Warum sind Teleskoplinsen meist recht dick?

  • Hallo zusammen,


    eine Frage an Optik Spezialisten, lange Zeit waren Teleskopspiegel recht dick damit die Form gehalten wird, typischerweise 1/5 des Durchmessers, doch mit dünnen großen Spiegeln lässt sich erheblich Gewicht sparen, nur muss man sich bei der Lagerung mehr Mühe geben,


    Hochwertige Teleskoplinsen sind auch recht dick, doch in neuen Supertelekonstruktionen, wie dem Canon 1200 mm f/8 Tele oder dem Fuji 250 mm Teleobjektiv sind die Linsen an der dünnsten Stelle auch auch bei großem Durchmeser sehr dünn, geschätzt 2 mm. Ob es darum geht auch hier Gewicht zu sparen? Oder andersherum, könnte man große Teleskoplinsen wenn man die Form entsprechend anpasst auch viel dünner machen, oder gibt es optische Gründe, ist der lange Glasweg bei nur 2 oder 3 Linsen für die Korrektur essentiell?


    Beste Grüße


    Thomas

  • Meine Meinung


    Wenn bei einem Teleskop die Linse mehr oder weniger horizontal liegt, biegt Sie sich in der Mitte durch.

    Ein Spiegel kann man mittig und verteilt lagern. Das geht bei einer Linse nicht. Die Frage ist, wie relevant das für die Brechung ist?

    Bei einem Spiegel wird das Licht dann in eine falsche Richtung gelenkt. Bei einer Linse beide Übergänge der Brechung leicht gekippt.


    Bei einem Tele, die sind oft auch nicht so groß vom Durchmesser, steht bei der Nutzung für terrestische Objekte die Linse in der Regel hochkant / vertikal.


    Gruß Play

  • Bei astronomischen Teleskopen muss die Optik beugungsbegrenzt sein. Viele Teleoptiken sind nicht beugungsbegrenzt, da das nicht notwendig ist und die Prioritaet darauf liegt, eine gute wenngleich nicht beugungsbegrenzte Abbildung ueber das volle Gesichtsfeld zu bekommen.


    Dazu kommen Anforderungen, das Tele beispielsweise auch frei gehalten zu verwenden und es sich mit der Kamera um den Hals haengen zu koennen. Da spielt Gewicht eine groessere Rolle als bei einem montierten Teleskop.

  • Hallo Jürgen und Play,


    die Argumente leuchten ein.


    Andererseits, der Durchmesser der Frontlinse des Canon 1200 mm f/8 beträgt immerhin 15 cm, und der optische Aufwand ist enorm, über 20 Linsen, davon zwei CaF2 und zwei aus UD Glas, auch für Sensoren mit sehr kleinen Pixeln gedacht. Ob man da riskiert dass die Abbildungsqualität gefährdet wird wenn man Gewicht spart? Oder hat die Dicke etwas mit der Art der Herstellung, oder auch der Tradition zu tun, 'das haben wir immer so gemacht und man ist auf der sicheren Seite'?


    Sicher gibt es auch Fälle wo die Dicke für die Korrektur wichtig ist, vermutlich bei Feldkorrektoren und in extremen Weitwinkelokularen. Nur bei Objektiven bin mir nicht sicher, ob vieles nicht einfach nur Tradition ist, deshalb die Frage.


    beste Grüße


    Thomas

  • Dazu müßte man die Objektive mal optisch genau durchgmessen.

    Auf jeden Fall haben alle Fehler und sind z.B. nicht plan, .....


    Da gibt es ja Seiten wie Traumflieger, die Kameraobjektive testen. Von grobe Fehler bis wenig Fehler ist Alles dabei.


    Von fehlerfrei wie meine Carl Zeiss West Plan-Apochromate (Mikroskopie-Objektive) sind Sie weit entfernt.

    Von daher finde ich Jürgens Beitrag sehr logisch.


    Gruß Play

  • Die von dir und Jürgen genannten Argumente klingen logisch, sicher, nur kann es auch andere ebenso logsiche Gründe geben, ich habe ja einige genannt, z.B. optische.


    Planspiegel wie die Fangspiegel im Newton sind meist sehr dick, Schutzgläser auch für Teleobjektive und Spektive, oder UV Filter gibt es mit 100 mm Durchmeser, die sind in der Mitte bestimmt nicht 10 oder 15 mm dick und vermutlich von hervorragender Qualtität (beugungsbegrenzt?). Spiegel und Linsen unterschieden sich ganz wesentlich, bei der Linse wird der Lichtweg von zwei Flächen bestimmt, wenn sich die Linse verbiegt, werden beide verbogen. Wenn ein Planspiegel sich verbiegt resultiert Astigmatismus, beim Schutzfiler passiert so gut wie gar nichts, wenn er dünn ist kompensieren sich die beiden Effekte.


    Also ich bin auf weitere Kommentare gespannt.


    beste Grüße


    Thomas

  • Ich äußere mal eine Vermutung, bei Teleskoptiken spielen optische Aspekt für deren Dicke eine große, wenn nicht sogar die Hauptrolle. Anders ist schwer zu verstehen, warum z.B. beim Askar 103 die beiden Linsen mit negativer Brechkraft recht verschieden dick sind. Und die Randdicke ist bei beiden deutlich größer als beim mittleren Element mit positiver Brechkraft, selbst die dünnere der beiden, ist vermutlich mechanisch sehr viel stabiler als das positive Element und man hätte wenn es optisch gestattet wäre die Mittendicke reduzieren können,


    Wenn dies so ist, ergibt sich daraus die nächste Frage, ob die Dicke der Linsen von dem Abstand zueinander abhängt, Wenn man ihn größer macht, würde das für die Korrektur den gleichen Effekt wie eine große Dicke haben? Vielleicht verzichtet man auch darauf, weil Apos mit großem Linsenabstand sehr justierkritisch sind.


    Sorry, viel Spekulation, hier kann bestimmt ein Optik-Spezialist der Raytracing betreibt die Frage klären.


    beste Grüße


    Thomas

  • Beitrag von TGM ()

    Dieser Beitrag wurde von JSchmoll aus folgendem Grund gelöscht: Doppelpost. ().
  • Hi Thomas,


    das haengt alles vom konkreten Optikdesign ab. Normalerweise ist die Dicke eher unkritisch, da Radien deutlich mehr Wirkung haben. Aber wenn zum Beispiel sphaerische Aberration korrigiert werden soll, kann ein dickes Element helfen - z.B. bei der Maksutovplatte. Wenn ich selber was designe, versuche ich, die Linsen so duenn wie moeglich zu machen (Absorption, Kosten des Rohlings), ohne dabei etwas extrem Fragiles herzustellen. Hat eine Linse einen kurzen Radius, wird sie automatisch sehr dick. Solche kurzradigen dicken Linsen haben dann extreme Verkippungs- und Dezentriertoleranzanforderungen.

    PS: Ich habe Deinen versehentlichen Doppelpost geloescht.

  • Hallo Jürgen,


    vielen Dank für die Klärung,


    Mich hat die Frage auch interessiert weil ich auf das Design einer - so finde ich bemerkenswerten - Opik gestoßen bin, ein superachromatisches Triplet mit 75 mm Durchmesser, mit f/3.75 extem lichtstark, Polystehl von 0.82 , ich denke auf den Bereicht 435 -705 nm bezogen und auch obendrein stark reduzierter Bildfeldwölbung, hier ein LInk, Superachromatic Triplet falls es dich interessiert, die Abbildung 2. Die Linsen dort sind allerdings sehr dick, seltsamerweise exatk 17,5 mm, 10 mm und 7,5 mm und die Linsen-Abstände sehr viel größer als üblich, Bei der Lichtstärke mag wie du schreibst die Korrektur der spharischen Abberation genau der Punkt sein warum die Linsen so dick sind und es ist fraglich ob sich durch Änderung der Abstände die Dicke reduzieren lässt.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hi Thomas,

    puh, die rechnen das ja noch rigoros durch! Ich koennte das nicht ... ich mach das, aber weniger generalisiert, mit Zemax. Chapeau.

    Die Dicken koennen in der Regel ohne grosse Probleme auf runde Werte gebracht werden, weil sie keinen grossen Einfluss haben. In der Regel koennen so entstehende Restfehler durch eine Abstandsvariation kompensiert werden. Nach einem durchoptimierten Design koennen so die Werte fuer Dicken und Radien nach und nach auf sinnvolle Werte gebracht werden. Eine Linse muss nicht 11.43567mm dick sein, 11.4mm tun's auch und das Gleiche gilt fuer die Radien. Je nach Hersteller gibt es Vorzugsradien, fuer die entweder Werkzeuge oder Testplatten exisitieren (das sind Platten mit dem Gegenradius, sodass beim Auflegen im monochromatischen Licht Beugungsstreifen entstehen, womit sich die Linse pruefen laesst). So kann dann peu a peu eine Optik an sinnvolle Dicken und Radien angepasst werden - eine Reoptimierung, wobei als Kompensator meist die Abstaende der Linsen uebrigbleiben. Denn die lassen sich am einfachsten aendern.


    Ich hatte das vor ca. 12 Jahren mal mit zwei Spektrografenkameraobjektiven gemacht: Das Originaldesign (ca 20cm Durchmesser, f/1.8 oder so, aber nicht beugungsbegrenzt) wurde auf Vorzugsradien des Herstellers gebracht und reoptimiert. Uebrigens nicht mein Design, damals konnte ich sowas nicht. War fuer den SALT-HRS-Spektrografen in Suedafrika.


    Da gab es einen groben Schnitzer - eine Linse sollte 60mm dick sein, doch der Mensch an der Maschine machte versehentlich 58mm daraus - reoptimiert, und dank geringer Dickenempfindlichkeit kein Problem. Dann die Schmelzdaten von Schott, die etwas von den Theoriewerten abwichen - reoptimiert. Schliesslich wurden alle bereits gefertigten Dicken und Radien genau vermessen und als fest ins neue Modell eingebracht, das wieder reoptimiert wurde. Dieses Spiel ging weiter, bis alle Radien und Dicken fest standen und die Linsenabstaende optimiert wurden - sie lassen sich durch passende mechanische Zwischenringe am einfachsten aendern. Schliesslich kam ein System dabei heraus, das zwar etwas schlechter als das theoretische Ausgangsdesign war, aber immer noch die Spezifikationen erfuellte - und das "as built", also als fertiggestellte Optik.


    Aus dieser Erfahrung heraus waren die Dicken nicht das Hauptproblem. Die Einhaltung der Radien war deutlich notwendiger.

  • Hallo Jürgen,


    vielen Dank für alle eine Erläuterungen. Die Geschichte mit dem Objektiv für den Spektrographen hört sich ja ziemlich abenteuerlich an, vermutlich wäre es recht teuer geworden, wenn eine 20 cm Durchmesser Linse ganz von vorne hätte ferfertig werden müssen.


    Noch mal zu dem Objektiv in der Publikation, was hältst du denn davon? Ich finde die Daten ziemlich beeindruckend, nur ist es vermutlich schwierig so etwas zu fertigen und dann dafür zu sorgen, dass die Linsen ausreichen genau zueinander positioniert sind. Dünner kann man die Linsen vermutlich auch nicht machen, denn wenn ich dich recht verstanden habe, hilft die Dicke um sphärische Abberation zu korrigieren, die bei so einem lichtstarken Objektiv sicher groß ist. Gibt es überhaupt Firmen die solche Exoten fertigen?


    beste Grüße


    Thomas

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