BB mit 13": Adventures in Deep Space

  • Hi zusammen [8D]


    Endlich mal wieder klarer Himmel, endlich mal wieder Zeit und dazu noch ziemlich auf Entzug. Also nix wie hoch in den Schwarzwald, trotz -5° und starkem Wind aus Ost bis Nordost. Beim Aufbauen dann gleich die erste Panne: eine größere Flügelmutter ist aus 1m50 Höhe auf meinen 33cm Hauptspiegel geknallt. Das war nicht mal das, was mich geärgert hat, sondern vielmehr der Umstand, dass die jetzt überall im Gras liegen konnte. :?


    Dann stand das Teleskop endlich und nach 20min war der Spiegel dann auch so weit ausgekühlt, dass man mit der Vergrößerung auf 190x fahren konnte. Ein erster Seeingtest am Polarstern zeigte schulbuchmäßige Beugungsringchen und auch, dass das Seeing wirklich erstklassig war.


    Zuerst warf ich einen Blick auf <b>17P/Holmes</b>, der schon fast gar nicht mehr ins Gesichtsfeld passte. Mit dem bloßem Auge war er immer noch als diffuser Blob zu erkennen, im Teleskop zeigte sich dann eine sehr große, doch recht dünn gewordene Koma, in welcher ein ebenso diffuser Schweif zu sehen war. Der stellare Kern war verschwunden und hatte einem diffusen Platz gemacht, der ab 130x zu sehen war. Nun ja, die besten Tage hat er wohl hinter sich. :(( Dann ging es weiter zum nächsten großen Kometen: <b>8P Tuttle</b>. Dieser war dann auch recht schnell gefunden, enttäuschte aber irgendwie. Hatte mir aufgrund der Helligkeit von 8.3mag ein wenig mehr versprochen. Die Helligkeit kommt eigentlich nur vom stellaren Kern, der von einer 7' messenden Koma umgeben ist, die insbesondere mit einem UHC-S (Kein UHC!!) gut zum Vorschein kam. So machte er dann doch einen recht schönen Eindruck, auch wenn leider kein Schweif zu sehen war.


    Nach so viel Kometen hab ich mich dann erstmal ein wenig am Himmel ausgetobt und mir die ganzen hellen Dinge reingezogen. Da waren die drei <b>Aurigasternhaufen M36, 37 und 38</b>, welche einfach nur genial aussahen. Insbesondere die punktfeinen Sternchen beeindruckten - wirklich ein klasse Seeing. Weiter ging es in die Cassiopeia, wo ich ebenfalls so ziemlich alle Sternhaufen abgraste, die ich auswendig konnte. Insgesamt dürften es wohl um die 15 gewesen sein. Darunter auch der <b>Eulensternhaufen NGC 457</b>, welcher einen genialen Anblick bot. Nachdem ich mit den <b>Spiralarmen von Messier 33</b> vergnügt und ein paar HII Regionen darin beobachtet hatte, ging es weiter zu M31, in welcher ich ein paar Kugelsternhaufen jagte. Im Laufe der nächsten halben Stunde sah ich noch viele weitere Knaller. [:D]


    Dann kam das erste schwierige Objekt des Abends: die <b>Gx-Gruppe um NGC 70</b>:


    http://stathis-firstlight.de/deepsky/bilder/ngc70group.jpg


    Hier konnte ich 5 Galaxien in ca. 330 Millionen Lichtjahren Entfernung erkennen, wobei die drei hellsten doch sehr eng zusammenstehen und erst bei 190x gut getrennt waren. Die anderen Gx'en waren leider nicht auf meinem Ausdruck, da werd ich mich in einer der Folgenächte noch einmal dran machen.


    Von dem Erfolg beflügelt, ging es ins Sternbild Dreieck, wo mich ein heftiges Objekt erwartete: <b>Abell 278</b>, ein Galaxienhaufen in 1.2 Mrd. Lichtjahren Entfernung. Es war klar, dass es aufgrund dieser Entferung wohl ein sehr schweres Objekt werden würde, aber wenn man schon ein Teleskop in dieser Größenordnung sein eigen nennt, sollte man dieses auch ruhig ausnutzen. Nun gut, die Position war schnell gefunden und mit 250x wurde die genaue Position festgenagelt. Hier war ich ein weiteres Mal sehr froh über meine Nachführplattform, weil man sich einfach aufs Objekt konzentrieren kann und alle Zeit der Welt hat. Nach zwei Minuten blitzte etwas sehr schwaches, diffuses auf, welches im Vergleich mit einem DSS Ausdruck eindeutig eine Galaxie des Haufens war. Nach wenigen Minuten konnte ich die Gx auch etwas länger halten. *freu* Das war dann auch schon die Einzige, welche ich in diesem extrem weit entfernten Haufen erkennen konnte - eine Riesenellipse! Damit habe ich dann auch meinen alten Rekord gebrochen: Eine normale Galaxie in 1.2 Mrd Lichtjahren Entfernung, der vorherige lag bei 1.0 Mrd. Lichtjahren im Corona Borealis Haufen!


    Nach diesem großen Erfolg stürzte ich mich wieder unkontrolliert in die Wintersternbilder und ließ mir die schönsten Bilder von Sternhaufen und Gasnebeln auf die Netzhaut brennen. Dann war der Orion hoch genug gekommen und ich warf einen ersten, richtigen Blick auf den <b>Orionnebel</b>, denn bis dahin hatte ich ihn mit meinem 13" noch nicht gesehen:


    Wow! Da bleibt einem der Mund offen, bei 60x bläst es einem glatt die Dunkeladaption weg. [8D] Bei 130x zeigen sich mit UHC so viele Filamente, Strukturen und Dunkelwolken, dass es unmöglich ist, dies alles zu beschreiben, geschweige denn zu zeichnen. Noch mehr Strukturen kommen dann bei 190x zum Vorschein, ohne Filter zeigt sich ein geisterhaftes, weißlich grün-blaues Glühen. Die Pons-Magnus zieht sich als schmales Nebelband über die dicke Dunkelwolke, welche leicht ausgefranst erscheint, in der Huygens-Region ist ein Getuhe und Gemache, dass einem schwindelig wird. Die E- und F-Komponenten des Trapezes waren sehr leicht zu sehen, daneben waren noch zwei Sternchen im Nebel. Einfach genial!!!!!! [:D]


    Nun ging es weiter zum <b>Pferdekopfnebel</b>. Bei 130x war mit UHC tatsächlich die Dunkelwolke erkennen, die sich ganz sanft vom schwach leuchtenden Nebel abhob. Auch die Schnauze war selten sichtbar, dies aber sehr grenzwertig. Dennoch ein recht schwieriges Objekt: auch mit UHC und dieser Öffnung. Aber hey: gesehen!! [:D} Das alleine zählt. Auch der Flammennebel wartete mit ungesehen Details auf - hier konnte ich nicht nur die Zweiteilung, sondern auch den abzweigenden Ast einer weiteren Dunkelwolke sehen.


    Kurz bevor ich in die Zwillinge hoch bin, warf ich einen Blick auf den <b>Krebsnebel M1</b>. Bei 190x zeigten sich nach sorgfältiger Beobachtung ein oder zwei Filamente, der Rand des Nebels erschien wie das gesamte Innere seltsam strukturiert. Einfach super! Endlich wandelt sich das graue Dings in ein wunderschönes Objekt mit Strukturen. So, nun aber in die Zwillinge. Bei <b>Messier 35</b> musste ich um Fassung ringen: so etwas Schönes sieht man selten. Was für ein Geglitzer und Gefunkel! Wunderbar... Mir fehlen noch immer ein wenig die Worte. Direkt daneben NGC 2158, der bei 250x bis ins Zentrum aufgelöst war und in welchem ich um die 20 Sterne erkennen konnte. Besonders angetan hatte es mir die Qualle bzw. der hellste Teil des <b>Supernovaüberestes in den Zwillingen</b>. Mit UHC war bei 130x ein länglicher Lichtstreif zu sehen, welcher an einem Ende dicker und irgendwie zweitgeteilt erschien!


    Der <b>Eskimonebel</b> brachte mich dann komplett aus der Fassung: Bei 190x zeigte sich das innere Grinsegesicht, welches von einem diffusen Ring umgeben war. Die blaue-graue Einfärbung war eindeutig zu sehen. Weiter ging es zum berühmten <b>Medusanebel Abell 21</b>. Hier war bei 130x mit UHC eine sichelförmiger Halbmond zu sehen, in welchem sich leichte Strukturen zeigten. Dann kam das Objekt des Abends, auf welches ich schon seit dem Frühling sehnsüchtig wartete:


    <i>Der <b>Doppelquasar in UMa</b>. Er gehört zu den großen Herausforderungen, da seine Gesamthelligkeit nur 16.4 mag beträgt. Er gehört aber auch zu den Dingen, die man unbedingt gesehen haben sollte: Relativitätstheorie zum Anfassen! Das Licht des 9 Mrd. Lichtjahren entfernten Quasares wird durch eine Vordergrundgalaxie in zwei "Sternpunkte" aufgespalten. Als Wegweiser dient NGC 3079, eine wunderschöne Galaxie in Edge-On Lage. Darüber ein Trapez. Dies alles war schnell gefunden, dann kam der schwierige Teil. Nachdem ich am Anfang gar nichts sah, blitzte alsbald ein schwaches Lichtfünkchen an der gesuchten Position auf, welches ich im weiteren Verlauf mehrmals für ein bis zwei Sekunden halten konnte. Damit war die Sichtung bestätigt und ich wohl der glücklichste Mensch der Welt!!! [:D] </i>


    Zum Abschluss des Berichts möchte ich euch noch kurz in unser Sonnensystem entführen, genauer gesagt, zu Mars. Aufgrund des hervorragenden Seeings zeigte er im 33cm Strukturen, die einfach nur der blanke Wahnsinn waren. Wie ausgestanzt stand er regungslos bei 250x im Okular, meine EQ-Plattform erledigte ihren Dienst und ich brachte meinen Mund nicht mehr zu. Bestimmt 20min konnte ich meinen Blick nicht von unserem roten Planeten wenden. Normalerweise bin ich ja überhaupt kein Planetenfan, aber diese ganzen Strukturen, die feinen Wolken und das alles ist bei einem super Seeing mit dieser Öffnung einfach der Wahnsinn!


    Christian

  • Hallo Christian,
    schön, dass mal wieder einer deiner tollen Berichte zu lesen ist.
    Die hatte ich schon richtig vermisst!
    Glückwunsch zur Sichtung vom Doppelquasar... der ist mit 33cm Öffnung wirklich nur mit deinen guten Augen zu sehen!
    Ich habe schon Probleme, ihn mit 16 Zoll zu sehen und trennen konnte ich ihn erst mit 20 Zoll (und das bei wirklich guten Bedingungen).
    Zum GAU: Hat die Flügelmutter denn keinen Schaden verursacht? Hoffentlich ist sie nicht durch den Spiegel geschlagen... sonst müsstest du dir einen Cassegrain bauen!

  • Hallo Christian


    Mal wieder ein genialer Bericht von dir [:)]
    Die Galaxiengruppe um NGC 70 hatte ich mir dieses Jahr auch schon mal mit meinem 16" Dobson vorgeknöpft.


    Hier meine Eindrücke bei einer Grenzgröße von ca. 6,0mag.


    NGC 67
    Ziemlich schwach, bei 186x indirekt als sehr kleiner runder Nebel sichtbar.
    NGC 67A konnte ich nicht sicher erkennen.
    NGC 68
    Recht hell und bei 186x indirekt einfach sichtbar als kleiner runder Nebel.
    NGC 69
    Schwach aber bei 186x indirekt sicher als kleiner runder Nebel erkennbar.
    NGC 70
    Mittelhell und bei 186x indirekt sichtbar als runder Nebel, am NO und SW Rand der Galaxie steht jeweils ein ca. 14mag heller Stern der die Wahrnehmung stört.
    NGC 71
    Recht hell und bei 186x indirekt deutlich sichtbar als runder Nebel, Östlich steht ein ca. 14mag heller Stern.
    NGC 72
    Recht hell und bei 186x als leicht länglicher Nebel indirekt Problemlos sichtbar.
    NGC 72A kann bei indirekter Beobachtung schwach aber sicher als kleiner runder Nebel erkannt werden.


    Der Hammer ist natürlich deine Sichtung des Doppelquasars in UMa.
    Das du den mit 13" sehen konntest.....mein größter Respekt!
    Das Teil muß ich unbedingt auch mal auf meine Beobachtungsliste setzen.


    Eine Frage noch:
    Wie hoch war denn in etwa die Grenzgröße bei deinen Beobachtungen und wie sind denn generell die Bedingungen im Schwarzwald?
    Ich frage deshalb, weil ich für den Winter einen geeigneten Spechtelplatz mit guten Bedingungen suche, wo man mal so als verlängertes Wochenende hindüsen kann, da man ja nun leider zum Beobachten nur schwer in die Hochalpen kommt.


    Viele Grüße


    Mike

  • Hallo ihr beiden [8D]


    (==&gt;)Timm: Ja, was will man machen, wenn die ganze Zeit nur schlechter Himmel ist. Da kann man nicht raus und auch keine BB's schreiben. Freut mich aber, dass dir meine Berichte gefallen. Da weiß man dann auch, dass man sich die Arbeit nicht für sich selbst macht.


    Die Schraube hat keinen Schaden angerichtet, zumindest konnte ich nix erkennen. Ein SC kommt mir nicht ins Haus, nene... [;)]


    (==&gt;)Mike: Der Himmel war für die Hochnebelpampe eigentlich ziemlich gut. Hatte so um die fst 6m3, im Horizontbereich allerdings deutlich schlechter. Da merkte man dann schon die feuchte Luft.


    Wegen einem Platz: viele gehen auf den Hohloh, da ist zum einen auch im Winter der Schnee geräumt, allerdings ist der Skilift bis um 22 Uhr in Betrieb, so dass dort erst gegen 23 Uhr das Licht ausgeht.


    Mir ist der Platz allerdings mittlerweile zu überlaufen, insbesondere mit Fotografen, die es immer noch nicht gerafft haben, dass ein Laptop auch in 100 Meter Entfernung extrem stört und die dann auch noch ständig mit diesen scheiß hellen LED Funzeln rumleuchten. Meine Plätze werd ich nicht verraten, sonst tauchen da irgendwann auch noch Fotografen auf...


    Christian

  • Hallo Christian,
    ja, die Fotografen! Da kann ich ein Lied singen... besonders in Nambia sind mir die Laptopstrahler auf die Nerven gegangen.
    Bester Himmel und dummerweise war die benachbarte von Fotografen bevölkerte Rolldachhütte innen weiß! So reflektierte sie das Licht der Displays und störte schon heftig. Die Fotografen stört das aber nicht, denn sie fahren ohnehin meist mit goto die Objekte an.
    Abhilfe? Gibt es! Stichwort grüner Laser... nein, nein, so gemein sind wir Spechtler wirklich nicht!
    Aber man könnte ja die Displays auf rot stellen und abdunkeln oder eine rote Folie davor packen. Wir würden das begrüßen!
    CS
    Timm
    P.S. wenn du wieder spechteln gehst, mail mir deinen guten "fotografenfreien" Platz... ich komme dazu!

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