Eintrittspupille des menschlichen Auges

  • Hallo Christoph


    Bitte verstehe das nicht als Arroganz, so war das nicht gemeint.


    Rhodopsin ist der Lichtrezeptor in unseren Sehzellen und enthält als Lichtsensor Retinal. Wenn dieses Retinal (11-cis im Dunkelzustand) ein Photon absorbiert, isomerisiert es, d.h. es ändert seine Geometrie (heisst dann all-trans) und verändert damit das Rhodopsin, so dass dieses in eine aktive Form übergeht. Diese aktive Form von Rhodopsin, die heisst Meta II, zerfällt dann in Opsin und isomerisiertes Retinal, die erheblich weniger aktiv sind (das was Du als Spaltung bezeichnest). Das Opsin nimmt dann irgendwann neues Retinal (wieder 11-cis) auf und wird wieder zu Rhodopsin, so dass alles wieder von vorne beginnen kann. Soweit ist ja alles in Ordnung und das habe ich auch nicht als Käse bezeichnet.


    Was nicht mehr stimmt, ist dass die Hell-Adaptation darauf beruht, dass das Rhodopsin (aufgrund der Spaltung) abnimmt, und die Dunkeladaptation auf der Rückbildung von Rhodopsin. Unter normalen Bedingungen werden nur extrem kleine Mengen an Rhodopsin überhaupt aktiviert, die aber ausreichen, um die Rezeptorzelle auf Helladaptation zu schalten. Helladaptation bedeutet hierbei, dass die Verstärkung der Signal-Weiterleitungskette (sie beinhaltet mehrere Zwischenschritte, ehe schlussendlich ein Nervensignal erzeugt wird) reduziert wird. Dies wird wahrscheinlich über das Calcium-Level in der Zelle reguliert. Die Menge an Rhodopsin in der Zelle und dessen primäre Empfindlichkeit bleiben dabei erhalten. Die Dunkeladaptation ist der umgekehrte Schritt. Wenn die Zelle kein Licht oder nur mehr sehr wenig wahrnimmt, schaltet sie wieder auf volle Verstärkung.


    Bei der Dunkeladaptation wird es aber ein wenig komplizierter: Während die Helladaption sehr schnell geht (Sekunden, kannst Du ja selbst an Dir nachprüfen), ist der umgekehrte Schritt langsamer (erfahrungsgemäß viele Minuten). Dies beruht darauf, dass das Opsin (= Retinalfreies Rhodopsin), das beim Zerfall von aktiviertem Rhodopsin gebildet wird, nicht komplett inaktiv ist, sondern dem Auge auch bei nachfolgender Dunkelheit etwas Licht vorgaukelt (das nennt man bleaching adaptation). Erst wenn das Opsin wieder frisches 11-cis Retinal bindet (und das dauert eine Weile), wird es wieder zu Rhodopsin im Dunkelzustand und damit komplett inaktiv. Erst dann schaltet die Verstärkung wieder auf maximal um.


    Nochmal kurz: Hell- und Dunkeladaptation haben zunächst mal nichts mit der Verminderung und nachfolgender Wiederherstellung von Rhodopsin zu tun. Rhodopsin wird nur im Prozentbereich, wenn überhaupt, aktiviert, während der Unterschied in der Empfindlichkeit zwischen dunkel- und helladaptierten Zellen mehrere Größenordnungen umfasst (daher das logarithische Sehempfinden und die zunächst seltsame Definition von Größenklassen).


    Übrigens, die Rhodopsine in Zäpfchen und Stäbchen sind ziemlich gleich empfindlich. Der Unterschied liegt in der unterschiedlichen Verstärkung in der jeweiligen Zelle. Das nur am Rande.


    Also, falls Du Dich auf den Schlips getreten fühltest, weil ich "Käse" geschrieben habe, entschuldige ich mich hiermit bei Dir. Ich habe es nicht geschrieben, weil Dein Beitrag, von dem ich übrigens nur die von Jörg zitierte Stelle kommentierte, in einer unfachlichen Sprache geschrieben wäre, sondern weil es so inhaltlich einfach nicht richtig war.


    Viele Grüße
    Reiner


    Falls jemand das Ganze ganz genau wissen will: Es gibt eine schöne Übersichtsarbeit darüber von Gordon Fain und Kumpanen (2001) Physiological Reviews 81: 117-151. Ist aber auf keinen Fall populärwissenschaftlich und auf Englisch. Gibt es hier http://physrev.physiology.org/cgi/reprint/81/1/117.pdf
    oder nach mail an mich.

  • Hallo Reiner,


    vielen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen zur dieser Thematik! Auf den "Schlipps getreten" habe ich mich nicht gefühlt, weshalb auch der ;-). Parallel soll der Artikel gerne als Diskussionsgrundlage dienen, die ggf. eine Überarbeiung zur Folge hat. Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass ich einen ausführlicheren, überarbeiteten und natürlich exakten Artikel hierzu in "Interstellarum" veröffentlichen möchte.


    Was mir nach Deinen Erläuterungen bei der Dunkeladaption noch nicht ganz klar erscheint, ist der Aspekt der Konfigurationsänderung des Rhdopsinmoleküls. Laut dem "Pschyrembel / 1998" wird die Dunkeladaption in zwei Bereich differenziert. Das ist zum Einen die
    von Dir beschriebene "... Veränderung der summierenden Konvergenzschaltungen der Stäbchen auf die ableitenden Ganglienzellen der Netzhaut" und zum zweiten "... Stäbchenadaption unter Regeneration des Rhodopsin". Und auch der "Roche / 1993) spricht von "Bei Lichteinwirkung erfolgt Bleichung mit Änderung der Retinin-Konfiguration u. damit Proteinbindung (Auslösung der nervösen Impulses); im Dunkeln erfolgt durch Umkehr des chmischen Prozesses Regeneration." Wenn ich Dich aber richtig verstehe, wird die Adaption lediglich über eine "Signal-Weiterleitungskette" bestimmt. Auf der anderen Seite sprichst Du auch von "Erst wenn das Opsin wieder frisches 11-cis Retinal bindet (und das dauert eine Weile), wird es wieder zu Rhodopsin im Dunkelzustand und damit komplett inaktiv. Erst dann schaltet die Verstärkung wieder auf maximal um." Wenn ich das interpretiere, hat die Adaption zumindest indirekt etwas mit der
    chemischen Regeneration des Rhodopsin im Sinn (was eben eine gewissen Zeit dauert).


    Zusammenfassend ist die Hell/dunkel Adaption "doch" ein Zusammenspiel von chemischen Prozessen im Rhodopsin und der Signal-Weiterleitungskette.


    Liebe Grüße, Christoph Lohuis.

  • Hallo Christoph


    Zu dem was der Pschyrembel über "Konvergenzschaltungen" auf neuronaler Ebene schreibt, kann ich Dir nichts sagen, da habe ich wirklich keine Ahnung davon. Was ich bisher beschrieben habe, bezieht sich auf die einzelne Photorezeptorzelle.


    Du hast Recht, die Bindung von 11-cis Retinal durch das Zerfallsprodukt Opsin und die dadurch erfolgende Wiederherstellung von Rhodopsin ist notwendig für die komplette Dunkeladaptation, aber eben nur in dem Sinne, dass der "Störenfried" Opsin durch die Bindung von neuem 11-cis Retinal "ruhiggestellt" wird und somit die Signaltransduktion nicht weiter aktiviert. Die Menge an anregbarem Rhodopsin steigt durch diesen Prozess nur unwesentlich von 99 oder sogar 99.9% auf 100%, abhängig vom Grad der vorherigen Bleichung. Und das ist in dem Thread die ganze Zeit missverstanden worden und als der Grund der Dunkeladaption (zusätzlich zur Pupillenreaktion) dargestellt worden.


    Grüße
    Reiner

  • Hallo Reiner,


    Dank für Deine Bemühungen mir die Sache zu erläutern! Ich denke langsam komme ich dahinter ;-), wobei immer noch einige Verständnisfragen offen sind. Auch wenn diese detaillierten Ausführungen ggf. "Off-Topic" erscheinen, finde ich es wichtig zu verstehen, was in letzter Konsequenz die eigentliche Dunkeladaption
    ist!


    Wenn ich es richtig verstanden habe ist grundsätzlich die
    Signal-Weiterleitungskette (in der Zelle) verantwortlich für die Dunkeladaption. Bei diesem Vorgang wird diese Kaskade verstärkt, weshalb lichtschwache Objekte erkannt werden können. Dieser Vorgang ist noch nicht vollends erklärt. Weiterhin bleibt das Rhodopsin in gleicher Menge in der Zelle vorhanden. Ist es aber so, dass während des Hellsehens Opsin gebildet (retinalfreies Rhodopsin) und dessen
    Abbau (-> im Kontext der Dunkeladaption) einige Minuten (bis 30 Minuten) dauert. Freies Opsin erlaubt es der Zelle nicht, die Signal-Weiterleitungskette zu verstärken, weshalb wir im ersten Moment im dunkeln wenig sehen. Die Bindung von Opsin mit 11-cis Retinal eliminiert dieses und die Signalverstärkung kann vorgenommen werden. Das anregbare Rhodopsin bleibt während dieser Zeit fast vollständig gleich, nur durch das Opsin kann die Signalverstärkung nicht
    vorgenommen werden.


    Ok, wenn es bis hier etwa stimmt ;-), habe ich, glaub ich, fast alle verstanden. Dennoch bleibt eine Frage offen. Die "lange" Zeit der Dunkeladaption lässt sich aber lediglich durch den chemischen Vorgang erklären, oder? Also durch die Bindung des Opsin (welches Licht "vorgaukelt") und dessen Bindung an 11-cis-Retinal. Somit ist unter anderem die Dunkeladaption (einfach ausgedrückt) eine Beseitung des Abfallproduktes (Opsin). Die Signalverstärkung ("eigentliche"
    Dunkeladaption) könnte doch theoretisch ebenfalls in wenigen Sekunden (oder kurzer Zeitraum) durchgeführt werden.


    Zusammenfassend. Eigentliche Dunkeladaption ist die Signal -
    Weiterleitungsverstärkung in jeder Zelle. Der lange Zeitrahmen der
    Dunkeladaption lässt sich durch den Abbau des Opsin erklären, welches die Verstärkung verhindert.


    Einige Fragen zum Schluss (auch an die Allgemeinheit ;-)). Weißt Du/Ihr, wie die unterschiedlichen Empfindlichkeitsmaxima zu erklären sind? Wird doch mit chemischen Substanzen zu erklären sein, welche zum Beispiel beim Farbsehen differenzierte Stoffe innervieren (wobei zur Innervierung von Zapfen 2440 Photonen und der Stäbchen lediglich 5 nötig sind. Welche Lichtstärke wird wahrgenommen? Stimmen folgenden Werte :


    Zapfen:
    -------
    Bei 555nm : 683 lx
    750nm : 0,1 lx
    507nm : 307 lx


    Stäbchen:
    ---------
    Bei 507nm : 1695lx
    555nm : 817lx
    750nm : 0,001x


    Das Auflösungsvermögen des Auges liegt in der Literatur zwischen 3 und 8 Bogenminuten. Wenn ich Rayleigh herbeinehme müsste die Auflösung (bei 7mm Pupillendurchmesser -> Öffnung) eigentlich bei (138 / 7mm) = 19,71 Bogensekunden liegen (was ein wenig hoch erscheint ;-)). Wie lässt Dich diese Abweichung erklären (Auflösung der Sehzellen auf der Retina, welche die wahre Auflösung verringern)?


    Liebe Grüße, Christoph Lohuis.

  • Hallo Christoph,


    ja, so kann ich Dir voll zustimmen. Ich schaue mal, ob ich noch etwas über die Geschwindigkeit der Änderung der Verstärkung, also die eigentliche Adaptation, finde.


    Die Wellenlängenabhängigkeit kommt durch unterschiedliche Rhodopsine zustande. Die drei Zäpfchenarten und die Stäbchen haben jeweils unterschiedliche Rhodopsine, die sich in nur wenigen Aminosäuren unterscheiden. Diese Aminosäuren sind in der Nähe der Retinalbindungstasche und bestimmen den Absorptionspeak des Rhodopsins über z.T. elektrostatische Wechselwirkungen mit.


    Grüße
    Reiner

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