Webcam für Deep Sky !?

  • Hallo !
    Ich habe im Forum schon viel gelesen über Fotografie mit einer ToUCam und hätte da jetzt mal eine Frage.
    Geht mit dieser Webcam nur Planetenfotografie oder auch Deep Sky ? Wenn das letztere auch geht, dann wäre das doch viel billiger als der Einsatz einer DSLR. Wo liegen also die Unterschiede und was macht im Bereich Deep Sky eine Canon 300 D oder 350 D besser als eine Webcam ?


    Vielen Dank für eure Antworten !
    Tschö
    Hans

  • Hallo Hans,


    also ich verwende neben der Canon 300D auch eine nach SC1 auf Langzeitbelichtung umgebaute WebCam Philips 740K. Während die Canon natürlich ein viel größeres Blickfeld hat mit den 3088 x 2056 Pixel (RAW-Format), und das bei größeren Pixelmaßen (7,4 Mikrometer oder so ähnlich), hat die WebCam nur 640x480 Pixel, Pixelgröße 5,6 Mikrometer. Sie hat bei längeren Belichtungszeiten (bereits bei 30s) in einer Ecke auch ein starkes Verstärkerrauschen. Zum Vermeiden der schwarzen Ohren an den Sternen habe ich auch den EEPROM der WebCam mit dem Modus "Set OPTIMIZED COLOR (NON RAW) Mode AND Special Factory Settings" verändert.


    Ich verwende sie insbesondere für kleine Objekte, z.B. für Planetarische Nebel, Pferdekopfnebel, kleine Kugelsternhaufen und kleine Galaxien. Vorteil der WebCam: Neben besserer Rotempfindlichkeit kann ich auch ein Binning machen, so vergrößere ich die Pixelgröße bei 2xBinning eben auf das Doppelte (11,2 Mikrometer), auch wenn es nur ein Software-Binning ist (natürlich zu Lasten der Auflösung, ist bei Nebeln aber nicht so wichtig). Und gelegentlich verwende ich sie (mit 0,5 oder 1s Belichtungszeit) zum Nachführen am Laptop am 70/700mm-Lidlscope.


    Mein Tipp: beides verwenden.


    Viele Grüße

  • Hallo Hans,


    Webcams können - insofern sie einen echten CCD-Chip haben - auch für DeepSky eingesetzt werden. Voraussetzung ist aber, dass sie modifiziert, d.h. in ihrer Hardware geändert werden. Um das zu machen, benötigt man schon Erfahrung im Umgang mit Lötkolben und Elektrobauteilen.


    Solche modifizierten Webcams werden je nach Umbau als SC1, SC2, SC3... bezeichnet und ergänzen digitale Spiegelreflexkameras. Wie mein Vorredner schon sagte, sind sie ausgezeichnet für Galaxien und Planetarische Nebel, bedingt für Kugelsternhaufen und ungeeignet für offene Sternhaufen und große Nebelregionen (Grund: Kleiner Chip --> kleines Gesichtsfeld).


    Der CCD-Chip (z.B. der ToUCam 740 oder 840) ist recht lichtempflindlich, so dass man mit Belichtungszeiten von 20 Sekunden bis 40 Sekunden schon sehr weit kommt. Das reduziert natürlich die Anforderungen an eine genaue Montierung. Beim Umbau auf die SC3 wird sogar der CCD-Chip gegen einen hochempflidnlichen Chip der Fa. FRAMOS (Kosten ca. 100 Euro) ausgetauscht. Zwar ist dieser nur schwarz-weiß, jedoch in diesem Preisbereich das lichtempflindlichste, was man bekommt. Meiner Meinung nach läuft er vielen teuren CCD-Kameras den Rang ab!
    Mit entsprechenden Farbfiltern kann man mit ihm natürlich dann auch Farbaufnahmen machen! Die Belichtungszeiten eines Einzelbildes (von denen man rund 100 macht) belaufen sich dabei meist auf unter 20 Sekunden. Hier einige Beispiele:







    Wie gesagt. Während man bei digitalen Spiegelreflexkameras kaum umher kommt zu Guiden oder sehr tief in die Tasche greifen muss für eine Montierung, sind so recht preisgünstig wie ich finde brauchbare Ergebnisse zu erzielen... vor allem wenn man bedenkt, dass eben auch Farbaufnahmen möglich sind.

  • Hallo Hans!


    Klar, geht das!


    Hier ein Link auf meie HP, da habe ich mit meiner umgebauten SPC900 am C8 M57 aufgenommen. (11x10 Sekunden, unguided)


    http://astro.noctis.at/images/5/5f/M57-Webcam-2007-04-12.jpg


    Der Kamera wurde der Farbchip entnommen und sie hat einen S/W Chip, der wesentlich empfindlicher ist bekommen. Ausserdem wurde sie auf Langzeitbelichtung umgebaut.


    Wie du siehst, geht da einiges, an professionelle CCD's kommt man aber nur selten heran.
    Der größte Nachteil bei Webcams ist der kleine Chip. Da können die CCD's punkten. Auch das Rauschverhalten ist bei einer ungekühlten Webcam eher bescheiden.
    Wenn man aber das Preis/Leistungsverhältnis anschaut, siehts besser aus. Auch für Leute, die nicht ein paar 1000€ für eine Kamera ausgeben wollen/können (z.B. Schüler?) ist so eine Webcam ein guter Ersatz.


    LG, Robert

  • Hallo !
    Vielen Dank für die Antworten. Ich sehe schon klarer. Der Hinweis auf die geringeren Belichtungszeiten bei der Webcam ist für mich ein wichtiger Aspekt. Denn das Guiden bei länger belichteten Aufnahmen scheint ja nicht so einfach zu sein. Mit einem Umbau einer Cam würde ich mich aber wohl schwer tun. Handwerklich bin ich nicht besonders bewandert.
    Nochmal Danke
    Tschö
    Hans

  • Hallo Hans,


    als alter Webcamfotograf möchte ich zu diesem interessanten Thema natürlich auch meinen Senf dazugeben.


    Schon mit einer unmodifizierten Webcam, sofern sie mit einem empfindlichen CCD-Chip ausgerüstet ist, kann man DeepSky-Aufnahmen machen. Die Auswahl beschränkt sich dabei allerdings auf recht helle und kleine DSO, was aus der für Webcams typischen kurzen Belichtungszeit und der geringen Chipgröße ergibt.
    Auf der Seite DeepSky mit der ToUcam findest Du sehr viele Beispiele dafür was mit einer unmodifizierten Webcam so alles geht.


    Aber was heißt kurze Belichtungszeit? Eigentlich stimmt das auch nicht so ganz. Es wird nur eine lange Belichtungszeit auf mehrere Hundert bis hin zu mehreren Tausend Einzelbelichtungen aufgeteilt. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, daß die Dauer der effektiven Belichtungszeit nur zur Wurzel der Einzelbelichtung ansteigt. 10000 * 0,2s entsprechen eben nicht einer Einzelbelichtung von 2.000 Sekunden, sondern nur wurzel(10000)=100 * 0,2s = 20s. Trotzdem geht da schon ein bißchen was, vorausgesetzt, der extrem unwahrscheinliche Fall tritt ein, daß es nachts mal aufklart:




    Das sind nur ein paar wenige "Appetithäppchen" aus meinem "Sortiment" (verkleinerte Abbildungen): Dreifachstern Keid (40 Eridani), IC 418 und Jupiters Geist (NGC3242) (obere Reihe), M42, M15 und M77 (untere Reihe). Alle mit einer unmodifizierten ToUcam aufgenommen, also ohne jedes Schrauben und Löten. Nur softwaremäßig optimiert, siehe "ToUcam optimieren".


    Will sagen: Die ToUcam ist ein guter und preiswerter Einstieg in die Astrofotografie, denn sie ist äußerst pflegeleicht und stellt an die präzise Nachführung nur sehr geringe Anforderungen, Bilder gelingen praktisch immer. Und man lernt sehr viel dabei!


    Mit der Zeit dürstet den ambitionierten Astrofotograf nach mehr. Längere Belichtungszeiten sollen die Grenzen erweitern. Eine "echte" Astrokamera oder eine DSLR muß her. Das mit der Webcam gesammelte Wissen kommt einem dabei sehr zu Gute. Doch die Anforderungen an die präzise Nachführung steigt rapide an, einfache Montierungen sind da schnell überfordert, denn so ein Sternchen darf sich während der Belichtungszeit von - sagen wir mal 5 Minuten - nur minimal vom Fleck rühren! Man kann die Nachführung manuell "auf den Punkt" halten, und man wird feststellen, daß 5 Minuten eine halbe Ewigkeit dauern und die Finger an den Nachführtasten weich werden.


    Ganz nebenbei werden weitere recht teure Anschaffungen notwendig: Off Axis Guider oder Leitrohr, stabilere Montierung, Fadenkreuzokular oder die gute alte Webcam als Teil eines Autoguiders und natürlich viel viel neues Wissen, das erst mal erworben werden muß.


    Doch dann wird aus einem M14 mit der Webcam ...


    ... ein "richtiger" M14


    Aber laß Dir Zeit damit. Erst mal klein anfangen und Erfahrungen sammeln, der Rest wird dann umso spannender und schöner.

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