Moin,
vorab: Ich bin kein Optiker und habe herzlich wenig Ahnung von Strehl & CO.
Trotzdem habe ich mich aus ganz praktischen Erwägungen - weil mich die Farbsäume in nicht-apochromatischen Refraktoren bei der Fotografie nerven - ein wenig mit dem Thema beschäftigt.
Mein letzer Wissensstand ist nun, dass es eigentlich keine brauchbare Definition für die Bezeichnung "APO" - und schon gar nicht für "halb- und semi-Apo" gibt.
Die einzige Definition besagt, dass sich bei einem Apochromaten der Brennpunkt von drei Farbbereichen an einer Stelle schneiden sollte. Das ist aber zum einen für niemanden bindend und kann sich zum anderen auch auf Farben irgendwo im UV-Bereich beziehen.
Für mich ist ein Refraktor aber nur dann farbrein, wenn sich die Brennpunkte des mittleren Rot, des mittleren Grün und des mittleren Blau an einer Stelle treffen. Das mag jetzt etwas laienhaft ausgedrückt sein, sollte aber einleuchten...
Die Definition "an einer Stelle treffen bzw. schneiden" impliziert aber auch, dass die Lichtstrahlen der unterschiedlichen Spektren keines wegs parallel laufen. Was sich irgendwo trifft, lag vorher auseinander. In sofern hat auch die Fokussierung erheblichen Einfluss darauf, ob nachher Farbsäume sichtbar sind. Da man bei der visuellen Fokussierung aber eigentlich nur grün sieht, trifft man im besten Fall den grünen Brennpunkt. Das muss aber nicht der Fokus sein, in dem man eine farbreine Abbildung bekommt.
Aus diesem Grund habe ich vor einigen Monaten ein Programm geschrieben, mit dem man auf Farbreinheit fokussieren kann. (http://www.watchgear.de/Focuser/Focuser.htm). Es geht mir aber momentan nicht um die Fokussierung...
Nachdem ich nun ein paar unterschiedliche Refraktoren mit dem Programm fokussiert habe, ist mir aufgefallen, dass man anhand des Verlaufes einer Fokusreihe sehr gut die Farbreinheit beurteilen kann. So habe ich z.B. gestern einen Orion-Express gekauft, der mit "Semi-Apo" und "stark vermindertem Farbfehler" beworben wird. Von irgendwelchen Sondergläsern ist nicht die Rede - deshalb war mir schon klar, dass es einfach ein klassischer Fraunhofer ist, der bei f/6 natürlich nicht farbrein ist. So sieht das Bild im Fokuser aus:
Wie man deutlich sieht, ist kaum eine Farbkorrektur vorhanden und die Sterndurchmesser in Rot, Grün und Blau verlaufen annähernd parallel. Rot und Blau auch nah aneinander - aber leider weit von Grün entfernt.
Da ich ohnehin die Linse gegen das "Apograde" von William asutauschen wollte und nur einen guten Tubus suchte, bin ich trotzdem sehr zufrieden mit dem Teil...
Bei einem Orion-80ED sieht die Kurve schon ganz anders aus:
Hier sieht man, das die Linien nicht parallel verlaufen, sondern sich zumindest in einem Punkt stark einander annähern. Das ist der richtige Fokuspunkt - nicht der, wo die grüne Linie am niedrigsten verläuft...
Ein 120ED von SkyWatcher hingegen sieht schon wieder schlechter aus:
Ich weiß ja nicht, wie das unsere Optikexperten sehen - ich halte es für eine Methode, die jedem ermöglicht, einen objektiven Eindruck von der Farbkorrektur seines Refraktors zu bekommen.
Ich freue mich auf Eure Meinung und natürlich noch mehr darauf, dass hier noch ein paar Kurven anderer Refraktoren - z.B. des einen oder anderen TMBs - veröffentlicht werden.
Gruß
Klaus