Hallo zusammen,
Samstag war bei uns im Alpenvorland ein herrlich klarer Tag mit wunderbarer Fernsicht, allerdings recht viele Zirren. Diese verzogen sich zum Abend hin aber mehr und mehr. Aber wie sollte es anders sein: nach 3 Wochen bewölktem Wetter hatte ich ausgerechnet an diesem Wochenende kein Auto zur Verfügung [V]. Also nix mit Rausfahren zum Lieblings-Spechtelplatz mit dem 10" Dobson.
Nach langem Hin und Her habe ich dann meinen kleinen 80/400 Reisefraktor namens Heidi in den Rucksack gepackt, die EQ1, meinen Okularkoffer, den Karkoschka und einen kleinen Klapphocker in einen Bollerwagen und bin damit rausgezogen auf einen Acker am Ortsrand.
Unterwegs fiel mir ein, daß ich sowohl das Gegengewicht als auch die biegsamen Wellen zur Feineinstellung vergessen hatte. Nochmal umkehren? Nee, um diese Zeit nicht mehr, muß auch ohne gehen.
Am Standort angekommen, der durch Büsche recht gut von den Straßenlaternen abgeschirmt wird, erstmal die EQ1 aufgebaut. Ohweh, da fehlt eine der Schrauben, die die Dreiecksplatte mit den Stativbeinen verbinden. Zum Glück habe ich im Okularkoffer ein kleines Vorhängeschloß, das habe ich zur Fixierung des dritten Stativbeines benutzt, damit die EQ1 nicht die Grätsche macht. Die Monti habe ich azimutal aufgebaut, die Feineinstellung für die Höhe ließ sich auch ohne Welle ganz gut drehen.
Um 0:10h konnte es endlich losgehen. Grenzhelligkeit so mindestens 5m5, eher besser. Erstmal Virgo angepeilt (Karkoschka E14) mit dem 21mm-Okular, macht so etwa 19x. Erste Galaxie auf der Route ist NGC 4762. Hmm, ich meine einen schwachen Hauch zu sehen, aber nichts definitives, auch nicht bei 40x. Also weitergeschwenkt, M59 und M60 eindeutig, M59 allerdings etwas schwach auf der Brust. Bei etwas höherer Vergrößerung (40x) beide besser. Weiter zu M89 und M90, auch beide etwas blaß. M87 dagegen kommt recht gut rüber. Auch das Pärchen M84 und M86 ist gut auszumachen, nicht jedoch die umgebenden NGC-Galaxien, die teils schon mit 10" nicht so ganz leicht waren. Als nächstes kommt das 'Große T' ins Blickfeld und paßt locker komplett ins Okular. M99 fällt dort sofort auf, ohne daß ich die Position vorher in der Karte nachgeschaut hätte. An M98 beiße ich mir hingegen die Zähne aus, momentweise meine ich einen ganz schwachen Hauch zu erkennen, aber bei höherer Vergrößerung ist da eher doch nichts. M100 geht wieder besser, ein rundlicher, blasser Lichtfleck ohne Konzentration.
'Es gibt auch noch was anderes' sagt Hannes Kröger aus Hamburg, deshalb erstmal Schluß mit Galaxien. Der Kugelhaufen M53 in Coma ist mein nächstes Ziel und auch schnell gefunden. Bei niedriger Vergrößerung ein kleiner Matschfleck, bei 80x außen diffus mit deutlicher Helligkeitszunahme zum Zentrum.
Der Kopf des Skorpion lugt schon hoch über den Horizont, M4 ist leicht sichtbar. Bei 40x wirkt M4 schon am Rande leicht aufgelöst und die markante Sternkette die quer durchs Zentrum verläuft, ist zumindest indirekt sichtbar.
Kurzer Schwenk zu Rho Oph, der locker in 3 Sterne aufgesplittet wird, nur die beiden engen Komponenten des Hauptsterns wollen sich auch bei knapp 80x nicht trennen lassen. Vielleicht ist so nah am Horizont auch einfach das Seeing zu schlecht.
Weiter zu M10 und M12, die beide zusammen ins Gesichtsfeld meines 32mm Plössl passen. M12 wirkt recht locker ohne auffällige Konzentration, am Rand schon teilweise aufgelöst. Am Südrand ein auffälliger Vordergrundstern. M10 ist deutlich kompakter, zum Zentrum hin merklich heller und nicht auflösbar.
M5 ist ebenfalls bald aufgefunden, auch er zeigt eine deutliche Helligkeitszunahme zum Zentrum.
Das Trapez im Herkules steht hoch über mir, M13 kann ich gerade so anpeilen ohne daß Heidi an ihre Stativbeine stößt. Bei 80x sehr groß und hell, am Rande aufgelöst und über die ganze Fläche mit schwachen Spreckeln überzogen.
Jetzt wieder mit 19x ein Schwenk zu IC 4665, dieser zerstreute OH kommt nur bei so niedriger Vergrößerung gut rüber. NGC 6633 ist schon im Sucher auffällig, im Fernrohr länglich Ost-West, das Westende ist aufgefächert, nach Osten läuft er spitz zu.
Das Schwanzende des Adlers ist nun auch schon in meinen Sichtbereich gerückt, dort ist M11 schön zu sehen. Bei niedriger Vergrößerung fällt ein Stern an der Südostecke auf, von dem aus ein Nebel nach Nordwest auffächert. Mit zunehmender Vergrößerung bis hin zu 80x wird der Haufen immer besser in Einzelsterne aufgelöst und in seinem Innern werden Dunkelstrukturen sichtbar.
Nach 2 Stunden Spechtelei beginnen Wolken aufzuziehen und mir reichts auch langsam. Also zusammengepackt und den 20minütigen Heimweg angetreten, 3h liege ich endlich im Bett. Schön wars, auch mit 'nur' 80mm Öffnung kann man Spaß an Deep-Sky haben!