Hallo Leute,
hier mein erstes posting in einem Forum überhaupt und gleich einen Blick zurück in meine bisher allerdings recht kurzen Spiegelschleifabenteuer:
vor 45 Jahren stand ich mit weichen Knien und meinem noch unverspiegelten 150mm F/8 Erstlingswerk in Weil der Stadt vor Dieter Lichtenknecker, der mir schnell Auskunft über den Grund meiner Unzufriedenheit bei Mond- und Sternbeobachtungen mit der gerade entstandene „Optik“ gab: Rand nicht auspoliert, dafür aber abgesunken und Parabel auf dem besten Weg zu einer beeindruckenden Hyperbel. Mit Oma`s 120 DM-Spende (sehr viel Geld für diese Zeit) war der Spiegel schnell korrigiert und am Himmel eine Offenbarung.
In den 80er Jahren habe ich eine Hebel-Optikschleifmaschine gebaut. Bei ersten Polierversuchen wurden trotz unregelmäßiger Verstellung der stufenlosen Getriebe von Hauptspindel, Exzenter und Überhang immer symmetrisch angeordnete Zonenfehler erhalten. Heute möchte ich das Gerät nur noch für Grobschliff und einen Teil des Feinschliffs verwenden.
Vor kurzem mit einer Anzahl Duran-50 Guss-Rohlingen und einem massiven Kreuztisch für eine Foucault-Prüfanlage aus der Sammlung einer Spiegelschleifgruppe eines Gymnasiums beschenkt, dachte ich nach meinem Ruhestand in ca. 3-4 Jahren, wieder in die Schleif- und Polierszene einzutreten...dachte ich...
Heute stecke ich am Ende der Parabelretusche bis zum Hals in Problemen (die vielleicht auch gar keine sind) und zu deren Details ich Fragen habe und euch um Hilfe bitte:
Daten zum Glas: Duran-50 Scheibe, Durchmesser 203mm, Dicke 33mm, Krümmungsradius 2042mm, also ca. F/5
Mit slitless Foucault und 6-Zonen Couder-Maske habe ich (leider) während der ganzen Parabolisierung den Spiegel immer in einer bestimmten Position gemessen (kleiner Randausbruch immer in 6 Uhr Position). Diagramm 0°/360° von Figure-XP zeigt den Spiegel in „6-Uhr-Position“ gemessen nach mehreren Tagen waagrechter Lagerung im gleichmäßig temperierten Keller. Nebenbei, für mich beeindruckend ist die fast unglaubliche Reproduzierbarkeit innerhalb einer Messreihe, die im Hundertstel-mm-Bereich nur um zwei, drei Stellen beim "Eingrauen" der Maskenfenster variieren, d.h., die unten gezeigten Diagramme sind über mehrere Tage hinweg fast perfekt reproduzierbar.
Um 90° weiter gedreht zeigt der Spiegel das Messresultat von Diagramm 90°, aber für mich als Anfänger in Sachen Parabolisieren/Retuschieren trotz nur 20nm mehr Glas ein leicht grauslig neuer Kurvenverlauf.
Auf 180° gedreht, der Verlängerung der 6-Uhr-Position, zeigt der Spiegel Werte, die eher im Rahmen von Diagramm 0°/360° liegen und in 270°-Position wiederum eine Kurve, die eher der 90°-Position entsprechen. Die dazwischen liegenden Werte 45°, 135°, 225° und 315° habe ich einige Tage später gemessen. Sie passen im Prinzip in den ganzen Verlauf. Besonders auffällig dabei ist die Linie 90° - 270°.....
Hier die Diagrammreihe 0°/360°, 45°, 90°, 135°, 180°, 225°, 270° und 315°
img]http://www.astrotreff.de/upload/Horst Liebig/20070506/135 Grad.gif[/img]
Und nu? Woran liegt das? Ist das, so wie ich Foucault verstanden habe, die Messung auf einer Linie? Foucault misst ja nicht die Fläche. Habe ich mit den wenigen Retusche-Strichen mit
einem 50mm-Tool, die sich in der Addition wohl zu wenig mitteln und durch kaum zu steuernden Druck, in „einer Achse“ etwas zu viel Glas Richtung Rand abgetragen? Kann das schlicht ignoriert werden weil es am Objekt (Stern, Planeten- oder Monddetail) mit den erreichten Kurvenwerten nicht stört, oder deutet ein solches Resultat auf schlimmere Probleme hin?
Kann/soll ich mit kleinem, z.B. 20% Tool die Positionen um 90°/270° herum durch Schieben von Glas von der Mitte weg, mit einigen wenigen Strichen noch etwas retuschieren? Bringt das überhaupt etwas oder wird dabei mehr verschlechtert als verbessert? Kann mit dem 90% Volltool ein „homogenerer“ Verlauf erreicht werden und mit welchem Strich? Mit dem Volltool besteht aber wohl mehr die Gefahr eines absinkenden Randbereichs den ich ja im Ansatz auch schon habe und zudem wird die Kurve ja vermutlich wieder mehr sphärisch?
Die Retuschen übrigens mache ich angelehnt an die Bowl-Feed-Poliermethode, die O.W. Fähnle und H. van Brug im Abstract eines Optik-Workshops erwähnt hatten. Die Ceriumoxid-HPC-Aufschlämmung ist nur ca. 0,3 %ig in entspanntem Leitungswasser (AGFA Agepon-Zusatz), wobei der Spiegel bzw. die Pechhaut in einer kleinen Kunststoff-Wanne fixiert, gerade unter Wasser liegen. Polier- und Messraum-Temperaturen sind zur Zeit konstant bei 18°C. Für diese Temperaturen verwende ich einen 1:1-Mix aus Optikpech 28° und Optikpech 21° von Pech-Piering. Ich habe den Eindruck, dass grobe Oberflächenmarkierungen (Hundekuchenstrukturen) im Wasserbad erst gar nicht entstehen, vermutlich wird lokale Reibungswärme an Glas und Pech etwas schneller abgeführt. Das Lagern von Spiegel und Werkzeug aufeinander im Wasserbad auch über Wochen, ist völlig problemlos. Allerdings sollten Wanne und Halteelemente aus Kunststoff sein. Ceriumoxid scheint mit Metallen in längerem Kontakt irgendwie physikalisch-chemisch auf Kriegsfuß zu stehen: Alu wird regelrecht zerfressen, die Ceri-HPC-Suspension neigt dabei zu starken Ausflockungen, die sich nur noch schwer entfernbar auf dem Metall absetzen...eine merkwürdige Sache...
Sorry, dass das so umfangreich geworden ist. Vermutlich werden eure Antworten dafür etwas kürzer ausfallen. Besten Dank schon mal dafür,
Horst