Beiträge von Astrohardy im Thema „Neues Thema zum Seeing“

    Hi allerseits


    Also als Biologie weiß ich, das die meisten Zellen ziemlich klein sind, und ich geh mal davon aus, dass auf meinem Fernrohrobjektiv etliche von ihnen kleben [:)]


    Vielleicht sollte man mal die Leute fragen, die die oft richtigen Seeingprognosen von Meteoblue rechnen. Die sollten doch eine einigermaßen klare Vorstellung von der Physik der Sache haben.


    Mangels belastbarer Ahnung seh ich das mehr von der praktischen Seite. Man kann (wenn man von Tubusseeing und offenen Fenstern absieht) eh nix dagegen tun. Außer auf besseres Seeing warten.


    Zum Thema Seeing gibt es allerdings zwei hartnäckige Urban Legends. Die eine behauptet in ihrer Extremform, dass ein 10cm Dingenskirchen konsistent bessere Planetenbilder liefert als ein 20-40cm Spiegelteleskop. Letzteres wäre ein reiner Lichteimer, aber für Detailbeobachtungen ein hoffnungsloser Fall. Man sollte es zumindest exzentrisch abblenden, weil sich ja ständig viele viele Zellen sowie diese erschröckliche Obstruktion im Strahlengang befinden. Fakt ist aber, dass routinemäßig alle Top-Webcambilder mit 20-50cm Spiegelteleskopen gemacht werden und nicht mit irgendwelchen lustigen 10cm Röhren. Und wenn man diese Fotos vergleicht, wird sofort deutlich, dass die Bilder mit größeren Geräten auch durchgendend mehr Details zeigen. Ganz so streng scheint die zellbiologische Logik also nicht zu gelten. Mit Geduld und Spucke kommt man offenbar routinemäßig in Seeing-Situationen, bei denen man die höhere Auflösung eines großen Gerätes auch ausnutzen kann.


    Fazit: Wenn man wirklich kleine Details fotografieren will, macht es keinen Sinn, sich ein kleineres Fernrohr zuzulegen, weil es weniger seeinganfällig ist. Man greife vielmehr zu einem großen Fernrohr, das optisch gut, gut justiert und gut ausgekühlt ist. Und wenn das Seeing schlecht ist, lässt man es eben bleiben und wartet auf die nächste Chance.


    Die zweite Legende ist, dass man das Seeing mit sehr kurzen Belichtungszeiten "einfrieren" könne, d.h. wenn man nur kurz genug belichtet, man nur noch scharfe Einzelbilder kriegt. Richtig ist daran nur, dass sekundenlange Belichtungen (wie damals in der Film-Ära) grundsätzlich durchs Seeing ruiniert werden. Bei Sonnenfotos kann man sehr kurz belichten, aber man hat ab einem bestimmten Punkt immer noch +- gleich viele grottige Einzelbilder auf dem Video.


    Fazit: Ausreichende Belichtung und einigermaßen hohe Framerate ist wichtiger als ganz kurze Belichtungszeit.


    Mit beugungsbegrenztem Gruß


    Hartwig