Einstieg in die Schmalband-Fotografie

  • Moin,


    ich fotografiere nun schon einige Jahre mit CANON-Dslrs und bin mit den Ergebnissen eigentlich ganz zufrieden.
    Wenn ich mir aber anschaue, was z.B. Gerald Willems mit seinen Schmalbandfiltern hinbekommt, packt mich der Neid[;)]


    Deshalb habe ich jetzt nochmal zugelangt und mir eine monochrome CCD-Kamera inkl. Filterrad und einem Satz Filter zugelegt. Die Kamera ist eine MX716 (wollte mal klein anfangen - die Atik 16HR ist mir noch zu teuer und die SX gab's gerade günstig bei Ebay).


    Da ich bisher kaum Erfahrung mit CCD-Kameras und Schmalbandfiltern habe, drängen sich mir ein paar Fragen auf, die Ihr mir evtl. im Vorfeld schon beantworten könnt:


    1. Darkframes
    Von der DSLR weiß ich, dass Darkframes ein Eigenleben haben und auch bei ähnlicher Temperatur ständig unterschiedlich ausfallen. Das soll bei gekühlten CCD-Kameras ja angeblich nicht der Fall sein.
    Die Kühlung hat ja eine bestimmte Leistung, die den Chip auf eine Differenztemperatur zur Umgebung bringt. Wenn es also draußen 25° hat, kühle ich den Chip um 25° auf 0° ab und mache meine Darks.
    Wenn es nun später nur 15° Außentemperatur hat und ich die gleiche Belichtungszeit wähle, kühle ich den Chip nur um 15° - ebenfalls auf 0° ab und kann die selben Darks benutzen. Korrekt?


    2. Belichtungszeiten mit Schmalbandfiltern
    Gibt es eine Regel, wie lange man mit welchem Filter belichten muss oder kann man das auf einfache Art herausfinden? Ich stelle mir vor, dass ich mit jedem Filter kurz einen bestimmten Stern ablichte, so dass er noch nicht gesättigt ist. Wenn ich die Helligkeit des Sterns in den verschiedenen Aufnahmen vergleiche, kann ich bestimmen, wie lange ich mit den einzelnen Filtern belichten muss, damit der Stern gleich hell wird? Kann man das dann auch andere Belichtungszeiten extrapolieren?


    3. Reihenfolge der Aufnahmen
    Man - bzw. ich - fängt ja oft schon an zu knipsen, wenn es noch gar nicht richtig dunkel ist. an der Ausbeute sieht man dann später, ab welcher Aufnahme man die Bilder verwenden kann.
    Nun habe ich ein Filterrad ohne Motor - ich werde also vermutlich nicht R-G-B-R-G-B-R-G-B... fotografieren, sondern r-r-r-r...g-g-g-g...b-b-b-b. Wenn man nun wieder zu ungeduldig war, könnte ich mir vorstellen, dass die ganze Belichtungsserie für die Katz war, weil die ersten Bilder zu hell waren und somit nicht zu den anderen passen.
    Gibt es eine bestimmte Wellenlänge, mit der man die Belichtung anfangen sollte, weil sie im Hintergrundlicht der Dämmerung schwächer ist, als die anderen?


    4. Welcher Filter für welchen Kanal
    Das Schmalbandfilterset besteht aus: HA (7nm), HB (8,5nm), O3 (?) und SU (?). Ich denke mal, HA nimmt man für Rot. Welcher Farbe die anderen Filter entsprechen, wird man auch leicht erkennen können. Es sind aber 4 Filter und ich denke momentan noch in 3 Farben (RGB). Setzt man das Komposit aus 4 Farben zusammen, oder nimmt man abhängig vom Objekt den einen oder anderen Filter?


    5. Auflösung
    Ich habe ja erstmal an der Kamera gespart. Sie hat nur eine Auflösung von 752x582 Pixeln. Dafür hat sie aber - im Gegensatz zu einer Farbkamera mit Bayer-Matrix - die volle Auflösung in allen Farben.
    Bei Farbkameras wird die Bayer-Matrix ja so interpoliert, dass im Endeffekt wieder die volle Auflösung herauskommt. Das mag ja ein Fake sein - tut der Qualität aber kaum abbruch. Ich habe es versucht, indem ich (mit ImagesPlus) die einzelnen Kanäle ohne Interpolation aus dem DSLR-Bild geholt habe. Dabei kam ein kleineres Bild heraus, das qualitativ aber keineswegs besser war.
    Kann man mit den Einzelbildern einer S/W-Kamera etwas ähnliches machen, wie es bei der Bayer-Interpolation bei Farbkameras passiert, um so eine höhere Auflösung herauszuholen?


    So - das waren erstmal genug Fragen. Es würde mich freuen, wenn der eine oder andere das Dunkel in meinem Schädel ein wenig erhellen könnte. Da die Nächte momentan eh viel zu kurz sind, muss ich dann nicht soviel Zeit auf Abwegen verschwenden[:D]


    Gruß
    Klaus

  • Hallo Klaus,
    da ich von dir genannt werde, möchte ich auch darauf antworten.
    Zu deinen Fragen:


    1.
    Darks und Flats konnte ich bisher nicht gewinnbringend verarbeiten. Dabei sind die Darks das geringere Problem. Ich hoffe, dass ich das in absehbarer Zeit mal geregelt bekomme. Ich kann aber mit geeigneten Tools die Aufnahmen in Sachen Hotpix und Vignettierung gut korrigieren.
    Hotpix entferne ich mit Maxim und die Vignettierung bei Bedarf mit Fitswork.


    2.
    Es gibt für mich dahingehend keine Regel. Sterne würde ich aber nicht als Indikator verwenden. Die Schmalbandfilter sollen ja gerade Nebelgebiete herausarbeiten. Sterne treten dabei in aller Regel in den Hintergrund. Da muss man testen.


    3.
    Die Reihenfolge ist schon wichtig.
    Oft kombiniert man ja Schmalbandaufnahmen mit L- oder Farbaufnahmen im normalen Spektrum. Und dann ist es sinnvoll, die Schmalbandaufnahmen in der Zeit des noch oder schon wieder hellen Himmels aufzunehmen. Schmalbandaufnahmen sind schließlich deutlich unempfindlicher auf Streulicht und Himmelsaufhellung.


    4.
    Bei reinen Schmalbandaufnahmen und wenn die Aufnahme im annähernd natürlichen Farben erscheinen soll verteile ich die Aufnahmen so:
    Ha auf Rot
    O-III auf Grün
    S-II auf blau
    Das gilt für Aufnahmen von Nebelgebieten.
    Bei der Aufnahme von Galaxien und Sternhaufen sind Schmalbandfilter nicht sinnvoll. Ausnahmen mag es geben.


    5.
    Diese Frage habe ich leider nicht komplett verstanden.


    So, vielleicht hilft das schon mal.
    Wenn du weitere Fragen hast melde dich. Soweit ich kann helfe ich gerne.

  • Hi Gerald,


    erstmal vielen Dank für die schnellen Antworten.


    1. Bei der DSLR habe ich schon gute Erfahrungen mit Darkframes gemacht. Am besten sind die internen Darks (20D) - aber auch einzeln geschossene Darks lassen sich mittlerweile mit Fitswork gut verarbeiten.
    Mit Flats habe ich bisher auch nur schlechte Erfahrungen gemacht. Dafür habe ich ja extra AstroWorks geschrieben. Bei nicht allzu großflächigen Objekten funktioniert das wirklich gut...


    2. Man kann es natürlich auch mit dem Hintergrund testen - mal sehen. Ist ja alles noch ziemlich theoretisch.


    3. Gibt es denn bei den Schmalbandfiltern einen, der besonders unempfindlich gegen Restlicht ist?


    4. Wofür benutzt man dann HB?


    5. Ich will es mal anders herum versuchen: Einen Farbchip könnte man sich ja vorstellen, wie 3 einzelne Chips (eigentlich 4 - weil Grün doppelt) für die 3 Farbkanäle. Dabei hätten diese einzelnen Chips nur ein Viertel der Pixelanzahl. Daraus wird aber bei der Bayer-Interpolation ein Farbbild mit voller Pixelanzahl errechnet.
    Theoretisch könnte man das mit den einzeln belichteten Kanälen einer S/W-Kamera auch machen und damit die Auflösung erhöhen.
    Natürlich - ein Fake - aber meiner Erfahrung nach, ein sehr effektiver...


    Gruß
    Klaus

  • Frechheit!! Ich schau schon jeden tag nach Astro CCDs bei ebay und Du findest auch ncoh eine mit Filterrad! [:)]
    Such ich falsch? Gab da mehr??
    Will auch mal probieren mit ner kleinen!!! [;)]

  • Hi Chris,


    nee - das Filterrad musste ich schon noch einzeln kaufen. Das gab es zwar Sonntag auch bei Ebay, hat mir aber unverschämterweise jemand weggeschnappt [;)]


    Gruß
    Klaus

  • Hi Wolfgang,


    es ist eine Starlight XPress MX716 - die gibt es z.B. bei Astrolumina. Kostet aber normalerweise 1575,- EUR. Ich hab sie bei Ebay für 550,- bekommen. Sonst hätte ich wohl eher eine Atik-16 gekauft.


    Gruß
    Klaus

  • Für ein drittel!!!!!! AHHH!HHHHHHH!!!!!!! und ich war wieder zur falschen Zeit online!!!!
    Da gibts eh so selten Astro CCDs... heieiei!!!! Mach mir ja gute Fotos!! [;)]

  • Danke Klaus!


    Na da hast Du ja Schwein gehabt! Möglichkeiten soll diese Kamera ja genug bieten. Ich hoffe Du setzt das jetzt ALLES um und verzauberst uns mit traumhaften Aufnahmen!!![:D]


    Nochmals Danke und lg
    Wolfgang

  • [:D]


    Na ja - wie schon geschrieben, will ich erstmal vorsichtig einsteigen und die große Kamera (z.B. Atik-16HR) ist mir im Moment zu teuer.
    Wenn der Einstieg gelingt, wird die aber früher oder später fällig sein und dann gibt es wieder eine MX716 in der Bucht...


    Gruß
    Klaus

  • Hallo Klaus


    Gratuliere zur ersten AstroCCD-Kamera.
    Ich habe auch eine MX716 und war immer sehr zufrieden damit, inzwischen aber ein Schattendasein als klasse Nachführkamera für meine neue Sigma3200 fristen muß.


    1:
    Die MX716 hat leider keine geregelte Kühlung. Sie kühlt immer maximal. Auch ist kein Temperatursensor eingebaut.
    Ich habe die Darks meist vor und nach den Aufnahmen gemacht. (beim auf und Abbau der Ausrüstung)
    Auch habe ich mir die Temperatur während der Aufnahmen notiert und so eine kleine Darkframebibliothek angelegt. Das Rauschen ist aber durch die Kühlung weit geringer als bei einer DSLR und zur Not geht es auch ohne Darks.
    Auf Flats würde ich aber nicht verzichten wollen. Die Kringel durch Staubpartikel sind doch sehr störend. Ich habe mir deswegen eine Flatfieldlampe gebaut. Damit verschwindet dann auch gleich eine evtl. vorhandene Vignettierung.


    2:


    Bei RGB- oder LRGB-Aufnahmen ist die unterschiedliche spektrale Empfindlichkeit des CCD-Chips zu beachten. Ich habe meine MX716 nach der "G2-Sternmethode" ausgemessen und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:
    Bezogen auf R: R_Zenith 1
    G_Zenith 1,461
    B_Zenith 3,142
    Ha_Zenith 5,724
    OIII_Zenith 13,305
    SII_Zenith 4,540

    Bez. auf Ha: Ha_Zenith 1
    OIII_Zenith 2,324
    SII_Zenith 0,793


    Genaueres siehe mal auf die Homepage von Bernhard Hubl unter Tips.
    http://hubble.heim.at/


    3:
    Hat Gerald ja schon das Wichtigste gesagt.


    4:
    Ist Geschmackssache. Lt. Hubbl und Wellenlänge der Farbe SII-HA-OII ist aber farblich ungewöhnlich, deshalb werden auch oft andere Kombinationen verwendet. Auch ist nicht jeder Schmalbandfilter bei jedem Objekt sinnvoll.


    5:
    Da wüste ich auch nur eine Interpolation, aber die kennt du ja.
    Eine echte Verbesserung ist nur mit der Drizzle-Methode zu erreichen.
    Hier wird jede einzelne Aufnahme leicht versetzt und bei der Addition die Auflösung verdoppelt. Hierdurch erhöhen sich auch die Details. Allerdings müssen die Aufnahmen sehr gut sein.


    CS
    Christoph

  • Hi - ich nochmal...


    erstmal vielen Dank - die Methode von Christoph, um die richtige Farbbalance hinzubekommen, werde ich mal probieren.


    Ich habe aber noch eine grundsätzliche Verständnisfrage:


    Heute habe ich endlich die Filter bekommen. Da das Wetter aber zu bescheiden ist, kann ich noch nichts ausprobieren. Deshalb frage ich nochmal in die Runde:


    Ich habe bisher gedacht, die Filter geben mir (wie ein RGB-Set) ebenfalls Rot, Grün und Blau - nur in einem engeren Bereich. Jetzt habe ich mal durchgelinst und bin etwas überrascht.


    H-Alpha = Rot (OK - war klar)
    O-III = Grün (auch OK)
    S-II = ebenfalls Rot (wieso das jetzt)
    H-Beta = ebenfalls Grün (Hä?)


    Wo bekomme ich denn jetzt den blauen Kanal her - oder habe ich da etwas komplett mißverstanden?


    Gruß
    Klaus

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