Polarlichtreise im März 2024 nach Tromsö/Nordnorwegen

  • Mein Reisebericht aus Tromsö im März 2024


    1)Die Polarlichtreise

    Nachdem das Thema Polarlichtjagd schon seit Jahren auf meiner Bucket list stand, haben wir uns im Herbst letzten Jahres entschieden, das Jahr mit dem Sonnenaktivitätsmaximum auszunutzen und endlich auf Tour zu gehen. Zu klären war eigentlich nur noch die konkrete Location für den Aufenthalt und der Zeitpunkt. Da wir die Reise auch nutzen wollten um das Land und die Tiere kennen zu lernen, war relativ schnell klar, dass es nur im Februar oder März sein kann, damit man auch genügend Tageslicht hat, um die Landschaft zu erkunden.


    Dann war nur noch ein kurzer Check nötig, wann in den Monaten idealerweise kein Mondlicht stört und damit fiel die Entscheidung auf 6.-12. März 24.


    2)Der Standort/die Location

    Bei der Auswahl des idealen Standortes hatten wir die „üblichen Verdächtigen“ nördlich des Polarkreises in den skandinavischen Ländern Norwegen, Schweden oder Finnland angeschaut.


    Letztlich hat die einfachste Anreise, verbunden mit den von vielen langjährigen Nordlichtjägern verbundenen Wahl, den Ausschlag gegeben und wir haben uns für die Umgebung nördlich von Tromsö in Nordnorwegen entschieden. Zum einen hat man mit Tromsö eine kleine, aber attraktive Stadt zur Besichtigung dabei, zum anderen kann man bereits 10-20 km nördlich oder westlich extrem dunkle Gebiete ohne Lichtverschmutzung anfahren. Ausserdem sind die Nordlofoten mit Sommeroy nur 60-80 km südlich entfernt, was ein ebenfalls sehr reizvoller Ausflug werden könnte.




    Bei der Wahl der Unterkunft sind wir über AirBnB, wo es eine große Auswahl an Selbstversorgerhäusern/-hütten gibt, schnell fündig geworden und haben uns in Futrikelv, einem kleinen Dorf mit zwanzig Häusern bei einer sehr netten Familie in der Einliegerwohnung mit großem Garten mit Nordausrichtung eingemietet. Die Wohnung war exzellent eingerichtet, hat Schlafmöglichkeiten für vier Personen und bietet auch Schneeschuhe für Wanderungen in die Hügel hinter dem Haus mit wundervollem Blick auf den vorgelagerten Fjord.


    3)Die Aurora-Beobachtungen

    Frisch angekommen haben wir mit dem Mietwagen vom Flughafen Tromsö (der Flug ging von München über Oslo und kostete unter 400,- € pro Person) die kurze Fahrt nach Futrikelv hinter uns gebracht (ca 20 km), eine Fahrt durch herrlich verschneite Hügellandschaften und auf der anderen Strassenseite immer mit Blick auf die majestätischen Fjorde der Gegend.


    Nach einem kurzen Einkauf der wichtigsten Lebensmittel für die nächsten Tage (bei erfreulich niedrigen Preisen entgegen unseren Erwartungen), habe ich dann am späten Nachmittag die Fotoausrüstung mit Stativ aufgestellt um bei Auftreten der Aurora keine Zeit zu vergeuden. Ich hatte meine bewährte Canon EOS 550D mit diversen Objektiven und vor allem einem neuerworbenen Canon-Weitwinkel mit 10-18mm dabei, das mir noch perfekte Dienste an den nächsten Tagen leisten wird. Natürlich war auch ein stabiles Cullmann-Stativ und ein Fernauslöser an der Canon, zwingend notwendig für die langen Belichtungen von 5-10 Sekunden bei etwa ISO 1600-3200.


    Die Wettervorhersage und die Aurora-Wahrscheinlichkeit war laut diversen Apps allerdings eher mässig und es waren für die 6 Tage kein einziger wolkenfreier Tag resp. Nacht vorhergesagt. Trotzdem hatten wir bereits in der ersten Nacht ab etwa 20:00 Uhr Glück und die Wolken rissen plötzlich auf.



    Innerhalb kurzer Zeit waren die ersten schwachen rot-grünen Aurorastrukturen vom Nordhorizont bis zum Zenit zu erkennen und während den weiteren zehn Minuten war ein Farbfeuerwerk über den gesamten Himmel zu bestaunen. Kränze, Beamer, Vorhänge und irreguläre Formen erschienen innerhalb von wenigen Sekunden in deutlichem grünem Farbton, die Ihre Gestalt immer wieder veränderten und sich am Himmel außerordentlich schnell bewegten. Selbst Aufnahmen, die nur 5-8 Sekunden belichtet wurden, waren durch die schnelle Veränderung der Formen teilweise leicht unscharf vor einem scharfen Sternenhintergrund. Nach ca. 45 Minuten war der erste Ausbruch fast schlagartig vorbei und der Himmel lag wieder ruhig in schönem Sternenlicht. Gegen 21:30 Uhr, also nur 30 min. später begann jedoch ein zweiter Anlauf, der mindestens ebenso stark und durch den inzwischen wolkenlosen Himmel noch schöner zu beobachten war. Im Besonderen die Formenvielfalt und die Schnelligkeit der Bewegung bzw. der Veränderung der Lichterscheinungen war faszinierend.



    Es gilt in solchen Phasen übrigens dasselbe wie bei einer totalen Sonnenfinsternis: Die Kamera sollte nebenbei mit dem Fernauslöser laufend Aufnahmen schießen, aber das eigentlich wunderbare ist die visuelle Beobachtung der Aurora über der schneebedeckten Landschaft. Nach weiteren 30 Minuten war auch diese 2. Show beendet und die Wolken zogen leider wieder auf.


    Nach dieser herrlichen ersten Beobachtungsnacht schliefen wir bestens und gingen am Folgetag auf eine mehrstündige Schneeschuh-Wanderung. Tolle Ausblicke über den Fjord und auf die umliegenden Hügel belohnten die Mühen und am Abend gab es norwegischen Lachs mit Kartoffeln und Salat.


    Gegen 19:00 Uhr war das Equipment bereits wieder aufgebaut, obwohl auch diesmal Wolken den Himmel verhingen. Und auch in dieser Nacht hatten wir wieder Glück und durften für gute 45 Minuten Polarlichtspektakel, diesmal aber gemischt mit und teilweise hinter leichter Bewölkung erleben.



    Fotografisch interessant ist es bei der Auroraerscheinung im Besonderen das Mass zu finden, die Form und die Helligkeit des Lichtes mit der Geschwindigkeit der Veränderung der Strukturen in Einklang zu bringen. Bei starken Lichtern und hohen Geschwindigkeiten lassen sich eigentlich nur 3 bis max. 5 Sekunden ohne Unschärfe aufnehmen, dafür sollte die ISO-Empfindlichkeit hoch sein. Werden die Lichter etwas langsamer in Ihrer Bewegung sind durchaus auch Zeiten von 6-8 Sekunden realisierbar. Zwingend nötig ist ein gutes Weitwinkelobjektiv mit idealerweise 10mm aufwärts. Schwierig wird es, wenn man auch noch einen fotogenen Vordergrund oder Fjorde/Hügel im Hintergrund mit aufnehmen möchte. Wir haben andere Jäger getroffen, die eigentlich immer nur auf der Suche nach der perfekten Location waren, dann aber beim plötzlichen Erscheinen der Aurora eben nicht dort vor Ort waren, sondern auf dem Weg oder auf der Suche nach einem noch besseren Platz. Meiner persönlichen Meinung nach sollte das gerade bei der ersten Polarlichttour nicht im Fokus stehen, sondern man sollte v.a. die Chance nutzen die Aurora als außergewöhnliche Erscheinung auf einen wirken zu lassen. Natürlich sollte man idealerweise fast Horizontsicht und 360 Grad Rundumsicht haben, aber auch 180 Grad reichen, um atemberaubende Bilder machen zu können.



    Und für uns war v.a. das visuelle Erlebnis der intensiven Farbigkeit und der Schnelligkeit der Formänderung ein einzigartige Erfahrung.



    4)Nordnorwegen als Reiseziel

    Nordnorwegen bietet neben exzellenten Chancen auf Polarlichtbeobachtungen aber vieles mehr. Neben Tromsö als kleiner Regionalhauptstadt mit einer attraktiven kleinen Einkaufsstraße und vielen Museen zu Fischerei, Polarlichtern und Kultur ist die Landschaft und die Möglichkeit seltene Tiere in freier Landschaft zu sehen, atemberaubend.


    Bereits beim ersten Ausflug am zweiten Tag Richtung Kvaloyvagen (etwa 30 km nördlichen von unserem Haus) konnten wir wilde Rentierherden, zwei Seeadlerpaare und größere Gruppen Orcas in den Fjorden sichten.



    Der Ausflug an die Nordlofoten war ein echtes Erlebnis mit traumhafter wilder, rauher Landschaft. Das kleine Örtchen Sommaroy liegt wunderbar und ist nur über eine große Brücke erreichbar. V.a. das Sommaroy Arctic Hotel ist dort ein beliebter Anlaufort für Touristen aber auch Polarlichtjägern. Crepes mit heißen Früchten, Vanilleeis und Sahne sind dabei immer einen Abstecher wert 😉




    Nach einigen weiteren kleinen Ausflügen und einem Tag mit Stadtbummel in Tromsö ging es dann am 12. März leider wieder zurück.



    Beim Rückflug über Oslo in die untergehende Sonne war nochmals ein wunderschöner Blick vom Flugzeug auf die Landschaft möglich.



    Ein rundum beeindruckender Urlaub, der alle Erwartungen erfüllt hat und den ich nur weiterempfehlen kann. Sollte es dabei noch Fragen zu den Aufnahmen, unserem AirBnB, Mietwagen oder Ausflügen geben, bitte einfach eine Nachricht schicken.


    Herzliche Grüße aus Bayern und CS


    Markus

  • Hallo Markus,


    vielen Dank für den tollen Reisebericht, die Bilder und Hintergrundinformationen und dass du dir die Mühe gemacht hast, das alles so ausführlich zu schildern.


    Ich hatte schon fast das Gefühl, dabei gewesen zu sein :slightly_smiling_face: .


    Eine solche Reise steht definitiv auch auf meiner Bucket Liste. Aber erstmal wird es für uns in ein paar Wochen nach Namibia gehen.


    Kannst du vielleicht noch sagen, wie die Temperaturen waren :cold_face: :grinning_face_with_smiling_eyes: .


    Liebe Grüße

    Sabine

    Meine Ausrüstung
    Montierung: ioptron CEM40, Skywatcher Star Adventurer Pro

    Kamera: Altair Hypercam 26C, Canon EOS700Da

    Teleskop: TS Photoline 80 mm f6 (380/480 mm)

    Objektive: Canon 200 mm, Samyang 135 mm, Sigma 18-35 mm, Canon 60 mm

    Guiding: MGEN3

  • Hallo Sabine,

    dankeschön für das schöne Feedback.

    Die Temperaturen waren ziemlich gleichmässig bei 0 bis 2 Grad, bei Aufklaren mal -2. Aber wir hatten Glück, denn zwei Wochen vorher war ein Tief mit 8 Tagen -20 bis -15 Grad.

    Namibia, na das ist eine echte Alternative. Steht auch bei mir auf der Liste. Da ich seit etwa einem halben Jahr in der Fachgruppe Remote-Sternwarte der Vereinigung der Sternfreunde bin habe ich zumindest schon mal über den Rechner Zugriff auf den afrikanischen Himmel. In bisher 4 Nächten konnte ich schon sehr ansprechende Bilder mit einem 12" Newton und einer 6,5" Tak machen (siehe Fotos).

    Da wünsche ich Euch viel Spaß, tolles Wetter und eine erlebnisreiche Zeit.

    Liebe Grüße

    Markus

  • Hallo Markus,

    Die Temperaturen waren ziemlich gleichmässig bei 0 bis 2 Grad, bei Aufklaren mal -2. Aber wir hatten Glück, denn zwei Wochen vorher war ein Tief mit 8 Tagen -20 bis -15 Grad.

    da hattet ihr ja wirklich Glück.


    Namibia, na das ist eine echte Alternative.

    Ja, ich kann es auch kaum erwarten.


    Da ich seit etwa einem halben Jahr in der Fachgruppe Remote-Sternwarte der Vereinigung der Sternfreunde bin habe ich zumindest schon mal über den Rechner Zugriff auf den afrikanischen Himmel.

    Ist das dann die Sternwarte auf Hakos?

    Dort sollte unsere Reise zuerst hingehen. Allerdings mußten wir unsere Pläne ändern und machen nun eine Rundreise auf eigene Faust und sind abschließend noch für 6 Nächte auf einer anderen Astrofarm.

    Da wünsche ich Euch viel Spaß, tolles Wetter und eine erlebnisreiche Zeit.

    Vielen Dank. Auch ich werde berichten.


    Viele Grüße

    Sabine

    Meine Ausrüstung
    Montierung: ioptron CEM40, Skywatcher Star Adventurer Pro

    Kamera: Altair Hypercam 26C, Canon EOS700Da

    Teleskop: TS Photoline 80 mm f6 (380/480 mm)

    Objektive: Canon 200 mm, Samyang 135 mm, Sigma 18-35 mm, Canon 60 mm

    Guiding: MGEN3

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