Mit Warp 3 ins Morgengrauen

  • 02.5./03.05.24



    Während ich die Nasi-Goreng- Pfanne im Turbogang löffele, überlege ich, welche Verpackungs- und Transportvariante ich meinem 12“ Dobson zukommen lassen soll. Klobiger Riesensack der alles gegen äußerliche Einflüsse schützt oder den kleineren ergonomischen Rucksack, wo weniger reinpasst und die Wiege/ Rockerbox außen am Rucksack baumelt.


    Ich wählte den Hinkelstein. Der Nachmittag sah auf einmal doch wieder vom Saharastaub beeinträchtigt aus, wohingegen der Morgen mit klarer Sonne strahlte, die mir schon eine tolle Wiedehopfbeobachtung und Eisvogelbeobachtung (Videos) beschert hatte.


    Das Wetter schien eine Lücke im Nordosten Deutschlands zuzulassen, wo sich die Sterne frei von Zirren zeigen sollten. Aber je der frühe Nachmittag machte wieder alles spannend.


    Gut, wenn man sich da verabredet hat, dann fällt es leichter die Sache auch durchzuziehen.


    Ich drückte den Knopf am E-Bike und es zog mich auf meinen Berg durch den ausgesprochen milden Wald. die Dämmerung ist ungewohnt für mich, meist bin ich im Stockfinsterer unterwegs. In dem Licht meiner Fahrradlampe ziehen sich kleinste Fäden in Fahrtrichtung welche glitzern. Was ist DAS denn? Bald wird klar, es sind feinste Partikel in der Luft, welche sich in feinsten Strahlen äußern, weil sie reflektieren – wie Nebel – nur in fest und in der optischen Breite wie Spinnenweben.


    Als es den finalen Anstieg hinaufging, sah ich an meinem Platz eine Lampe aufblitzen. Anscheinend war Andreas schon da, mit dem ich mich verabredet hatte? Aber wo ist das Auto? Lautlos war mir ja klar, aber nun auch unsichtbar? Ich biege in den Feldweg ein, auf einmal verlangsamt hinter mir ein Auto. Andreas! nanu? Ich dachte er ist schon aufm Feld? Ich drehte mich vergnügt um, dass wir sekundengleich eintrafen und bekräftigte meine Freude der anstehenden Nacht mit einem Daumen nach oben.


    Wir fuhren vorsichtig jeder mit seinem Gefährt die sandige Huckelpiste bis zum Aufstellort. Von dem ominösen Licht vorher keine Spur. Wir waren 21.30 Uhr am Platz und hatten eine gute Stunde zeit, erstmal bis zu quatschen und uns einzurichten.Da ich meinem Ruf gerecht werden muss, hatte ich kaum dass ich in der Landschaft stand gleich mal was zu Mampfen in der Hand. Dass dies ein gesunder Apfel war, kann man an dieser Stelle ja mal aussen vor lassen ;)


    Denn ich hatte Durst, schon von dieser kurzen Strecke von 12 Minuten Elektrokurbelei.


    Ich berichtete Andreas von diesen seltsamen Leuchtefäden vor meiner Fahrradlampe und er verweis mich auf den unweit stehenden Raps und die generelle Rapsblüte. Tatsächlich, auf der Straße hats auch etwas süßlich gerochen. Aber die ganze Strecke über das gleiche Bild, wo der Wald doch eigentlich bisl filtern müsste? Zudem standen wir am frisch bereinigten Acker. Purer Sand – und das beste: es war windig. Und zwar aus Richtung sandiger Acker Richtung unsere Teleskope…


    Das konnte heiter werden! Immerhin: nix Feuchte, nix Mücken.


    Während wir uns so gemütlich einrichteten, entließ ohne unserem Wissen hinter dem Feldgehölz eine Rakete ihren Treibstoff, der ein kleines Schauspiel am Himmel verursachte, welches in Foren der Polarlichtjäger auftauchte. Der KP war sehr niedrig, am frühen Nachmittag gabs zwar eine Warnung mit erhöhter Pl-Wahrscheinlichkeit, aber was nützt das um diese Uhrzeit. Insofern warf ich hin und wieder einen Blick auf die App, die Satellitendaten, da schien alles ruhig. nachdem Andreas seinen 120er Bino aufgebaut hat und ich meinen Dobson, knipste ich mal aus Spaß Richtung das, was so halbwegs einem nördlichen Horizont entspricht, denn es war ja das Feldgehölz im Weg. Aber: Tatsache, ein zarten flächiges Glimmen zog sich als breites Band über das Gehölz. Aber bis hierhin nichts besonderes, hatte ich schon ein paar male so.


    Also Deepsky. M 3 erschien im Dobson ungewohnt fad, Andreas stellte dies analog für M 53 fest.


    Ich hatte fest vor, das OdM vom April anzugehen, M 100. In Andreas doppel120er sah das ganze schon richtig super aus. Die längliche Begleitgalaxie auch deutlich zu sehen. Es zeigt sich bereits etwas Struktur in der Galaxie, ein paar dunkle Stellen drinnen, die schwer zu fassen waren. Auf jeden Fall deutliches Oval mit kondensiertem Zentrum, aber nicht stellar, wie es mir vor einiger Zeit im 70er Apo erschien. Hier schaffte das größere Gerät bisl Klarheit. Alsbald im 12“ eingestellt: es zeigte sich im 17mm Okular auf den ersten Blick nicht viel mehr als im 120er Bino! Etwas leichter in Sachen Struktur bei M 100, aber auch hier schwierig zu fassen. Erst mit dem 12,5mm Okular zeigte die Galaxie langsam eine Art breiten Spiralarm. Einen zweiten konnte ich nicht so recht dingfest machen.


    Es war auch noch recht trüb, wenngleich nicht durch Wolken sondern die ganzen Partikel. Der Himmel besserte sich aber von Stunde zu Stunde. ich positionierte meine kamera vor den Beobachtungen für einen zeitraffer, leider kann ich nichts dergleichen hier einstellen, das ist gerade zu aufwändig. jedenfalls folgte geschäftiges Treiben. Dieses Begann erstmal mit dem Sprung aufs Rad, um nochmal die Straße zu einem anderen Feld herunterzuheizen, um einen besseren blick auf den Nordhorizont zu bekommen für das leichte Polarlicht. Andreas schickte mir ein gedehntes „Okayyyy“ auf den Weg ;) Jo, da verabredet man sich und dann heizt einer gleich sonstwo hin ;)


    Ich erhoffte mir etwas mehr Klarheit und vielleicht ein paar Beamer… Klarheit ja, Beamer nein.




    Also wieder zurück zum Beobachtungsplatz, wieder den Kilometer hochgeradelt/gedüst.


    Andreas stellte M 81/82 ein, ein absolutes Highlight in dem Gerät. Sehfeld, Kontrast und Vergrößerung harmonieren hier derart, dass es den 12“er hier in den Schatten stellte in Sachen Gesamteindruck. sofort waren die beiden Spiralarme da, nicht so zart wie gewohnt im Dobson, sondern anders strukturiert – voluminöser – und sofort da. Im Dobson musste ich erst suchen wo sie sind. Natürlich hatte ich mit dem 17mm eine andere Austrittspupille und weniger Kontrast daher, aber wenn ich höher gehe mit der V – ist der Gesamteindruck des Duos dahin. Kurz: der Bino ist hier der Gewinner. Ähnlich genial M97 und M108 – Der Eulennebel und die Galaxie. wundervoll gerahmt im Bino, toll hell, mit Ansätzen der Augen der Eule. Kurz vor 2 Uhr musste sich Andreas verabschieden, er musste noch eine gute Stunde fahren. Ich wollte noch eine weitere Stunde durchhalten bis zum ersten Zug.


    Andreas verschwand mit Warp 3 Richtung Bettchen – Beweisphoto siehe nachstehend…


      



    Viel habe ich nicht mehr gemacht – aber einfach nochmal Kugelhaufen genossen und M 106 mit seiner markanten Struktur, dem kurzen klar erkennbaren Staubband am zentralen Bulg und die Begleitgalaxie. die ganze Zeit begleitete uns die Nachtigall aus verschiedenen Richtungen.


    Der Wind hatte sich längst gelegt und anscheinend den restlichen Staub aus der Luft geblasen – jetzt erstrahlte M3 wieder fast in alter Pracht. Die Milchstraße gewann an Kontur während sie weiter aufstieg.






    Ein Waldkauz setzte ein. Ich ahmte ihn nach und bekam sofort Antwort. Als ich mich bisl verhaspelt habe, kam nix mehr, anscheinend kam er sich veräppelt vor bzw. ich bin aufgeflogen. Aufgeflogen war später auch eine Eule, die ich aus dem Feldgehölz kommend als Schatten über den Sternenhimmel ziehen sah.


    ich wollte den Zeitraffer beenden, um eigenständig ein paar ausgewählte Bilder machen zu können – just in dem Augenblick war tatsächlich ohnehin der Akku leer. Mit neuer Batterie bestückt zielte ich halb 3 herum mal gen Norden als Test...BAMM!




    Sticht da ein Beamer in den Himmel. Was HAB ich schnell auf dem Rad gesessen und bin runter zum anderen Acker gedüst, das Stativ mit der kamera in der Hand, welches bei jedem Schlagloch auf dem Lenker schlackerte.


    Ich stellte dort ein Wahnsinns-Polarlicht fest, also jedenfalls das Beste was ich selbst bisher hatte, leider leider in der Qualität hier gerade nicht vermittelbar, die Beamer sind verwaschen.



    Während an diesem Platz hier riesige Monstermücken auf mich einfielen, versuchte ich die Kamera auf Zeitraffer einzurichten. Als mir dies geglückt war, legte ich einen handschuh aufs display damit man die Kamera nicht von der Straße sieht und fuhr zurück zu meinem Dobson und baute ab.


    Während dieser guten halben Stunde erwischte ich das beste Display der Nacht von dem Polarlicht. Den Anfang etwas verpasst, aber an sich top erwischt – dank leergezogenem Akku, woraufhin ich die Kamera mal woanders hingerichtet hatte…


    Kurz nachdem ich am Platz ankam, zog die helle ISS ihre Bahn über den Himmel und kreuzte die Milchstraße. Was für ein Schauspiel, was für ein Timing.


    iIh baute zügig ab, denn der Zug sollte ja auch bald fahren, das PL hat meinen Zeitplan durcheinander gebracht.


    Ich rollte mit Sack und Pack alsbald fix den Hügel hinunter und bog in den Feldweg ein wo meine Kamera noch munter vor sich hinklickte.


    Wirklich bis in die Dämmerung hinein hielt sich ein Beamer, der der Dämmerung trotzte, bis halb 4, wo ich dann wirklich losmusste.


    Um 5 war ich im Bett zu hause und holte mir 3h Schlaf. Von dem Gedanken, noch im Morgenlicht Vögel zu fotografieren bin ich zum Glück abgerückt, man wird alt…



    Ich bitte etwaige restliche Tippfehler zu entschuldigen, aber geht gerade aus Zeitgründen nicht anders.


    Was für ein Polarlicht - Visuell erkannte ich nix, fehlt mir die Erfahrung, aber auf dem Photo…toll.


    Also die Originale, wo die Verluste nicht so reinhauen. Im Zeitraffer sieht man die Beamer und den Vorhang schön tanzen – ein flächiges PL zog sich am frühen Morgen anscheinend bis in den Nordosten hinein.



    Eine tolle atmosphärische Nacht in toller Begleitung.


    Lieben Dank Andreas fürs Vorbeischauen, hat großen Spaß gemacht!


    CS


    Norman

  • Servus,


    Wie immer ein sehr atmosphärischer Bericht, sehr nett, die Umgebung und das Drumrum mitzuerleben. :) :thumbup: Auch absolut eindrucksvolle Transporttechnik, wow. =O


    M100 hat mich auch nicht wirklich umgehauen, muss ich sagen, unter 21.3mag/sq.arcsec Himmel, hier im Virgo-Bericht I

    Ich hatte mehr offensichtliche Struktur erwartet aus dem DSS Bild, aber mein Himmel war eben 'vergleichsweise schlecht', und ich hatte noch viel anderes vor und nicht allzu lange spezifisch auf diesem Objekt nachgeforscht...


    Polarlichter hatte ich bisher auch nur vor (unangenehm vielen) Jahren mal in Andeutung gesehen. Aber auf Deinen Fotos kommen sie ja schon angedeutet raus ! :thumbup:


    Lg, Peter

  • Mensch Norman,


    wieder mal ein toller Bericht, da bekommt man ja direkt Lust, auch mal die paar km in deine Richtung zu fahren, um mal mitzuspechteln.

    Spätestens beim Thema Polarlicht bin ich beim Lesen schon etwas neidisch geworden. Aber ob man in meinem Alter noch so lange durchhält?


    Den Blick des Kauzes kann ich mir übrigens gut vorstellen, als plötzlich deinerseits in einer anderen Sprache geantwortet wurde :D

    Das Gleiche mache ich meist mit Fröschen, da wird man immer verstanden und bekommt ne Antwort ^^


    Nach Tippfehlern hab ich übrigens nicht gesucht, wier sint hir jah niecht in där Schuhle.



    Schöne Grüße!


    Stefan

  • Hi Stefan,

    Das Rezept heißt ein Stündchen vorschlafen und Minusstunden am Folgetag machen;-)

    Danke Dir! Kannst gern mal hochkommen,der Südbrandenburger Himmel ist aber besser;-) Und du hast mir die Highlights der letzten PL voraus,die.hab ich alle verpasst.

    Frösche nachmachen...🤣


    :D ja die meisten Fehler hab ich noch geschafft zu beheben bevor der Server lahmgelegt wurde 😁


    Hab bestimmt einiges noch vergessen von der Nacht,aber wollte das mal gleich reinhacken hier.

    Ca. 50 km Östlich von Berlin war das ganze wieder übrigens.


    Wildschweine haben noch im nahen Raps gegrunzt und geraschelt,dann haben die wohl einen Fasan aufgeschreckt.


    Schöne Grüße

    Norman

  • Hi Norman,


    war klasse, sich mal "unterjährig" auf dem Acker zu treffen und gemeinsam den Nachthimmel unsicher zu machen, hat großen Spaß gemacht! Ist schon ein interessantes Erlebnis, selbst Teil einer Deiner atmosphärisch-authentischen Berichte zu sein. ;)

    Vielen Dank für die Einladung auf "Deinen" Berg, bis bald mal wieder!


    VG

    Andreas

  • Hi Andreas,

    Es war mir eine Freude!

    Schade dass du das fette PL nicht mehr mitbekommen hast. Hab gerade gelesen,dass es knapp visuell ging, das zu checken hatte ich in der Aufregung keine richtige Herangehensweise parat außer stumpf gucken.


    Ich glaube fast dein Tesla hat den Substorm ausgelöst, die Farbgebung bei deiner flashigen Abreise lässt da schwer drauf schließen! Auch in diesem Sinne vielen Dank für das Event! ;)


    Schöne Grüße und bis bald bei Clear Skies!

    Norman

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!