Welche bortle Klasse habe ich wirklich bei Fotografie?

  • Hallo, Kollegen,


    gem. Lichtverschmutzungskarte von 2015 befinde ich mich in der Klasse bortle 5.

    Ca. 4 km Im Osten und Südosten befinden sich Industriegebiete + Lagerplätze, im Süden ein beleuchtetes Kraftwerk und ein beleuchteter Lagerplatz.

    Wenn ich mit meiner Kamera nach Norden ziele und sagen wir 20 sec belichte, habe ich noch ein ziemlich dunkles Bild aufgenommen, visuell im Display und im Histogramm zu erkennen.

    Im Zenit ist das Bild schon etwas heller. Mache ich ein Foto im Osten, ist das Bild wesentlich heller und im Südosten bis Süden noch mal ein ganzes Stück heller.

    Kann man dann noch von einer bestimmten bortle-Klasse sprechen, oder ist die Bezeichnung wertlos, da ich je nach eingeschlagener Himmelsrichtung unterschiedlich große Lichtverschmutzung habe, und damit unterschiedliche bortle Klassen?


    viele Grüße

    Andreas

  • Servus,


    Zum einen: Bortle Klassen sind etwas was visuelle Beobachter benutzen. Fotografiert man, so stehen einem andere Mittel zur Verfügung, s.u..


    Zum Zweiten: wenn man mit einer elektronischen Cam Fotos macht, die Sterne enthalten, deren Helligkeit man kennt, dann kann man auch (grob) die Helligkeit des Himmels in mag/sq.arcsec bestimmen. Ich schätze das geht so dann auf etwa +-0.1...0.2mag genau (auch abhängig von der Genauigkeit des Magnituden der Sterne im Bild, und wie 'methodisch sauber' man die Daten auswertet). Das dürfte genauer sein als jede Angabe von Bortle Klassen, und ist dann direkt vergleichbar (auch somit grob eichbar gegen) mit SQM Messungen.


    Gruss,

    Peter


    PS: 4 Posts weiter unten steht sogar, wie das genau geht... ;)

  • Hallo Andreas,


    die Bortle Skala basiert ja auf der optischen Wahrnehmung des Nachthimmels insgesamt (Sichtbarkeit von Milchstraße, Zodiakallicht, Wolken etc.). Es macht deshalb m. E. nicht viel Sinn, die Bortle Klassen für die Klassifizierung unterschiedlicher Himmelsrichtungen einzusetzen. Ich fotografiere in Bortle 5, wenn ich eine Zenitmessung des SQM bei Neumond in die Bortle Klasse umrechne. Wenn ich unter flachem Winkel in deine Richtung messe, dürfte ich eher bei mittleren Bortle 6 liegen. Wenn dann noch Mond ist....und spätestens wenn Filter eingesetzt werden, ist Bortle eh drittrangig.


    Für Astrofotografen wäre eine Einschätzung anhand des SQM-Wertes des tatsächlichen Bildfeldes sinnvoller, wenn es darum geht, Belichtungszeiten, erreichbare Bildergebnisse etc. abzuschätzen. Auch z. B. der "Optimale Belichtungszeitrechner" in NINA berechnet die "optimale" Belichtungszeit anhand der Sensordaten aus Referenzbildern. In meinen Pentax-DSLR-Zeiten habe ich öfters eine Formel von Samir Kharusi herangezogen, um die Aufnahmebedingungen und ggf. die Belichtungszeit anzupassen:


    Mag/sq arc-sec = 13.93+2.5*log10(seconds to mid histogram at ISO 800 and f4)


    Ich hatte mir sogar ein Excel-Tool für andere Kameraeinstellungen etc. gebastelt und mit meinen Pentax-Forenkollegen geteilt, finde es aber nicht mehr wieder. Den Hintergrund der Formel kann man sich hier Measuring Skyfog from Camera JPEG erläutern lassen, auch wenn man Gefahr läuft, sich die Augen zu verbiegen (es ist schon interessant, was in Sachen Webseitengestaltung vor 20 Jahren so als schick empfunden wurde :S ).


    CS und weniger Bortle!


    Peter

  • Servus,


    Man braucht nicht unbedingt Software hierfür - sowas geht auch 'zu Fuss' !


    - alle counts des Sterns in einer quadratischen Box (deutlich grösser als der Stern inkl. etwas Himmel) aufaddieren, C_s+h

    - die gleich grosse Box verschieben und den puren Himmel ohne Sterne/Objekte in (Summe von) counts messen, C_h

    - Die Netto counts des Sterns bestimmen C_s = C_s+h - C_h, das sind also die Counts ohne Himmel

    - Zeropoint ZP bestimmen (dieser Wert gilt nur für dieses Teleskop und diese Nacht und diese Orientierung des Teleskops und diesen Filter und diese Cam und diese Belichtungszeit und dieses Flatfield !) aus mag_s = -2.5 log(C_s) + ZP. Die (möglichst genauen und geeichten) Magnituden des Stern mag_s muss man natürlich wissen.


    Zum Schluss die Himmelshelligkeit in Mag bestimmen durch:

    Mag_h = -2.5 log(C_h) + ZP


    Dies sind dann die Magnituden in der Messbox. Um auf mag/sq.arcsec umzurechnen, muss man noch durch die Anzahl der Quadratbogensekunden N in der Messbox teilen (in Counts), also +2.5 log(N) addieren (in mag).


    Gruss,

    Peter

  • Hallo Alex,


    ich habe das in ASPAP bisher noch nie ausprobiert, weil es im Menü immer ausgegraut war. Ein wenig Nachdenken (sollte man öfter machen) führte gerade dazu, dass die Routine natürlich erst ein Solving benötigt um in die Datenbank gehen zu können ;) .


    Das hat dann erstmal super funktioniert. Aber mir wird angezeigt, dass ich einen Wert für ein Pedestal eingeben muss (der Offset Wert in ADU, denke ich). Ich arbeite immer mit High GAin und 500 ADU Offset. Im ersten Bild (M 106) und einer versehentlichen 300s Belichtung ermittelt ASTAP deprimierende SQM 18,82, wenn ich 500 als Pedestal eingebe.


    In einem zweiten Bild (M51) wird angezeigt, der Wert 500 sei zu hoch, erst unterhalb von 400 beschwert es sich nicht mehr. Nehme ich aber Werte über 0 und unter 400, werden SQM Werte zwischen 20,66 und 24,71(!) angezeigt.


    Weißt du, oder weiß jemand anderes, wie man den korrekten Wert für das Pedestal ermittelt? Und gibt es Erfahrungen bezüglich der Belastbarkeit der Ergebnisse von ASTAP?


    LG Peter

  • Lichtverschmutzungskarte von 2015 befinde ich mich in der Klasse bortle 5.

    wenn ich das mal richtg verstanden hab, sindBbortel-Klaasen aus Lichtverschmutzungskarten eh nicht realistisch: die tatsächliche Bortle-Klasse kann nur zum Boobachtungszeitpunt vor Ort bestimmt werden, sind immer Momentwerte und können nicht sinnvoll aus den Karten (lightpolluitonmap....) entnommen werden....

    Gruß, Martin

  • wenn ich das mal richtg verstanden hab, sindBbortel-Klaasen aus Lichtverschmutzungskarten eh nicht realistisch: die tatsächliche Bortle-Klasse kann nur zum Boobachtungszeitpunt vor Ort bestimmt werden, sind immer Momentwerte und können nicht sinnvoll aus den Karten (lightpolluitonmap....) entnommen werden....

    Gruß, Martin

    Richtig, Martin, so hab ich das auch verstanden. Die Lichtverschmutzungskarten geben einen groben Überblick über die Helligkeit der Regionen, da kann man aber auch selbst drauf kommen. Ich weiß selbst, dass es bei mir dunkler ist als in Köln, aber heller als im Sauerland oder gar in der Eifel. Schlussendlich muss man das jeden Abend am jeweiligen Ort neu bestimmen, wenn es einen interessiert, oder man das für seine Planungen braucht.


    LG Olaf

  • Hallo, Alex,


    ich habe ASTAP auch mal ausprobiert. Nur den kleinen Katalog D05 dazugeladen. Ein lineares Bild geladen, mit M52 im Bild, nicht genau in der Bildmitte . Platesolving ausprobiert. Aber es erscheint nur die Fehlermeldung: No solution found. Hast Du eine Ahnung, was ich falsch mache?

    Der ganze Bereich unterhalb Clean Up ist grau.


    viele Grüße

    Andreas

  • Bortle-Klasse kann nur zum Boobachtungszeitpunt vor Ort bestimmt werden, sind immer Momentwerte und können nicht sinnvoll aus den Karten (lightpolluitonmap....) entnommen werden....

    ich finde die Bortle Karten schon sinnvoll. Wenn ich wissen möchte wo es dunkel ist, um dann dahin zu fahren mit dem ganzen astro Equipment.

    Aber es ist auch klar, dass man sein Teleskop dort nicht direkt neben dem Bauernhof aufbauen sollte, wo der Bauer mit einem halben Stadionfluter gerne bis Mitternacht sein Anwesen ausleuchten tut damit sich seine Pferdchen im Dunkeln nicht die Beine brechen.

  • Hallo Andreas,

    Schau mal hier http://www.hnsky.org/astap


    da gibt es ein Chart zur Abdeckung der Kataloge. Wahrscheinlich liegt’s daran.


    Grüße,

    Alex

  • Ja klar sind die Lichtverschmutzungskarten sinvoll - nur die machnmal angegebenen Bortelwert wenig aussagekräfig - ist immer Momentaufnahme und sowas wie oben (" gem. Lichtverschmutzungskarte von 2015 befinde ich mich in der Klasse bortle 5.") ist halt wenig aussagekräftig - bei Vollmond habe ich andere Bortel-Klasse wie bei Neumond , oder der "Stadionfulter beim Bauern": wenn der nach Mitternacht aus ist ist die Bortel-Klasse günstiger als vorher....

    Im Prinzip kann ich nur Angabe zum Beobachtungszeitpunkt machen, nicht allgemein zum Ort - gerade beim Vergleich von Beobachtungergebnissen halte ich das für wichtig, soll hier aber nicht zu kleinlich wirken ;)

    Gruß, Martin

  • Um Deine Frage mal genau zu kommentieren:


    Du hast offensichtlich richtungsabhängig verschieden starke Lichtverschmutzung. Wenn Du die Himmelshelligkeit auf Fotos misst (mag pro Quadratbogensekunden), dann stimmt dieser Wert, in dieser Richtung, und fertig. Er ist auch vergleichbar (d.h. nicht dass er identisch ist) mit dem Wert aus der LPM oder mit SQM-L Messwerten ( auch dieses Gerät kann man in versch. Richtungen pointen).


    Zu Bortle sollte man erstmal die Originalpublikation lesen:

    Gauging Light Pollution: The Bortle Dark-Sky Scale
    Excellent? Typical? Urban? Use this 9 step scale to rate the sky conditions at any site to examine the relationship between light pollution and astronomy.
    skyandtelescope.org


    Daraus wir klar, dass es hier darum geht: subjektive Wahrnehmung eines visuellen Beobachters mit blossem Auge, der Himmel ist rundum gleich


    Der Versuch Bortle zu benutzen für Fotografie und für richtungsabhängige Unterschiede ist also eine gewisse Themaverfehlung (oder zumindest eine etwas zu weit überdehnte Auslegung dieses Konzeptes). In Fotos MISST man den mag/sq.arcsec Wert und fertig.


    Hier gibt es mehr zum Thema (Himmelshelligkeit ist nicht der einzige Parameter, der variieren kann !) und auch weitere Links und Foren-Threads - Fokus auf visueller Beobachtung, unter Berücksichtigung von physikalisch messbaren Parametern:

    eyes4skies - vDSO


    Gruss,

    Peter

  • Hallo,


    die Lichtverschmutzungskarten sind als Anhaltspunkt und erste Einschätzung schon sehr sinnvoll. Um eine "vor Ort" Erkundung und Einschätzung bei Tag und Nacht kommt man aber trotzdem nicht herum.


    Die dort angegebenen Bortle Klassen sind eher Pseudo Bortles, die aus den berechneten SQM Werten abgeleitet werden. Die Bortle Skala ist ja eine rein visuelle Angelegenheit, die ausschließlich auf Beobachtungen beruht. Und sie dient nach meinem Verständnis auch mehr als visuelle Gesamteinschätzung des Beobachtungsplatzes und weniger als Momentaufnahme zum Zeitpunkt T.


    Und nachts zeigt sich dann z.B. in meinem Fall, dass der Himmel eher gemustert ist; Südost bis Südwest toll; in Richtung Norden schlägt leider noch Köln/Bonn durch. Da tue ich mich mit einer Festlegung nach Bortle immer noch schwer.


    Und wie der Name schon sagt: die Karte ist von 2015 und in den ca 9 Jahren hat sich viel getan was Gewerbegebiete etc angeht. Leider.


    Meiner Meinung nach ausschlaggebend ist in einer eher dicht besiedelten Region daher, wie stark der Himmel in dem Himmelsareal aufgehellt ist, in der ich gerade beobachte oder fotografiere.


    Unterscheide also: Bortle Gesamteinschätzung vs. aktuelle Situation zum Zeitpunkt T.


    Viele Grüße und CS,

    Klaus

  • Hallo, Alex,


    Danke! Ja, ich habe den Fehler gefunden, waren schon vorgegebene, für mich falsche Werte, in einem Menü.

    Wenn ich danach für den Pedestal Wert 0 oder auch 100 eingebe, erhalte ich für den früheren Blick in Ostrichtung (Bild aus dem Jahr 2019) einen SQM-Wert von entweder 18,99 bzw. 18,97 mag/arcsec^2.

    ... dann mal ein Bild von Polaris von 2024 im Norden: Ergebnis: 17,91 mag/arcsec^2 = bortle 8. Toll! ;( :cursing: ... und das ist die dunkelste Ecke bei mir.

    ... dann mal 2024, Südost-Richtung, kein Filter; 0-100; Ergebnis: 17,97-17,93 mag/arcsec^2 = bortle 8.

    ... dann mal 2023 Sommer; Südrichtung; kein Filter; 0-100; Ergebnis: 16,00-16,01 mag/arcsec^2 = bortle 9. Prima Werte.


    viele Grüße

    Andreas

  • Yep, vielen Dank, es funktioniert jetzt viel konsistenter! Ich hatte versehentlich Daten verwendet, die schon kalibriert waren und das klappt dann natürlich nicht.


    Allerdings liefert mir ASTAP für eine 2023er M101 im Zenit mit 50% Mond knapp über dem Horizont allerdings ein SQM von 20,64. Es wäre schön, wenn ich von meinem Dorfbalkon dahin kommen könnte


    Ich werde das in Zukunft mal live mit meinem Unihedron SQMeter vergleichen.


    Grüße

    Peter

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