Ach, Du wundervolles Gefühl, wenn der PC abstürzt und man den halben Roman, den man bis dahin verfasst hat, verloren geben muss. Nun ja, also noch mal von vorn.
Nach einiger Zeit des vollen Kalenders und wolkenverhangenen Nachthimmels ergab sich gestern mal wieder eine Chance auf ungestörtes Beobachten, wenn auch nur im heimischen Garten, aber besser als nichts. Schließlich muss ich morgens wie viele andere auch zum Brötchenverdienen raus. Die Nacht war kurz und kalt, Transparenz in Schulnoten in etwa 2-, Seeing variierte stark, das sollte sich später noch an Jupiter zeigen, aber eines nach dem anderen.
Um ca. 23h ging es raus, vorher kühlte der Tubus bereits eine gute Stunde auf der Terasse aus. Störlicht von zwei Nachbarn ignorierend zog ich mir die warmen, neuen Stiefel an (ehrlich: nie wieder hab ich kalte Füße, genial die Dinger...) und ein Handtuch über den Kopf. Dank meines neuen bzw. gebrauchten analogen Diktiergerätes, welches ich meiner Mutter abschwatzen konnte, konnte ich die Stirnlampe größtenteils ausgeschaltet lassen, weil nicht der Notizblock gezückt werden musste. Sehr praktisch - und schön retro old school noch dazu. [8D] Als Aufsuchokular verwendete ich wie immer mein 2" 32mm von Omegon, für Galaxien und offene Haufen bzw. KS dann das Hyperion 13mm sowie in einzelnen Fällen auch eine 6mm Goldkante.
Los ging´s mit dem Leo-Triplet M65, M66 und NGC3628 waren einfach aufzufinden, als Kartenwerk diente wie so oft der DS Reiseatlas. In meinem Okular erschien das Trio als Smiley, wobei mir M 66 als von mir aus gesehen rechtes Auge der Grinsebacke am hellsten erschien. Die NGC ergab dabei den Mund und war eindeutig das schwächste Objekt der Gruppe. Durch das erwähnte Störlicht konnten sich meine Augen nicht langfristig dunkeladaptieren, deshalb war die NGC-Galaxie nur sehr schwach und am besten indirekt sichtbar. Die beiden Monsieurs Messier 66 und 65 hingegen erschienen deutlich, oval und mit sehr hellem Kern. Immer ein schöner Anblick...
Ein Blick auf die Karte gab mir den Schwenk um ein paar Grad nach rechts bzw. südlicher vor, dort liegt bekanntermaßen die nächste Gruppe mit M95, M96 und M105. Letztere fand ich einzeln stehend und ein wenig von den andern beiden entfernt im unteren Bereich meines Okularbildes als milchigen Nebelfleck, nicht besonders hell. Aber ich freue mich über jede noch so kleine Sichtung. M95 und M96 empfand ich als sehr dicht beieinander stehend; hell und mit ovalen, deutlich auszumachenden Kernen wie ein paar Augen im Nichts. Mit meinem Handtuch über der Rübe ("Vergiss´ niemals dein Handtuch" lautet eine bekannte interstellare Weisheit) verweilte ich eine gute Viertelstunde bei diesen beiden Objekten, ohne großartige Details entlocken zu können.
Das merkwürdigste Rätsel an diesem Abend gaben mir M81 und M82 auf, die ich im gefühlten Zenit partout nicht finden wollte. Ich tat mich unheimlich schwer, rührte herum, verdrehte mich für den Einblick in den Sucher, der hier ganz offensichtlich kein Finder war; es war einfach nichts zu machen. Ein paar Mal versuchte ich es diesen Abend, ohne Erfolg. Das ließ mich fast an mir zweifeln, denn sonst gehört dieses Pärchen zu meinen Lieblings- und Standardobjekten. Manchmal, so sagte Omi damals gern, soll es einfach nicht sein. Mehr Glück hatte ich in Uma mit der Feuerradgalaxie M101. Nahe am Ende der Deichsel des Wagens gelegen fand ich diese auf Bildern sehr spektakulär wirkende GX relativ leicht (komisch, oder?...), aber nur als diffusen Fleck. Mehrmals glich ich die Position mit dem Kartenwerk ab, indem ich die umliegenden Sternenkonstellationen bestätigte, es muss die 101 gewesen sein, eine auffällige Sternenkette flankierte den Fleck, das gab mir dann Gewissheit. An Details, natürlich, war keinesfalls zu denken, aber auch sowas zählt als Sichtung, und stellte für mich in Sachen M101 eine Premiere dar - ein Glückstag, irgendwie! Am ehesten ging hier auch indirekt was, ein schwieriges Objekt, das ich noch mal unter viel besseren Bedingungen antesten muss.
Wieder ein Schwenk nach Süden zum Haar der Berenike, genauer zum KS M53. Ich empfand den Haufen als relativ klein, konnte auch kaum in Einzelsterne auflösen. M53 verblieb an diesem Abend als deutlich heller, aber doch milchiger Fleck. Zumindest kostet das Aufsuchen nicht viel Zeit, daher lohnt sich der Anblick allemal. Ein paar Grad weiter ging´s zu M64, der Blackeye Galaxy. Bei längerem, intensiven, handtuchbedecktem Beobachten meinte ich auch die Dunkelstruktur erkannt zu haben, ein wirklich schönes Objekt, hier blieben die Augen eine ganze Weile kleben.
Zum Vergleich wollte ich auf jeden Fall noch mal M3 anfahren, also ab zu den Jagdhunden in der unmittelbaren Nachbarschaft. Im 13er Hyperion lösten sich die Randsterne auf, für mich ist das irgendwie der kleine Bruder von M13 (liegt auch nahe ob der ähnlichen Bezeichnung... [:p] ).
Nun wurde es an den Haxen aber doch recht frisch, und außerdem zogen leichte Zirren auf. Ich mache diese Schleier auch dafür verantwortlich, dass die KS nicht besser rüberkamen. Da es mittlerweile schon fast halb zwei nachts war, war nun für den Abschluss das Augenverblitzen angesagt, Jupiter was calling. Das Seeing... nun, von supercool bis grenzwertig war nun alles dabei. Der GRF sprang mich an, ein Mondtransit war zu sehen (glaube es war Io, der da vorbeizog), es offenbarten sich teilweise grandiose Details. Ich konnte bis maximal 6mm sinnvoll einsetzen, das ergibt bei mir 200x, was aber auch ausreichte. Ein Test mit dem 4mm UWA ergab keine bessere Detailansicht, also war 200x schon OK. Eine gute Viertelstunde verblieb ich beim Gasriesen, ehe mich die Kälte und die Gewissheit, nur etwas mehr als 3 Stunden Schlaf vor mir zu haben ins Warme trieben.
Es war schön, eine Premiere war mit M101 auch dabei, das ist super. Ich freue mich aber auch schon auf nächste Woche, ich bin optimistisch, dass bei Neumond auch wieder mal Königsberg ruft - zusammen mit den Sternenfreunden der astronomischen AG bei mir um die Ecke.
Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende! [:)]