Firstlight 21" f3.7

  • Hallo zusammen,


    der 21" ist fertig und hatte letztes Wochenende in Herzberg Firstlight, hier ist ein kleiner Bericht:
    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=91767


    Ich wollte den Dob so kurz, aus verschiedenen Gründen, vorallem keine Leiter, handlich und nicht zuletzt als Übung für noch was größeres in Richtung f3.x , irgendwann[:D]
    Die Daten sind: HS Borofloat 25mm dick, freie Öffnung 532mm und Brennweite 1,96m
    Da die Zeit vor dem HTT doch sehr knapp wurde sind noch nicht alle Kinderkrankheiten ausgemerzt aber insgesamt funktioniert der Dob recht gut. Die vielen blanken Aluteile werden natürlich noch geschwärzt. Ein paar Detail-Lösungen möchte ich jetzt schon vorstellen.
    Zunächst im Ganzen, für mich (1,80) reicht eine Bierkiste im Zenit und ist auch für kleinere Beobachter meist ausreichend.

    Rockerbox und Spiegelkiste sind aus Multiplex, 9mm und 4mm, kleinere Teile auch aus 18mm, das ganze ist mit 50mm StyroDUR-Platten (nicht zu verwechseln mit dem weichen StyroPUR) gefüllt. Im wesentlichen habe ich damit eine französische Konstruktion übernommen, deren Idee wieder auf Steven Overholt zurückgeht:
    http://www.astrosurf.com/altaz/560.htm
    Der 22" dort hat einen 51mm dicken Spiegel, damit kommt der Dob ohne Zusatzgewichte in den Schwerpunkt, ich musste noch Gewicht anbringen, die Alternative wäre aber eine sehr hohe und sperrige Rockerbox, so ist es im wesentlichen ein schaumgefülltes Brett.

    Der Hut ist klassich aus 1,5mm Flugzeugsperrholz gebaut, es lohnt hier nicht in Anbetracht eines großen Fangspiegels und schwerer Okulare nach jedem Gramm zu schielen.

    Die Spinne besteht aus Nirostablech mit einem Rohrstück aus Hartpapier, der Fangspiegelhalter kann mit einer Flügelmutter komplett abgenommen werden.

    Dei exzentrische Spinne ist mit einem Aluwinkel und einem Stück U-Profil angeschraubt:

    Der Fangspiegel ist nicht geklebt weil er chemisch versilbert wurde, bis zur Alu-Beschichtung ist das einfach praktischer. Die Justage erfolgt über drehen des Halters und in die andere Richtung über die lange Messigschraube, als Gegendruck zum Stahlblechwinkel vorn, also das klassische Kurt'sche Modell.

    Die Spiegelzelle war ein erster Entwurf, ja sie funktioniert auch mit zwei Justageschrauben und hält auch die Kollimation. Aber, und daran muss ich noch was verbessern, die laterale Lagerung bewegt sich nicht zu 100% mit so wie geplant, die Kugellager halten also nicht genau den Punkt in der Schwerelinie des Spiegels. Das ganze beruht auf Biegung, was im benötigtem Verstellbereich von wenigen Millimetern gut funktioniert. Da ich aber für die Balance sowieso Zusatzgewichte brauche, kommt es da unten auf ein paar Kilo nicht an und das wird noch mal schöner gebaut. Insgesamt wiegt das Unterteil mit Höhenrädern und Zelle jetzt ca 12kg.

    Hier die Kollimation, mit Konter von Unten:

    Und die sehr wichtigen Sicherungen für den Spiegel:


    Zum Hauptspiegel und zur Versilberung gibt es demnächst noch einen Bericht, wenn ich den Versilberungsprozess im Griff habe. Die jetzige Schicht wird eher nicht das ewige Leben haben. Aber ich werde sie erst runter-beobachten, hat mich 45 Gramm teures Silbernitrat gekostet [:D]
    Zu den Okularen an f3.7 gibs nicht viel zu sagen: Nagler oder Ethos wären die ultimative Besetzung. Noch beitze ich außer einem 31'er Nagler zum suchen nichts dergleichen, und das ganze will auch in Anbetracht des Preises gut überlegt sein. In Herzberg hatten wir das Glück, daß Rainer sein 13'er Ethos mal kurze testen wollte. Es blieb dann fast die ganze Nacht im Auszug. (Zeitweise mit einer 2" Big-Barlow) Sehr, sehr überzeugend! Ohne Paracorr ein feines Bild. Ein kurzer Blick durch das Nagler-Zoom 3-6 von Uwe war auch sehr in Ordnung, sogar ein Pentax XF 8,5mm machte eine gute Figur.
    In diversen Ami-Foren ist man der Überzeugung, daß Ethos+Paracorr bis f3 funktioniert. Es geistert sogar ein Prototype mit f2.55(!) herum. Ich bin der Meinung, daß die absolute Brennweite einen großen Unterschied macht, bei 2m ist das Bildfeld schon wesentlich ebener als bei einem 8"f4 mit seinen 800mm Brennweite.
    Also, wenn das mit den Ethossen so stimmt dann gibt es keinen Grund nicht noch kürzer zu gehen. Außer vielleicht das Parabolisieren des Spiegels, aber das ist eine andere Geschichte...


    So, nun hoffe ich auf einen wolkenfreien Herbst!
    cs Kai

  • Hallo Kai,


    viel Spass mit deinem schnellen Dobson!
    Schön gemacht und viele pfiffige Ideen.
    Was ich aber als suboptimal ansehe ist deine laterale Lagerung.
    Bei dem dünnen Spiegel wirst du wahrscheinlich immer Lagerasti haben.
    Besser wären zwei Kugellager auf einer Wippe an jeder Seite.
    Das funktioniert an meinem 20mm dünnen 18er sehr gut.
    Hast du nicht auch mal daran gedacht, einen lowrider mit mäßigen 20° zu bauen?
    Da gibt es mehr Vorteile als Nachteile.
    z.B. kürzere Stangen (kürzerer Hebel) und du bräuchtest <b>keine Bierkiste</b>.
    CS
    Timm

  • Hallo Alex, Hallo Timm,


    danke für die guten Wünsche! So ein neuer, großer Spiegel ist für die ersten Nächte einfach irre.


    Timm, an einen Lowrider hab ich schon gedacht, zumal die Herstellung des Fangspiegels einfacher gewesen wäre. Aber da ich noch nie mit einem Lowrider beobachtet habe bin ich in dieser Beziehung einfach konservativ. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Spätestens bei der nächsten Größe wird die Frage dann akut. Hier ist es ja meistens nur ein Ziegelstein der fehlt.


    Wegen der lateralen Lagerung, da sagt der Mirror-Edge-Calculator, falls man ihm trauen kann, daß es fast egal ist, ein Strehlpunkt geht bei 45 Grad verloren. Wichtig ist aber, daß der Auflagepunkt richtig sitzt. Das würde ich von meinen Messungen beim Parabolisieren, wo der Spiegel exakt senkrecht stand, so circa bestätigen. 21" verbiegen sich deutlich messbar aber noch nicht völlig unkontrolliert.
    http://www.cruxis.com/scope/mirroredgecalculator.htm
    Jetzt habe ich auf Deiner Seite gestöbert, zB bei dem ultraleichtem 18", aber werde nicht so recht schlau wie die laterale Lagerung gemacht ist. Die Kollimation geht ja über die drei Schrauben. Aber damit müsstest Du theoretisch nach derem Verstellen die laterale Lagerung anpassen? Die Linie auf dem Spiegel scheint ja die Schwerelinie zu sein, oder?


    ps. Falls Dir die Nordic-Walking-Stöcke an meinem Dobson bekannt vorkommen... besten Dank nochmal dafür[:)]


    cs Kai

  • Halo Kai,
    natürlich kenne ich die Nordic-Walking-Stöcke... sie funktionieren prächtig bei geringen Kosten!
    Zur lateralen Lagerung:
    Die Kollimation geht über nur zwei Schrauben! Die dritte Schraube unten ist fest.
    So verändert sich die laterale Lagerung nur geringfügig.
    Ja, die Linie am Spiegel ist die Schwerelinie. Die Kugellager müssen genau darauf ausgerichtet sein.
    Wenn der Tubus gut gebaut ist, muss man nach dem Zusammenbau nur minimal nachjustieren.
    Es genügen wenige Grad Drehung an den beiden Justierschrauben. So verändert sich die Lage der lateralen Lagerung nicht.
    Ich mache das im Hellen mit einem Justierokular (Alu-Rundling mit 3mm Loch) und nachts am Polarstern.
    Vorgestern auf der Edelweißspitze konnte ich bei gutem seeing mit dem 5er Nagler perfekt justieren.
    Die Sternabbildung war kugelrund dazu intra- und extrafokal gleich. Also absolut null Asti!
    Mit dem 3,5er Nagler bei 550x war NGC 6543 (Cats Eye) voller Details mit einem nadelscharfen Zentralstern.
    Meine Spiegellagerung und die laterale Lagerung funktionieren perfekt!
    CS
    Timm

  • Hallo Kai,


    Glückwunsch zu Deinem Selbstbau, schaut schick aus und vor allem auch mal anders als die üblichen Selbstbauten (habe ich so bisher nur bei Frederic Gea gesehen). Den einzigen Nachteil bei der Konstruktion sehe ich im Transport, da die Höhenräder nicht abnehmbar sind, aber das wird durch die komplette Integration der Höhenräder mehr als aufgewogen.


    Ein paar Fragen habe ich noch: Wie steif wird die Spiegelbox? Du hast ja nur das untere Querbrett als Verstrebung. Und wie werden die Höhenräder auf der Rockerbox gehalten? Das sieht man auf den Bildern nicht.


    21" f/3.7 war sicher nicht einfach, oder [:o)]


    Viele Grüße
    Reiner

  • Hallo Reiner,


    zuerst das Bild von der seitlichen Führung der Höhenräder, das Teflon reibt auf Lack, hat aber kaum Kräfte zu übertragen:

    Der Transport ist kein Problem, die Spiegelbox ist zwar sperrig aber leicht, Breite ist 670mm, also 136mm breiter als der Spiegel. In meinen Mazda 323 passt alles bequem rein, ohne zu stopfen, natürlich unter dem Gesichtspunkt der typischen Feierabend-Spechteltour allein oder zu zweit. Wenn man für Holzarbeiten ganz gut ausgestattet ist, wird das ganze auch recht günstig, Multiplex ist in mittleren Dicken (4, 6,5, 9mm) bei Tischlern in großen Platten ein ganzes Stück billiger als im Baumarkt zu bekommen. Der Schaum allein oder als Sandwich lässt sich mit Kreis- und Bandsäge gut sägen. Lediglich die Schraub-Punkte bedürfen einer Verstärkung. Da ich nicht wusste wo die letzlich hinkommen, habe ich für den gesamten Innenteil 9mm-Multiplex gewählt. Das geht auch dünner. Bei der Versteifung hat man noch die Möglichkeit ein Kreuz aus Alu-Schienen diagonal unter dem Spiegel einzuziehen, ist aber hier noch nicht nötig.


    Zum Spiegel schreib ich später noch mal was, wenn das Wetter schlechter wird. Ist komplett per I-Meter zurechtgekratzt, Ross-Null-Linse ganz zum Schluss als Gegenkontrolle. Weder Foucault- noch Sterntest. Hätte natürlich auch eine Art Hubble-II werden können[:D]. Das ist zwar noch nicht ganz wie "Malen-nach-Zahlen" aber eröffnet völlig neue Möglichkeiten, wie zum Beispiel Asti und Korrektur gleichzeitig unter Kontrolle zu halten.
    cs Kai

  • Hallo Kai,


    ein sehr umfangreicher, informativer Bericht über Dein großartiges ATM-Projekt. Gratulation zu Deinem neuen Dob.
    Schade, dass Du nur eine Nacht (Fr.) auf dem 10. HTT verbringen konntest, für unsere Jury wärst Du sicher am Samstag Abend ein heisser Kandidat für die Prämierung des besten Selbstbau-Instruments gewesen...
    Aber vielleicht dann im nächsten Jahr, wenn Du Dir dann unsere Sternparty in vollem zeitlichren Umfang gönnen kannst.


    In den Rückblickseiten auf herzberger-tewleskoptreffen.de werde ich diesen Thread verlinken - freuen würden mich auch ein visueller Beobachtungsbericht vom Firstlight auf dem HTT, veröffentlichen könntest Du ihn z.B. hier:
    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=91900


    ... und vielleicht sieht man sich mal zwischendurch, denn auch außerhalb der HTT-Zeit gibt es hier zu jedem Neumond ein kleines Beobachtertreffen, der AstroTreff Schwarze Elster (ATS). Da kannst Du Dich mit deinem neuen 21-zölligen Freund mal in aller Ruhe beschäftigen.[:)]

  • Hallo Ralf,


    vielen Dank für die Blumen[:)]
    Nächstes Jahr ist fest eingeplant, Euer Treffen ist sowas von Klasse, mit einer super Atmosphäre - ein Tag ist viel zu kurz.
    Trotzdem, ich bin froh, das wir uns aufgemacht haben, es war ein unvergessliches Erlebnis. Es sah noch am Tag zuvor nicht gut aus, meinem Kollegen hatten sie nachts zuvor das Auto aufgebrochen. Während er sich um das Auto gekümmert hat, konnte ich noch den Spiegel versilbern, war mir dann auch irgendwie recht diese Verzögerung, dauert alles länger als man denkt.


    Ja, und dann die Nachricht von Werners tragischem Tod. Das ging mir schon sehr nahe, hatte noch wenige Wochen zuvor, oder waren es gar nur Tage, mit ihm telefoniert.
    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=92291


    Wir wollten uns auf dem HTT treffen und da wollte ich mich nicht lumpen lassen und den Spiegel endlich fertigstellen. Werner hatte in der selben Zeit immerhin drei(!) große Spiegel geschliffen:
    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=89379
    Ein Doppelbeobachtung mit Werners 21" f3.4 wäre schon eine feine Sache gewesen...


    Ein Beobachtungsbericht kommt noch, aber nicht von mir, kannte ja viele Objekte gar nicht, die Rainer an dem Abend alle eingestellt hatte. Aber Rainer hat mir alles schön zusammengestellt damit ich diese Sternentour nachbeobachten kann, das werde ich so weitergeben.


    Übrigens, was ihr in Sachen SQM-Messungen auf die Beine stellt ist absolut interessant. In die Richtung lohnt es in jedem Fall weiter zu forschen, denn ein guter Beobachtungsplatz mit dunklem, klaren Himmel ist durch nichts zu ersetzen. Das war mit dem 21" direkt vor meiner Haustür am nächsten Tag absolut enttäuchend, hatte noch den Anblick einiger Objekte sehr gut im Gedächtnis, und was sehe ich da, helle Quecksilberdamphochdrucksuppe mit ein paar blassen Nebelschleiern drin. Ein paar Kilometer weiter drin im Gebirge war's dann deutlich besser, aber so ganz kommt es an Herzberg nicht ran. Ist schon was besonderes Euer Himmel!
    Und an diesem richtigen Ort, zur richtigen Zeit, <b>die Richtigen Leute </b> - weiter so[:)]


    Viele Grüße
    Kai

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