Hallo Astrotreffler!
Zwar passt der folgende Bericht über einen 3D-Astrovortrag nicht ganz in dieses Forum, aber eine passendere Rubrik konnte ich in der Astrotreff-Forenliste nicht finden. Außerdem halndelt der Bericht in weitem Sinne ja auch von Beobachtung...
Am Abend des 21.06. bot ARGUE (http://www.argue.de) im Rahmen des Akademischen Forums an der Uni Münster ein besonderes Highlight – Friedrich Witte von der Deutschen Gesellschaft für Stereoskopie (http://www.stereoskopie.org) entführte seine Zuschauer auf eine stereoskopische Reise durchs Weltall.
Mittels eines speziellen Projektors, der die Bilder für das linke und rechte Auge mit senkrecht zueinander polarisiertem Licht übereinander auf die Leinwand bringt, und zur Verfügung gestellten Polarisationsbrillen, die die Bilder wieder trennen, war es möglich, die teils schon stereoskopisch aufgenommen, teils digital um die dritte Dimension erweiterten Bilder plastisch zu sehen, als schwebten die abgelichteten Objekte unmittelbar vor einem im Raum. Geschickt verstand Herr Witte es dabei, in mitreißender Sprache voller Witz und Prägnanz einige wichtige Begriffe wie Parallaxe zu erklären und die verschiedenen Möglichkeiten Stereobilder aufzunehmen anzureißen. Nach dieser kurzen Einleitung folgte dann eine gut geführte und mit kleinen Anekdoten gewürzte Reise zu den Sternen.
Als erstes ging es (mit den Apolloastronauten) zum Mond, wo wir Krater und Gebirgslandschaften mit den Augen von Riesen sahen und schließlich gar die 3D-Struktur der Fußabdrücke der Mondfahrer aus nächster Näher bewundern konnten. In der Aufsicht schienen die Spitzen der Mondgebirge zum Greifen nahe, während schattige Kraterböden in Schwindel erregender Tiefe weit hinter der Leinwand lagen.
Weiter führte der Weg zum Mars. Von Übersichtsaufnahmen der Orbiter bis zu Detailbildern einzelner Gesteinsbrocken (unter anderem eines Eisenmeteoriten auf der Marsoberfläche) reichte die Vielfalt des eindrucksvollen Bildmaterials. Interessant hierbei ist, dass die Marsrover allesamt stereoskopische Aufnahmen machen, weil die Tiefeninformation für die wissenschaftliche Auswertung wichtig ist, die Öffentlichkeit diese Stereobilder aber nur sehr selten bis gar nicht zu Gesicht bekommt.
Dieses Manko der im wahrsten Sinne des Wortes „flachen“ Medienlandschaft unserer Zeit versucht Herr Witte ein wenig zu verkleinern, indem er (stereoskopisches) Bildmaterial sammelt, ggf. digital aufbereitet und dann vorführt. Nach seinen eigenen Worten betreibt er damit „Bildparasitismus“…
Eine der beeindruckendsten Aufnahmen des Abends schließlich zeigte Saturn mit Ringsystem und drei seiner Monde. Dieses Stereobild füllte die gesamte zur Verfügung stehende Tiefendynamik restlos aus: Die Monde standen im Raum unmittelbar vor der eigenen Nase, Saturn dahinter als riesige Kugel umgeben von einem Ringsystem, das sich weit in die Tiefe erstreckt. Hielt man ein Auge kurze Zeit zu und öffnete es dann wieder, sprang einem Saturn regelrecht entgegen – blies sich praktisch vom Flach- zum Raumbild auf.
Zu guter Letzt endete der Vortrag mit einem aus Hubbleaufnahmen errechneten Stereobild des Pferdekopfnebels. Ich muss sagen, dass Bild, das wir zu sehen bekamen, war diesem wundervollen Himmelsobjekt würdig. Dreidimensionale Gas- und Staubstrukturen verdeckten und durchdrangen sich in einer plastischen Tiefe, die mir bisher fremd war. Man glaubte, den Nebel aus den Augen eines Lichtjahre großen Wesens aus nächster Nähe zu bewundern. Diesen eindrucksvollen Abschluss seines Vortrages untermalte Herr Witte noch mit einer lyrischen Selbstoffenbarung, die seine Motivation und sein Einsatzbereitschaft für die Stereoskopie zum Ausdruck brachten. Im Nachhinein muss ich ihm daher auch widersprechen: Er betreibt in keiner weise „Bildparasitismus“. Ich sehe es eher als symbiotische Handlung an, dass er Bildmaterial anderer Leute stereoskopisch aufbereitet und der Öffentlichkeit darbietet! Es bereichert damit die Bilder!
Eine Aufnahme muss ich hier allerdings noch gesondert erwähnen: Die Venus schwebt während des Transits vor der H-Alpha Sonne. Das Bild ließ mich fast vom Stuhl fallen und kam mir gleichzeitig merkwürdig vertraut vor. Als Herr Witte dann den Fotografen nannte, erklärte sich die Vertrautheit. Ihr dürft dreimal raten – es war eine Aufnahme von nafpie.
Lasst mich Euch sagen, dieses an sich schon geniale Foto wirkt als Stereobild (noch dazu wenn man sich dabei nicht die Augen verbiegen muss) nochmals überwältigender.
Ich hoffe ihr verzeiht mir die langen Worte, aber die geschilderten Eindrücke erscheinen es mir wert, mit euch geteilt zu werden.
Gruß - Patrick