Gerade eben wirbt Astroshop wieder mit zahlreichen Montierungen dieser Bauart. Ich habe meine Spezies von der Sternwarte dazu befragt. Sie waren ja mit Rudolf Pressberger befreundet und haben viel von ihm gelernt. Ich fasse zusammen:
Flexwellgetriebe (von uns Sternenguckern gerne Harmonic Drive genannt) übertragen große Drehmomente mit hoher Getriebeuntersetzung mit nur 2 Zahnrädern. Eines davon ist flexibel und wird elliptisch verformt gegen die Innenverzahnung des Anderen gedrückt. Sie sind durch diesen Andruck tatsächlich praktisch spielfrei.
Da sie immer gekapselt ausgeführt sind um das Schmiermittel nicht zu verlieren, sind sie robust und zuverlässig. Obendrein sind sie leicht und klein, angesichts ihrer großen Leistung. Diese Eigenschaften prädestinieren sie für Roboterarm-Antriebe in der Industrie.
Alle bisher genannten Eigenschaften machen diese Getriebebauart auch für uns Sternengucker interessant, aber...
Um auch eine hohe Präzision zu erreichen, müssen die beiden Zahnräder extrem genau gefertigt werden. Dass macht sie teuer.
Trotz der hohen Fertigungsgenauigkeit weisen sie oft noch größere Fehler auf wie präzise gefertigte Schneckenantriebe, von der Paarung Schnecke auf schrägverzahntes Stirnrad in gut eingelaufenem Zustand gar nicht zu sprechen.
Periodische Fehler von 20 Bogensekunden sind keine Seltenheit. Nur ist diese Periode durch den laufenden Wechsel der in Eingriff befindlichen Zähne sehr lang und kann von Guidern beim Nachführen leicht bewältigt werden. Ebenso von Positionsregelkreisen, bei denen die Genauigkeit dann von Jener des Achsencoders abhängt.
Der Vorteil liegt also nicht darin, eine Montierung mit Flexwellgetrieben ohne Guider astrofototauglich ungeregelt nachführen zu können. Wer darauf setzt, setzt auf das falsche Pferd.
Diese Eigenschaft bleibt einerseits den
hochgenauen konventionell gebauten Teleskopantrieben (selbst ungeregelt) und andererseits den Getriebelos mit Torque-Motoren betriebenen, intern geregelten Montierungen vorbehalten.
Zweifellos ist aber die Spielfreiheit ein großer Vorteil (gerade bei Windlast) und auf das Austarieren der Achsen mit Gegengewichten kann weitgehend verzichtet werden. Wer also ein schweres Teleskop mit einer eher kleinen Montierung antreiben will, der soll zum Flexwellgetriebe greifen und wird sehr zufrieden damit sein.
Demgegenüber können Antriebe mit Schnecke-Stirnrad-schrägverzahnt, sowie Reibradantriebe nur kleine Drehmomente übertragen und müssen gut austariert werden. Dafür sind sie selbst bei Eigenbau mit etwas Sorgfalt so präzise, dass auf einen Guider oft verzichtet werden kann und man sie bekommt sie auch spielfrei hin.