Hallo Balam,
zuerst einmal nur eine kleine Bitte: Du siehst wie freizügig Dir hier geholfen wird, da fände ich es einfach nur schön, wenn man dich mit einem realen Namen ansprechen kann. Von mir aus erfinde ihn, aber dich mit deinem Nick anzusprechen zu müssen wiederstrebt mir ehrlich gesagt.
Ich weis, das Netz, Sicherheit und Anonymität und so...aber wenn ich Dir ganz ANONYM mal einen echten Tip geben darf: Nimm ne EQ3....[:D]
Ok, jetzt kommt der Tip des Users Ulrich.
Also, da sich im Prinzip alles um die Montierung dreht, betrachte die Sache mal von der anderen Seite. Da Du schon so viele Jahre dabei geblieben bist, machen größere Investitionen durchaus Sinn, zumal in der Folgezeit die Freude daran zunehmen wird. Über das finanzielle reden wir gleich noch.
Ich hatte früher auch eine EQ-6, und ich würde diese Montierung, so wie sie heute hergestellt wird, also mit der SkyScan-Steuerung, sofort jedem empfehlen, der mit leichterem Equipment hantieren muss oder will. Bis zu einem 8"F5-Newton resp. einem 8"-SC kann man diese Montierung geguided durchaus einsetzen. Längere Brennweiten als 2m brauchen allerdings ein wenig Erfahrung, auch wenn die EQ-6 einen 10"-SC tragen könnte. Also 10"-SC und EQ-6 ist anstrengend und ich würde die Finger davon lassen.
Als ich damals von der EQ-6 auf die G11 umgestiegen bin, habe ich dies getan, weil ich eine tragfähiger Montierung für meinen 10"-Newton brauchte. Damals waren die EQ-6en allerdings auch deutlich schlampiger gebaut als heutzutage. Ich entschied mich damal für die G11 und zwar aus genau den Gründen, die hier oft schon genannt sind:
- einfache aber sehr gut hergestellte Technik
- Ersatzteile immer verfügbar
- hohe Tragkraft
- extrem stabiles Stativ
- und nicht zuletzt ein edles Finish.
Letzteres ist so gut, das ich heute, nach fast 6 Jahren Nutzung nur den Dreck abwischen muss und das Ding sieht aus wie neu. 6 Jahre Nutzung heist gut 300 Feldeinsätze mit allerlei Schmuddel drum herum.
Ich habe bisher auf der G11 folgende Equipments genutzt und dadurch intensiv getestet:
10"F4.5-Newton mit 80/600-ED als Leitrohr: Null Probleme, Belichtungszeiten unlimited, Gesamtlast ca. 16 Kg, Probleme machte nur der Newton mit all seinen mechanischen Unzulänglichkeiten, deswegen bin ich umgestiegen.
8"F5-Newton mit 80/600-ED als Leitrohr: Null Probleme, Belichtungszeiten unlimited, Gesamtlast ca. 14 Kg...Newton eben...
120/900-ED mit 80/600-ED als Leitrohr: null Probleme, belichtungszeiten unlimited, Last ca. 13Kg (das ganze Losmandyplatten-Klemmen-Gerödel ist sauschwer). Aufbauen, Belichtungssequenz eingeben, starten, quatschen gehen...eben fire and forget.
10"RC+ mit 80/600-ED als Leitrohr: sie läuft besser als mit dem leichteren Geraffel, Belichtungszeiten jenseits der 30min. Marke noch nicht getestet aber es gibt keinen Grund anzunehmen das sie dies nicht schaffen wird. Last ca. 19Kg
Also meine Erfahrung in diesen 6 Jahren war kurz und knapp: Andere Montis haben viele Elektronik-Gimmicks, aber ich schnalle einfach auf meine Monti was ich gerade drauf tun will und basta! Da denk ich nicht mehr drüber nach. Das nenn ich praktisch!
Im Feld hat sich die G11 als überaus praktisch erwiesen. Der Montierungskopf ist mit seinen vielleicht 15Kg relativ simple aus dem Auto zu nehmen, das Staiv besteht aus vier Teilen, die ich schneller zusammengesteckt habe als andere ihr Dreibein ausgespreizt und die Versteifungsplatte reingenudelt haben und beim Transport kann man die verschiedenen Teile der Monti irgendwo im Auto verstauen. Äußerst praktisch soetwas!
Also, mein Fazit: Sollte ich in die Zwangslage kommen mir noch einmal eine Monti kaufen zu müssen, Du kannst dein wertvollstes Körperteil verwetten, es wird wieder eine G11 sein. Lediglich eine Alter-D6 will mir nicht aus dem Kopf. Die ist soetwas wie ein Trauma...
So, aber nun ist die G11 nun wirklich keine Billigware. Ich habe folgendes gemacht.
Ich habe mir die G11 mit dem Originalstativ in der Standardversion gekauft, das ging leider damals noch nicht anders. Die Standardsteuerung...ab in die Tonne, denn genau da gehört sie hin. Die Standard-Motoren...gleich hinterher...und zwar mit kawuppdich!
Und weil das ziemlich blöd ist, kauf lieber gleich die Montierung ohne Motoren und Steuerung oder mit der Gemini-Steuerung.
Als Motoren habe ich mit 1.8°-Steppermotoren von Nanotec mit 1:24-Getrieben angeflanscht. Das geht leichter als man denkt (sieht man mal von Flexibilitätsproblemen der Firma Nanotec ab), sieht etwas schräg aus funzt aber wunderbar. Kostenpunkt so um die 100-120Euro/Motor-Getrieb-Kombination. Und die abstehenden Motoren stören mich nicht mehr. Daran habe ich mich gewöhnt, ist halt eine Montierung und kein Designermöbel.
Als Steuerung habe ich mir eine Littlefoot-VPower gebaut und angeschlossen. Kostenpunkt ungefähr 200 Euro.
Ich bin Fotograf, brauche also GOTO nur um ein Objekt zu finden das ich nicht sehen kann. Und um es zu finden schwenke ich das Teleskop händisch auf einen naheliegenden Stern, gehe ans Lappi und fahre den Rest mit Cartes Du Ciel oder einer anderen Planetariumssoftware. Den Rest des Abend kannste mein Goto haben, ich brauch es nicht mehr...also warum dafür hohe Kosten riskieren (Steuerung und Motoren kosten dann schnell mal 1000 Euro).
Es gibt aber auch Nachteile, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Die G11 leidet ganz allgemein immer noch unter einer zu schlabberigen Polhöhenverstellung. Ich habe bei mir die beiden Polhöhenklemmschrauben (Polachse und ausseraxiale Klemmschraube) stramm angezogen, aber so, daß ich noch die Polhohenverstellung bedienen kann. Einmal eingestellt hält sie die Nacht prima durch, auch bei schweren Gewichten. Die Polhöhenverstellung macht einen insgesamt zu unpräzisen Eindruck, aber so wie ich es mache, kann man damit sehr genau einstellen ohne immer wieder die Klemmschrauben bedienen zu müssen.
Bei meinem Setup ist robotische Fernsteuerung wegen der Vpower möglich. Aber als Feldastrom brauche ich das auch nicht, und wenn einmal, dann kommt eben die Littlefoot-Photo-Steuerung dran.
Schnelle motorische Schwenks am Himmel sind nicht möglich, denn die Littlefoot-VPower lässt nicht alle Getriebe-Schneckenrad-Kombinationen zu, sodas ich auf schnelle Geschwindigkeiten verzichten musste. Zudem sind die Motortreiber in ihrer leistung bei 12V begrenzt. Das hat keinen Einfluss auf die normale Nachführung, wohl aber auf die Schwenkgeschwindigkeit. Bei mir ist bei 32fach Schluss, aber das reicht immer noch um Objekte für die Fotografie anfahren zu können. Das ist ein kleiner Mangel, den man bemerkt, den ich aber zugunsten des günstigen Preises, zumal für die Steuerung, durchaus akzeptieren kann.
Ich habe vor ein paar Tagen Gewissheit bekommen, das ich damals eine G11 mit den noch nicht optimierten Schnecken bekommen habe. Das äußerte sich in einer rauhen Guiderkurve. Es fiel deswegen nicht sonderlich auf, da es immer runde Sterne gab, egal mit welchem Equipment und bei welcher Belichtungszeit. Ich schob das immer auf das nicht unerhebliche Spiel der Getriebe. Jetzt habe ich mir neue Präzisionsschnecken bestellt. Kostenpunkt 140Euro für beide Achsen. Was will man mehr? Frag mal bei anderen Herstellern an, was eine Schnecke kostet...dafür kaufen sich andere ganze Equipments....
Ersatzteilpreise bei Losmandy sind vernünftig und keinesfalls zu hoch. Das darf man nie aus den Augen verlieren, auch wenn man nicht weis wofür man Ersatzteile braucht. Wie schnell vergisst man mal ein Stativbein auf dem Acker....
Oder verharzte Lager. Die sind einfacher ausgebaut als man denkt, das hab ich sogar schon mal im Feld gemacht, weil ich dachte ein Lager klemmte (es war eine verrutschte Motokupplung...tja tja). Geht ohne Werkzeug, weil eben präzise gefertigt und gut durchdacht. Und diese zu reinigen und neu zu fetten ist etwas für die Zeit zwischen Werbung und Spielfilm...!
Wie gesagt, ich bin Feldfotograf. All das was ich so versucht habe zu beschreiben, basiert natürlich auf einer gewissen Erfahrung mit der Montierung. Aber hat man die einmal, und das geht sehr schnell, ist sie einem ein wirklich zuverlässiger und ehrlicher Begleiter. Da spielen rein praktische Dinge eine Rolle. Die Rutschkupplungen z.B. sind ein Segen. Anspannen wie es einem beliebt und gut ist es. Wenn man dann mal das Teleskop bewegen will, bewegt man es und da wo es steht, steht es stabil und fest. Nix mit Achsen klemmen, Hebelchen suchen usw. Echt eine easy Sache und die würde ich nicht mehr missen wollen.
Der Polsucher sucht Seinesgleichen. Über zwei Sterne eingenordet ist fast wie Einscheinern. Nordet man über drei Sterne ein, kommt das Einscheinern noch näher.Allerdings muss man sich daran gewähnen, das die Sterne sehr fein im Polsucher dargestellt werden (ist halt eine sehr gute Optik). Bei Top-Bedingungen kann man da schon aml den Polstern verwechseln...dann passt aber keiner der anderen Sterne dazu...was dazu führt das man ziemlich nervös rumrudert. Auf den Gedanken, das man den falschen Stern erwischt hat kommen dann immer nur die Kollegen...mit dem allseits beliebten Breitmaulfroschgrinsen...
Übrigens, der Polsucher muss nicht justiert werden, Durch die Zwei-Sterne-Einnordung justiert er sich automatisch. Gelingt diese Einnordung nicht, ist irgendetwas oberfaul wie z.B. weggesacktes Stativbein, falscher Polstern, oder ganz beliebt, aus versehen ausgenordeter Montierungskopf. Der Montierungskopf sitzt auf einen Säulenaufsatz. Und wenn man die Halteschraube zu leicht anzieht und dann mit dem aufgesatteltem Teleskop (nur so funktioniert Einnorden gut und sicher) ordentlich rumruckelt, verschiebt sich schon mal der Kopf auf dem Säulenaufsatz ohne das man es bemerkt. Ein blödes Gesicht beim Einnorden ist die Quittung für schlampigen Aufbau...
So, nun tun mir die Finger weh.
Viel Erfolg und CS
Ulrich