T-Stop und F-Stop und was ist jetzt die wirkliche Geschwindigkeit eines Tak-Epsilons

  • Hallo Gerd,

    ja, ich stimme dir zu. Du hast jetzt mit gleich großen Sensorpixeln gerechnet, und dann hast du tatsächlich recht. Das mehr an Licht wird auf eine größere Fläche verteilt. Du argumentierst jetzt, dass die Brennweite dafür verantwortlich ist. Die höhere Brennweite ist aber nach meiner Argumentation eine Folge dessen, dass wir auf die selbe Blendenzahl kommen müssen, weil die Öffnung ja größer ist. Ist jetzt die Öffnung die Ursache oder die Brennweite? Die Brennweite verteilt in meinen Augen aber nur das, was überhaupt erst einmal da ist. Also ist die Öffnung die Ursache für das, was mehr an Photonen da ist. Mache ich den Deckel drauf, dann hat sich die Brennweite nicht geändert, aber der Photonenfluss ist 0. Man kann jetzt in gewisser Weise über das Huhn und das Ei philosophieren. Ich stelle die Öffnung aber als ursächlich hin, weil sie die reale physische Grundlage für ein Abbild gibt, nämlich die Photonen.

    In unserer Praxis gilt aber:

    Die Kamera muss möglichst sinnvoll an das System angepasst werden.

    Ich formuliere das bewusst sehr relativ. Bei der Planetenfotografie nutzt man das System, um an die theor. Auflösungsgrenze zu kommen. Hier ist es vergleichsweise einfach, denn die größere Öffnung bildet schärfer ab.

    Anders bei der Deep-Sky-Fotografie. Hier sind wir seeingmäßig begrenzt. Beim einen sind es 3" beim anderen ist´s 1", aber egal mit welchem Gerät man fotografiert, die "Schallmauer" bleibt bestehen.

    Jetzt kommt das "möglichst sinnvoll" ins Spiel. Leere Vergrößerung macht keinen Sinn, also können wir größere Pixel wählen. Dabei haben wir keinen Verlust an Schärfe, aber gemäß Beispiel oben, 4-mal so viel Licht. Wir kommen also 2-mal so tief (wegen der Wurzelfunktion der Rauschreduktion, nicht 4-mal). Also: größere Öffnung = tieferes Bild. Die Schärfe bleibt gleich und wenn wir die Anzahl der Pixel beibehalten (dann wird der Chip größer) ist sogar das Bildfeld gleich.

    Statt größerer Pixel kann man tatsächlich auch Binning betreiben. Bei CCDs wird nur 1-mal ausgelesen anstatt z.B. 4-mal. CCDs haben ein recht hohes Ausleserauschen und das kann man so reduzieren. Das ist das Hardware-Binning. Hinzu kommt der rein geometrische oder statistische Effekt. 4 versch. Pixel, die gemittelt werden, sind anderen 4 Pixeln, die auch gemittelt werden, ähnlicher als das hellste der 4 Pixel im Verhältnis zum dunkelsten der 4 Pixel. Das Rauschen wird reduziert, das ist das Software-Binning. Bei Cmos-Sensoren kann man nur das nutzen. Es ist allerdings sinnlos, das bei der Aufnahme zu machen. Wenn wir unser fertiges Bild verkleinern (und dabei keinen "sinnvollen" Algorithmus verwenden, in Photoshop heißt das dann reine Pixelwiederholung), dann machen wir genau dasselbe.

    Das ist auch der Grund, warum ich beim Stammtisch oder in einer Galerie immer die 100 % Version sehen will. Reduziere ich es auf z.B. 25 %, dann ist das Rauschen oft fast weg. Oft genug habe ich so ein kleines Vorschaubild hier gesehen und dachte, das sei ein tolles Bild. Klickt man es an und es wird vergrößert, das zerfällt es in Rauschen und Artefakte. In der Bildbearbeitung wird das z.T. exzessiv genutzt und ich mag das gar nicht. Da wird mit 20 x 20 Pixeln "entrauscht", also ein 20 x 20 Binning angesetzt und dann wieder auf das 20-fache vergrößert, mit weichen Übergängen, und am Ende hat man lauter kleine, weiche diffuse Nebel, deren kleinste Details alle etwa 20 Pixel groß sind.

    Viele Grüße

    ralf

  • Hallo Zusammen,


    f/# und "Geschwindigkeit" einer Optik sind ein immer sehr dankbares Thema für umfangreiche Diskussionen. Ich bin der Meinung, dass dies eigentlich kein schwieriges Thema ist, die häufig herangezogenen Modelle und die benutzten Begriffe sind aber nur bedingt geeignet, um quantitative Aussagen zu treffen und führen so zu vielen Missverständnissen, die dann durch weitere Diskussionen adressiert werden müssen. Durch die Verwendung der richtigen Begriffe kann hier schnell viel Klarheit geschaffen werden und das möchte ich einmal probieren:


    • Bei der Astrofotografie sind wir bestrebt, ein möglichst gutes Signal- zu Rauschverhältnis zu generieren. 
    • Gemessen wird die Anzahl der Photonen pro Zeit- und Flächeneinheit in der Bildebene, also an bzw. auf der Sensoroberfläche.
    • Photonen aus klassischen Quellen (also z.B. keine Laser) folgen der Poisson-Statistik, der Fehler (die Standardabweichung) der Messung ergibt sich aus der Quadratwurzel der Photonenanzahl; zu einer Verbesserung des Signal- zu Rauschverhältnisses um den Faktor zwei muss die Zahl der detektierten Photonen also um einen Faktor vier erhöht werden.
    • Da wir eine ortsaufgelöste Messung in der Bildebene durchführen, sind wir an einer einer möglichst hohen Photonenstromdichte interessiert, also Anzahl der detektierten Photonen pro Flächen- und Zeiteinheit. 
    • Wie erreichen wir nun eine möglichst hohe Photonenanzahl?
      • 1) Belichtungszeit: die Anzahl der detektierten Photonen pro Pixel skaliert linear mit der Belichtungszeit.
      • 2) Pixelgröße: die Anzahl der detektierten Photonen pro Pixel skaliert quadratisch mit der Pixelkantenlänge oder linear mit der Fläche eines Pixels (Annahme quadratische Pixel).
      • 3) Öffnunsgverhältnis: die Kameragleichung stellt den Zusammenhang zwischen der Bestrahlungsstärke in der Objektebene zu der Bestrahlungsstärke in der Bildebene her. Der wesentliche Zusammenhang ist hier, dass die Bestrahlungsstärke in der Bildebene umgekehr proportinal zum Quadrat des Öffnungsverhältnisses skaliert. Also, eine Halbierung des Öffnungsverhältnisses führt zu einer Vervierfachtung der Bestrahlungsstärke in der Bildebene. Da wir den ortsaufgelösten Photonenstrom messen, ergibt sich also bei einer Halbierung des Öffnungsverhältnisses eine Vervierfachung der Photonenstromdichte, [1, rot eingeramte Gleichung, 5. Seite von hinten; 2, Gleichung 12].


    Was bedeutet das nun praktisch?

      • 1) Eine Verbesserung des Signal- zu Rauschverhältnisses um den Faktor zwei kann durch eine Vervierfachung der Belichtungszeit erreicht werden.
      • 2) Eine Verbesserung des Signal- zu Rauschverhältnisses um den Faktor zwei kann durch eine Verdopplung der Pixelkantenlänge oder eine Vervierfachung der Pixelfläche erreicht werden.
      • 3) Eine Verbesserung des Signal- zu Rauschverhältnisses um den Faktor zwei kann durch eine Halbierung des Öffnungsverhältnisses erreicht werden.
    • Die absolute Öffnung hat keinen direkten Einfluss auf das Signal- zu Rauschverhältnis. Die absolute Öffnung bestimmt das Auflösungsvermögen aufgrund der Beugungsgrenze.
    • Die Brennweite hat keinen direkten Einfluss auf das Signal- zu Rauschverhältnis. Die Brennweite bestimmt zusammen mit der Pixelgröße das Sampling, also die Genauigkeit, mit der das Bild in der Sensorebene abgetastet wird.

    Zum Abschluss noch ein Beispiel:


    • System 1: Refraktor, f/7; 5,95 micron Pixel vs. System 2: Refraktor, f/4,8, 3,75micron Pixel
      • (4,8/7) ^2 = 47%, System 1 generiert nur 47% der Photonenstromdichte in der Bildebene im Vergleich mit System 2
      • (5,95/3,75)^2 = 2,51, die Pixelfläche des Sensors im System 1 ist um den Faktor 2.51 größer im Vergleich zum Sensor des Systems 2.
      • 0,47 * 2.51 = 1,18, die detektierte Anzahl der Photonen pro Pixel und pro Zeiteinheit ist beim System 1 um 18% größer als beim System 2.
      • Das Signal- zu Rauschverhältnis des Systems 1 ist um ca. 9% besser im Vergleich zum System 2 (dieser Unterschied ist vernachlässigbar klein).


    CS - Oliver

  • Hallo Ralf,


    Du argumentierst jetzt, dass die Brennweite dafür verantwortlich ist. Die höhere Brennweite ist aber nach meiner Argumentation eine Folge dessen, dass wir auf die selbe Blendenzahl kommen müssen, weil die Öffnung ja größer ist. Ist jetzt die Öffnung die Ursache oder die Brennweite?

    es ist weder die Brennweite noch die Öffnung die Ursache, sondern die Öffnungszahl.

    Also das Verhältnis von Brennweite zur Öffnung.

    Soll dieses gleichbleiben und ich verändere Brennweite oder Öffnung muss ich zwangsläufig auch das jeweils Andere anpassen wenn die Öffnungszahl gleich bleiben soll.

    Es spielt dabei keine Rolle was ich verändert und was ich dann angepasst habe.

    Es ist also weder die Brennweite noch die Öffnung irgendwie privilegiert.

    Ein Verhältnis ist immer ein Bruch und da sind Zähler und Nenner gleichwertig.

    Wenn man zb. 0,5 als Bruch schreiben möchte dann kann man das als 1/2 oder 2/4 oder 4/8 usw. tun.

    Entscheidend ist nur das sich immer 0,5 ergeben.


    Die Brennweite verteilt in meinen Augen aber nur das, was überhaupt erst einmal da ist. Also ist die Öffnung die Ursache für das, was mehr an Photonen da ist.

    Es geht aber nicht darum was insgesamt an Photonen da ist sondern darum was jedes Pixel an Photonen abbekommt.

    Hier sind Brennweite und Öffnung absolut gleichrangig.

    Die Brennweite verteilt und die Öffnung sammelt völlig richtig aber was unter dem Strich bei rauskommt bestimmt immer nur das Verhältnis von beidem zueinander also die Öffnungszahl.

    Darum ist weder die Öffnung noch die Brennweite, sondern nur das Verhältnis von beidem also die Öffnungszahl entscheidend.


    Mache ich den Deckel drauf, dann hat sich die Brennweite nicht geändert, aber der Photonenfluss ist 0.

    Da wie gesagt immer die Öffnungszahl entscheidend ist hast du hier also Brennweite x / Öffnung 0 und das ist mathematisch unsinnig.

    Mann kann aber den Kehrwert also das Öffnungsverhältnis errechnen und das wäre Öffnung 0 / Brennweite x = 0

    Es bleibt also auch hier dabei, entscheidend ist weder Öffnung noch Brennweite sondern immer nur das Verhältnis von Beidem.


    Grüße Gerd

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