Hallo allerseits,
im Was hast du heute ausgepackt-Thread habe ich ja meinen Neuerwerb vorgestellt, den Celestron NexYZ Smartphone-Halter. Da es ein paar Fragen dazu gab, wollte ich hier mal kurz ein paar Worte dazu auslagern, bevor der Thread zu sehr abdriftet.
Zuerst mal, was macht das Ding? Digiskopie ist eine recht beliebte Möglichkeit der Fotografie und uns Astronomen eigentlich schon lange als Afokale Fotografie bekannt: Man nehme eine Kompaktkamera und halte sie mit dem Objektiv hinter das Okular, um dadurch zu fotografieren. Im Prinzip ganz einfach...
Problematisch wird es nur, weil man die Kamera in den richtigen Abstand bringen muss (etwa der Augenabstand vom Okular), sie gerade halten muss, dann idealerweise noch etwas reinzoomt, damit die schwarzen Ränder weg sind (an denen man sich sonst orientieren kann, ob man die Kamera gerade hält), und dann noch auslösen muss. Mit einem Handy und einer stabilen Augenmuschel als Auflage geht das halbwegs, aber ein Smartphonehalter erleichtert das ganze extrem. In dem Post RE: Was hast Du heute Schönes ausgepackt? habe ich ein paar Worte zu den Haltern geschrieben, die ich so kenne.
Vor- und Nachteil der Technik: Man erreicht sehr schnell eine hohe Vergrößerung, und dementsprechend eine schlechte Lichtstärke. Beliebt ist das ganze mittlerweile in der Birding-Szene, also bei den Vogelbeobachtern, die meist schon ein gutes Spektiv besitzen und sich so sündhaftteure Teleobjektive sparen – moderne Handies haben ja ganz ordentliche Kameras, und wenn man dann noch ein Modell hat, das RAW-Files ausspuckt oder zumindest keine extreme Bildbearbeitung macht, kommt da schon was ansehnliches bei raus. Das hier ist ein Handyfoto durch ein Mittelklassespektiv – mit dem Handy wäre ich nie so nah ran gekommen:
Die schwarzen Ränder kann man wegschneiden, indem man ein bisschen mit der Kamera reinzoomt – Weitwinkelobjektive sind dafür nichts, weil die praktisch an dem Objektiv vorbei schauen. Wenn die Kamera ein größeres Bildfeld hat als das scheinbare Bildfeld vom Okular, kann das nichts werden. Aber dafür gibt es ja Zoom.
Für die Naturbeobachtung liegt der Reiz darin, dass man visuell mit dem Spektiv unterwegs sein kann und ohne großen Mehraufwand mit dem Handy die Souvenirbilder macht, die man sonst nie aufnehmen könnte.
Der Papageitaucher hier ist zum Beispiel ein Zufallsfund – im letzten Schottlandurlaub war nur das keine Hummingbird 7-21x50-Spektiv, ein Fotostativ und das Handy dabei, um nah genug ranzukommen – mit der Kamera mit 175er Tele (MFT) war er oben auf seiner Klippe zu weit weg. Da war das Bild zwar schärfer, aber der Vogel zu klein...
Das Handybild ist dank zusätzlichem Digitalzoom zwar eher mau, aber ich konnte noch ein paar Videos ohne weiteren Zoom aufnehmen, die gar nicht so schlecht waren. Mit der normalen Kameraausrüstung war da keine Chance.
Und astronomisch? Wer Öffentlichkeitsarbeit macht kennt das bestimmt, dass die Gäste erst das Handy ans Okular halten, bevor sie selber durchschauen. Mit etwas Geduld und vor allem am Mond geht da sogar was; für unseren Verein hatte ich daher diese Handy-Halterung/Ablage konstruiert, die per T-2-Schnellwechsler ans Okular kann und die Fotografie deutlich erleichtert:
Damit (oder teils auch freihand) sind schon ganz nette Bilder möglich; man muss nur noch das Handy über das Loch für das Okular bringen.
Man darf keine perfekten Bilder erwarten, aber der Reiz liegt daran, dass kein großer Aufwand nötig ist. Von der Aldebaranbedeckung im Februar 2018 hätte ich sonst z.B. kein Bild:
Da stand ich nämlich mit dem nicht nachgeführten Teleskop sowie einem Spektiv auf dem Acker und hatte etwas Zeit. Unten links ist das Sternchen zu erkennen.
Sogar die Sonne geht - hier eine meiner ersten H-alpha-Aufnahmen mit dem Handy, die nicht wesentlich schlechter ist als das, was ich mit der nicht umgebauten DSLR hinbekommen hatte:
Unten mit schöner Protuberanz – kein tolles Foto, aber immerhin. Das war halt freihand, 2016 auf einer Messe. Klar, mit der Mono-Kamera kriege ich heute besseres hin, aber der Aufwand ist viel größer.
Am Planet geht das ganze eher Richtung Beweisfoto, zugegeben...
wobei ich mittlerweile ein besseres Handy habe und mit Software wie NightCapCamera gerne mal auf die Messier-Objekte losgehen würde (wenn ich mal ein paar klare Nächte zum rumexperimentieren hätte...) Aber wie schrieb Galilei doch so schön? Irgendwas dreifachem Saturn oder Henkeln... die Dias von vor 30 Jahren sind auch nicht so viel schlimmer.
Deshalb habe ich beim NexYZ in der Schnäppchenaktion zugegriffen. Der gehört zu den ausgereiftesten Smartphone-Adapetrn, die ich bislang in der Hand hatte, auch weil man den Abstand zum Objektiv einstellen kann. Beim ersten Test heute war es ganz nett zu sehen, die die Kamera Kidneybeaning aufzeichnete, bis der Abstand korrekt war. Einziges Manko, das ich bislang feststellen konnte: Mit dem iPhone Mini habe ich eines der kleinsten Handies am Markt – und bei fetten Weitwinkelokularen stößt der Mechanismus am Okular an, bevr die Kamera richtig positioniert ist. Aber die Klemmung ist so gut, dass ich das Handy auch einfach höher schieben kann, es muss nicht am unteren Anschlag aufsitzen – das ist nur dann wichtig, wenn ich die Position reproduzierbar will.
Für ernsthafte Astrofotografie ist das ganze natürlich eher mäßig geeignet (bei der Lichtstärke hinter dem Okular wäre Autoguiding hilfreich, oder Livestacking – ich muss unbedingt mal mit NightCamCapture rumspielen), aber als Souvenirfoto geht doch einiges - gerade bei der Naturfotografie; auch ein Adapter für Mikroskopokulare liegt bei. Als Basteklprojekt will ich eigentlich noch mit einem Handspektroskop rumspielen. Die Adaption geht, nur das Spektrum gibt noch nicht viel her...
Der Screenshot ist von der CamAtom App, die aber wohl ein anderes Spektroskop verwenden, mit höherer Auflösung als mein kleines...
Beste Grüße,
Alex