Welchen Widerstand beim Polieren?

  • Hallo,
    nachdem ich am Wochenende mit der Politur meines 18“ angefangen habe (mit einem 80%-Tool), tauchen eine Reihe von Fragen auf, die ich hier stellen möchte. Es geht um die „Haftung“ zwischen Pechhaut und Spiegel; da kann ich grob zwischen 5 Stufen unterscheiden:
    1.Zuviel Wasser – Aquaplaning – Aufpassen, dass das Tool nicht davonsegelt
    2.Sehr milchige Lösung mit viel Schleifmittel – Tool lässt sich mit geringem, konstanten Widerstand bei geringem Kraftaufwand bewegen, dabei entsteht ein ein leichtes „Rauschen“
    3.Weniger milchige Lösung – Tool fängt an zu „bocken“
    4.Lösung beinahe vollständig transparent/Wasserfilm auf dem Spiegel so dünn, dass sich das Licht bricht – Tool schwer aber relativ gleichmäßig zu bewegen
    5.Wasserfilm auf Spiegel reisst auf – Tool klebt fest


    Ich bin mir nicht sicher, welches nun der richtige, anzustrebende Zustand: 2 oder 4? Ausserdem ist mir noch unklar, wann ich nur Wasser zugeben muss und wann neues Poliermittel. Wer kann helfen[?]
    Gruß,
    Stefan

  • Ich kann vielleicht mal berichten, wie ich es mit meinem 10'er gemacht habe.
    Das Cerox hatte ich in einer kleinen Filmdose in Wasser aufgelöst, Konsistenz und Durchsichtigkeit etwa wie fettarme Milch. Aufgebracht mit Pinsel, der durch den Deckel gesteckt war.
    Immer wenn der Widerstand sich von 2. nach 4. änderte habe ich das Tool oder den Spiegel abgenommen und neues Wasser draufgesprüht. Beim ersten " Bocker " habe ich neues Cerox aufgepinselt.
    Wenn Du beim Abnehmen des Spiegels keine milchigen Stellen mehr auf der Oberfläche sehen kannst, muss nachgelegt werden. Um der Verdunstung vorzubeugen, habe ich immer einen oder 2 Tropfen Glyzerin zugegegeben. Aber da streiten sich die Experten, ob das wirklich nötig ist.


    Das Problem ist, das das Cerox sehr hohe Temperaturen auf der Glasoberfläche erzeugt. Als Folge davon heizt sich die Oberfläche auf und dehnt sich geringfügig aus. Das Resultat ist i.d.R. Hundekuchen.


    Also kommt die Lösung 2 dem Ideal am nächsten.


    MfG E.Z.

  • hi!
    das verhalten ändert sich - am anfang "poliert man die pechhaut ein", d. h. sie passt sich erst an, und bockt da ordentlich. später sollte ein gleichmässiger widerstand spürbar sein. bei guter passung verflüchtigt sich zuviel wasser sofort ...


    lg
    wolfi

  • Hallo,
    danke für die Hinweise. Vom Gefühl her dachte (und hoffte) ich auch, das "2" eigentlich der angestrebte Zustand sein sollte. Allerdings passt das m.E. nicht zu der Aussage, nach der Polieren körperlich anstrengender sein sollte als der Grobschliff. Außerdem müsste ich dann alle fünf Minuten Cero hinzugeben. Ich meine mal irgendwo gelesen zu haben, man könne eine ganze Weile lang (20 Minuten oder länger) nur Wasser zugeben uns so die Polierlösung mehr und mehr verdünnen...[?]
    Allerdings wird mir aus Deiner (EZ) Schilderung auch nicht klar, wann Du nur Wasser zugibst und wann neues Cerox...[8)]
    Mit einer schlechten Anpassung der Pechhaut hat das bockige Verhalten, das ich hier meine, eher nichts zu tun. Es tritt auch dann auf, wenn ich schon eine Stunde poliert habe und die Pechhaut gut angepasst wurde.
    Gruß,
    Stefan

  • Nach meinen Erkenntnissen ist Zustand 4= relativ schwerer aber gleichmäßiger Widerstand erstrebenswert. Zustand 2 ist nach neuer Poliermittelbeschickung in Ordnung, aber nicht auf Dauer optimal. Das Rauschen bedeutet, dass noch viele lose Poliermittelkörner umherrollen und nach spätestens 20 Polierstrichen unverrichteter Dinge am Rand runtersabbern. Beim Polieren arbeiten ja nur die Körner richtig, die im Pech eingebettet sind und in's Glas wie zehntausende kleine Messer scheiden. Daher poliere ich ausgehend von Zustand 2 immer nur mit Wasserzugabe (ich spritze ab und zu mit der Blumenspritze drauf).


    Sobald der Widerstand unverhältnismäßig stark anwächst oder gar kleben droht, trenne ich die Scheiben und schmiere mit dem Pinsel kräftig auf der Pechahut herum. So wird unverbrauchtes Poliermittel aus den Ritzen geholt und man kann nochmal ca. 5 Minuten weiterpolieren. Erst wenn das aufgebraucht ist, wird neues Poliermittel auf die Pechhaut aufgepinselt. Statt alle 15-30 Minuten eine größere Menge kann man natürlich auch alle 5 Minuten eine kleine Menge Poliersuspension aufpinseln, um den Vorgang gleichmäßiger zu gestalten.


    In meinem 12" Schleifset sind 120 g Ceri HPC drin. Das reicht mir für einen 18-20 Zöller, ohne dass es länger dauert.


    p.s.
    Wenn die Pechhaut nicht richtig will und ständig zwischen Aquaplaning und Bocken reagiert, schneide ich neue microkanäle mit Messer unter heissem Wasser (siehe hier).

  • Hallo Stefan,
    unter welchen Umgebungsbedingungen polierst Du? Trockene Stube, gut geheizt? Oder feuchte und kühle Waschküche? Wie hart ist Deine Pechhaut in diesem Raum? Davon hängt ab, wie oft wieviel Wasser und Ceri hinzugegeben werden muss und auch wie gepresst werden muss.


    80% von 18zoll ist ziemlich gross. Wenn da der Schweiss nicht strömt, machst Du etwas falsch.


    Ein Beispiel aus meiner Werkstatt:

    Als ich mit dieser 21zoll-Pechhaut auf den gleich grossen Spiegel rumhantierte, wurde diese 1-2 Stunden vor Einsatz unter Wasser erwärmt und mit 10-30 kg Gewicht auf den auch leicht vorgewärmten Spiegel gelegt. Poliert wurde im feuchten Keller bei ca. 18-20 Grad. Aus diesem Grunde wurden Werkzeug und Spiegel etwas vorgewärmt. Der Spiegel wurde zuvor mit Cerischlämme in hoher Konzentration aus der Spritzflasche bespritzt. Noch warm wurden einige kurze Striche gemacht um die Facetten der eher harten Pechhaut vollständig zu benetzten. Nach den besagten 1-2 Stunden sind die Scheiben gleichmässig erkaltet und passen perfekt. Für den ersten Strich kannst Du gleich mal Herkules zu Hilfe holen. Ich hab meistens gleich mal die grossen Schraubzwingen angesetzt. [;)]
    Poliert wurde dann zwischen 30 und 60 Minuten mit vollem Körpereinsatz bei einem sehr hohen Polierwiderstand (äquivalent von ca. 30 kg Zug und Druck), eine Wasser oder Cerizugabe war nur selten notwendig da:


    - Keller feucht
    - Volltool, da verdunstet weniger als bei einem Subdiametertool
    - Temperatur des Glases auch während Politur moderat


    Die Lehr von der Geschicht: Auf das Umfeld kommts an. Stathis in seinem Wohnzimmer und mit Subdiameterwerkzeugen muss öfters mal Wasser und Ceroxyd hinzufügen als ich im kühlen und feuchten Keller mit Volltool. Und: Bocken oder gleiten darf die Pechhaut nicht. Sie muss im Gegensatz stark und gleichmässig ziehen, und das auch mit einer eher dicken Schlämme.



    Grüsse Max

  • Hallo,


    ich habe nur selten Cerox zugegeben. Meist reichte etwas Wasser und ein bisschen aufquirlen mit dem Pinsel(chen).
    Ich hatte allerdings auch Fliegengaze eingepresst, sodass beileibe nicht der volle Kontakt da war.
    Aber : Es hängt auch davon ab, wie weit Du schon bist, d.h., wie weit der Spiegel schon auspoliert ist. Ist er noch rauh, dann kostet es schon einige Kraft. Aber 30 kg, na, das habe ich nie angewendet. Aber so um die 10 kg werden es schon gewesen sein.
    Es macht auch - glaube ich - keinen Sinn, eildiweil man die Spiegeloberfläche und damit auch das Pech aufheizt. Und Irgendwann hat man dann braune Streifen ... ;))
    Auch die Polierzeit habe ich immer so gehalten, das ich aufgehört habe, wenn die Pechhaut begann, zu "packen". Dann kann man sich genüsslich zurücklehnen, noch etwas Cerox auflegen und dann den Spiegel drauf. In der nächsten Stunde hat der dann wieder überall Kontakt, ist abgekühlt und man kann ungehindert weiter daddeln.


    Btw.: Mir fällt gerade ein, daß Du mglw. keine Sphäre im Glas hast.
    Das erklärt das Haken und die Probleme ganz gut.


    Aber ich will ja nicht unken .....


    E.Z.

  • Hallo,
    danke für die vielen Hinweise. Gestern Abend habe ich dann mal 1)den Raum etwas besser geheizt (ca. 21 Grad, 60% Luftfeuchte) 2) ein Fliegengitter mit eingepresst 3) Tool und Spiegel länger warmgepresst (28er Pech) 4) etwas mehr Cerox aufgetragen und 5) gewusst, dass eine große Haftung eine gute Sache ist (das gab mir die notwendige Sicherheit, auch kräftig zu schieben). In der Folge hat die Pechhaut schon zu Beginn deutlich besser gepackt, der notwendige Kraftaufwand war deutlich höher und ich konnte mit der initialen Ladung Cerox (und zwischenzeitlicher Wasserzugabe) gut 20 Minuten polieren. Nach 1 1/2 Stunden habe ich dann erst mal Schluss gemacht; heute Abend werde ich mal einen Foucault-Test machen, um zu sehen, ob der Spiegel sphärisch ist. Allerdings: Ich konnte gestern Abend sowohl lange als auch kurze Striche machen, ohne dass es "bockte". Ist das kein Indiz für einen sphärischen Spiegel?
    Gruß,
    Stefan

  • Ich denke, schon.
    Mir fällt gerade ein, daß ich zusätzlich auf einem motorgetriebenen Drehteller poliert habe. Da ist die Haftung natürlich geringer.


    MfG E.Z.

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