Hallo liebe Klassikerfreunde!
Ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Artikel irgendwann einmal schreiben könnte, der Zufall hat es jedoch gut mit mir gemeint. Aber beginnen wir von ganz vorne....
Irgendwann im Jahre 1986 habe ich von meiner Tante aus Köln ein Buch aus der Reihe "Technik&Natur" geschenkt bekommen, "Das Weltall entdecken mit selbstgebautem Spiegelteleskop", geschrieben von Peter Haber und Joachim Herrmann. Darin wurde der Selbstbau eines 150mm Spiegelteleskop inkl. einer einfachen Montierung beschrieben. Es waren auch Bilder enthalten, die zeigen, was man mit diesem Teleskop alles sehen kann. Das war der Startschuss in meine fast 40 jährige Astro-Leidenschaft. Aber das Teleskop war für mich damals weder technisch noch finanziell erreichbar. Und nach etwas Recherche (es gab ja nur die großen Versandhauskataloge, wenn man keine Kontakte zur damals überschaubaren Astroszene hatte) lag das Teleskop fest, welches ich mir traute, zum 14. Geburtstag zu wünschen. Leider weiß ich nicht mehr, aus welchem Katalog ich das Teleskop ausgewählt habe aber meine Eltern haben mir nach einigem Hin und Her das Teleskop bestellt.
Und pünktlich zu meinem 14. Geburtstag lag es auf unserem Wohnzimmertisch. Bis auf die Angaben in dem besagten Buch hatte ich keinerlei Ahnung von Optik und von der Leistungsfähigkeit astronomischer Teleskope. Aber nach dem ersten Aufbau sah das nach was wirklich brauchbarem aus, kannte ich bisher nur kleine Ferngläser aus eigener Erfahrung. Ich kann mich noch wie heute daran erinnern, wie ich die ersten terrestrischen Beobachtungen durch das geschlossene Dachfenster machte, und alles recht milchig und matschig aussah. Erste gelernte Lektion: Fenster auf beim Beobachten . Und von solcherlei Lektionen sollten über die Jahre noch sehr sehr viele folgen. Ein Internet zum Recherchieren oder ein Forum zum Fragen gab es noch nicht! Es folgten weitere Beobachtungen von etwa 3km entfernten Isolatoren eines Hochspannungsmast und ich war erstaunt, was ich durch dieses Teleskop alles sehen konnte.
Tage später dann der erste Blick auf den Mond. Ich bin an diesem Abend aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen! Ohne zu wissen, was ich da alles genau zu sehen bekam, die Blicke durch das Okular waren phantastisch, faszinierend, fast ein Stück weit unglaublich. Die Astronomie hatte mich endgültig in ihren Bann gezogen. Ein paar Tage später (ich hab alles aufs Korn genommen, was da oben zu sehen war...) ist mir tief im Westen Saturn aufgefallen. Unglaublich, dass ich den Ring mit eigenen Augen gesehen habe. Das Feuer loderte noch heller und ich habe mehr und mehr mit dem kleinen 60er entdeckt.
Natürlich wurde das Instrumentarium über die Jahre größer und besser und ich habe den 60er damals ganz schön verbastelt. Am Ende habe ich das Objektiv vom Tubus getrennt, weil ich mir da mal einen besseren Tubus drumherum bauen wollte. Das Teleskop ohne Optik landete irgendwann aus Platzmangel auf dem Müll, aber den besseren Tubus habe ich trotzdem nie gebaut.
Je älter man wird, umso öfter und lieber denkt man an die Anfänge zurück. Die Anblicke und das Gefühl der ersten faszinierenden Beobachtungen haben sich unlöschbar ins Hirn eingebrannt. Und je weiter die Zeit fortgeschritten ist, umso mehr wollte ich diese alten Erinnerungen noch einmal erleben. Ich hätte dazu das Objektiv in einen neuen Tubus bauen können, aber das wäre nicht das gleiche gewesen. Ich wollte den wackligen Okularauszug, den fast unbrauchbaren Sucher, das zittrige Stativ und die einfachen Plastikokulare wieder haben und alles zusammen benutzen - genau wie damals! Also habe ich mich vor über 10 Jahren auf die Lauer gelegt und nach genau diesem Teleskop auf dem Gebrauchtmarkt Ausschau gehalten. Je länger die Suche andauerte, umso skeptischer war ich, dass ich genau dieses Teleskop einmal finden würde. Da man alleine auf Kleinanzeigen mehr weiße Tuben von 60mm Refraktoren finden kann als Sandkörner an der Adriaküste, habe ich mich auf ein Merkmal meines damaligen Teleskops konzentriert, und das war die orange Plastikkappe der Alt-Feststellschraube. Ich habe dieses Detail bei keinem anderen Plastik-Torpedo gesehen und immer genau danach Ausschau gehalten. Aber die Jahre vergingen und aus lauter Verzweiflung habe ich von Hannes einen (mechanisch viel besseren) 60er gekauft. Aber damit wurde die Sehnsucht nur noch schlimmer. Also ging die Suche weiter und weiter.
Vor ein paar Wochen habe ich wieder angefangen, auf Kleinanzeigen nach dem "orangenen Hinweis" zu suchen. Und dieses Mal könnte ich es kaum glauben! Da war er. Genau mein erster Refraktor! Den Bildern nach praktisch in neuem Zustand, inklusive dem damaligen Zubehör wie Okulare, drehbarer Sternkarte, der Mondkarte und einer kleinen Anleitung. Exakt mein erstes Teleskop. Nur etwas weit weg und wie so oft, nur Abholung, kein Versand. Nun, nicht nur wenn man selbst etwas möchte, sondern generell schadet ein bisschen Freundlichkeit im Umgang mit anderen Menschen nie, und es gab eine kurze aber sehr freundliche Korrespondenz mit dem Verkäufer, der dann auch sofort bereit war, das Teleskop zu verschicken.
Vor ein paar Tagen ist das Gerät dann angekommen und ich habe es sofort ausgepackt. Praktisch Neuzustand und alles vollständig enthalten. Perfekt!
Kurz darauf klarte der Himmel auf (es war ja kein Neukauf mit anschließender Dauerbewölkung, sondern die Rettung eines alten Klassikers...) und ich hatte wieder diese unbeschreibliche Mondbeobachtung, wie damals vor nunmehr fast 40 Jahren.
So viel besser die Bilder meiner großen und perfekten Teleskope auch sein mögen, auf eine ganz bestimmte Art und Weise kommen sie nicht an diese zittrigen und unvollkommenen Bilder heran. Wach gewordene Erinnerungen können faszinierender sein und Sehen ist eben mehr als nur zu schauen!
Soviel zur Vorgeschichte und zum Ausgang meiner jahrelangen Suche nach meinem ersten Teleskop, das heute wohl niemand mehr kaufen würde, zumindest nicht für das damals aufzubringende Geld. Wieviel es war, kann ich nicht mehr sagen, aber es war für damalige Verhältnisse schon eine Menge Geld, zumindest für ein Geschenk eines 14-jährigen.
Laut Karton und Anleitung ist der Hersteller die Firma "KD", importiert durch Bresser. Vielleicht kennt jemand diese Firma und kann mehr darüber berichten?!
Hier die Bilder zu meiner kleinen Geschichte und zu meinem Traum von damals und heute:
Damit ihr nicht die gleiche Odysee erleiden müsst wie ich, haltet euer erstes Teleskop in Ehren und passt gut darauf auf. Irgendwann kommt vielleicht das Verlangen, wieder einmal durch diese alten Klassiker zu schauen und die alten Zeiten hochleben zu lassen!
Viele Grüße,
Burkhard