Hallo zusammen!
Am Freitag Abend war ich mit meinem 12" Dob oben auf dem Hohloh (980mNN, Nordschwarzwald). Das bot sich ja geradezu an: Wochenende, ein früher Monduntergang, Hochnebel und extrem trockene Luft!!! Wie oft trifft man solche Bedinungen an? Ein- oder zweimal im Jahr? Deswegen musste ich raus, alles andere wäre ein riesen Fehler gewesen. Ich musste Samstags zwar schon um sieben Uhr raus, um Böden zu verlegen, aber wenn ich nicht beobachten gegangen wäre, hätte ich mir sowas von in den Hintern getreten ;))
Und ohne jetzt zu übertreiben: es war mit die beste Nacht meines Lebens. Schon auf der Hinfahrt hab ich oben am Aussichtspunkt gehalten, hab mich auf einen Schneehaufen gesetzt und mir die Hochnebeldecke von oben angeschaut, die vom Mond in silbriges Licht getaucht wurde. Das ist ein Anblick, ich kanns euch sagen! Und über mir ein Sternenhimmel wie aus einem Traum.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so einen dunklen Himmel hatte. Nachdem um Mitternacht der Mond weg war und die Skipiste ausgeschaltet wurde, war der Himmel knallschwarz. Es war so dunkel, dass mich das Funkeln von Sirius teilweise richtig irritiert hat. Man konnte die ganzen Sternhaufen des Winterhimmels mit bloßem Auge sehen, Messier 35, die drei Aurigasternhaufen, Messier 41 usw. Der Orionnebel war mit bloßem Auge als diffuses Leuchten zu erkennen, schon im Sucher war der geschlossene Bogen erkennbar, die Wintermilchstrasse zog sich hell bis hinunter an den Horizont! Es war der reine Wahnsinn!
Und das Wetter: ich weiß nicht, was mich an dem Abend mehr beeindruckt hat, der Himmel oder das Wetter. Laut den Wettermodellen sollte sich die Inversion im Laufe der Nacht auflösen und ein bisschen Wind aufkommen. Aber was dann passierte, war der Hammer: innerhalb von 2h40min ist die Temperatur von +2°C auf -14°C gefallen. Das sind 16° in nicht einmal drei Stunden! Ich hab sowas noch nie erlebt! Als gegen 01.00 Uhr Wind aufkam, ist der Hochnebel nördlich von mir über die Kuppen geweht worden und anschließend ins Murgtal runtergestürzt. Wie ein Wasserfall aus Wolken. Sowas habt ihr noch nicht gesehen! Auf der Heimfahrt hab ich genau an diesem Punkt angehalten und konnte zuschauen, wie die Wolkenfetzen an mir vorbeigerauscht und ins Tal gestürzt sind. Nur noch genial!
Die Hauptziele waren verschiedene Galaxienhaufen, die in der neuen Interstellarum beschrieben sind.
Abell 539 ( 280 Mio. Lj, 13 Galaxien gesichtet)
Abell 553 ( 910 Mio. Lj, 3 Galaxien gesichtet)
Abell 568 (1020 Mio. Lj, 3 Galaxien gesichtet)
Abell 1143 (------------, 1 Galaxie gesichtet)
Dann hab ich mich auch noch an Abell 671 versucht und konnte 5 Galaxien sichten, hab dann aber aufgehört und hab mich total undiszipliniert in die Sternfluten gestürzt. Ich konnte einfach nicht anders... [:D] Es ging nicht anders, echt!! [:)] Genaue Beschreibungen und Zeichnungen gibt es übrigens, sobald ich meine Klausur rumhab...
Aber jetzt zu meinem hemmungslosen Schlemmen im Feinkostladen des Himmels. Nehmen wir mal den Pferdekopfnebel: der war einfach da! Da gab es kein Raten, kein Augen verdrehen, er war einfach da!!! Oder die Spiralarme von M51: so klar hab ich sie noch nie gesehen. Und nicht nur das, ich konnte sogar zwei Verdickungen erkennen. Und dann Messier 101: es hat wunderschön ausgesehen, wie sich die Spiralarme um den Kern gewunden haben, dazwischen waren die vier riesigen Gasnebel als schwache Fleckchen zu sehen. Genauso bei Messier 81: Schon auf den ersten Blick waren die dünnen, geschwungenen Spiralarme zu sehen, wieder ohne Raten. Ich wusste echt nicht mehr, wie mir geschieht. Oder Messier 82: sie zeigte sich als extrem helle Lichtnadel, die schon fast die Dunkeladaption zerstörte. Überall waren Staubwolken zu erkennen, beim Eulennebel waren schon ohne Filter die Augen zu sehen, M3 war eine glitzernde Kugel aus tausenden von Sternen und sogar M53 konnte man locker in Einzelsterne auflösen, obwohl der Kugelsternhaufen über 60.000 Lichtjahre entfernt ist. Oder nehmen wir die Zwerggalaxie "Leo A" bei Regulus. Schon beim ersten Blick ins Okular war die schwache Aufhellung zu sehen, die sich bisher all meinen Versuchen widersetzt hat. Der Virgohaufen: schon beim Schubsen bin ich laufend über irgendwelche Galaxien gestolpert. Man musste nicht mal suchen, die Galaxien kamen von ganz alleine. Oder das Leo-Triplett: der Spiralarm von M66 und das Staubband von NGC 3628 waren so klar zu sehen, dass ich vor Freude fast in die Luft gehüpft bin. Ich mein, wie bringt man das in Worten rüber? Es war einfach unbeschreiblich!! Man muss es erlebt haben, um es zu verstehen!!!
Und so ging es bis um drei Uhr weiter: Galaxien in über 1 Milliarde Lichtjahren Entfernung, Quasare, die Spiralarme von vielen weiteren Galaxien, der Rosettennebel mit feinsten Strukturen, nie gesehene Details im Orionnebel, weit entfernte Galaxienhaufen usw. Und dann die Heringsgalaxie: Über und über mit Knoten und Staubwolken bedeckt. Leute, der Wahnsinn!! Oder Saturn: bei kleinster Vergrößerung schwebte er direkt neben dem Sternhaufen Messier 44. Die gelblichen Ringe, die beige Planetenoberfläche und das blaue Funkeln der vielen Sterne. Und dazwischen die Schwärze des Universums. Nicht gräulich: nein, Schwarz!!! Was für ein Anblick!! Dieses Bild hat sich eingebrannt! Kein Foto kommt an diesen Anblick heran und ich weiß einmal mehr, warum ich nur visuell unterwegs bin!!
Wie schon gesagt: es war mit die schönste Nacht meines Lebens und als kleine Zugabe ist eine grünliche Feuerkugel über den tiefdunklen Himmel geflitzt. Ich bin immer noch dabei, die ganzen Eindrücke zu verarbeiten.
Christian