Hallo,
hier nun meine Eindrücke vom ITV 2002.
Mittwoch fuhr ich zum ITV. Da, wie üblich, meine Vorbereitungen am Mittwoch Morgen eher noch nicht so weit vorangeschritten waren, begann der Tag damit, dass ich erst mal einen Haufen emails abarbeitete dann Zelt, Ausrüstung und Proviant bunkerte. Diesen Vorgang brach ich erst ab, als die Ladefläche des Passates komplett voll war. Während man in jungen Jahren eher mit zu wenig Zeug los tobt, verkehrt sich dies mit den Jahren wohl stetig ins andere Extrem. Als Beispiel sei angeführt, was ich zum Sitzen mitnahm: einen Teak-Gartenstuhl (halt zum Sitzen), einen Liegestuhl (so für zwischendurch) und einen Barhocker (fürs Beobachten halt). Ähnlich ging ich ging mit so ziemlich jedem anderen mitgeführtem Gut vor; so auch den Optiken; hier durften mit:
der 10“ ICS ATD Dobson (mit noch immer nicht gereinigtem Spiegel), der 4“ TMB auf der Vixen GP, der Pronto auf der TeleVue Gibraltar-Montierung sowie ein 10x52 Parks ED Glas und mein stabilisiertes 15x50 Canon.
Die Anfahrt aus Amsterdam war eher zäh. Viel Verkehr und – ich gestehe es offen – vom Navigationssystem vorgeschlagene ‚Abkürzungen’, führten dazu das ich statt, wie geplant am Mittwoch Nachmittag, erst gegen Abend ankam.
Höhepunkt der Anreise war mein ‚Boxenstop’ in Dormund, wo ich die Pferde zu tränken gedachte und auch noch ‚flüssig Brot’ an Bord nehmen wollte.
Leider war mir nicht ganz gegenwärtig, dass just an diesen Mittwochabend das Pokalendspiel zwischen Rotterdam und Dortmund anstand.
Was das mit mir zu tun hat?
Na, fahr mal mit ´nem holländischen Kennzeichen durch Dortmunder Strassen in denen unzählige, in bauarbeitergelb gekleidete ‚Fußball-Anhänger’ rumlungern. Naja, Kutsche, Fahrer und die sensiblen Güter überstanden auch dies.
Der Aufbau des erst ca. 6 Stunden in meinem Besitz befindlichen Zeltes ging völlig glatt und war dann auch ein gutes Omen für den weiteren reibungslosen Verlauf meines Aufenthaltes.
Leider fand es sich nicht, dass ich mit den anderen Astrotreff-Leuten gemeinsam Quartier machen konnte, da diese erst später ankamen.
So, nu aber mal zum Astronomischen.
Am Mittwochabend war es zwar nicht sehr klar aber den ganzen Abend (und für einige mit entsprechender Kondition auch die ganze Nacht) ergab sich Möglichkeit (genauer die Notwendigkeit) zum Wolkenloch-Hopping.
Längst nicht alle rafften sich aber dazu auf; viele Zelt wurden schon zeitig zugezogen.
Jupiter war im TMB eher mäßig. Aber wie so manches mal bedeutete dies, dass es deep-sky mäßig dann doch recht ordentlich ging.
Eine –5mag Iridium-Flare läutete den dunkleren Beobachtungsteil ein.
Die wolkenlöchergetriebene Auswahl von Objekten ergab, u.a. M51, M65/66, M97.
M51 war im TMB so interessant wie nie. Ich meine die Brücke erahnt-gesehen zu haben. Im ICS ergab sich ein Hauch von Struddeleindruck.
Der durch den Drachenkopf reisende Ikeya-Zhang wurde in verschiedenen Instrumenten (ich meist im 15x50 Glas) beäugt und zeigte zwar eine beeindruckende Koma aber eher nur ein fades Schweifchen. Bin mal gespannt, ob die dort geschossen Bilder mehr von seinem ‚Gefolge’ zeigen.
Wirklich gut waren die sich ergebenden Vergleichsmöglichkeiten mit Instrumenten in der Nachbarschaft (u.a. 8“ SCT, 6“ TAL, 8“ Dobson, MK 61 Maksutov Cassegrain)
Insbesondere Ursulas MK 66 beeindruckte mich und zeigte mit seinen 6“ eine gute Deep-Sky-Performance.
Ich erlag dem hohen Tempo des Tages (und wohl auch dem warmen Bier) gegen 2 oder 3 Uhr am Morgen und hatte ‚first night’ im neuen Zelt. Vorm Einschlummern erinnerte ich noch, dass dies seit 11 Jahren meine erste Nacht in einem Zelt werden sollte.
Meine Nachbarn Ursula, Marco und Michael beobachteten aber weiter und wohl auch durch.
Der Donnerstag (auch bekannt als Himmelfahrt, Vater-, Herrentag) war wirklich sehr beeindruckend. Viel Sonne und noch viel mehr Kontakte mit Gleichgesinnten.
Tagsüber herrschte ein munteres Treiben und ich sprach mit vielen, die Interesse am TMB (offenbar der Hingucker schlechthin) oder/und am ICS hatten.
Die sich um Vorzüge und Nachteile der Geräte und der diese Anbietenden drehenden Gespräche, führten oft und schnell zu einem gemeinsamen Verständnis.
Wolfgang Rohr kollimierte schnell und routiniert den 8“ Dobson von nebenan. Der Besitzer (Name der Redaktion bekannt) beklagte sich, dass das Teil nicht so recht abzugleichen wäre. Nach der Justierung erzählte er dann auch warum. Ja – so der Dobsonaut – all das mach ich auch so, dann verstellt sich aber immer wieder alles, wenn ich an der Fangspiegelspinne rüttele und drücke. Alle gemeinsam brachten wir ihm schonend bei, fortan ebenso schonend mit dem filigranen Teil umzugehen.
Mein Pronto mit Coronado zeigten eine halbwegs aktive Sonne im H-alpha Licht und zeitweise mussten die Interessierten warten, eh sie einen Blick auf Protuberanzen und Filamente werfen konnten. Es waren einige stabförmige Protuberanzen zu sehen.
Ich war wirklich beeindruckt von dem Interesse an meinen Instrumentenpark. Mag man dies – wie Matthias es in seinem Bericht zutreffend beschrieb – Messe-Feeling nicht, bleibt wohl nur, die APO-Optik in einen anderen Tubus zu setzen und mit low profile unter falscher Flagge zu segeln.
Irgendwann am Nachmittag war ich echt fertig und haute mich auf meinen Liegestuhl (s.o) und zog die Kappe ins Gesicht. Half aber auch nicht: ‚Darf ich mal stören?’ ...
An eigene Erkundungstouren war nicht zu denken.
Hat aber Spaß gemacht und genau da hinkt der Messevergleich von Matthias, ich traf ausnahmslos interessante und interessierte Leute. Wäre Astronomie nicht schon mein Hobby, tät ich es glatt anfangen.
Die Nacht war dann bis ca. 2 Uhr wirklich gut. Einige weitere Instrumente gesellten sich in unsere ‚letzte Ecke’, so dass sich noch mehr Gelegenheit zum ‚eben mal Gucken’ ergab. Beeindruckend war ein selbstgebauter Schiefspiegler. Es wurde auch viel Film belichtet.
Jupiter war schon bei Tageslicht recht ordentlich im TMB zu beobachten und zeigte dann auch später im APO weit mehr als die Nachbarn in ihren Instrumenten erkennen konnten. Hier gab es einige As und auch Os. Ich selbst war nicht so beeindruckt – hatten wir schon besser. Seeing war also nicht so berühmt.
Jupiter, Saturn, Mars, Venus und Merkur waren in der Dämmerung dann auch im Fernglas beobachtbar (genauer auffindbar).
Wie beobachteten wirklich viel in den Stunden bis 2 Uhr.
Die Gefährten M81 & 82 beeindruckten besonders. Auch hier zeigte mir der TMB mehr als ich bisher an anderen Standorten sah. Der Vogelsberg ist schon ein feiner Kerl, äh. Berg.
M13 und andere Kugelhaufen ermöglichten den Interessierten, Vergleiche zwischen 4“ APO und 10“ ICS. Der TMB kitzelte (schönen Dank für dies Wort, Martin) die Kugelgebilde schon beeindruckend an. Der ICS überzeugte dann aber restlos, das letztlich Aperture rules.
Der TMB zeigte NGC 4565 elegant mit stellarem Kern gut und indirekt die wahrlich lange Spindel.
Ich beobachtete noch rund ein halbes Dutzend Virgo Galaxien und notierte meine Eindrücke, die ich daheim mit O’Mera’s u.a. Beschreibungen verglich. Obwohl man es selber nicht so merkt, ist es schon nett zu erkennen, dass man immer mehr Details erkennt und diese zuordnen kann. Oft findet man Bestätigung für die erahnten Details. Nur in einem Falle (M88) lag ich ziemlich daneben. Evtl. aber ja wirklich daneben. Muss mal sehen, ob ich ein zur Beschreibung passendes Objekt finde.
Da dies um mich herum ständig stattfand, betrachtete ich auch einige Doppelsterne (normal nix für mich).
Auch planetarische Nebel wurden angefahren und verschiedene Filter (UHC, OIII) probiert.
Erwähnenswert finde ich nach einer Beobachtungsnacht auch, das man nicht vor Satelliten mit bloßem Auge wahrnimmt, sonder, dass diese auch oft das Gesichtsfeld im Okular durchqueren. In der Nacht auf Donnerstag waren es bestimmt 6 solcher Trabanten, die ich so sah. Fast möchte ich sagen, dass ich M13 ohne Satelliten gar nicht mehr kenne.
Gegen 2 Uhr zog es sich dann schnell zu und der anschwellende Wind lies glauben, dass das langangekündigte Gewitter (Wetterleuchten hatten wir schon den ganzen Abend) uns nun aufzumischen gedenkt. Dem war aber nicht so. Nach dem alarmmäßigen Einpacken beruhigte sich die Wetterlage aber wieder.
Tatsächlich schmierte mir doch kurz vor Beobachtungsende mein Skysenor ‚big time’ ab. Dies geschah mir doch das erste mal in den 3 Jahren in den ich ihn nutze. Sogar die festen Standorteinstellungen waren futsch. So was aber auch. Ich ermute mal, dass ich das zuerst genutzten Bleigeel bis zum Leer ge-GOTO-t hatte und diese heftige Reaktion daher rührte.
Unsere Ecke (Jürgen, Ursula, u.a. ) lies den Abend dann mit von mir aus dem Bach geangeltem Bier (der kluge Spechtler kühlt vor) und vielen Anekdoten ausklingen. Später zogen wir noch mal über den Platz, wo einige wenige dann noch, den sich wieder zeigenden Wolkenlücken Objekte abluchsten.
Freitag war dann sehr grau mit einigen Schauern, so dass ich zu dem Schluss kam, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist und meine sieben Sachen packte.
Nicht jedoch ohne noch viele Internet-Bekanntschaften persönlich zu treffen und meine flüssig Brot Vorräte in treue Hände der Astrotreff-Freunde zu legen.
Es ergaben sich viele, viele Kontakte, so dass ich feststelle, dass ich zwar keine neuen Objekte sah, sondern viele weitaus interessantere neue Astrofreunde. Es ist halt doch ein Unterschied die ITV-Atmosphäre beschreiben zu bekommen oder diese zu erleben.
Es gäbe noch viel zu erzählen aber nu machen wir mal Schluß.
Ach ja, was neues lernte ich auch. Um den Schlafsack in den Transportsack zu bekommen, empfiehlt es sich, diesen NICHT zusammen zu rollen, sondern einfach reinzustopfen. Geht echt besser.
Meine Lieblingsanekdote, ist die Aussage eines nebenan beobachtenden Sternenfreundes, der mit der Erklärung, dass er schließlich das bezahlte Hotelzimmer in der Nachbarschaf zu nutzen gedenkt, halbwegszeitig aufbrach.
Also, alle die, die aus den hervorragenden Internet-Bildern den Schluss zogen, ihgitt, dass war ja bestimmt nix mit all dem Schlamm, wissen nicht wovon sie reden.
ITV immer wieder gern.
Gruß an alle und meldet Euch,
Guido
P.S. Ach so, ich saß auf jedem meiner mitgebrachten Stühle.
http://www.4steins.de/astro/index.html
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