Die Milchstrasse und ihre Dunkelnebel im Sommer
Oh, du Milchstraße, du bist mir, nach mageren Frühlingsgalaxiennächten, wieder ein herzlich willkommener Sommergast!
Ich war um den Julineumond mit meinen Ferngläsern, "Gaia", einem Miyauchi 5x32 (13,25° Gf) und "Nero", einem 7x50 (7,5° Gf) Fujinon unterwegs auf der Suche nach Dunkelnebeln, über die es nur wenig Literatur und unterschiedliche Atlantendarstellungen gibt. Auch hier im Forum werden sie nur periphär erwähnt.
Meinen 18" Monocoloss mit seinem 6"FH-Sucher hatte ich auf der Adelegger Senneralm auch dabei. Da ich aber mit diesem nur Standartobjekte, vor allem im Schützen abklapperte, will ich vielmehr auf die im FG beobachteten DN und das Band der Milchstrasse (im folgenden nur noch als "M0"=M Null bezeichnet) eingehen.
Beginnend im Zenit, im Schwan, fällt ein großer dunkler Fleck auf, der "Nördlichen Kohlensack" zu dem im DSR von Stoyan geschrieben steht:
"Auffallend ist eine helle Sternwolke östlich von Deneb (Anm.: Die riesge HII-Region, "OB-II-Cygni-Region", u.a.mit NGC7000 und IC5067/70) und ein großes dunkles Gebiet nördlich davon, das auch als >Nördlicher Kohlensack< bezeichnet wird."
Die restliche Literatur, die mir bisher in die Finger kam, ist sich einig, dass LDN 906 den "Northern Coalsack" darstellt (Touring the Universe through Binoculars, Uranom. 2000...), der Kohlensack also südlich von Deneb, zw. Sadr und diesem liegt! Diese Zweitdeutigkeit des Nördlichen Kohlensackes hat hier im Forum auch schon für Verwirrung gesorgt.
Betrachtet man allerdings den SkyAtlas 2000.0, so wird das, was Stoyan meint, sehr deutlich: Ein 5° großer eiförmiger weißer Kleks (=DN, aber ohne Bezeichnung!) in mitten der Milchstraße (von Sadr= gamma Cygni über Deneb = alpha Cygni nochmals diese Strecke verlängert, erstreckt es sich von dort aus nach Norden).
Weiter ging es mit "Nero" zum Adler zu B142/3, 3° nordöstlich von Atair.
Rainman hat eine tolle Zeichnung, die dem sehr nahe kommt, was ich sah, angefertigt. Vielen Dank dir an dieser Stelle.
Im 5x32er "Gaia" fallen in Aquila die bekannten DN B 142/3 weniger auf, vielmehr eine riesige Dunkelwolke im W von diesen, wo das Great Rift, vom Schwan herkommend und westlich von Sagitta markanter werdend,nun als deutliches "Loch um omega 1+2 Aquilae" "zu Tage tritt" und sich dabei sehr eindrucksvoll präsentiert.
Die Parzellierung dieses Loches (besser Milchstr.-bandabschnittes) in B332/3, LDN 673+684 konnte ich bisher noch nie nachvollziehen. Vielleicht weisen diese Stellen eine noch größere Opazität auf, als der Rest des Rifts, (welches dagegen aus der Uranometria ja leider nicht ersichtlich ist)?
Das Great Rift "teilt" hier die Milchstraße und es war in der klarsten Nacht (Samstag) überraschend, wie weit der Seitenarm im S von beta Ophiuchi in den Schlangenträger hinein reicht, ja fast wieder die Kurve zum Hauptarm hin (serpens cauda) kratzt!
(Ich gebe die Himmelsqualität lieber mit Milchstraßenmerkmalen (wie eben jener Ophiuchusarm, bzw dessen Länge) an, als in SQM-Werten!).
Die Dunkelwolke B 111 steht in schönen Kontrast zum Wildentenhaufen M11. In der Uranometria sind in ihr noch weitere DN größerer Opazität eingezeichnet (B 106, 107, 110), mir erschien das Ganze nur als ein großer Kleks.
Der große, blasse IC 4756 steht neben dem kleineren helleren 6633 schön in dem Milchstraßen-Seitenarm. Beide sind mit bloßem Auge gut zu erkennen.
Die 3 hellen Sterne von Serpens cauda, eta, ny (Oph! aber ich betrachte ihn zur Schlange gehörend) und xi (bilden eine Gerade in NO-SW-Richtung) scheinen auf den ersten Blick nicht in der Milchstraße zu liegen.
Jedoch reicht der O-Rand des Hauptarmes recht nahe an eta und ny heran!
Der (südlichste) xi steht dagegen (wie auch eta Oph) in einem Milchstraßenoval, welches sich bei eingehenderer Berachtung eher als "9" präsentiert, welche etwas nach links (O) gekippt ist.
Folgende Sterne sehe ich darin:
Im NO: ny Oph, omikron Ser
Im W: ny Ser, eta Oph (= Sabik = südlichster Eckstern der Oph-Form)
Im S: die 3 Pfeifenkopfrandsterne c (51), b (44), und theta Oph (42).
Nach N klafft eine Verbindungs-Lücke bis etwa zu M14, von wo die Milchstrasse dann zu den hellen 61, 67, 68, 70 Oph ebenfalls deutlicher (heller) wird.
Im O dieser "9", in der Lücke zum Hauptarm, steht gerade noch mit bloßem Auge erkennbar M23 in dem DN, dem Great Rift, welches Haupt- und Seitenarm teilt.
Die nach S auslaufende "9" schließt im Scorpion den Seitenarm wieder an den Hauptarm an.
Laut (der neuen) Uranometria, S.146 steht theta=42 Oph nicht im DN des Pfeifenkopfes. Das kann ich nicht nachvollziehen, ja sehe es ganz anders!
Deutlicher ist jedenfalls der Pfeifenstil, der bei 36 Oph beginnt und sich fast waagerecht nach O zum S-Ende des Pfeifenkopfes zieht.
Dort steht, auffällig einsam im DN, ein 6mag-Stern.
Die Ansicht des/Durchsicht zum Pfeifenkopf-DN schwankte, da auch schon horizontnah, erheblich. Es lohnt sich, die Kulmination des Pfeifennebels abzuwarten. Dann war der Pfeifenstil in mehreren Nächten fast immer zu erkennen, die Pfeifenkopfform selbst mal mehr, mal weniger deutlich. Die e i nz e l n e n "Rauchwolken" sind jedoch eine Herausforderung für sehr gute Nächte unter Alpenhimmel.
Die 13,2° GF des 5x32 "Gaia" sind nicht nur giganisch sondern auch praktisch, da dieses Gf genau einer Uranometriaseite entspricht.
Ich nenne dieses Fernglas "Gaia", weil es für mich das Milchstraßenglas (für große Strukturen!) ist.
Aber für den Peifenkopfnebel langt auch schon das Gf eines Standartfernglases (wie etwa ein 7x50), um ihn schön zu sehen!
Er ist durch die 4 hellen Sterne (36, 42, 44, 51 Ophiuchi) leicht zu finden, aber blieb bisher meinem bloßen Auge undeutlich. Der Seitenarm des Oph. ist halt mehr oder weniger lang (schwach) und der DN auf ca. -25°!
Die Breite des Milchstraßenbandes, wie sie im SkyAtlas eingezeichnet ist, konnte ich nicht annähernd nachvollziehen. So steht, diesem nach, der Sagittarius voll in der Milchstraße, deren Rand vom Teekannenhenkel sogar fast noch 10° weiter (!) nach Osten (in 2 Farbabstufungen) reicht. Ich sah da jedenfalls nichts mehr von der Milchstrasse. Dagegen sehe ich den Delphin in guten Nächten noch im Band der Milchstrasse liegen.
Ich will hier jetzt nicht auf die einstündige Beobachtung des 6888 (Crescentnebel) mit Monocoloss eingehen, aber als ich zu späterer Stunde, nochmals den Pfeifenkopfnebel im FG betrachten will, - der Oph steht jetzt schon ziemlich tief im W - kann ich gerade noch den markantesten Teil, den Pfeifenstil erkennen.
Der Rest (hat wohl geringere Opazität?!) ist wie vom Dunst verschluckt!
Gruss und weitere schöne Milchstrassennächte im August! Sterngucker Helmut