Hallo zusammen,
Im Endlosthread "was hast Du heut Schönes ausgepackt" habe ich von einem 30W Solarpanel berichtet, das ich mir zugelegt habe:
Was hast Du heute Schönes ausgepackt?
Da es von einem fernöstlichen Lieferanten mit blumigem Namen und ansonsten wenig Informationen über Seriosität stammt musste ich natürlich damit rechnen, dass Schein und Sein nicht ganz deckungsgleich sind. Der Preis von etwas 50Teuronen war mir den Versuch aber wert.
Andere Foristen haben darauf hingewiesen, dass diese Leistung in der Realität nie erreicht werden kann. Ich habe daraufhin erwähnt, dass ich mal bei Gelegenheit eine Messung machen werde. Das habe ich gestern bei prächtigem Sonnenschein (und damit im strömenden Schweisse meines ganzen Körpers ) getan. Passenden Messpark (zwei Multimeter, zusammengelötete Lesitungswiderstandskette) und Panel zusammengestöpselt. Und los gings.
Erst mal aber eine kurze Einordnung über ein paar Grundlagen. Wer das alles schon weiss, darf die folgenden Abschnitte gerne überspringen.
- Die Sonne liefert etwas 1kW/m2 Energie im von Solarmodulen nutzbaren Bereich des Spektrums. Diese Flächenleistung ist unabhängig vom Ort an dem die Sonne sichtbar ist. Das ist aber nur die halbe Miete.
- Je nach Winkel, in der die Energie auf die Erde trifft (also Breitengrad und Tageszeit) wird diese mehr oder weniger von der Atmosphäre gedämpft und/oder gestreut.
- Das bedeutet also, dass diese Leistung im besten Fall dann auf der Erdoberfläche auftrifft, wenn die Sonne im Zenit und abgesehen von trockener Atmosphäre nichts im Weg steht.
- Solarmodule habe heute etwa 20% Wirkungsgrad, das heisst sie wandeln max. 200W/m2 in elektrische Energie um.
Wenn wir also Energie von der Sonne nutzen wollen, müssen wir diese Faktoren berücksichtigen.
Die Nennleistung von Solarmodulen wird (ausser es wird explizit ein anderer Wert spezifiziert) bei einer Einstrahlung von 1kW/m2 angegeben. Es stellt also ein absolutes Maximum dar, das in der Realität nie erreicht werden kann. Entscheidend ist die momentane Strahlungsleistung und die hab ich mir für Allschwil nach der Messung mal beschafft:
Um 16:15 Uhr waren nur noch etwa528W/m2 zu erwarten (lineare Interpolation von Werten bei 16 und 17Uhr.
So, nun also zu den Messungen. Ich hab mir aus Leistungswiderständen (1.5 + 3.3 + 3.3 Ohm) eine Last zusammengedengelt, so dass sich verschiedene Lastfälle messen lassen. Gemessen habe ich die Spannung am Solarmodul und den Strom durch die Widerstände.
Die folgende Tabelle zeigt die Resultate:
Spannung [V]
| Strom [A]
| Widerstand [Ohm]
| Leistung [W]
|
20.32 | 0.00 | offen | 0 |
11.36 | 1.39 | 8.1 | 15.8 |
9.06 | 1.32 | 6.6 | 12.0 |
6.85 | 1.36 | 4.8 | 9.3 |
4.85 | 1.35 | 3.3 | 6.5 |
2.30 | 1.40 | 1.5 | 3.2 |
So, was sehen wir da ausser gescheiten Zahlen?
- Die Leerlaufspannung beträgt 20.32V, also etwas höher also angegeben (die Leerlaufspannung sollte theoretisch 21.4V sein. Da aber in der Anschlussbox Regelelektronik für die USB-Buchse und eine LED aktiv sind, erklärt sich die etwas tiefere Spannung). Dies ist insbesondere wichtig, dass am Modul angeschlossene Geräte (wenn sie keine Leistung beziehen) mit dieser Spannung klar kommen müssen.
- Die grösste Leistung beträgt knapp 16W. Vielleicht wäre mit einem etwas höheren Lastwiderstand noch etwas mehr dringelegen, den hatte ich aber nicht zur Verfügung. (Hint: es ist die maximale Leistung für die aktuelle Einstrahlungsleistung, siehe unten ).
- Der Strom ist näherungsweise konstant, typisch für Solarzellen bricht die Spannung zusammen.
Ein intelligenter Solarregler mit MPPT (Maximum Power Point Tracking) stellt für das Modul eine Last nach, die immer um die maximale Leistung herumeiert. Alle MPPT Regler, die ich kenne arbeiten aber nur als Abwärtsregler, die Eingangsspannung muss also immer über der Ausgangsspannung liegen. Für ein 12V System werden also meist 36Zellen Module mit einer Leerlaufspannung von 42.8V verwendet. Mein Modul hat 18 Zellen, also eine Leerlaufspannung von maximal 21.4V. Hier müsste man also einen MPPT Regler bauen, der sowohl mit tieferen wie auch höheren Spannungen arbeiten kann. Das geht, ist aber relativ aufwändig und für meine Anwendung Overkill.
So, weshalb hab ich aber nun nur knapp 16W rausgekitzelt? Hatten die warnenden Foristen doch recht? Ja und nein. Wir werden sehen, dass die Angaben im Datenblatt stimmen und dass man bei der Dimensionierung einer Anlage immer mit einem Sicherheitsfaktor rechnen muss.
Machen wir mal eine kurze Rechnung:
$aktuelle Leistung = \frac{momentale Strahlungsleisung}{maximale Strahlungsleistung}\times Nennleistung$
Bei 528W/m2 (16:15 Uhr), 1000W/m2 und 30W ergibt das (Überraschung ) 15.8W! Passt perfekt. Das Modul liefert also genau, was es liefern kann (und die 8.1Ohm waren genau richtig bemessen. Sagt mir, dass ich ein Genie bin )
Was lernen wir daraus? Immer an alles denken . Werbeprospekte sind geduldig, Datenblätter normalerweise nicht. Was da drin steht kann teuer werden, wenn es falsch ist. Stehen also im Datenblatt 30W drin, dann müssen auch mindestens 30W rauskommen. Allerdings nur bei entsprechenden Normbedingungen.
Was heisst das in der Praxis? Je nach Anwendung würde ich mit etwa der doppelten bis vierfachen Leistung kalkulieren. Einen Vorteil haben wir übrigens beim Laden eines Blei- oder LiFePO4 Akkus: in der ersten Ladephase wird dieser mit Konstantstrom geladen, die Spannung der Batterie steigt dabei kontinierlich an. Auch wenn wir damit z.B. dieses Modul meist ausserhalb des MPP betreiben: den Strom liefert das Teil. Steigt die Batteriespannung, steigt auch die abgegebene Leistung. Erst wenn die Ladeschlussspannung langsam erreicht wird sinkt der Strom und damit die abgerufene Leistung. Aufwändige Regeltechnik entfällt damit.
Für einen 6Ah Akku ist dieses Modul also genau richtig dimensioniert, für einen 18Ah Akku (den ich nun anstrebe) müssen drei Module, oder ein 80-100W Modul her. Ich werde ersteres wählen. Die Module sind zusammengefaltet schön kompakt und sehr leicht Ich werde den Zentralenkoffer (Batterie, Lade-, Lastelektronik, RaspberryPi, USB-Hub und Steckerfelder) so auslegen, dass die Module einfach oben drauf gelegt werden können.
So, ich hoffe, ihr habt durchgehalten und meine Ausführungen und die Messung haben etwas Licht (Pun intended ) ins Dunkel der Solarpanel gebracht. Ich werde nochmals Module bestellen (und eine sauteure Ersatzsicherung für eines der Multimeter. Man sollte bei Strömen von über 1A nicht bei der 40mA Buchse einstecken ).
Herzliche Grüsse Robert