Beiträge von Bresser im Thema „Montierungssteifigkeit“

    Hallo Herbert und alle,


    ich stelle mir eigentlich eine Tabelle vor die nach Leistung gegliedert ist, nicht nach Eigengewicht oder anderen Daten. Wir messen ja die Steifigkeit, und wir haben uns ja darauf eingeschossen, das so zu machen, daß wir die Belastung erhöhen bis der Wert x an Deformation erreicht ist. Das ergibt dann automatisch ein Ranking und eine Reihenfolge, so nach dem Motto:
    Gerät Kraft, die 0,02mm Verfomung generiert
    LeoII Bordkanone 120mm 1500N
    .
    .
    .
    Teleskopschrott EQ 0,5 XXXL 0,02N


    Die restlichen technischen Daten kann man natürlich auch eintragen, sie sind (bis auf eine optionale zweite Messgröße, die Ausschwingzeit) aber nicht leistungsrelevant. Das mit den nicht leistungsrelevanten Größen wird ja nur in der Werbung gemacht, um irgend ein Ding herauszustellen, das sonst nicht so toll ist. Bestes Beispiel sind Staubsauger mit 1500Watt + x für 29,95Euro. Wenn man da dann mal ein Vergleichssaugen mit einem wirklich guten Sauger mit der halben Leistung macht, merkt man daß das nur Energieverschwendung ist.


    Was haltet Ihr von der Systematik?


    Clear skies


    Tassilo

    Hallo Michael,


    ich denke, daß Dein Vorschlag aus mehreren Gründen nicht geeignet ist:


    1) Die Belastung bis zur Versagensgrenze wird nicht gefordert. Wir wollen ja hier weder die Bruchdehnung noch die Grenzen des elastischen Bereiches herausfinden. Montierungen werden in der Praxis nur in einem schmalen Bereich mit linearen elastischen Verformungen eingesetzt. Die drastisch ansteigende Ausschwingzeit und die große Schwingungsamplitude machen den praktischen Gebrauch einer Montierung schon weit vor dem plastischen Verformungsbereich unbrauchbar. Dein Messverfahren misst also nicht das, was wir wissen wollen.


    2) Das Messverfahren ist nur mit spezialisierter Messausrüstung im Labor durchfürbar. Damit ist es leider in der Praxis wertlos. Warum? Weil bei einem Wert, der nicht vom Kunden überprüft werden kann (wenigstens von der Größenordnung her), schlicht gelogen wird. Wir brauchen ja objektive Messdaten, damit die schwarzen Schafe in der Branche die Kunden nicht anlügen können. Das passiert aber, wenn keiner die Behauptung nachprüfen kann. Die älteren erinnern sich vieleicht noch an die Stilblüten "Optikgenauigkeit lambda/20" eines bekannten Herstellers, als das noch niemand messen konnte, oder "Schneckenfehler +-5"" eines anderen Herstellers, als noch keiner das mit Webcam einfach nachmessen konnte.


    Clear skies


    Tassilo

    Hallo Johann,


    ich habe über dem Vorschlag mit dem Millimeterpapier auch gegrübelt. Der Haken ist folgender: Ich habe oben ja mal spasseshalber 0,02mm Verformung vorgegeben. Das entspricht bei 1000mm Brennweite ungefähr 4", also die kleinste Größe, die wir zuverlässig auch am Himmel bei üblichem Seeing messen können. Wenn sich jetzt der Laser nicht durch die Belastung dreht (dabei entsteht dann ein Winkelfehler, und je nach Abstand des projizierten Laserpunktes ist der Ausschlag dann groß genug, um in den Millimeterbereich kommen zu können)ist alles in Ordnung. Haben wir jedoch statt der Rotation durch Belastung eine Translation, dann bleibt die Verschiebung des Laserpunktes bei 0,02mm, was mit Bordmitteln nicht sauber gemessen werden kann.


    Die Normtuben halte ich für überflüssig. Wir beladen die Montierung ja nur aus einem Grund: Damit die Vorbelastung verhindert, daß wir Spiel messen, und nicht die Steifigkeit. Diese "Grundbelastung" kann also gerne klein sein.


    Mir gefällt die Kombi aus Messuhr und Wassereimer immer besser. Einfach, hinlänglich genau, billig genug um von Amateurastronomen selbst durchgeführt zu werden und unkompliziert.


    Clear skies


    Tassilo

    Hallo Alle,


    ich bin dafür das Gesamtsystem zu testen, also mit Stativ. Nur wenn eine andere Kombi angeboten wird, kann man das separat machen. Es interessiert ja nicht die Stabilität der Montierung im Schraubstock, da wird sie nicht verwendet.


    Wegen der verschiedenen Anforderungen: von einem Zertifikat sind wir noch weit entfernt. Außerdem habe ich gesehen, daß es bei ebay für 10€ schon Kraftmesser gibt, die eigentlich ausreichend sein sollten. Wir machen jetzt erstmal hier eine Messvorschrift für uns. Dann gucken wir mal, was wir so in der Praxis für Werte bekommen, und was die Probleme sind. Vor allem interessiert dann natürlich der Schwankungsbereich der Werte bei unterschiedlichen Montierungen gleiches Typs. Und ich bin halt der Meinung, daß das eine Messung sein sollte, die jedermann machen kann, deswegen finde ich die Sache mit dem Wassereimer klasse. Ich persönlich vermute aus meiner Erfahrung her, daß bereits innerhalb eines Montierungstyps so starke Schwankungen auftreten, daß wir nur Hausnummern messen können (Ich treffe ständig auf schlecht eingestellte Montierungen. Schneckenlagerung falsch eingestellt, Achsen locker etc.).
    Es ist natürlich richtig, daß wir ein Moment messen. Man könnte also bei der Messung an der Teleskopaufnahme noch die Angabe machen, wie weit die Aufnahme vom Mittelpunkt der verlängerten RA-Achse weg ist. Dann hat man beide Werte, und die Messung sollte einfach sein.



    Nur zur Klarstellung: Das hier stoße ich eigentlich privat an, weil ich etwas mehr Substanz in viele Diskussionen bringen will. Wir als Firma würden dann auch mitmachen wenn die Kunden es fordern, aber in erster Linie sehe ich das als Service innerhalb der Astrogemeinde, weil mir ja das CAD-Programm jederzeit die Steifigkeiten liefert. Ich brauche das also nicht. Wenn ich aber für eines unserer Produkte einen Wert angebe, den keiner messen kann, dann ist das überflüssig.


    Clear skies


    Tassilo

    Hallo Stefan,


    ich bin Hoffman- Kunde. Verträgt sich nur nicht mit "preisgünstig". Die Kern-Hängewaagen sind sicher geeignet. Aber 50 Euro nur für ein Messwerkzeug, das man nur einmal braucht? 10-15€uro würde ich ja ausgeben...


    Habe Dein Set nicht gefunden (kein Wunder bei dem eshop). Hast Du mir eine Artielnummer?


    Clear skies


    Tassilo

    Hallo Stefan und alle,


    ich bin für einen Test am kompletten Aufbau, damit wir kein Spiel messen. In Zenitstellung würde die Kraft direkt nach unten gehen, damit wird kein zusätzliches (extra definiertes) Moment eingebracht. Einfach Gerät in den Zenit, Federwaage an den Schwalbenschwanz klemmen und ziehen.


    Also Butter bei die Fische: Wer führt die Tabelle und wo wird das veröffentlicht? Herbert, nimmst Du das als "Offizieller" unter Deine Fuchtel? Ich kann das nicht machen, da ich nicht neutral bin.


    Clear skies


    Tassilo

    Hallo Stefan,


    ich neige immer mehr zur Erhöhung der Last am Teleskopflansch/Schwalbenschwanzaufnahme bis die Verformung x erreicht ist. Dann braucht man wirklich nur eine Federwaage und ein Fotostativ mit um-Messuhr. Was haltet Ihr von 0,02mm "Sollverformung"? Kann das mal jemand an einer Montierung messen, ob das ein sinnvoller Wert ist, oder ob man da schon im Bereich hoher Kräfte ist?


    Die Sache mit "Montierung aus, Tischtennisball/Tennisball drauf und dabei Stern aufnehmen" habe ich noch nie in der Praxis getestet. Wäre aber einfach zu machen, und ergibt mit der Brennweite auch alles, was man wissen will. Geht halt leider in der Regel nicht am Tag. Bei einem Teleskoptreffen kann man mit Messstativ und Federwaage in wenigen Stunden eine Unmenge Daten sammeln. Die Schwingungskurve ist zwar aussagekräftiger, aber mehr Aufwand.


    Habt Ihr Quellen für günstige (aber genaue) Federwaagen?


    Clear skies


    Tassilo

    Hallo Herbert,


    ich denke nicht, daß das Ganze so kompliziert ist. Die Messvorschrift kann ganz einfach sein, und praxisgerecht. Das ist etwas, was bei Jörg Oulabis Diagramm nicht der Fall ist: Eine Nutzung der Montierung ohne sie auszubalancieren kommt in der Praxis kaum vor, es ist also nur der lineare Teil ganz links in seinem Diagramm relevant. Da haben wir einen annähernd geraden Verlauf, was ja auch in der Theorie so der Fall sein sollte. Wenn wir aber eine Gerade haben, von der wir wissen daß sie durch den Nullpunkt geht, dann brauchen wir nur einen einzigen weiteren Messpunkt, und die Sache ist erledigt.
    Zur Messung muß die Montierung beladen sein, damit wir kein Spiel messen. Dann wird einfach mit einer Federwaage so lange die Belastung an der Teleskopaufnahme erhöht, bis die Montierung sich um den Wert x verformt hat. Das wars. Eventuell braucht man zwei Werte: eine mit Stativ, und einen mit Säule. Wer schon mal miterlebt hat, um wieviel sich eine kleine Montierung verbessert, wenn man sie auf eine Säule setzt, weiß daß der begrenzende Faktor sehr oft das Stativ ist.


    Der Punkt ist einfach: Wenn es keiner (oder nur einer) macht, dann nützt es nichts. Wir sollten also Daten sammeln. Was haltet Ihr von der Sache?
    Bleibt nur die Frage der Messtellung: Teleskop zeigt zum Zenit? 45° Höhe beim Meridiandurchgang? o/W-Horizont? Zenit würde eigentlich Sinn machen.


    Clear skies
    Tassilo

    Hallo Alle,


    was mir seit Jahren auffällt: Es wird immer wieder über die Leistung von Montierungen diskutiert, aber es existiert keine wirkliche Kenngröße für die Leistung einer Montierung. Die einzige halbwegs brauchbare Leistungstzahl ist der manchmal gegebene Schneckenfehler (und auch das ist alleine keine wirklich brauchbare Aussage: ein gleichmäßiger Schneckenfehler von 20" über einen zeitraum von 10 min ist in der Praxis kein Problem, ein schneller Hüpfer von 5" schon).


    Es gibt meines Erachtens drei relevante Größen:


    1) Schneckenfehler - Hier sind die maximale Abweichung von der Grundgeschwindigkeit (Max dV/dt), und die Schnelligkeit dieser Änderung interessant (Max dV/dt2). Die Untergrenze für den Schneckenfehler ist von der Fertigungstechnologie gegeben. Besser als 0,003mm Pendelschlag kann man die Schnecke nicht reproduzierbar fertigen, und auch die Lagertoleranzen geben nicht mehr her. Das ergibt mit dem Eingriffswinkel und dem Schneckenraddurchmesser eine minimale reproduzierbare Pendelbewegung am Himmel. Das ist zum Beispiel bei einer Super Polaris mit einem Schneckenraddurchmesser von 78mm= Radius 39mm und einem Eingriffswinkel von 20°: sin(0,003mm/39mm)*sin 20°= 5" minimal reproduzierbar fertigbarer Fehler bei maximalem Einsatz von bester verfügbarer Fertigungstechnologie. Das wird ja schon diskutiert und sollte nicht Thema dieses Threads sein.


    2) Ausschwingzeit - hier wird auch diskutiert, und ich habe so den Eindruck daß folgende Klassifizierung greift:
    Ausschwingzeit mit kompletter Gerätelast bei einem Stoß, der die üblichen Berührungen (z.B. Fokussieren) deutlich übersteigt:
    < 1s - Uneingeschränkt fotografisch und visuell verwendbar
    1-2s - Fotografisch gut visuell uneingeschränkt verwendbar
    2-3s - Fotografisch nur für kurze Brennweiten, Visuell nicht für Planeten verwendbar
    3-5s - Fotografisch nicht, visuell nur bei niedriger Vergrößerung verwendbar
    über 5s - Nur sehr bedingt visuell einsetzbar, wenn überhaupt


    3) Steifigkeit - hier fehlt jede Grundlage, nur Herbert Zellhuber hat erste Vorstöße gemacht, zuletzt bei den Deformationsmessungen im Rahmen des Einsteigerteleskoptests im VDS Journal II/2010. Hier (und natürlich zu Punkt 2) würde ich gerne eine Diskussion anstoßen: Um wieviel darf sich eine Montierung denn in welcher Stellung verbiegen, um voll oder eingeschränkt einsaztfähig für einen bestimmten Zweck zu sein?
    Da die Steifigkeit richtungsabhängig ist, stellen sich mehrere Fragen:
    1) in welcher/n Teleskopstellung/en soll gemessen werden? Wir werden den Steifigkeitstensor sicher nicht für alle Stellungen abbilden können, wenn das ganze praktikabel bleiben soll, es muß also eine Beschränkung auf wenige Stellungen geschaffen werden.
    2) Wie soll das gemessen werden? Herbert Zellhubers Methode hat einen Nachteil: wenn die Montierungen gut werden, wird die Ablesung schwierig. Die 1/100mm der Bresser Mon-1 sind ja noch gut messbar, wenn man eine um-Messuhr hat. Wenn die Montierungen besser werden, wird es mit der Messung schwieriger, es sei denn wir erhöhen das Moment (was dann eine Angabe ergeben würde wie " Mit wieviel Kraft muß ich drücken, damit eine Verformung von xy " herauskommt")


    Man könnte auch eine Kombi aus 2 und 3 vorsehen: Das Teleskop ist auf ein Objekt xy gerichtet (zum Beispiel künstlicher Stern in 45° Höhe im Süden). Motor an und einen definierten Stoß einbringen (z.B. Tennisball aus Höhe x darauf fallen lassen). Das ganze mit der Kamera aufnehmen. Dann hat man bei laufender Montierung den ganzen Schwingungsverlauf, mit Amplitude (Steifigkeit) und Dauer.


    Was denkt Ihr?


    Clear skies


    Tassilo