Sonne in H-alpha

  • Hallo Sonnenspezialisten !


    Ich habe gehört dass folgendes Szenario nicht funktioniert, aber warum nicht ? Im Netz konnte ich dazu keine brauchbare Antwort finden.


    Angenommen ich habe einen Refraktor mit Objektivsonnenfilter z.B. Baader Folie. Dann kann ich die Sonne prima im Weißlicht beobachten.
    Die Folie lässt alle Wellenlängen bis auf IR und UV durch.


    Wenn ich nun zusätzlich ein H-alpha Nebelfilter ins Okular schraube, müsste ich doch die Sonne im H-alpha Licht beobachten können.


    Warum funktioniert das nicht ?
    Ist ein gewöhnliches H-alpha Filter nicht "schmalbandig" genug (6 nm)?
    Lässt die Sonnenfolie nicht genug Licht durch, so dass es nach dem H-alpha Filter zu duster wird?


    Kann mir das jemand erklären?


    Im voraus danke für Eure Antworten !


    Grüße und CS
    Robert

  • Hallo Robert,


    du musst den Leuten auch Zeit geben zu antworten. Es sitzt nicht jeder 24 h am Tag vor dem Computer.


    Zu deiner Frage:
    Die Antwort, warum das nicht funktioniert hast du dir quasi selbst schon gegeben. Die in der Wellenlänge des Ha Lichts (656,28 nm)beobachtbare Chromosphäre der Sonne (warum die genau bei dieser Wellenlänge beobachtbar ist erspare ich dir hier einfach mal...) hat eine sehr viel schwächere Leuchtkraft als die darunter liegende Photosphäre, welche du im Weisslicht beobachtest und welche die Chromosphäre um Faktoren überstrahlt. Das heißt, um die schwache Chromosphäre sichtbar zu machen musst du das gesamte Spektrum der Photosphäre abblocken und nur eine Wellenlänge welche nur die Chromosphäre zeigt darf den Filter passieren. Das heißt, dass der Filter extrem schmalbandig sein muss (i. d. R. <1Angström). Ein Angström entspricht 0,1 nm. Wenn du nun den von dir beschriebenen Ha Filter mit einer HWB von 6 nm betrachtest entspricht das 60 A. Im vergleich dazu hat ein guter Ha Filter zur Sonnenbeobachtung 0,6 A. Das heißt, dass dein Filter um den Faktor 100 mehr (unerwünschtes) Licht der Photosphäre durchlässt wie das der Chromosphäre. Somit wird die Wellenlänge der Chromosphäre wieder völlig überstrahlt und du erhältst nur ein rotes Abbild der Photosphäre.
    Wenn es wirklich so einfach wäre, Ha Sonnenbeobachtung zu betreiben, dann wären Firmen wie z. B. Daystar oder Coronado wohl schon lange pleite.
    Unabhängig davon kannst du dir mit fragwürdigen Konstruktionen sehr schnell dein Augenlicht schädigen!! Also lass das Experimentieren bitte sein, wenn du nicht genau weißt, auf was du dich da einläßt.
    Der günstigste Einstieg in die Ha Sonnenbeobachtung stellen wohl die Kompletteleskope von Coronado und Lunt dar. Aber auch da sind mindestens 600,- Eur zu berappen. Vielleicht geht auch mal günstiger auf dem Gebrauchtmarkt was her...


    Gruß Markus

  • Hallo Markus,


    danke für die ausführliche Antwort. Jetzt habe ich es verstanden.


    Keine Angst, ich betreibe keine fragwürdigen Konstruktionen. Ohne Objektivsonnenfilter schon gar nicht. Solange der drauf ist kann ja nichts passieren.


    Vielen Dank !


    Gruß
    Robert

  • Hallo Markus,


    eine Frage an dich vom Prinzip mit fast dem gleichen Hintergrund.


    Baader bietet ja den Herschelkeil mit Filter ND3 und zusätzlich dem Solar Continuum Filter an.


    Schaut man sich die Filterkurven mal an dann liegt der Continuum bei einem Durchlassbereich von ca. 535nm.


    Wenn man hier einen schon vorhandenen OIII Filter einsetzt, der ja bei 500nm liegt- würde man dann nicht auch ein besseres Abbild erhalten als nur mit Herschelkeil und ND3?


    Ich erwarte natürlich keine Ha Qualität, aber besser als nur Herschelkeil oder Filterfolie sollte das doch werden?


    Also Kombination natürlich Keil + ND3 + OIII (statt Solar Continuum)[:)]


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    Ja, das wird gehen. Sind mir allerdings ein paar Grenzflaechen zuviel. das ND3 koennte man doch als Substratmaterial fuer den OIII nehmen und dann gleich auf den H-Keil kitten.


    Clear Skies,
    Gert

  • Hallo Stefan,


    der Sinn von eingesetzten Schmalbandfiltern in der Sonnenbeobachtung ist darin begründet, dass Refraktorobjektive bezüglich ihrer Abbildungsfehler in der Regel für eine Wellenlänge korrigiert sind und hin zu anderen Wellenlängen die Abbildungsfehler zunehmen. In der Regel orientieren sich die Hersteller an der Prüfwellenlänge ihrer Prüflaser. Früher waren das HeNe-Laser mit einer Wellenlänge von 632nm. Heute sind DPSS-Laser (diodengepumpte, frequenzverdoppelte Festkörperlaser) bei einer Wellenlänge von 532nm gebräuchlich. Das hat auch den Vorteil, dass die maximale Abbildungsleistung in einem Spektralbereich liegt, in dem das Menschliche Auge seine maximale Empfindlichkeit hat. Wenn es nun nicht auf die Lichtsammelleistung des Teleskops ankommt, weil genug Licht zur Verfügung steht (Sonnenbeobachtung), kann man durch den Einsatz von Schmalbandfiltern die Abbildungsleistung von Refraktoren verbessern, indem man einfach nur in dem Bereich beobachtet, in dem die Optik am besten korrigiert ist. Damit können auch z. B. Frauenhoferobjektive mit relativ großem Farblängsfehler hervoragende Leistungen erbringen.
    Nicht zu verwechseln sind die Schmalbandfilter mit sog. Linienfiltern (z.B. Ha) mit denen sich bei entsprechender Schmalbandigkeit einzelne Schichten der Sonnenatmosphäre beobachten lassen (Bitte nicht mit Linienfiltern aus der CCD-Fotografie verwechseln. Diese sind relativ breitbandig, da das Objekt ausschlieslich in einzelnen Wellenlängen Leuchtet und durch die geringe HWB versucht wird, Störlicht, welches nicht von dem Objekt kommt abzublocken. Bei der Sonnenbeobachtung ist das genau anders herum: Da muß mit extrem schmalbandigen Linienfiltern das restliche Licht, welches auch noch von dem Beobachtungsobjekt kommt, abgeblockt werden).
    Prinzipiell würde daher dein OIII Filter ähnliche Ergebnisse bringen, wie der Solar Kontinuum, allerdings liegt in dem Spektralbereich des Solar Kontinuum keine Absorptionslinie, was zu einer helleren Abbildung führt. Allerdings dürfte die OIII Linie bei der Sonnenbeobachtung eher zu vernachlässigen sein, was die Bildhelligkeit und andere nachteilige Beeinflussung betrifft. Welche Linie nun näher am Korrekturmaximum deiner Optik liegt kann nur für den Einzelfall entschieden werden.
    Bei beiden Filtern ist aber wichtig, dass selbige ausschließlich nur mit Objektivsonnenfiltern betrieben werden dürfen, was die Sonnenbeobachtung betrifft.


    So das war jetzt viel Text. Ich hoffe, das beantwortet deine Frage. Ansonsten einfach noch mal posten...


    Gruß Markus

  • So, jetzt noch ein kleiner Nachtrag:


    natürlich lassen sich die Filter auch in Kombi mit einem Herschelkeil anstatt eines Objektivsonnenfilters verwenden...


    Gruß Markus

  • Moin,
    ich hab vorhin das mit dem O III von Lumicon probiert : ND3 + OIII mit Herschelkeil = sehr schlechter Kontrast, kein Sehspass!
    Ich hab auch OIII+Continuum+ND 3 sowie ND 1,8 und ND 2,4 probiert.
    Das war alles nur ein miserabler Anblick mit "viel Streulicht" und ein nicht wirklich scharfes Bild. Seherlebnis gegen Null.
    Aber vielleicht war ja auch durch die einzelnen Filter der Gesamteindruch so schlecht.
    Danach war der Anblick nur mit Continuum und ND3 eine Augenschmaus.


    CS Heiner

  • Hallo Heiner,


    das ist interessant. Soviel zu Theorie und Praxis ;-). Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem Filtereinsatz vor dem Herschelkeil der Filter sehr weit vorne im Strahlengang sitzt. Daher machen sich mangelnde Planparallelität des Filtersubstrats sofort in unscharfen, kontrastarmen Bildern bemerkbar. Ich kann zu der Substratqualität von Lumicon nichts sagen, habe aber die besten Erfahrungen mit den Baaderfiltern gemacht (auch bei anderen Anwendungen). Vielleicht kann das jemand mal mit einem Baader OIII Filter probieren?


    Gruß Markus


    P.S.: Nein, ich stehe mit der Fa. Baader in keinster Verbindung und werde auch nicht von denen gesponsort oder durch Androhung körperlicher Gewalt dazu gezwungen! ;)

  • Hallo Markus,


    vor dem Herschelkeil wollte ich nicht versuchen. Ich wollte den OIII nach dem Keil setzen wo ja auch das ND3 eingelegt ist.


    Überlegung war einfach- warum ein Continuum Filter kaufen wenn es mit dem OIII vielleicht auch ginge.


    Wenn endlich mal diese blöden Wolken verschwinden würden könnte ich es ja mal ausprobieren- aber bei uns ist der Himmel schon wieder zu- dabei sah es heute Nachmittag noch brauchbar aus, da war ich aber noch auf Arbeit- wieder nix mit Lulin heute Abend [}:)]


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    ja, das macht unbedingt Sinn, den Filter nach dem Herschelkeil zu betreiben, allein schon wegen der thermischen Belastung des Filters. Bin gespannt, was bei dir rauskommt, wenn es dann mal wieder sonnig ist...


    Gruß Markus

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