Nieder mit der Chromasie!

  • Hallöle,


    wie schon seit Monaten angekündigt, habe ich endlich mein AstroWorks um eine Funktion zur Entfernung von Refraktor-Farbsäumen erweitert. Diese Routine hat mir wirklich Kopfzerbrechen bereitet, aber ich glaube, sie ist jetzt gut genug, um verwendet zu werden.


    Zur Theorie:


    Durch den Farblängungsfehler bei Refraktoren haben unterschiedliche Wellenlängen des Lichts auch unterschiedliche Brennweiten. Die Brennpunkte liegen also nicht in einem Punkt, sondern entlang der optischen Achse hintereinander. Abhängig vom gewählten Fokus ist der Stern also in einer Farbe klein (=scharf) und in einer anderen Farbe, deren Brennpunkt vor oder hinter dem gewählen Fokus liegt, groß (=unscharf). Um hier den optimalen Fokus zu finden, habe ich ein anderes Programm geschrieben:(http://www.watchgear.de/Focuser/Release.zip)
    Wenn das aber alles nichts nützt, muss der Farbfehler halt nachträglich im fertigen Bild korrigiert werden.


    Leider kommt zu den unterschiedlichen Sterngrößen und den daraus resultierenden Farbsäumen noch ein Effekt hinzu, der bei Farbkameras durch die Interpolation der Bayermatrix entsteht. Bei z.B. kräftigen blauen Farbsäumen, haben die Sterne im roten und grünen Kanal u.U. einen schwarzen Saum. Dieser verstärkt den unschönen Effekt noch mehr.



    Ich beginne also jew. mit dem grünen Kanal, da die meisten Refraktoren auf grün optimiert sind und der grüne Kanal bei (erfolgreicher) visueller Fokussierung der schärfste ist. Ich laufe also den Stern im grünen Kanal von innen nach außen ab und versuche den Verlauf einer gaußschen Kurve anzugleichen, die der Helligkeitsverlauf ja theoretisch haben sollte. Ein Absinken unter die Umgebungshelligkeit verhindere ich und damit den schwarzen Farbsaum. Die anderen Kanäle werden dann dem Grünkanal angeglichen, wobei das Farbverhältnis der Kanäle bei halber Maximalhelligkeit berücksichtigt wird.
    Diese Aktionen versuche ich, auf den relevanten Bereich um den jew. Stern herum zu begrenzen und genau da liegt das Problem. Dieser relevante Bereich ist nicht immer genau zu bestimmen, vor allem, wenn der Stern mitten in einem Nebel liegt.


    Aber schauen wir uns zunächst die Bedienung an:
    Zunächst lädt man ein chromasie-verseuchtes Bild in AstroWorks. Dazu sollte man bitte ein TIF-Format nehmen, weil ich das Abspeichern im JPEG-Format irgendwie nicht vernünftig hinbekomme. Dann wählt man unter Pixelarithmetik den Punkt „Farbsäume entfernen“ und bekommt folgende Maske:



    Wenn man nun mit dem Mauszeiger über das Bild fährt, wird der Bereich unter dem Mauszeiger in den unteren 4 Fenstern in die drei Kanäle aufgeteilt angezeigt. Klickt man einen Stern an, so wird dieser korrigiert. Beim ersten Klick dauert es einen Moment – die nächsten gehen schneller. Man kann mehrfach auf den Stern klicken, wobei die Korrektur jedes Mal etwas stärker zuschlägt. Wenn man mit der linken Maustaste klickt, wird in einem Bereich, der der Größe der unteren Fenster entspricht, das Originalbild wieder hergestellt.


    Die Korrektur des Sterns wird mit steigendem Abstand zum Mittelpunkt des Sterns immer schwächer, um einen sanften Übergang in den Hintergrund zu erreichen. Die Gewichtung zwischen Korrekturwert und realem Hintergrundwert kann über den Regler „Nebelschutz“ eingestellt werden. Die beiden anderen Regler beziehen sich auf den automatischen Modus. Um ein Bild automatisch zu korrigieren, sollte zunächst der Schwellwert für die Sternhelligkeit eingestellt werden. Sterne, deren Helligkeit unterhalb des eingestellten Wertes liegen, werden bei der automatischen Korrektur nicht berücksichtigt – auch das dient zum Schutz evtl. im Bild vorhandener Nebel. Wenn die Maus über einen Stern bewegt wird, kann man dessen Helligkeit links im Info-Fenster sehen. Der Schwellwert sollte leicht darunter liegen.
    Der letzte Parameter bestimmt, wie oft bei der automatischen Korrektur auf den Stern „geklickt“ wird.


    Was sind nun die richtigen Parameter? Keine Ahnung! [;)]
    Die richtigen Parameter unterscheiden sich nicht nur zwischen verschiedenen Bildern, sondern eigentlich auch zwischen den einzelnen Sternen. Wie schon gesagt, sind besonders Sterne, die mitten in einem Nebel liegen kritisch, weil u.U. heftig im Nebel herumgefuscht wird. Ich denke, die beste Vorgehensweise ist folgende:


    1. Nebelschutz ganz hoch
    2. Bei einigen Sternen, die nicht in einem Nebel liegen, durch manuelles Anklicken ermitteln, wie viele Korrekturläufe für eine gute Korrektur erforderlich sind.
    3. Den Schwellwert für die Sternhelligkeit etwas kleiner setzen, wie die Sternhelligkeit der Sterne mit Farbsaum und etwas höher, als ein evtl. vorhandener Nebel. Wenn letzteres nicht geht – auch nicht schlimm, dann dauert es nur ewig…
    4. Automatische Korrektur laufen lassen.
    5. Danach Nebelschutz ganz runter und die Sterne manuell korrigieren, die es noch nötig haben
    6. Mit der rechten Maustaste die verschandelten Nebelgebiete wiederherstellen.
    7. Nebelschutz ganz hoch und die Sterne im Nebel manuell korrigieren. Wenn es keinen Sinn hat, mit rechter Maustaste wiederherstellen. Pech gehabt [}:)]


    Man muss sicherlich eine Weile damit herum experimentieren und der automatische Korrekturlauf ist eine sehr langwierige Angelegenheit. Die Ergebnisse sprechen aber für sich.


    Das Ergebnis hat wegen Beschränkungen der Entwicklungsumgebung leider nur 8 Bit Farbtiefe pro Kanal. Wenn man es als letzten Bearbeitungsschritt nimmt, ist das aber eigentlich tolerierbar. Wenn nicht, gibt es noch einen Trick:


    Das Ergebnis in PS (min. 8) laden, auf 16Bit umwandeln, über das Originalbild kopieren, Differenz bilden und Ebenen zusammenführen. Darauf einen leichten gaußschen Weichzeichner anwenden (max. 2px) und das wieder als Differenz über das Originalbild legen…


    Hier noch zwei vorher/nachher Beispiele:




    Natürlich sieht man, dass die Nebel nicht komplett verschont bleiben. Ich halte die Bearbeitung trotzdem für einen Gewinn.


    Gruß
    Klaus


    P.S. Ach ja - Der Download: http://www.watchgear.de/AstroWorks/AstroWorks.zip

  • Hallo Klaus,


    mille grazie vielmals.
    Ich bin tief beeindruckt, wie Du deine Freizeit für die Refraktorianer opferst.


    Da sieht doch richtig vielversprechend und gut aus. Dein astroworks wird immer mehr zu einer kompletten und brauchbaren Suite für Astrofotografen. Fehlt nur noch 16 Bit und jpg für Webbilder [}:)].


    Super!

    Ei,ei,ei.... was hatte ich denn in meiner alten Signatur stehen?


    sternengedönsige clear sky Grüsse,

    Robert aus dem Allgäu

  • Tja - für die 16Bit sehe ich schwarz. Das hält Microsoft offensichtlich nicht für notwendig. Das mit den Jpegs abspeichern werde ich wohl früher oder später noch hinkriegen...


    Gruß
    Klaus

  • Hallo Klaus,


    das Programm ist einfach nur ...... klasse


    Ich hab jetzt noch etwas weiter rumgespielt und ein paar alte Aufnahmen,
    die noch aus der Zeit stammen wo ich erstens noch chemisch fotografiert
    habe und zweitens nicht wahr haben wollte, das kurzbrennweitige
    Refraktoren eigentlich Farbwerfer sind, stammen.


    Eigentlich hatte ich die Bilder ja schon ad acta gelegt gehabt, aber mit
    Deinem Astroworks geht da wohl noch ne ganze Menge.
    In Anbetracht dessen, das es ja keine neuen Bilder gibt kann ich
    mich wenigstens mit alten Bildern beschäftigen.


    Hier mal ein vorher/nachher Bild, aufgenommen mit einem 150/990 TS-Refraktor.



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