Die neue Microsoft-Webcam "Lifecam VX-6000" (hier kurz: VX-6000) hat sicher nicht nur meine Aufmerksamkeit erregt, denn sie wird mit echtem USB2-Anschluß und echter Videoauflösung von 1280x1024 beworben. Und so liegt hier schon seit Wochen eine solche herum - aber erst jetzt bin ich dazu gekommen, sie mir mal etwas näher anzusehen, soweit das ein Amateur halt "kann".
Und bevor es wieder Wochen dauert, bis ich einen ausführlichen Test zusammen habe, nutze ich mal lieber die Zeit und stelle das Dingelchen mal näher vor, zeige den Aufbau und die De-/Montierbarkeit, und bitte Interessierte um Fragen und Anregungen für weitere Tests:
Also, die VX-6000 ist schön klein und leicht, das folgende Bild 1 zeigt den wesentlichen Aufbau ...
... nach Lösung der rückwärtigen Gehäuseschraube, dann Aufhebeln mittels Flachschraubenzieher unten am Gehäuse (die zwei Einrastpunkte sind oben links/rechts des Tasters) und weiterer Zerlegung.
Wie man sieht, hat das Objektiv in Plastik-Schraubfassung mit ca. 9mm Gewindedurchmesser hinten einen IR-Blockfilter. Es sitzt in einem auf der Platine aufgesetzten, ca. 8-9mm tiefen Plastikschacht, dessen Innengewinde ganz hinten am CMOS liegt. Bewegt und damit fokussiert wird es über den vorn links sichtbaren Ring, der in die Verzahnung des Objektivs greift, aber selbst nur rotierend angebracht ist und das Objektiv mit einer Glasscheibe schützen soll.
Dieser Aufsatz mit Gummibelag passt zwar in einen 1,25"-OAZ, ist aber leicht konisch zunehmend und verkantet dabei also leicht.
Am erfreulichsten ist für mich aber, daß die Objektiv-Halterung an der Platine nur ca. 8-9mm tief/hoch ist - denn das Auflagemaß für Video-Objektive mit 25,4mm-Gewinde, nämlich 12,5mm/CS-Mount und 17,5mm/C-Mount, kann damit gut erreicht werden. Noch erfreulicher: Nach Entfernung des Glasscheiben-Aufsatzes bleibt ein 26mm-Loch, durch das C-Mount-Objektive ebenfalls, bei max. 15mm Gesamttiefe bis zum CMOS, passend adaptiert werden können.
Die Vorderseite der Platine ist im folgenden Bild 2 zu sehen ...
... mit der kleinen grünen (!) LED ganz oben über dem CMOS, und der CMOS-Chip im diesem Bild 3:
Nach Installation von Soft- und Hardware funktionierten die Treiber und deren Einstellmenüs in WinXP problemlos (was für MS-WinXP-Ingenieure natürlich leicht sein sollte) - anders als der furchtbare Fusion-Treiber, der meine grauen Haare etwas vermehrt hat. Hier als Bild 4 ein Screenshot der Treiber-Einstellungen:
Wie zu sehen ist, lassen sich damit alle wichtigen Parameter leicht erreichen, vor allem die Schärfung, die sich nominell bis auf Null herunterfahren läßt.
Da Microsoft diese Webcam sicher nicht für Hobbyastronomen entwickelt hat, ist die mitgelieferte Software nur für allerhand Internet-Mätzchen gedacht, und liefert dafür etliche eher kind- und spätkindgerechte Gimmicks wie Blümchen- oder Strandhinter/vordergründe, nichts Besonderes wie z.B. die Dinosaurier-Avatare bei der Fusion, die die Mimik des vor der Kamera sitzenden nachanimieren. Doch davon habe ich keine Ahnung ... was ich aber gleich bescheuert fand, ist, daß die MS-Software das Livebild immer in ein 640x480-Fenster quetscht - auch bei voller 1280er-Auflösung (FRAPS: 12-13fps), halt heruntergerechnet - hier als Bild 5 ein Screenshot mit den typischen Interpolationsmustern:
Und: Aufgenommen wird in einem MS-wmv-Codec, der auch unter dem anscheinend letzten wmv-fähigen VirtualDub 1.3 nicht mehr läuft ...
Damit mögen sich Experten beschäftigen - ich finde VirtualDub mit all seinen Möglichkeiten besser, und mit etwas Raten ließ sich damit tatsächlich ein RGB24-Modus mit 1280x1024er-Auflösung einstellen, und, Heureka!, mit etwa 5fps bei 14MB/sec auf eine externe USB2-3,5"-HD schaufeln. Registax machte dabei Dank der verlustlosen HuffYUV-Komprimierung keinerlei Probleme in ersten Tests. Leider konnte ich, zunächst unterwegs, bis dahin nur mit dem Originalobjektiv testen, aber nach dem ersten Eindruck sollte annehmbar aufgelösten Bildern bei entsprechender Fokussierung nichts Wesentliches mehr im Weg stehen.
Spannend finde ich natürlich die fps-Raten und Bildqualität für kleinere, aber dann leider heruntergerechnete Video-Auflösungen - dazu später mehr.
Aber zunächst noch ein paar Äußerlichkeiten - mit der Schieblehre ergab sich später eine 26mm-Öffnung vorn, natürlich ohne den eingeclipten Vorsatz mit Scheibe, der zwar mit 30,6mm vorn prima in 1,25"-OAZe passt, zur Webcam hin aber um 2/10mm Durchmesser zunimmt und wegen dieser Konizität leicht im OAZ verkippt (gummierte Oberfläche).
Das VX-Objektiv hat irgendein Plastik-Feingewinde mit 9,9mm Außendurchmesser, die Brennweite habe ich noch nicht vergleichend abgeschätzt.
Zum wichtigsten nun, dem Bildchip:
Durch indirektes Ausmessen der Platinenfotos mit dem 28.576MHz-Quartz als Vergleichsgröße (5,04mm Aufbaubreite) ergeben sich Maße von 4,00x3,20mm (Fusion:5,93x5,12/ToUCam:4,60x3,97 lt. Gary Honis), für die VX also damit eine CMOS-Diagonale von 5,2mm im 5:4-Format (Daten/-blätter sind bisher nicht verfügbar).
Das würde allerdings 3,1x3,1 Mikrometer winzige Pixel bedeuten (Fusion: 3,5/ToUCam: 5,6).
Soviel zu Abmessungen - auf Anfrage mehr, soweit möglich.
Zu den grundsätzlichen Eigenschaften der CMOS-Bildchips in der VX und der Fusion, gegenüber dem CCD in der ToUCam, verlinke ich gern erstmal wieder zu Wikipedia ...
Wikipedia.de zu CCD: "Charge-coupled Device"
Wikipedia.de zu CMOS: "Active Pixel Sensor"
... und spezieller für uns Hobbyastronomen z.B. zu ...
Siegfried Bergthal: CCD-Technik für Sternfreunde
Heiko Niggemeier - Amateurastrofotografie: CCD
Zurück zur VX-6000: Interessant ist natürlich erstmal, wieviel Rauschen und Hotpixel im Dunkel-Videobild zu sehen sind. Die grüne Leuchtdiode auf der Platine habe ich dabei nicht extra abgedeckt, dafür die Objektiv-Halterung ohne Objektiv und alles drumrum schön schwarz in Tuch eingepackt.
Hier also als Bild 6 ein Dunkel-Videobild mit 640x480 (Treibereinstellungen "Standard" s.o. Bild 4, Auto On, "Schwaches Licht" On, VirtualDub 1.16.15/HuffYUV-5fps-avis, Bilder immer jpg-90%Qualität) ...
... und als Bild 7 ein mittiger 800x600-Ausschnitt aus den 1280x1024 native Auflösung (volle Auflösung hier: Bild 8, 221kB
Und dann wurde jeweils ein Darkframe aus 30 Videobildern in Registax hergestellt - die jeweilige linke Bildhälfte ist ohne Aufhellung durch Histogramm-Stretch, die rechte mit einer solchen, hier zuerst wieder in 640x480 als Bild 8 ...
... und dann wieder als 800x600-Ausschnitt, s.o., als Bild 9 (volle Auflösung hier: Bild 10, 137kB) ...
... aber: Achtung - das sind natürlich nur gemittelte Darkframes, im richtigen Leben wandert das Zielobjekt mehr oder weniger durchs Bildfeld, wodurch sich beim anschließenden Wandern der Alignment Box mit dem Objekt im Mitteln ein meist besseres Bild ergibt. Und ich weiß noch gut, wie entsetzt ich über meine ersten streifigen Dunkelstrombilder der VestaPro und später der ToUCam war. Aber vielleicht bringt ja auch soviel Dunkelheit etwas mehr Licht in die Sache :grins: ...
Nach weiterer umständehalbiger Demontage war dann auch noch etwas Licht in die Bestückung der VX zu bringen, also ein Rückseitenbild der VX-Platine möglich (Bild 11) ...
... der kleine IC AD1981BL ist ein Soundchip, wie er sich auch auf PC-Mainboards findet, und der Sonix SN9C202 ist ...
Zitata high speed USB 2.0 compliant video/audio single-chip processor to pair with the resolution of VGA or 1.3M CMOS image sensor. SN9C202 integrates a USB 2.0 controller, high-performance microcontroller, color-processing engine, high-quality image CODEC, AC97 CODEC interface to provide up to 30fps VGA size or 15 fps 1.3 M size video without compression in high speed mode and 16-bit stereo audio stream.
(Quelle: http://www.sonix.com.tw - schlecht erreichbar, aber im Google-Textspeicher gibt's den Text von dieser Seite)
Mehr wie 30fps geht nicht, kann ich bestätigen ... und die natürlich auch nur, wenn genügend Licht da und höchstens 640x480-Auflösung gewählt ist.
Doch nun zu den Bildtests:
Als Vergleichskamera mußte natürlich die allgemein bekannte und astronomisch bewährte Philips ToUCam740K dienen, nein, ich teste die VX hier "nur" gegen die ToUCam740K, die Logitech Fusion hier macht mir wie schon mal geäußert graue Haare, ist aber nichts persönliches - bei Linux'ern läßt sich erfahren, daß "Logitech webcams have a hardware bug which makes the camera difficult to use. Some people experience the bug (the webcam stops responding) and some don't. There is currently no way to work around it, and no way if your computer will be affected." [:(]
In Ermangelung passender längerer wolkenfreier Zeiträume mußten meine ersten Tests im Trockenen stattfinden:
Mittels eines angeschraubten 1,25"-OAZ wurde ein sehr gutes russisches 500mm-f8-Spiegelteleobjektiv benutzt, daran läßt sich die VX mittels Gummibändern prima mit der großen runden, gummierten Auflagefläche ohne den Scheibenvorsatz ansetzen (habe ich mit meiner ersten VestaPro damals zuerst ähnlich gemacht [:)]).
Testobjekt war eine Seite des tollen alten "Callatay", Mondfans auch als Goldmann Mondatlas bekannt durch seine großformatigen detailreichen Mond-Übersichtsaufnahmen mit 2,5- bis 5-Meter-Spiegeln auf dem besten fotografischen Stand der 60er Jahre - dieser wurde aufgestellt in etwa 4m Entfernung bei schwachem Licht an den Grenzen der Empfindlichkeit unverstärkter ToUCams. Der gewählte Seitenausschnitt ist wenige Zentimeter klein, die Größe des Bildfeldes der ToUCam setze ich als bekannt voraus. Das Foto links vom Text ist natürlich im Druck fein gerastert, die anderen wesentlichen Eigenschftaen des gewählten Ausschnitts sind ja offensichtlich.
Das händische Fokussieren ist schwerer als bei der ToUCam, ich führe das auf einen Rolling Shutter des CMOS zurück - Seekrankheitsgefährdete werden Spaß haben. [:)]
Alle Bilder wurden, soweit nicht anders vermerkt, wie folgt aufgenommen und verarbeitet:
Automatischer Weißabgleich, ToUCam im ONR-Modus (also ohne interne Schärfung), VX-Schärfungswert=000 (Treibereinstellungen Bild 12), Aufnahmeprogramm VirtualDub, verlustlos komprimierender Videocodec HuffYUV, 5fps/20sec, soweit möglich, auf den "i-Punkt" ausgerichtet mit Registax v4, dann 30 Bilder (40 minus 25% größte Abweichungen) ohne Histogrammstretch gemittelt, und mit RGB-Gewichtung R050G100B010 wavelet1=007, 2-6 abgeschaltet, geschärft, TIFF-Speicherung, jpg-Speicherung mit 80% Qualität.
Zu beachten ist, daß alle Videos weitestgehend stationär aufgenommen wurden - viele Bildfehler werden aber im Praxiseinsatz herausgemittelt, wenn das Zielobjekt etwas durchs Bildfeld wandert, die Bilder also besser, und wie ich meine, auch besser aufgelöst. Streifungen verschwinden in der Praxis besser, Hotpixel natürlich weniger.
Beginnen möchte ich mit meinen ToUCam-"Referenz"bildern, zuerst bei Automatik-Werkseinstellungen (Bild 13) ...
... und zum Vergleich mit (immer treibernominellen) 1/25sec Belichtungszeit bei ..
rauschfreiestem Gain/Gewinn Null (Bild 14)
Gain/Gewinn 30% (Bild 15)
maximalem Gain/Gewinn 100% (Bild 16)
... und für weniger mit dem ONR-Modus Vertraute die daraus resultierende horizontale Streifung per PSE-"Störungsfilter" und "Video-DeInterlace"-Filter herausgerechnet (Bild 17):
Die VX interpoliert mit unbekannter Verfahrensweise alle Auflösungen unterhalb des nativen 1280x1024/4:5-Formats auf abgeschnittene 4:3-Formate herunter, selbst ein 352x288-Modus ist verwendbar - in Sachen Lichtempfindlichkeit schlägt sich die VX aber nicht wirklich schlecht gegen die ToUCam, scheint mir, hier die 640er-Bilder ohne Verstärkung durch den "SchwachesLicht"-Schalter (Bild 18) ...
und aktivierter Verstärkung (Bild 19):
Und hier noch ein paar andere Testbilder "ohne Verstärkung" zum Anklicken ...
800x600 (Bild 20)
1024x768 (Bild 21)
1280x1024(Bild 22)
sowie "mit Verstärkung" ...
800x600 (Bild 23)
1024x768 (Bild 24)
1280x768 (Bild 25)
und dasselbe nochmal in 10fps ...
640x480 (Bild 26)
800x600 (Bild 27)
1024x768 (Bild 28)
... 1280x1024 wird bei mir nie schneller als 5fps aufgenommen (Notebook 1,5GHz, USB2-HD).
Die Datenraten sind dabei lt. VirtualDub wie folgt (ca.-Werte!):
0640x0480 - 5fps=2,8MB/sec, 10fps=7,0MB/sec
0800x0600 - 5fps=3,2MB/sec, 10fps=8,0MB/sec
1024x0768 - 5fps=4,7MB/sec, 10fps=10,0MB/sec
1280x1024 - 5fps=12-14MB/sec
Daß etliche Hotpixel, vor allem bei der nativen 1280er-Auflösung auftauchen, ist äußerst unschön - interessant aber auch, wie das Herunterrechnen der Auflösung auch die Erkennbarkeit der Hotpixel verringert.
Zum Abschluß der Bildtests hier noch mein nach meiner Meinung "bestes" VX-Ergebnis in auf 800x600 verkleinerter, stark bearbeiteter 1024-10fps-"SchwachesLicht" Version (Bild 29):
Wie oben zitiert, nimmt die Chipkombination der VX für sich in Anspruch, unkomprimiertes Video zu liefern - ich habe da gewisse Zweifel, wenn ich mir die Artefakte des Bildes in nativer 1280er-Auflösung in Ausschnitten ansehe (Bild 30):
Oben links ist ein Rohbild, dann oben rechts das Summenbild, unten links die wl1=007-Schärfung und rechts unten eine aggressive Schärfung zu sehen.
Hm, was soll ich davon halten: Pixelstruktur oder Komprimierungsartefakte der Kamera? (das sieht auch ohne jpg-Komprimierung dieses Bildes, in Registax UND im unkomprimierten TIFF, ähnlich wie jpg-Komprimierungsartefakte aus!)
Zum Abschluß muß ich aber mit einem ernsten Problem kommen, daß man vielleicht schon oben bemerkt hat:
ALLE Bilder leiden unter einem starkem vignettierungsähnlichem Helligkeitsabfall von der Mitte her - zunächst dachte ich auch an typische Vignettierung durch Teleobjektiv, OAZ, oder den aufgeschraubten Originalobjektiv-Schacht, doch das alles erwies sich als unschuldig ... schuld ist ein Phänomen, das ich hier zur Verdeutlichung in einem gammakurven-optimierten Bild OHNE alle diese möglichen Vignettierungsursachen zeigen muß (Bild 31):
Verflixt, was ist das? Nach längerem Nachdenken und ein paar Diskussionen halte ich das immer noch für einen in den Kamera-Chips enthaltenen Algorithmus, der vielleicht die Vignettierung des Original-Weitwinkelobjektivs korrigieren soll ...
ZitatSN9C202 integrates ... Support lens correction
(Quelle wie oben: http://www.sonix.com.tw - schlecht erreichbar, aber im Google-Textspeicher gibt's den Text von dieser Seite))
... vielleicht aber auch beim "Face-Tracking" des ursprünglichen Einsatzzwecks der VX helfen soll - wie auch immer, das ist fast schon ein Killerargument gegen die Microsoft VX-6000, finde ich leider.
Vielleicht finden sich aber Kontakte zu Microsoft, über die ein Weg zur eventuellen Abschaltmöglichkeit dieses "Killer-Features" führen könnte?
Tja, das war's also vorerst.
Soweit ich weiß, ist diese meine erste Eindrucksbeschreibung auch weltweit die erste detailliertere Beschreibung der VX-6000 für astronomische Zwecke: Fragen, Vorschläge/Anregungen und Kommentare bitte!
Gutes Neues nochmal an alle+cs,
Dietmar
(Google-Suchwörter: Microsoft MS LifeCam VX-6000, Astronomie, Test, astronomy, review)
P.S.: Bitte keine Beiträge zu Richtlinien und Datenschutz, danke.