Das letzte Mal, dass mein 20“ f/3 mit Namen "Nessaja" Sternenlicht gesehen hat, war vor 16 Monaten... Danach stand es eingemottet in meiner Werkstatt das arme Ding. Im Frühjahr habe ich es dann komplett überholt und seitdem strahlt es wieder im alten Glanz.
Ja, und am Montag Abend den 17.07 war es dann endlich soweit:
Um 22.30 bin ich oben auf 470mNN an einem meiner Beobachtungsplätze aufgeschlagen. Der Aufbau ging schnell vonstatten und danach war erstmal Langeweile angesagt, weil es immer noch nicht dunkel war... Hätte vielleicht langsamer aufbauen sollen.
Ich hatte mir für diese Nacht eigentlich gar nicht viel vorgenommen, sondern wollte einfach mal wieder bissle reinkommen in dieses Beobachtungsdingens von dem hier soviel geschrieben wird. Klar, paar Sternkarten hatte ich dabei, aber ansonsten sollten es einfach nur die schönsten Objekte der Nacht werden.
Gestartet bin ich dann mit Messier 3, 13 und 92. Alles wunderschöne Kugelsternhaufen und doch jeder ein bisschen anders. Das Seeing war ziemlich gut und so füllte sich das 5mm Nagler bei 380x mit unglaublich vielen Sternchen, die absolut scharf und ruhig im Okular standen. Wer oder was auch immer diese Kugeln erschaffen hat, hat alles richtig gemacht. 100/100 Punkte!!
Endlich war es dunkel genug und das erste „richtige“ Objekt stand auf der Liste: Komet C/2023 E1 Atlas. Hatte bis vor kurzem absolut keinen Plan, dass es derzeit so einen schönen Kometen zu sehen gibt.
Aber ich war die Woche zuvor auf nem Grillfest, an dem jedes Jahr viele Leute der „Bühler Sterngucker“, der „Sternfreunde Durmesheim“ und der „AVS Südpfalz“ zusammenkommen. Nachdem mich einige gefragt haben, ob ich schon den Kometen gesehen hab und ich immer verneinen musste , wollte ich dann heute doch mal schauen, was da so geht.
Und ja krass, da geht sogar einiges. Der Komet ist ziemlich hell, groß und rundlich mit merklich hellerem Kernbereich. Bei 270x konnte ich nahe des Zentrums einen false nucleus ausmachen. Cool cool! So kanns weitergehen.
Dann gleich weiter zur Supernova in M101. Die hatte ich bisher nur mal kurz durch ein Teleskop auf nem lichtverschmutzten Acker bei unserem öffentlichen Beobachtungsabend und dann nochmal nach meinem Vortrag an der Volkssternwarte Darmstadt durch deren 40cm Teleskop gesehen. Aber heute endlich zum ersten Mal unter dunklem Himmel und mit 50cm Öffnung. :) Die Spiralarme schön wirbelig und die SN natürlich immer noch knallhell. Auch immer wieder faszinierend die vielen HII Regionen, die so hell sind, dass sie einem direkt ins Auge springen.
Bevor es mit dem Programm weiter ging, erstmal der Leier einen Besuch abgestattet.
Messier 57 als wunderschöner Ring mit Zentralstern, dann weiter zu einem komplett aufgelösten Messier 56 und wieder nach oben zu Stephensen 1, einem tollen Cluster. Was ich auch immer super cool finde: „Wega“ bei kleinster Vergrößerung. Da bläst es einem zwar die Netzhaut weg, aber hey, man lebt nur einmal und es sieht verdammt genial aus. ;) Iwie muss man sich die 9.000-fache Lichtsammelleistung schon mal geben. Mir hilft das nämlich zu verstehen, was es bedeutet, wenn ein Stern mit der 10.000fachen Leuchtkraft leuchtet.
Nun ging es ins Sternbild Drache. Dort wartete G240-72 auf mich. G was? Das ist ein weißer Zwerg der nur 20.26 Lichtjahre von der Erde entfernt ist und damit an siebter Stelle der nächsten weiße Zwerge steht. Ich mag so Dinge. Mit 14.2mag war der WD bei 210x kein Problem. Das faszinierende daran: ich hatte einen DSS- Ausdruck dabei, aber der weiße Zwerg stand nicht da, wo er sein sollte, sondern hatte sich merkbar weiterbewegt. Kein Wunder bei der geringen Entfernung und der schnellen Eigenbewegung.
Dann ein Schwenk in Richtung Adler zu „ZTF J1901+1458“. Sein Spitzname? Einfach „Z“. Lol. Genau mein Humor.
Jedenfalls ist „Z“ ein weißer Zwerg und ein extrem kleiner noch dazu. Er ist nur 4.200 km groß und damit nur bisschen größer als unser Mond. Außerdem rotiert er in 7 Minuten einmal um seine Achse. Auch ziemlich faszinierend. Mit 15.7mag ist er schwächer als G240-72, aber bei 270x konnte ich ihn problemlos dingfest machen. Wieder ein spannendes Sternchen gesehen.
Danach kam der Brocken des Abends: Stephenson 2-18, der größte bekannte Stern, aber dazu werde ich wohl ein extra Posting aufmachen. Komm nämlich mit der Beobachtung nicht so ganz klar.
Damit war mein Programm durch (ja ich weiß, war riesig lang die Liste). Die restliche Zeit verbrachte ich nun mit wunderschönen Objekten am Sommerhimmel.
Erstmal Messier 11: superschön wie immer – soooo viele Sternchen. Danach hatte ich ein kurzes Stell-dich-ein mit NGC 6749, dem schwierigsten Kugelhaufen aus dem NGC – Katalog. Mit 20“ Öffnung gar nicht so schwierig und bei 270x erschien das matte Lichtfleckchen sogar ein bisschen gemottelt, aber halt nicht aufgelöst oder so. Ganz im Gegensatz zu NGC 7006, der trotz seiner 137.000 Lichtjahre Entfernung sowohl im Kern als auch in den Randbereichen seine schwachen Sternchen zeigte.
Jetzt gings runter in den Schützen. Zunächst mal zu Pluto, den ich auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Nur 16° über dem Horizont war er bei 270x problemlos zu sehen, daneben ein schwaches 15.6mag Sternchen. Es gibt ihn also noch.
Weiter oben im Schützen war Messier 22 an der Reihe. Auch wieder so ein Knaller von Kugelsternhaufen – das ganze Okular angefüllt mit Sternchen bei 270x. Nun noch ein Schwenk zum Lagunennebel – überall Gasfahnen, dunkle Einbuchtungen und haste nicht gesehen. Ganz besonders beeindruckend aber der Trifid- Nebel bei 210x. Die Staubbänder pechschwarz und voller Strukturen. Ein Waaaaahnsinnsanblick. Konnte mich gar nicht einkriegen. Und in der Mitte dieser Oschi von Stern (HD 164492) vom Spektraltyp O.
Der Omega- Nebel auch komplett zerfasert und umgeben von Nebelfetzen. Gut, die Zeichnung ist schon paar Jährchen alt, aber auch mit 20" f/3 gezeichnet:
Und dann der Adlernebel erst: Junge, Junge.... Das ganze Feld voller Nebelmassen. Die Vergrößerung auf 270x hochgeschraubt (viel hilft viel bei 20“) und schon sprang mich die mittlere der drei Säulen an. Pechschwarz ragte sie in den Nebel. Es dauerte nur kurz, bis sich auch die zwei anderen Säulen zeigten. Noch bissle adaptieren und dann standen sie da: alle drei Säulen der Schöpfung. Daneben noch ne kleine, schwarze Bok- Globule die auch immer sehr nett ist.
Im Schwan natürlich erstmal zum Zirrusnebel. Mit dem neuen OIII von Televue (find den Filter einfach genial) kaum zu beschreiben. Überall Nebelfetzen, Nebelfasern, gezwirbelte Nebelbögen und die Knochenhand erst... Eieieiei... Muss man einfach gesehen haben um es begreifen zu können. Der Crescent- Nebel auch ne Wucht mit OIII. Der Bogen komplett geschlossen und der hellere Rand zerfasert + weitere Fetzen in der Mitte.
Was ein Lauf!
Zum Abschluss noch kurz rüber in die Cassiopeia zum Bubble- Nebel, der sich bei 210x mit UHC als wunderschöner Nebelbogen zeigte. Auch der helle Knoten einfach zu sehen. Der Packman mit seinen Dunkelwolken ebenfalls wunderschön und zum Abschluss noch NGC 7789 mit seinen 200 Sternen in Form einer Rose... Die Rose von Caroline.
Ach ja, und zweimal hatte ich auch die ISS bei 210x im Okular. Die vielen goldbraunen Solarpanele knackscharf und klar voneinander getrennt, dazu die vielen Module, die Lichtreflexionen usw.
Ja, und am Ende stand die Erkenntnis, dass ich die letzten 16 Monate wahrscheinlich super viel verpasst hab... Und der Entschluss, dass es nicht die letzte Nacht in diesem Jahr gewesen sein wird. Dinitiv nicht!
CS, Christian
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