Hallo zusammen,
nachdem beim letzten Beobachten noch der Rosettennebel auf dem Programm stand (so lange ist das schon her ), war es trotz Fast-Halbmond und sehr kurzer Nacht allerhöchste Zeit, mal wieder rauszufahren. Hier ein kurzer Bericht von heute Nacht, zur Einstimmung ein Bild vom Morgen danach:
Das Teleskop zeigt noch in Richtung M15, der um 3:20 bei bereits deutlicher Morgendämmerung als letztes Objekt herhalten musste, bevor ich mich wieder ins Auto legte, um weiterzuschlafen. Auch das eine Neuheit für mich: ich hatte bis um 23 Uhr gemütlich aufgebaut, den Mond bestaunt und im Vertrauen auf frisch geladene Akkus das ArgoNavis kalibriert und eingeschaltet gelassen, um mich anschließend noch eine Runde aus Ohr zu hauen, bis der Mond verschwunden war. Durchaus angenehm, muss ich sagen - sozusagen perfekt dunkeladaptiert am Beobachtungsplatz anzukommen und gleich loslegen zu können, hat was!
Die Milchstraße haut mich um, als ich gegen 1 Uhr aus dem Auto krabble: vom Schwan bis zur Schildwolke hinunter schwarze Staubwolken vor hellem Hintergrund, die hellen Bereiche ziehen sich bis in den Schützen. Der Plan ist, dort anzufangen und dann die Milchstraße hochzuarbeiten. Als erstes das Bad in der Lagune M8: mit UHC bei 63fach liegt eine dunkle Staubwolke in SW-NO-Richtung schräg drüber, die sich als dunkler Bogen in Richtung Nordwesten fortsetzt. Auch bei 125fach ist das alles noch sehr hell und dann wirklich formatfüllend. Das hellste Zentrum innerhalb des Bogens bleibt seltsam unscharf. Die (vermutlich) mit H-Beta sichtbaren Nebel weiter im Osten und in Richtung Trifidnebel zeigen sich nicht, das braucht wohl einen südlicheren Standort.
Überhaupt: mit dem SQM messen wäre mal eine Idee - Auto auf, Augen zukneifen (die Kofferraumbeleuchtung habe ich dummerweise nicht abgeklemmt) und Rumwühlen in der Kiste. Hmm, liegt wohl zu Hause. Immerhin hab ich sonst alles dabei, außer dem Gaskocher und dem Mokkakännchen für den Morgen. Das ist mir leider zu spät eingefallen. Nächstes Mal dann !
Weiter beim Trifidnebel M20, auch hier gleich bei bis zu 125x (das wird die Standardvergrößerung des Abends) - ein dunkles "T" brennt sich ein, aber auch der auf Fotos bläulichere Teil nördlich kommt als abgesetzter, schwächerer Nebel zum Vorschein. Hatte ich so auch nicht in Erinnerung.
Dann etwas Sucherei nach dem Schwanennebel M17 - die Kalibrierung ist jetzt doch ein Dreiviertelgrad daneben. Als ich ihn habe, wundere ich mich sehr: der bei kleineren Vergrößerungen makellos weiße Schwan zerfällt im Brust- und Bauchbereich heute in ein Mosaik von hellen Wölkchen, die durch dunkle Bänder getrennt sind. Ein bisschen erinnert es mich an M82. Ich entscheide mich für die Bezeichnung Schwanenhack , mit einem lebenden Schwan hat das nicht mehr viel gemein. Eine Zeichnung wäre sicher ein Projekt für eine ganze Nacht - die heutige ist definitiv zu kurz dafür. Ein querliegendes Wölckhen als Heckwelle zieht der Schwan auch noch hinter sich her.
Der Adlernebel M16 ist bei 125fach nur mit Mühe als Adler zu erkennen, groß und zu schwach. Ich halte wieder Ausschau nach Dunkelwolken, irgendwo müssten doch die Säulen der Schöpfung sein? Kann man die sehen? Mit der Zeit schält sich eine scharf abgesetzte Dunkelwolke neben dem Stern im Brustbereich raus, sie liegt längs zum Vogel. Sind sie das? Dann der göttliche Moment: blickweise gesellt sich eine zweite Säule dazu, auf der dem Stern abgewandten Seite. Das Bild ist jetzt eindeutig - ich werd verrückt
Etwas euphorisch wende ich mich dem Tulpennebel Sh2-101 zu und finde - rein gar nix. Gibt es den überhaupt? Auch ein Blick in den Atlas (der einzige des Abends) bringt mich nicht weiter, ich bin da schon richtig. Aber alles Field Sweeping und Augenverbiegen bringt nix. Seltsam. Vielleicht gibt es den doch nicht. Auch der Sichelnebel NGC6888 ist irgendwie enttäuschend, es ist wohl mal Zeit für eine Pause. Mittlerweile sind auch eineinhalb Stunden rum.
Nach etwas Müsliriegel und Beine vertreten mache ich zur Entspannung beim Cirrusnebel weiter. Pickerings Dreieck hat einen fein ziselierten Ausläufer Richtung Süden, leider bin ich nicht orientiert genug, um die allersüdlichsten Ausläufer des Cirruskomplex' in Angriff nehmen zu können. Manchmal wäre etwas Vorbereitung (in dem Fall der Ausdruck eines Fotos) doch nicht schlecht... so bleibt's beim Abfahren der Verästelungen links und rechts.
Das Seeing scheint recht brauchbar zu sein und M57 steht fast im Zenit, ich werfe alles an Vergrößerung rein, was ich habe, um einen ersten Versuch mit dem Zentralstern zu wagen mit dem Doppelzehner bei 357x. Phasenweise scheint etwas aufzublitzen, so richtig eindeutig ist es nicht, aber macht Hoffnung für ein weiteres Mal. Nach 20 Minuten lasse ich es auch gut sein.
Im Nordosten wird's schon heller, ich halte noch auf M15 und schaue danach zu, wie die Milchstraße langsam matter und der Himmel farbiger wird. Sehr angenehm, nicht abbauen zu müssen...
Fazit: auch kurze Nächte lassen sich prima nutzen und Aufbauen-Schlafen-Beobachten-Schlafen-Abbauen ist eine Option, die ich mir merken werde für Halbmondnächte. Das erweitert die Möglichkeiten doch erheblich.
Herzliche Grüße
Holger
P.S.: Eigentlich ist das ein Beobachtungsbericht vom 25.06., ist mir gerade erst aufgefallen...