hätte mich auch gewundert wenn der Großteleskopbau solche Dinge dem Zufall überlässt. Aber auf der genannten Seite ist es sehr schön aufbereitet.


    Ein ganz wichtiger Punkt ist der Parameter D/r0, und der Aberrator bietet hier vermutlich ein fixes Modell. Trotzdem finde ich das Programm, trotz mancher Bugs gut, um ein Gefühl für das Problem zu bekommen.


    (==&gt;)Kurt:
    Ja, der Weg über die MTF's wäre Klasse. Dummerweise sind die MTF Charts genauso turbulent wie meine Bilder ganz oben und erschließen sich erst im statistischen Mittel. Weiterhin scheint es, nach der ersten Lektüre der obigen Seite, daß die ganzen Formeln für Strehl und RMS Rechnungen für die Seeingfehler nicht mehr uneingeschränkt gültig sind.
    Normalerweise kann man zwei RMS Werte mit "geometrischer Addition" kombinieren. (Beispiel: RMS_a = 0,1 und RMS_b = 0,2 dann ist RMS_gesamt = Wurzel(RMS_a² + RMS_b²) = 0.224 )
    Den entsprechenden Gesamt-Strehl erhält man durch einfache Multiplikation der Einzel-Strehls.


    Wie auch immer, die beiden Links von oben muss ich erst mal setzen lassen, dann geht's weiter...


    (==&gt;)Gerd:
    Die Öffnungen zu den statischen, bunten Bildern ganz oben sind 150mm und 710mm.
    Bei den drei animated Gif's sind es 200mm und 700mm. Ich habe dem Aberrator nicht getraut und wollte alle Parameter bis auf die Öffnung konstant halten und es nicht anders hinbekommen, deshalb 200mm.
    Ich kann das schlecht einschätzen, aber die Animation für 200mm zeigt doch recht gutes Seeing? Immerhin gibt es Momente mit deformiertem aber noch geschlossenen 1.Beugungsring.


    Bei meinem Spiegel mit den Strehl 0.57, was unter Praxisbedingungen wohl *maximal* 0,5 sind, habe ich eben den Praxisbezug. Den perfekten Spiegel gibt es unter dem echten Himmel eh nicht, allein die Lagerung und das thermische Verhalten sind immer noch große Fragezeichen.


    Nach dem Formeln von Zmek
    http://www.intercon-spacetec.com/grundlagen/opt_qual.html
    für den 20% Kontrastdurchmesser sollte der für den 710mm Spiegel abzüglich Fangspiegel in der Größenordnung 250-300mm liegen. Für meinen 21", der besser gelungen ist, komme ich ebefalls auf runde 300mm. Trotzdem zersägt der große den kleinen auch ohne Direktvergleich an allen bisher beobachteten Deep Sky Objekten, das ist überhaupt kein Vergleich! Das hat mich sehr gefreut aber auch stutzig gemacht. Vielleicht habe ich den Zmek auch falschverstanden...


    Um eine Analogie zu bringen:
    Wenn ich extra Reifen mit einer reibungsarmen Gummimischung auf mein Rennrad zu montiere, meine Hausstrecke eine Schotterpiste ist, dann kann das auf einer 1a-Zeitfahrstrecke trotzdem siegentscheidend sein. Nur muss dann auch mal Öl an die trockene Kette[:D]
    Es kommt auf ein ausgewogenes Konzept unter Praxisbedingungen an.


    Viele Grüße
    Kai

    Hallo Timm,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">So konnte man locker die Höchstvergrößerung mit dem 3,5er Nagler nutzen... ja, das gibt es wirklich!<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Galube ich gern! Bisher hab ich mit 21" sowas nur einmal gesehen, und "nutzen" konnte ich es nur am Polarstern. Was anderes war kaum mehr zu sehen. Im Juni, irgendwo in der Morgendämmerung... Aber immerhin, es beruhigt ungemein, die Optik scheint in Ordnung zu sein.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">In Deutschland sieht es dagegen meist dürftig aus und 300fach ist dann schon eine hohe Vergrößerung.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ja, meistens. Alles was höher geht nutzt nur dem Abdunkeln des Hintergrunds und schafft Kontraste zu irgendwelchem Funzelzeugs[:D]


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Fazit: die Auflösung ist bei schlechtem seeing im Keller, aber das Lichtsammelvermögen ist immer noch hoch.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Exak so sehe ich das auch. Es ist wenigstens hell! Und damit insgesamt besser oder eben überhaupt zu sehen.
    Ohne diese blöde Atmosphäre hätten wir mit 20" schon fast 1/5 der Hubble Auflösung. An hellen Objekten würde man sich vor lauter Details kaum einkriegen[:p]


    Hier noch drei animated Gif's unter gleichem Himmel.
    Einmal 200mm Öffnung, das Seeing ist soooo schlecht nicht, wie man an dem teilweise noch geschlossenem Beugungsring sieht. Und dann einmal 700mm perfekt und einmal 700mm mit "leichten" Macken.
    Speziell für Gerd[:D]
    Ich gebe zu,daß ein Unterschied da ist. Die Fluktuationen sind recht groß, teilweise größer als der Unterschied der beiden reinen Optiken. Sowas kann ein statisches Bild wie oben nicht zeigen. Ein paar gute Ausreißer sind immer dabei, bei der besseren Optik sind's einfach mehr.



    ps. einfach mal ein paar Meter weg vom Monitor gehen. Oben im 200mm ist Wega und unten die beiden sind etwas dunkler und nicht mehr in meiner Sternkarte drin [:D]


    cs Kai

    Hallo,


    während der Politur meines 28" habe ich einige Simulationen bzgl des Seeingeinflusses angestellt. Um es vorwegzunehmen, ein hoher Strehl ist immer besser! Das ist aber eine Binsenweisheit. In der Praxis geht es um das Gesamtpaket aus Spiegellagerung, thermischem Verhalten, stabiler Kollimation, Fangspiegel, Handhabung und natürlich Okularabbildung um von dem gemessenen Strehl so wenig als möglich abzugeben. Den echten Strehl am Himmel zu messen ist nicht so einfach, mir ist keine praktikable Möglichkeit bekannt. Aber darum soll es jetzt nicht gehen.


    Sondern um das Seeing und seinen Einfluss auf den Strehl. Und das ist sehr dramatisch!


    Die Bilder zeigen schon klar in welche Richtung es geht.
    Links ein perfekter 150mm APO, Strehl 1.000
    Mitte ein perfekter Spiegel mit 710mm
    Rechts ein 710mm Spiegel mit RMS= 0,119 Waves, entspricht Strehl 0.57 (das ist rein zufällig der Wert meines Spiegels, wenngleich mit anderen Fehlertypen, geht nicht anders im Aberrator)


    Erste Reihe ist die Sternabbildung bei Vergrößerung 3200x und darunter die Wavefront-Map mit den RMS Werten.


    Die vier Gesamt-Bilder zeigen
    Turbulence = 0,00
    Turbulence = 0,05
    Turbulence = 0,10 und
    Turbulence = 0,15
    Nach der Scalierung vom "Aberrator" natürlich, was sich nur relativ zu verschiedenen Öffnungen erschließt. Für der perfekten 150mm APO kann man das Seeing als ganz, ganz oben auf jeder Scala einschätzen. Pickering ist ja für 130mm definiert, das wäre ein noch besserer Vergleich. Selbst Turbulence = 0,10 ist schwierig von "perfekt" zu unterscheiden.


    Los geht's,
    Turbulence = 0,00


    Turbulence = 0,05


    Turbulence = 0,10


    Turbulence = 0,15


    Man sieht ganz deutlich, daß das oft erwähnte "Zusammenhalten des Beugungsscheibchens" bei hohem Strehl nur für Seeing-RMS-Werte gilt, die kleiner als typische RMS-Fehlerwerte des Spiegels sind. Für kleine Teleskope stimmt das mit dem "Zusammenhalten" ohne Zweifel und erklärt zwanglos die Forderung nach Strehl größer 0,9 bei den APO. Keine Frage!
    Bei große Optiken bricht der Strehl allerdings dramatisch zusammen, so sehr, daß man sich wundert, daß überhaupt etwas zu sehen ist. Und tatsächlich muss man sich meist mit maximal 300x begnügen, was weit unter den Auflöse-Möglichkeiten selbst mittelmäßiger Spiegel bleibt.


    Noch ein paar andere Zahlen und Öffnungen.
    Diesesmal alles gemittelt, weil im Aberrator die Turbulenzen entsprechend wechseln und die Zahlenwerte entsprechend "turbulent" sind:


    Wenn der Strehl eines perfekten 100mm APO's bei *fast* perfekten Seeing (Turbulence = 0,05)
    von 1.00 auf 0.98 sinkt
    rutscht
    - ein perfekter 200mm von 1.00 auf 0.92,
    - ein perfekter 700mm auf 0.52,
    - ein perfekter 1400mm auf 0.41 !
    wir sind auf der Pickering Scale, die ja für 130mm Öffnung definiert ist, noch ganz weit oben.


    Ein Hauch mehr Turbulence (=0,10) und es sieht so aus:
    100mm ---&gt; 0.88
    200mm ---&gt; 0.66
    700mm ---&gt; 0.074
    1400mm ---&gt; 0.042


    Auch hier gibt es mit 100mm noch geschlossene Beugungsringe, praktisch nicht von "perfekt" zu unterscheiden.


    Ich schreibe das jetzt nicht um zu zeigen, das *mein* Spiegel mit Strehl 0,57 supergut ist, nein das würde ich sofort ändern, sobald ich die handwerklichen und messtechnischen Möglichkeiten habe (oder gleich einen deutlich größeren angehen[:D]. Aber auch wenn er deutlich schlechter wäre, würde man das nicht offensichtlich, zumindest nicht im Fokus, und nicht in den allermeisten Nächte, sehen.


    Nein, ich will eher dazu ermuntern, ruhig große Spiegel anzugehen. Auch wenn sie aus verschiedenen Gründen nicht perfekt werden. Die zeigen aus eigener, kurzer Erfahrung deutlich(!) mehr als kleine, noch so perfekte. Da ich in der glücklichen Lage bin, zwei Spiegel (21" und 28") zu besitzen, beide mit absolut dem gleichen Verfahren vermessen, incl Fangspiegel, werde ich das weiter untersuchen.


    Bei einem Space-Dobson sieht das anders aus, sowas hat allerdings schwerwiegende Nachteile für visuellen Beobachter[:D]


    Viele Grüße
    Kai