Jetzt habe ich im Astrotreff so viele wunderschöne SoFi Beschreibungen gelesen (vielen Dank dafür), aber bisher hat keiner über die fliegenden Schatten berichtet, wie sie kurz vor und nach der Totalität zu sehen sein sollen. Habt Ihr denn Alle nur gebannt auf die sich verdunkelnde Sonne geschaut? *grin* [:D]
Nachdem ich Anno 1999 wegen diverser Wetterfutzies [V] (tschuldigung, aber das musste jetzt mal raus) extra von München aus in den Raum Karlsruhe gefahren bin und die SoFi nur unter einem Wolkenschleier betrachten konnte *grumml*, durfte ich jetzt nahe Antalya meine erste totale SoFi bewundern. *froi* Ich bin immer noch komplett geplättet ob dieses wunderschönen Naturschauspiels, das ich aufgrund des schönen Wetters auch gut beobachten konnte.
Mit den letzten Bissen des Frühstücksbuffets, das wir auf der Terrasse des Hotels in Antalya unter strahlend blauem Himmel genießen durften, entschlossen wir uns nicht nach Osten in Richtung Side, sondern nach Süden zum Kap zu fahren, dass ebenfalls ganz nahe der Zentrallinie gelegen war. Nach einer doch recht langen Autofahrt von immerhin 70km - auch der guten türkischen Strassen wegen [:D] - haben wir bei Cirali (Chimaera) einen wunderschönen Strand gefunden, der nicht nur von einigen stattlichen Kiefern, sondern auch von so manchem SoFi-Anhänger bevölkert war. Im Hintergrund die Berge und zur Seite das Meer. Das ist DER Platz war die einhellige Meinung und so stellten wir kurz vor dem ersten Kontakt die Teleskope auf.
Wegen der vielen Technik, die doch einige Vorbereitungen erforderte *grin*, verging die Zeit bis zum ersten Kontakt wie im Fluge. Aber nicht nur deshalb, denn es war schön anzusehen, wie sich die Landschaft in dem zunehmenden Dämmerlicht allmählich verwandelte und man wusste jetzt schon nicht mehr, wo man überall hinschauen sollte. So wurden die Farben des Grüns der Bäume und dem braunen Sand immer blasser während ein kühler Wind aus Süden aufzog, der sogar das Teleskop leicht vibrieren ließ (ich muss wohl mal ein stärkeres Stativ anschaffen). In Blick durch dieses offenbarte ein paar Sonnenflecken am Rand der Sonne, die im Laufe der partiellen Phase allmählich 'geschluckt' wurden. Kurz vor dem zweitem Kontakt ging dann alles plötzlich rasend schnell. Das Umgebungslicht verschwand drastisch und wich einer eigentümlichen Dämmerung, die man nur schwer beschreiben kann. Irgendwie merkte ich eine deutliche Unruhe in der Luft, ganz so, als ob mit einem selbst irgendetwas nicht so recht stimmte. Mein Puls stieg an. Habe ich jetzt, ausgerechnet kurz vor diesem einzigartigen Augenblick etwa Kreislaufstörungen bekommen, die sich in einem Flimmern vor den Augen zeigen? Oje, dachte ich, nun bin ich tausende von Kilometern gereist und jetzt sollte es mir wieder vergönnt sein, die totale Sonnenfinsterniss zu betrachten? Als ich leicht verwirrt, anstatt auf die sich verdunkelnde Sonne, auf den Boden blickte, sah ich sie, die fliegenden Schatten - einfach so, ohne Tuch und ohne doppelten Boden! BOAH! Was für ein Erlebnis! Ich hatte vorher schon viel über dieses Phänomen gelesen, das in der Literatur als schwer beobachtbar gilt und nun war es da! Jede Fläche, ja sogar die ganze Landschaft, war von einem wabernden Teppich mit deutlichem Streifenmuster bedeckt. Wo man hinblickte waren nahezu gerade dunkle Streifen mit einem Abstand von etwa 8-10cm zu sehen, die schnell hin und her huschten - auf dem Sand, auf dem Lack des Autos, überall! Ich stammelte nur: "Die fliegenden Schatten, die fliegenden Schatten ..." und staunte dabei so, wie ein Kind, dass den ersten Schnee im Leben sieht, wie man mir später berichtete. Als ich wieder zu mir kam, blickte ich auf und sah ein tief schwarzes Loch mit einem zarten Lichtsaum, dass einen winzigen gleißenden hellen Fleck Lichts auffraß - den Diamantring. Dann machte es 'Plopp' und sie war da, die Korona in ihrer ganzen Pracht! *seufz* Das ist wirklich so ein unbeschreiblicher Anblick, einfach wunderbar! Mein Verstand sagte mir plötzlich: 'Du musst Photos machen, Du musst Photos machen ...' Mein Puls war immer noch jenseits von dem, was ich als normal empfinden würde. Trotzdem schaffte ich es doch, den Auslöser der vorab eingestellten Kamera zu betätigen. Hecktisch wanderte ich zwischen den Belichtungszeiten umher, die ich mir doch vorher so genau einprägte. [;)] Wieder ein Blick in den Himmel und aaaahhhh ... so schön! Dann schnell zum Teleskop gerannt um vor den nächsten Aufnahmen einen kurzen Blick durchs Okular zu erhaschen. Tiefschwarz war der gigantische Fleck und gleißend hell die um diesen liegende Korona zu sehen. Doch ein paar rote Stiele ragten aus dem Schwarz heraus, die sich sanft über das Weiß legten. Sollten das etwa Protuberanzen sein? Ja sie sind es! Ich hatte vorher jedoch noch nie in Realität Protuberanzen sehen können. BOAH! Dann wieder schnell zur Kamera, denn ich hatte ja die Perlschnur 'verpasst'. So machte ich noch ein paar Aufnahmen mit irgendwie eingestellten Belichtungszeiten *seufz*, bis die andere Seite des schwarzen Flecks wieder heller wurde. Klick, klick, klick ... und plötzlich erschien das Licht wieder, wie es verschwand und man konnte mit bloßem Auge nicht mehr zur Sonne schauen, denn das Licht war einfach zu grell. Das schwarze Dunkle gab seine Fesseln frei. Jetzt war sie wieder da, die gestreifte Landschaft, wie vor der Totalität und verschwand sang und klanglos. Nach ein paar Minuten wurde es wieder sehr hell und alles war, als ob nichts gewesen wäre. Nur der dunkle Himmel im Norden, der wie eine sich annähernde Gewitterfront aussah, erinnerte an dieses unglaublich schöne Ereignis. Ach, wie gerne hätte ich die Zeit angehalten, nur für ein paar weitere Minuten, um es noch länger genießen zu können, um es förmlich Einzusaugen! Das waren die für mich empfundenen kürzesten 3 Minuten 50 Sekunden meines Lebens!
Ein dickes 'Seufz' und 'Ach, wie wunderschön' zugleich ... [8)]
P.S. Bilder sind scheints nur mit einem eigenen WebServer verlinkbar. [:(] Nun denn, die werde ich dann wohl nachreichen müssen ...