Beiträge von Diethard

    Hallo Sternfreunde.


    Anfang 98 habe ich mir das ETX90 zugelegt. Nachdem ich es ein viertel Jahr getestet hatte, habe ich der Fa. Astrocom eine Email geschickt, in der ich meine Erfahrungen mitgeteilt habe. Da ich annehme, daß der Inhalt von allgemeinem Interesse für ETX-User ist, habe ich den Inhalt dieser Mail mal hier reinkopiert. Interessieren würde mich auch, ob inzwischen eine Beseitigung der vorgestellten Mängel vorgenommen wurde.


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    1.Batteriefach
    Die konstruktive Ausführung der Batteriekontakt- und Halteklemmen aus einem gemeinsamem Blechstück verursacht in vielen Fällen einen vollständigen Kurzschluß über den Stahlmantel der Zellen. Besonders betroffen sind Batterien der Typen Philips,Panasonic,Ucar usw., die nur eine dünne Lackierung auf dem Stahlmantel besitzen. Einigermaßen sicher sind Zellen mit Kunststoffummantelung (z.B. Daimon). Als erste Hilfe kann man jedoch die einzelnen Zellen im Bereich der Halteklammern mit Gewebeisolierband vor dem Einsetzen ins Batteriefach umwickeln.

    2.Ausführung der Klemmschrauben
    Daß man bei einem Gerät aus den USA nicht verlangen kann, daß die Klemmschrauben für die Okularklemmung und das Sucherfernrohr mit metrischem Feingewinde versehen sind, statt des klapprigen Zollgewindes, war mir schon vor dem Kauf des ETX klar. Zu bemängeln ist jedoch auf jeden Fall, daß die beim Rollen der Schrauben an der Stirnfläche entstehenden Grate nicht entfernt wurden. Kein Sternfreund ist erfreut, wenn auf den Steckflächen der Okulare oder am Außenmantel des Sucherfernrohres kreisförmige Kratzspuren und Druckmarkierungen vom Erfolg der angezogenen Klemmschrauben zeugen. Ferner ist die Justierung des Sucherfernrohres bei derart gratigen Schrauben ein Gedulds- und Glücksspiel, weil man nie vorhersagen kann, in welche Richtung das S.fernrohr durch die auftretenden Querkräfte ausweicht. Im Übrigen sieht die deutsche DIN Norm für Schrauben, die axiale Druckkräfte übertragen sollen, ein zylindrisches Endstück mit sphärischer Stirnfläche vor. Eine paßgerechte, geschlitzte Steckhülse gilt in Europa immer noch als Qualitätsmerkmal und wäre die bessere Lösung, ein Okularabsturz infolge vergessener Klemmung ist dabei ausgeschlossen.


    3. Die Lagerung in der Rektaszensionsachse
    Die konstruktive Gestaltung der ETX-Montierung sieht als äußeres Gleitlager drei Auflagepunkte auf dem Montierungssockel vor, auf dem die gesamte übrige Montierung gleitet. Diese sind in der Lücke unter dem Stundenkreis sichtbar. Das ist vernünftig, weil dadurch die Kippkräfte der äquatorial aufgestellten Montierung weit außen von der zentralen Achse abgefangen werden. Andererseits jedoch ist die Flächenpressung an den drei Auflagepunkten recht hoch und der Antrieb wird hier erst über einen langen Hebelarm wirksam.Geringste Störungen des Gleitverhaltens an diesen drei Gleitstellen wirken sich also sehr stark auf die erwünschte Gleichförmigkeit der Antriebsbewegung aus. Leider ist dieses so wichtige Lager frei dem Schmutz und Staub ausgesetzt. Nach wenigen Tagen der Beobachtung im Freien (Stadtgebiet Berlin) wurde die Nachführung zunehmend ruppiger, sekundenlange Aussetzer traten auf und der RA-Feintriebknopf erforderte immer mehr Kraft. Da ich eine Verschmutzung der Lagerstelle befürchtete, habe ich einen sauberen Fließpapiertreifen in die Lücke unter dem RA-Kreis eingeschoben und bei gelöster Klemmung das Oberteil mehrfach von Hand gedreht. War der Streifen verschmutzt, wurde er durch einen neuen ersetzt. Dabei stellte ich fest, daß mit zunehmender Sauberkeit im Gleitlagerbereich die Schwergängigkeit, insbesonders die Haftreibung, weniger die Gleitreibung, zunahm! Traten mehrere Minuten keine Gleitbewegungen auf, kam es förmlich zu einer „Verklebung“ der Gleitflächen miteinander.


    Bei der Suche nach der Ursache dieses merkwürdigen Verhaltens konnte ich folgendes in Erfahrung bringen: Die Hersteller von Plastteilen verwenden sogenannte Trennmittel um ein leichtes Entfernen der Plastteile aus der Form zu erreichen. Diese Trennmittel haften oberflächlich auch an den gefertigten Teilen. Die Trennmittel enthalten häufig Silikonöle, PTFE oder Seifen. Werden die so hergestellten Plastteile zu Gleitlagern kombiniert, treten als Reibungspartner nicht Plaste---Plaste auf, sondern Plaste—Trennmittel—Plaste. Die gemessen Reibungswerte sind niedrig und der Gerätehersteller jubelt. Im praktischen Einsatz werden jedoch die nur in geringsten Spuren anhaftenden Trennmittel durch Staub u.s.w. schnell aufgezehrt und es kommt zum unmittelbarem Kontakt der Lagerpartner. Die reine Kombination Plaste—Plaste ist jedoch in der Regel nicht verwendbar. Besonders dann, wenn beide Komponenten aus dem gleichen Werkstoff bestehen, kommt es zu gegenseitigen Haft- und Klebeffekten. Vermutlich war das das beim ETX der Fall.

    Ich habe mich nun bemüht, diesen Trennmittelfilm wieder aufzubauen.Da Trennmittel der Plasteindustrie normalerweise (noch) nicht zum deutschen Haushalt gehören, Seife jedoch in der Regel vorhanden ist (hoffentlich!), habe ich es damit versucht. Ein Kartonstreifen passender Dicke wurde mit *trockener* Seife beidseitig eingerieben und in den Spalt unter dem Stundenkreis eingeführt. Bei gelöster Klemmung wurde das Teleskop von Hand mehrfach auf dem unteren Teil in beiden Richtungen vollständig um seine Achse gedreht. Durch den Kontakt mit dem oberen Teteskopteil wurde dabei der am Karton anhaftende Seifenstaub auf diesen, und damit auch auf die drei unteren Lagerstellen übertragen.
    Der Erfolg war wirklich umwerfend, sofort spürbar und übertraf den Neuzustand bei weitem. Der Reibungswiderstand fiel sofort und nachhaltig. Einstellungen in RA mit dem Feintriebknopf sind , wie bei einem präzise funktionierendem Schneckenantrieb, leicht und genau möglich, sodaß es kein Problem bereitet, mit dem Faden eines Fadenkreuzokulars einen Stern zu verdecken oder im 10er Okular einen Stern im Kriechgang durch das Gesichtsfeld wandern zu lassen!

    Ich wiederhole, es handelt sich nur um einen Trenneffekt der Plastpartner.Übliche Schmiermitel wie Öle,Fette oder Feststoffschmiermittel wie Graphit oder Molybdändisulfid sind hierfür völlig ungeeignet und können die Plastoberfläche aufquellen oder gar zerstören. Ich weise darauf hin, daß im Handel auch sogenannte Seifensyndets sind. Diese sind chemisch gesehen keine Seifen, sondern andere waschaktive Substanzen, die in Seifenstückform gebracht werden. Echte Seife erkennt man am niedrigen Preis und schlechtem Schäumen bei hartem Wasser. ;)


    4. Sucherfernrohr
    Es besteht keine Möglichkeit das Fadenkreuz für das Auge scharfzustellen. Bei meinem Sucherfernrohr ist das Fadenkreuz auf eine Sehentfernung von etwa 25 cm fest eingestellt. Da ich mit -4 Dioptrien kurzsichtig bin, ist das für mich vorteilhaft; aber was machen Ältere mit schon eingeschränkter Akkomodation, die normalsichtig sind? Übrigens würde ich eine Ausführung mit 90 Gradablenkung vorziehen, ich mag keine Astrogymnastik in Polhöhe


    Zum Schluß das Positive
    Mit den optischen Leistungen des ETX bin ich sehr zufrieden. Das Bild ist noch bei 150facher Vergrößerung klar, scharf und hart umrissen. Im Vergleich mit mit meinem Refraktor mit Zeiss AS Objektiv 80/1200, den ich vor Jahren hatte, ist das ETX farbneutraler und vor allem bequemer und handlicher. Hinsichtlich der Trennung ungleich heller Doppelsterne (Diff.>1MAG) im beugungsbegrenzten Bereich und an den Planeten war der Refraktor geringfügig besser. Konstruktionbedingt war auch die Streulichtausblendung besser möglich, aber es ist schon erstaunlich was das ETX leistet!


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    Ich hoffe Euch mit der Überlänge meines Beitrages nicht auf den Senkel gegangen zu sein.


    Freundliche Grüße ... Diethard.