Hallo Leute,
ich finde es ja äußerst interessant, wie versucht wird, diesen Zusammenhängen von der theoretischen Seite her auf den Grund zu gehen.
Leider krankt auch diese Diskussion wieder daran, dass Seeing und seine Zellen hier losgelöst von den weiteren Zusammenhängen bei astronomischer Beobachtung mit Fernrohren gesehen wird und so eine grundsätzliche, allgemeingültige und zutreffende Beurteilung der praxisrelevanten Auswirkungen einfach nicht zulässig ist.
Schon vor vielen Jahren gab es solche Diskussionen, teils recht hart und dogmatisch geführt.
Das verleitet den Praktiker schon Mal, der Sache auf den Grund zu gehen, sich eben die praxisrelevanten Auswirkungen selbst anzusehen.
Grundsätzlich kam bei mir dabei heraus, dass es kleine Fernrohre gibt, die Seeing mangels Auflösung nur in extremer Ausprägung zeigen und dass mit steigender Öffnung Seeing zum begrenzenden Faktor der angelegten Vergrößerung mit einem Teleskop werden kann.
Eine signifikante Auswirkung des Seeings in dem Sinne, dass man mit einem kleineren Teleskop eine höhere Vergrößerung anlegen kann als mit einem größeren Teleskop ergibt sich nur dann wenn zum atmosphärischen Seeing weitere Seeingeinflüsse hinzukommen, also ungünstiges, lokales Standortseeing und (noch wichtiger) Tubusseeing.
Tatsächlich kann ein Standort im Dachfenster, auf heißem Beton oder Asphalt pp Öffnungsvorteile vernichten. Gleiches gelingt mit einem unausgekühlten, nicht temperaturangepassten Teleskop in dessen Tubus Glas und Luft vor sich hinköcheln und nein, das geht nicht nur mit einem Spiegelteleskop (Newton) sondern auch mit einem größeren Refraktor.
Sehr entscheidend ist also der thermische Zustand des Teleskops an sich und seine Beherrschung, gerade dann, wenn man 3" oder 4" Öffnung mit 8" Öffnung und mehr vergleicht, gerne noh einen großen Newton mit einem deutlich kleineren Refraktor. Hier hat das größere Teleskop einfach mehr Potenzial Seeing aufzulösen und selbst Tubusseeing zu erzeugen.
Hat man das im Griff kommt noch ein weiterer, sehr wichtiger Faktor hinzu, gerade dann wenn man an Mond und Planeten beobachtet. Bereits bei gleicher Vergrößerung löst die größere Optik mehr Details auf, dann aber aufgrund der größeren Lichtsammelleistung oft so hell, dass es zu Blendung des Beobachters und Detailüberstrahlung führt, was den Auflösungsgewinn nicht sichtbar macht. Hier muss mit passender Lichtdämpfung über Grau-/Neutra-/var.Polfilter für angepasste Beobachtungsbedingungen gesorgt werden. Lässt das Seeing Vergrößerungen zu, die jenseits des gegebenen Auflösungsvermögens der kleineren Öffnung liegen, gewinnt ohnehin die größere Öffnung.
Wer (wie ich) schon vielfach mit kleinen und großen Teleskopen verschiedener Bauarten an günstigen, wie auch sehr ungünstigen Standorten Vergleichsbeobachtungen (side by side) gemacht hat, wird den Seeingzellen und ihren Größen eine Bedeutung zumessen, die so weit unter dem guten optischen, thermischen und mechanischen Zustand seiner Teleskope (unabhängig von Bauart und Öffnung) liegt, dass ihm Disussionen darüber höchstens theoretisch und so gut wie losgelöst von der praktischen Beobachtung, interessant erscheinen.
Richtig ist sicher, dass man irgendwo im Bereich zwischen 10" und 16" Öffnung fast immer vom Seeing limitiert wird, ständig mit Lichtdämpfung arbeiten muss, volle auflösung fast nie nutzt und so eigentlich in der Regel mit zu viel Öffnung für Mond- und Planetenbeobachtung unterwegs ist.
Gruß
Günther