Helio-Newton, das ist eines wie wo man (fast) alles getan hat um damit die Sonne besonders schön kontrastreich zu sehen zu können. Die Idee wurde neulich anlässlich des Merkur- Transit diskutiert.
Siehe auch folgende Berichte:
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=3025
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=3020
Da mein 10- zoll “Silbercassi“ Spiegel wegen „QM“ und „Pünktchen“ nicht so recht wusste was er noch bei mir zu tun sollte, einigten wir und auf eine neue Anwendung, nämlich genau auf Helio- Newton. Dazu musste er erst mal seine immer noch recht ordentliche Alu+ Schutzschicht abstreifen. Das hat zwar mit Rohrreiniger funktioniert, ist aber weniger empfehlenswert, da die Schicht nur durch zusätzliches kräftiges Scheuern mit einem Schwamm weichen wollte. Vermutlich hat das einige Kratzer produziert, aber Schwamm drüber, merkt doch keiner beim Durchgucken. Bekanntlich reflektiert eine polierte Glas(keramik)- Oberfläche ungefähr 4% des senkrecht einfallenden Lichtes. Bei Abbildung der Sonne ist das immer noch viel zu hell zur Betrachtung mit einem Okular. Die Intensität ist etwa so als würde man eine helle große Glühlampenwendel aus der Nähe betrachten. Weniger empfehlenswert für die Netzhaut, aber es besteht keine unmittelbare Erblindungsgefahr, wenn die Einwirkung nur einen Augenblick andauert. Die Brand- oder Kokelgefahr im Tubus bei schrägem Lichteinfall ist ebenfalls gebannt. So etwas passiert bei einem normal beschichtetem 10“ f/6 Spiegel und auch kleineren recht schnell, wenn das Teleskop mit offenen Spiegel im Sonnenlicht herumsteht. Ich kenne das aus eigener Erfahrung.
Das erste Foto zeigt einen Blick von oben auf den Hauptspiegel. Das Hintergrund- Grün ist der Rasen.
Hier sieht man das Teleskop noch provisorisch montiert auf der neuen PSGM.
Der Tubus trägt vorne eine Alu- kaschierte Platte, die den Tubus als Blende mit 250 mm Öffnung abschließt und gleichzeitig über dem Oku- Tubus als Sonnenschirm wirkt (wird morgen zum Patent angemeldet).
Was kann man tun, um die restlichen 4% des Sonnenlichtes weiter zu dämmen. Für vis. Beobachtung der Sonne braucht man etwa eine Abschwächung auf 1/100000. Einige Möglichkeiten habe ich heute an sehr klarem Himmel zwischen den Wolken ausprobiert.
1. Baader- Solarfilterfolie ND 3,8 unmittelbar vor dem Okulartubus, wie im nächsten Foto erkennbar.
ND 3,8 bedeutet eine Lichtschwächung zusätzlich von 1/10^3,8 = 0,000158. Insgesamt mit den o. a. 4% kommt dann nur noch 0,00000643 der Sonnenhelligkeit im Fokus an. Das ist etwas weniger als 1/100000, also für das Auge ungefährlich. Bei Beobachtung mit einem 20 mm Oku = 75x erschien die Sonne sogar noch zu hell. Die Granulation und einige Fackeln hab ich noch nie in einem Spiegelteleskop so kontrastreich gesehen. Noch besser wurde das Bild bei Steigerung der Vergrößerung auf 150x. Die Helligkeit war jetzt genau richtig. Der Farbton war völlig neutral weiß. Nun sag eine etwas gegen Baader- Solarfolie...
Übrigens, von dem Grün des Rasens wie im ersten Foto war nix zu sehen.
Dann gibt es noch das Gerücht, ein 4“ ohne Obstruktion sei das Nonplusultra bezüglich Kontrastübertragung. APO- Qualität hat ein glatter, hochgestrehlter Spiegel ohnehin. Kein Problem, 4“ off axis Blende vor den Tubus gesetzt und gucken. Hell genug war das Bild immer noch, aber Gerüchte werde auch durch ständige Wiederholung nicht wahrer. Wahr ist dagegen: 10“ mit 15,2% Obstruktion liefern unter dem selben Himmel ein wesentlich kontrastreicheres Bild der Sonne als nur 4“ Öffnung ohne Obstruktion.
2. Baader – Solarfolie ND 3,8 von der selben Rolle wie oben, aber als full size Filter.
Die Helligkeit und Farbton waren erwartungsgemäß unverändert. Aber der Kontrast war schlicht futsch. Man konnte die Granulation nur noch erahnen. Und die vorher gesichteten Fackeln? Na ja, wenn man wegen der vorhin geschilderten Beobachtung wusste wo sie zu suchen sind, so fand man sie auch noch. Dann noch ein Blick auf den Sonnenrand und das angrenzende freie Bildfeld. Das sah recht neblig aufgehellt aus, während es beim ersten Versuch an dieser Stelle wirklich schön pechkohlrabenschwarz war. Beim Blick ohne Fernrohr sah der Himmel um die Sonne herum tatsächlich wunderschön blau aus. Teufel noch mal, was ist denn jetzt passiert? Auch bei 12 zoll „QM“- Cassegrain hatte mich diese Aufhellung geärgert. Ich habe das als Mangel an den nicht optimierten Blendschutzrohern angesehen. Die höchstwahrscheinliche Erklärung ist wohl, dass die Folie als full- size auch ihre zweifellos vorhandene optische Rauhigkeit voll negativ ausspielt. Ist sie dagegen nahe genug an der Brennebene, wie bei 1. beschrieben, dann schafft sie es nicht viel an Kontrast zu mindern. Wer es nicht glauben mag, eine feine, hinreichend transparente Mattscheibe genau in der Bildebene würde man kaum wahrnehmen. Die selbe in Front der Optik macht dagegen genau das, was man eben von Mattscheibe erwartet.
WARNUNG: Schlaumeier könnten jetzt auf die Idee kommen Baader Solarfolie direkt vors Okular zu packen und dann munter durch ein mittelprächtiges Spiegelteleskop mit normal verspiegeltem Hauptspiegel die Sonne beobachten. Das wird der Folie trotz ihres Reflexionsvermögens garantiert zu heiß und sie wird höchstwahrscheinlich schmelzen oder reissen. Das Risiko besteht hier ebenso für alle anderen Filter. Die voll konzentrierte Leistung der Sonne dringt dann mit Lichtgeschwindigkeit ins Auge. Bei einem 10“ Spiegel sind das ungefähr 50 Watt. Schlagartige unheilbare Erblindung des Auges wäre die Folge.
3. Solar- Glasfilter „fotografisch“ unmittelbar vor dem Okulartubus
Dazu habe ich ein 130 mm- Glasfilter geschlachtet, weil der nur 3 mm dicke Glasträger bei Anwendung als full size in Front einer Präzisionsoptik unter aller Sau ist. Ein kleines Stück davon ist schon weniger chaotisch und kann diese Neigung in der Nähe des Fokus nicht ausspielen. So zurechtgestutzt und plaziert zeigte das Filter Granulation und Fackeln schööön kontrastreich, alles im gelb- orange. Ich kann nicht sagen, ob besser als bei 1. Der Farbstich konnte mit einem schwachen Blaufilter nahezu neutralisiert werden.
Weitere Möglichkeiten zur Lichtabschwächung speziell für Newtons wäre der Einsatz eines unverspiegelten FS in Verbindung mit dem unverspiegelten Hauptspiegel. An Stelle eines FS kann man auch die Hypothenuse (lange Seite) eines 90° Prismas verwenden. Die zweite Teilreflexion unter 45% ist weitgehend polarisiert. Die Helligkeit vor dem Okular kann dann mit einem einzigen Polfilter, ggf. mit zusätzlichem Neutralglas in weiten Grenzen angepasst werden.
Leider war heute wegen starken Windes und der noch provisorischen Montierung sowie Defekt an der CCD- Kamera keine Sonnenfotografie machbar.
Gruß Kurt
PS.: „Silbercassi“- Spiegel meint, er würde die Sonne noch besser als Cassegrain bringen, wenn ich ihm dazu den Cassegain- Fangspiegel entspiegeln würde. Wenn ich wollen würde, ginge es sogar mit Bino. Ist jedenfalls einen Versuch wert...