Hi,
zu Ockhams Rasiermesser: wenn wir neue Phänomene -z.B. die Rotationsspektren von Galaxien- erklären wollen, dann funktioniert das einfach nicht mit den herkömmlichen Modellen. Wir müssen also irgendwie etwas Neues einführen oder behaupten, dass wir "sparsam" mit neuer Physik umgehen und daher nach Prozessen suchen, die die Beobachtungen erklären und mit der bekannten Physik erklärbar sind. Aber wenn wir da nichts finden können wir uns doch nicht neuen Theorien verschließen, weil wir vielleicht irgendwann eine andere Erklärung für die experimentellen Befunden finden könnten, denn vielleicht brauchen wir eben neue Theorien um die Beobachtung zu erklären.
Und so grotesk sind die Eigenschaften von Dunkler Materie gar nicht unbedingt: Sie wechselwirkt nur nicht über die elektromagnetische Kraft. Neutrinos tun das z.B. auch nicht und diese sind experimentell nachgewiesen (und wurden sogar eine gewisse Zeit lang als Kandidaten für DM gehandelt).
Du schreibst, dass jemand die Verteilung der DM in Galaxienhaufen messen soll, unabhängig von unseren Postulaten über die DM, aber das kann ja nur über die Beobachtung der Bewegungen von Galaxien geschehen, also über die Gravitation. Und genau dafür wurde sie ja eingeführt, d.h. wir können die DM Verteilung gar nicht unabhängig von unseren Postulaten messen.
Zu den freien Parametern: Die hat jede physikalische Theorie. Aber bei der DM wird es oft so dargestellt, dass die Physiker einfach so lange Parameter wählen, dass man mit dieser Methode alles erklären könnte. Aber in Wirklichkeit kann man z.B. Parameter aus den Rotationsspektren von Galaxien ableiten oder aus der Messung der kosmischen Hintergrundstrahlung. Wenn diese Parameter aus unterschiedlichen Methoden aber übereinstimmen, dann deutet das darauf hin, dass die Theorie was taugt. Trotzdem sind im Moment aber natürlich noch viele Sachen ungeklärt und niemand kann mit Sicherheit sagen, dass sich die DM tatsächlich bewähren wird, aber sie ist im Moment das beste, was wir haben.
Die Alternative zur DM hast du ja auch schon angesprochen: Die Veränderung des Gravitationsgesetz bzw. der ART. Diese Versuche wurden (bzw. werden)auch unternommen, aber können die Phänomene auch nicht konsistent erklären.
Noch ein Wort zur Urknalltheorie: Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass das Universum vor langer Zeit heißer und kleiner war. Aber dass das Universum aus einer Singularität hervorgegangen ist muss meiner Meinung nach stark bezweifelt werden. Vielmehr zeigt das Auftauchen einer Singularität wie du schon gesagt hast auf das Versagen der Theorie hin. Letztendlich brauchen wir für die Beschreibung der frühen Phase des Universums wohl eine Theorie der Quantengravitation. Aber die Gravitation verhält sich offenbar völlig anders als die Quantenmechanik, aber auch hier gibt es Ansätze beides zu "verheiraten", aber das schweift wohl vom Thema ab.
Gruß
Enduro