Beiträge von maxosaurus im Thema „16 Zoll - Astigmatismus. Was tun?“

    Hallo Gerhard,
    Astigmatismus kann man auf drei Arten in eine Glasscheibe hineinbekommen:


    1. Die Scheibe ist in sich verspannt, d. h. es liegt ein starker Eigenspannungszustand vor. Durch Schleifen und Polieren wird dieser Spannungszustand gestört, und die Scheibe verbiegt sich. Da die Sattelform die einfachste Biegeform für eine Scheibe ist, entsteht so oft ein unkontrollierbarer Astigmatismus.


    2. Die Glasscheibe wird beim Schleifen und oder Polieren mittels äusseren Kräften verspannt. Für Yolo-Toroide, also stark astigmatische Spiegel wird hierzu eine spezielle Spannfassung an die Scheibe angebracht, die diesen Torisch verbiegt. Nachdem die verbogene Scheibe sphärisch poliert wurde, wird die Spannfassung gelöst und die Oberfläche der Scheibe wird zum Toroid.


    3. Man poliert einen Astigmatismus ins Glas hinein. Bei Volltool geht das, indem man das gegenseitige Drehen von Werkzeug zu Spiegel unterlässt und in der Axe des längeren Krümmungsradius längere Striche macht. Mit kleinerem Werkzeug wird die Axe des längeren Krümmungsradius stärker poliert.


    Unsere dünnen Borofloatrohlinge werden meist durch Methode 2 zum Astigmatismussorgenfall. Statt einer Spannfassung wird das Verspannen des Rohlings durch ungleichmässigen Druck auf die Rückseite beim "Spiegel unten"-Polieren der Scheibe erzeugt. Aufgrund ihrer geringen Steifheit verbiegen sie sich viel stärker als die "alten" 1:6-dicken-Rohlinge.


    Der ungleichmässige Druck kommt


    a)von einer nicht planen Rückseite des Spiegels oder
    b)von einer nicht planen Oberfläche des Schleifbockes, also der Unterlage (entweder in der Oberfläche drin oder aus Verbiegung des Schleifbockes).
    c) auch eine ungleichmässig harte oder ungleichmässig dicke weiche Zwischenlage (Kalkablagerungen, Ceri- oder Schelifmittelreste) kann zu einer ungleichmässigen Druckverteilung auf der Spiegelrückseite und damit zu Asti führen.


    In Fall A lässt sich ein Astigmatismus kaum verhindern. Höchstens ausschliessliches Spiegel-oben-polieren oder das Polieren auf einer Unterlage, die aus einer statisch bestimmten Dreipunktlagerung in einer Spiegelzelle besteht, kann hier helfen.


    In den Fällen B und C hilft fleissiges Drehen des Spiegels gegen die Unterlage gegen Asti, da sich der Druck im Zufallsprinzip immer wieder anders auf die Rückseite des Spiegels verteilt, sich also keine Axen herausbilden können.


    Ich denke, die Grundlagen zur Astivermeidung sind heutzutage bekannt:
    - Spiegelrückseite plangeschliffen
    - Werkfläche ebenfalls möglichst Plan und zwar dauerhaft (Metall, Steinfläche, Glasfläche, Holzwerkstoffe mit dauerhafter Beschichtung). Der Schleifbock darf sich verbiegen, aber nur rotationssymmetrisch. Ein möglichst starrer Schleifbock ist anzustreben, aber wer hat schon so einen?
    - Eine weiche Zwischenlage, wie weich, bestimmt sich aus der Planität von Bock und Spiegel. Wären beide ideal plan, verzichtet man auf die Zwischenlage, ist die Oberfläche des Bocks unbekannt, nimmt man eher eine dicke, weiche Zwischenlage, auch wenn sich dann der Spiegel kaum noch zähmen lässt....


    Ich sehe weiteren Bedarf für "Forschung" in folgenden Belangen:


    - wie Plan muss die Rückseite sein? In Nanometern, bezogen auf die Schlankheit des Rohlings. Hier ist vielleich noch eine Begriffsschärfung notwendig, denn Plan muss die Rückseite zur Vermeidung von Asti nicht sein, nur rotationssymmetrisch! Definieren wir den obigen Wert damit besser als Abweichung von der rotationssymmetrischen Form.


    - Wie steif muss der Schleifbock sein? Genügt die doppelte Steifigkeit wie der Rohling sie hat oder brauchts mehr?


    - Welche Unterlagen sind geeignet? Zottelteppich? Ikea-Baumwollteppich? Gummi? Schaumstoff? Antirutschmatte? Wie dick sollten sie sein? Wie oft auswechseln?


    Am Schluss des Exkurses noch zu deiner Frage: Bei krummer Spiegelrückseite fängt man sich den Asti immer schon im Feinschliff ein. Wenn die Rückseite rotationssymmetrisch ist, kommts auf die Gewohnheiten an: Jemand der nach jeder Schleif-Charge den Spiegel abhebt, im Wännchen wäscht und dann zurück auf den krummen Bock stellt, hat nach dem Feinschliff mit etwas Glück noch keinen Asti, und holt ihn sich erst, wenn er beim Polieren nur alle 30 Minuten mal den Spiegel dreht [}:)]. Ist der Bock wie die Spiegelrückseite gerade und die Zwischenlage gerade richtig weich und regelmässig, kommt er dann vielleicht auch ohne Asti bis zum Sterntest [:D].
    Grüsse


    Max

    Hallo Spiegelspanner [:D]


    schön ist die Spanneinrichtung geworden! Und wenn Sie dann auch gut funktioniert, um so besser!


    Viel Spass mit Deinem Teleskop. Mit diesem 16-zöller wirst Du tief ins Universum der Nebel und Galaxien eintauchen können. Auf den Planeten werden Dir noch einige Details mehr auffallen als in Deinem 10-zöller und sie werden zudem auch bei hohen Vergrösserungen noch fette Farben zeigen. Such in Dunklen Nächten die Monde von Uranus und Neptun!


    Grüsse


    Max

    Hallo,
    zu Deinen Fragen:


    Im parabolisierten Zustand lässt sich die Radiendifferenz nicht mehr im Krümmungsmittelpunkt bestimmen, da hier kein genauer Fokus mehr vorhanden ist. Daher solltest Du die Brennweitendifferenz direkt am Stern bestimmen. Ein astigmatischer Spiegel zeigt im Brennpunkt ein Kreuz. Dieser liegt in der Mitte zwischen dem kurzen Brennpunkt und dem langen Brennpunkt. Diese Brennpunkte erkennst Du, wenn Du vom Kreuz nach innen oder aussen fokussierst bis das Kreuz zur Linie wird. Bei unscharfem intrafokalem Bild sollte der Rand einige mm bis cm abgedeckt werden (und abgedeckt bleiben!)


    Zu deiner Frage, in welcher Axe gedrückt werden soll: Ein Astispiegel hat in einer Axe einen hohen Rand, in der anderen Axe liegt der Rand tiefer. Die Mitte teilen sich die beiden Axen. Die Axe mit dem hohen Rand hat eine tiefere Pfeiltiefe und damit einen kürzeren Brennpunkt. Die Axe mit dem tiefen Rand hat somit den längeren Brennpunkt.
    Die Spannfassung sollte (muss aber nicht) horizontal liegen und drückt den niedrigeren Rand in die Lage des höheren Randes.


    Wie erkennst Du nun, in welcher Lage der Spiegel gerade liegt?
    Suche das extrafokale, ovale Sternscheibchen (das ist meistens schärfer). Vor dem Spiegel markierst Du die Horizontale mit einer Latte oder ähnlichem. Diese Markierung wird als Strich im Sternscheibchen sichtbar. Wie oben bemerkt, fokussiert die gesuchte Axe mit dem tiefen Rand weiter aussen als die andere Axe. Da du extrafokal bist, entspricht die lange Axe der Sternellipse der Axe, die kürzer fokussiert (das Sternscheibchen ist aufgrund des längeren Abstandes zum Brennpunkt weiter aufgeweitet). Damit sollte also deine Markierung auf der kurzen Axe des Sternscheibchens liegen. Durch Drehen des Spiegels kannst Du den Asti auf die Markierung ausrichten. Also zusammengefasst: Extrafokal Markierung auf kurze Ellipsenaxe bringen.



    Zur Spannfassung:
    Das Alublech liegt direkt auf der Spiegelrückseite auf, der Druck ist ja gering.


    In deiner Spiegelzelle musst Du nur noch ein Profil von der Grundseite zur Spitze einbauen, ein Loch mit Gewinde mittig bohren und dann das zu spannende Blech mit einer Schraube befestigen. Ich habe noch eine Feder zwischen Basis und Federblech eingefügt, was aber nicht unbedingt notwendig ist.


    Die laterale Lagerung sieht übrigens sehr schön aus!


    Grüsse


    Max

    Hallo Siegfried,
    Das Ausmass des Astigmatismus kannst Du aus der Radiendifferenz( doppelte Brennweite) der einzelnen Fokusse im Sterntest errechnen. Radius kurz ergibt mit der Sagittaformel eine Pfeiltiefe, Radius Lang einen andere Pfeiltiefe. Das Ausmass des Astis (Oberfläche) ist dann Pfeiltiefe Lang minus Pfeiltiefe kurz. Einfach die mm noch in Wellenlängen umrechen.


    Auspolieren: Dürfte hoffnungslos sein bei einem 16zöller, insbesondere für einen (noch[:D]) Nichtprofi.
    Versuch einmal eine Spannfassung wie diese an deine Spiegelfassung zu bauen:


    Die Spannfassung ist das Blech, das quer durch die Mitte des Spiegels geht. Dieses Alublech ist am Ende abgekantet, die abgekanteten Enden liegen ca. 2cm innerhalb des Spiegelrandes auf. Das Blech ist durch eine zentrische Schraube an DEN BEWEGLICHEN TEIL der Fassung geschraubt, beim Anziehen entsteht ein federnder Druck auf den Spiegelrand, bei allfälligem Kollimieren geht die Spannfassung mit der Kollimierbewegung mit. Damit wird der tiefere Rand des astigmatischen Spiegels nach oben gedrückt und der Asti weitgehend eliminiert.


    Beim Sterntest musst Du somit zuerst den langen Radius des Spiegel in genaue Horizontallage bringen und dann die Fassung durch eine Hilfsperson anziehen lassen bis der Asti nicht mehr nachweisbar ist. Wird der Asti immer schlimmer beim Anziehen, hast Du die falsche Axe erwischt und musst den Spiegel um 90 Grad drehen. Die anfängliche Ausrichtung der Axe ist wichtig, ansonsten wird der Asti nicht ganz herausgedrückt.


    Noch etwas zum Druck: Für eine 25mm-Flunder genügt ein Federdruck von einigen dutzend Gramm um eine halbe Wellenlänge Wellenfront Asti herauszudrücken.


    Die Laterale Lagerung muss unbedingt mittels Rollen erfolgen, ansonsten wird beim Drücken der Spiegel unkontrolliert verformt.


    Grüsse


    Max