Am Wochenende war schönes Wetter, aber andere Termine verhinderten das Sterngucken. Schon verrückt, erst ist ewig lang schlechtes Wetter und jetzt ist alles klar, aber man hat keine Zeit. Dann muss man eben in den sauren Apfel beißen und unter der Woche rausgehen und etwas müder in der Arbeit sein. Da ich am Dienstag zumindest etwas länger schlafen kann, bot sich der Montag, 12.6.23 förmlich an. Der Himmel war klar, die letzten Quellwolken haben sich verzogen und es kam ein trockener, aber teils intensiver Ostwind auf. Zumindest drohte diesmal kein Spiegel und kein Okular zu beschlagen.
Bis 22 Uhr saß ich noch an der Arbeit – Beruf geht vor – und dann konnte es losgehen. Schnell alles ins Auto gepackt, raus auf meinen Hügel, dort den 8-Zöller RC f/8 aufgebaut und… und bemerkt, dass ich meinen Fox Halo (die PowerBank) daheim vergessen habe. Also daheim angerufen, die Frau aus dem Bett geholt, die sich schon hingelegt hat, ihr erklärt, wo der Akku ist und dann auf ihre Ankunft gewartet. Zum Glück ist mein Hügel nicht weit weg. Meine Frau kam mit Hund, brachte dankenswerterweise den Akku, machte einen kleinen Abendspaziergang und fuhr dann wieder nach Hause. Zu müde zum Mitbeobachten (und insgesamt eher übersichtliches Interesse an der Astronomie). Venus strahlte um die Wette, Mars dagegen nur sehr schüchtern, aber trotz der ungeplanten Pause war ich mit dem Polaralignment und der 3-Sterne-Kalibirierung schneller fertig als die Dämmerung. Es wird ja eh erst spät dunkel und so ganz dunkel eh nicht mehr, aber für zwei Stunden zwischen 1 Uhr und 3 Uhr reicht es (und dann geht ja eh schon der Mond auf).
Der Ostwind war in Böen teils so stark, dass ich fast Sorge hatte, mein Teleskop könnte umgeweht werden, aber dafür hat es eben doch zu viel Masse. Zeichnen ist aber schwierig gewesen.
Auf dem Plan stand nochmal M 101 und die Supernova wobei ich damit warten wollte, bis es so dunkel wie möglich ist.
Im Süden zeigte sich ein Himmelsschauspiel. Obwohl es bis an die Alpen sternenklar war, wurde im Süden der Himmel immer wieder, teils auch heftig, erhellt. Über dem Alpenhauptkamm oder südlich davon standen mindestens zwei Gewitter (an zwei Punkten leuchtete es). Über mir hingegen keine Wolke. Kurz vor Mitternacht habe ich dann begonnen, die Augen waren gut dunkelangepasst und es hieß erstmal Sight Seeing…
M 13, der Herkules-Haufen: Schon bei 43× in viele Sterne aufgelöst, bei 81× ein grandioser Anblick – der "Mercedesstern" ist zu erkennen, auch ein paar der "dunklen Schläuche", bei 203× mit sehr vielen, auch schwachen Sternen. Wunderschön und beeindruckend wie immer.
Und wenn man schon da ist, dann kann man auch gleich nach einer nah gelegenen Galaxie schauen…
NGC 6207: Sehr auffällig und bei 81× sehr gut als länglich-ovaler Nebelfleck zu erkennen. Bei 203× (8mm-Okular) tat sich nicht viel mehr. Dass NGC 6207 aber so auffällig ist, lässt Gutes für die weitere Nacht erwarten.
Im Süden blitzte es weiter, aber die Milchstraße war bis an die Alpen zu erkennen. Der Skorpion dominierte den Süden und Epsilon Scorpii leuchtete auffallend hell, µ Scorpii war mit bloßem Auge zu erkennen, Shaula (Lamda Scorpii, der Stachel) sowieso und M 7 war ein auffälliger Nebelfleck für’s bloße Auge. Der Wolf machte sich dank Chi Lupi bemerkbar, wobei er schon den Südmeridian überschritten hatte. Rho Scorpii und die schwachen Deracrab Australis (Tau Lib) und Deracrab borealis (Ypsilon Lib) waren ebenfalls für das bloße Auge auffällig. Eta Lupi habe ich aber leider nicht mehr ausmachen können. Die Südliche Krone war später in der Nacht hoch genug, um potentiell gesehen zu werden, aber hier hat es nicht für die Einzelsterne gereicht, sondern nur für eine kleine Aufhellung, wo der helle Bogen sein müsste. Trotzdem ausnehmend gute Bedinungen am Südhorizont. Da Antares schon durch den Meridian gegangen ist und ich beim Abklappern des Südhimmels nicht aufstehen wollte, also keinen Meridianflip mitmachen wollte, habe ich auf meinen Lieblingskugelsternhaufen M 4 verzichtet und weiter östlich die kleine Südhimmelstour begonnen.
M 9 (7m8, 12’ Durchmesser) machte den Anfang, los geht’s also im Schlanmgenträger und ausreichend weit weg vom Horizont: Kompakt, hell, bei 81× deutlich granuliert, bei 203× mit 5 bis 7 Sternen, die sich indirekt beobachtet aus dem Nebelfleck herauslösen. Weitere Sterne blitzen nur kurzzeitig hervor und sind nicht zu halten. Auf Barnard 64 hatte ich leider nicht geachtet, ich war zu sehr von dem Kugelsternhaufen abgelenkt. Ich war aber nicht das letzte Mal in der Region unterwegs.
NGC 6356 (8m2, 10‘): Kompakter als M 9 wirkend, bei 81× am Rand ausgefranst wirkend, aber nicht aufgelöst, bei 203× deutlich granuliert und ein Stern blitzt immer wieder auf, ist aber nicht zu halten. Sterne am Rand des Nebelflecks sind wohl eher Feldsterne, da im dichten Milchstraßenhintergrund einige Sterne ab 12 mag vorhanden sind. Mein Eindruck ist, dass nicht viel fehlt, um hier die hellsten Sterne herauszukitzeln. dafür, dass NGC 6356 immerhin 50000 Lichtjahre entfernt von uns ist, ist das doch erstaunlich, finde ich.
NGC 6342 (9m5, 4,4‘) ist der letzte dieser drei sehr nah am Himmel sich befindenden Kugelsternhaufen: Bei 43× nur ein kleiner, schwacher Nebelfleck, der bei 81× eher wie eine Galaxie wirkt und nicht an einen Kugelsternhaufen erinnert. Bei 203× erscheint der Fleck nicht ganz rund, sondern eher breit ellipsoid, ein Eindruck, den das Foto bei SDSS bestätigt. Das macht ihn als Anblick dann doch interessant.
NGC 6287 (9m3, 4,8‘) liegt fast auf der Ekliptik. Wir gehen also weiter in Richtung Süden und gehen unter die -20° Deklination: Bei 81× mit hellerer Mitte, also als Kugelsternhaufen zu erahnen. Bei 203× fühlt sich das Nebelfleckchen etwas granuliert an, was den Eindruck eines Kugelsternhaufens unterstützt. Einzelsterne, die sichtbar sind, dürften Vordergrundsterne sein, die hier bei 13 mag anfangen.
NGC 6235 (8m9, 5,0‘) ist etwas weiter westlich, ebenfalls fast auf der Ekliptik: Trotz seiner Helligkeit von 8m9 wirkt dieser Kugelsternhaufen eher unspektakulär und sieht nur aus wie ein diffuser Fleck, der bei 203× indirekt betrachtet deutlich rundflächig ist, aber keine Körnigkeit aufweist.
IC 4634 (10m9, 8,4“): Ein auffallend heller Planetarischer Nebel, der bis 81× eher stellar wirkt und erst bei 203× etwas flächig, scheibchenartig wirkt bzw. wie ein unscharfer Stern. Mehr an Details war nicht zu erkennen.
NGC 6369 (11m4, 0,63‘) – Kleiner Geistnebel: Trotz „nur“ 11m4 wirkt dieser Planetarische Nebel auffallend hell. Schon bei 43× auffallend hell, bei 81× klar als Scheibchen zu erkennen. Bei 203× immer noch gleichmäßig diffus, nicht als Ring zu erkennen und auch ohne hervortretenden Zentralstern. Indirekt betrachtet wirkt er auch hier sehr hell und immer noch rund. Wäre ein Objekt zum Fotografieren. Im Englischen wird er auch als Little Ghost Nebula bezeichnet.
M 19 (7m5, 15‘): Weiter geht es mit einem klassischen Messier-Objekt, wieder einem Kugelsternhaufen. Auffallend hell, nicht kreisrund erscheinend; bei 203× werden die ersten Einzelsterne aufgelöst; die Abweichung von der kreisrunden Form zeigt sich deutlich und es macht den Eindruck, als würde der Haufen auf seiner Südseite verlängert sein und einen nicht so flächenhellen Ausläufer bilden, also eine Asymmetrie mit weniger dichten Sternen, die ein dunkleres Grau bilden. Sehr interessant.
M 62 (6m4, 14,1‘): Wirkt sehr kompakt mit einem deutlich helleren Kern; bei 81× und 203× erscheint auf dem runden Hintergrundnebel ein an ein Caro erinnernder Bereich heller abgesetzt zu sein. Der Nebel selbst wirkt granuliert, Einzelsterne konnten aber nicht aufgelöst werden. Wir sind jetzt aber schon bei einer Deklination knapp unter -30° angekommen. Ich hätte trotzdem erwartet, einen so hellen Kugelsternhaufen aufzulösen. Wie auch immer…
Hier, im südlichen Ausläufer des Schlangenträgers liegen weitere Kugelsternhaufen, aber es zog mich weiter nach Süden. Das Fernweh nach sonst unerreichbaren Gefilden… Also springen wir ganz nach Süden zum Stachel des Skorpions, denn dort wartet ein Objekt von der Hidden Treasure-Liste:
NGC 6441 (7m2, 9,6‘): Neben einem auffallend hellen Stern (Fuyue bzw. G Scorpii oder HD 161892, 3m2 hell) steht dieser kompakte, dichte Kugelsternhaufen. Der Stern zeigte aufgrund der südlichen Lage, also der Nähe zum Horizont, eine deutliche Diffraktion und zauberte ein helles, wunderschönes Regenbogenmuster ins Teleskop – Physik zum live Beobachten. Der Kugelsternhaufen ist zu lichtschwach, um hier visuell genauso farblich zu schimmern. Die Nähe zu dem hellen Vordergrundstern gibt dem Haufen eine ästhetische Wirkung. Vermutlich hat ihn daher O'Meara in seine Hidden Treasures als Nr. 86 aufgenommen. Im Englischen heißt er auch Silver Nugget Nebula. Beobachtet habe ich bei 81×und 203× Vergrößerung. Einzelsterne konnte ich nicht herauskitzeln, aber die Deklination von -37° macht es nicht einfach.
NGC 6396 (8m5, 3,0‘): Ein netter, kleiner Offener Sternhaufen westlich von Messier 7, der bei 81× noch nebelig erscheint, aber bei 203× einige schwache, locker verteilte Einzelsterne zeigt. Die hellsten fangen bei ca. 10m5 an. Der Sternhaufen ist klein und kompakt, ist aber nur 3900 Lichtjahre von uns entfernt.
Unterhalb des Hügels kam nun ein Auto vorbeigefahren. Ich hatte das Auto vorher schon in die Gegenrichtung fahren und dann in einen Waldweg einbiegen gesehen, also mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Jäger. Und klar, natürlich bog das Auto dann in die Straße ein, die hoch zu meinem Hügel führt. Also habe ich direkt meine rote Stirnlampe angemacht und ging dem Auto entgegen, dabei auf den Boden schauend, um nicht geblendet zu werden. Zum Glück kenne ich mittlerweile einige der Jäger und die mich. Jedenfalls machte der Fahrer dann die Scheinwerfer aus und fuhr mit Standlicht weiter zu mir, um dann das Licht gleich direkt auszumachen. Wie immer gab es ein nettes, freundliches Gespräch über das, was man sehen kann und darüber, wie es für ihn lief. Er meinte, ihm sei recht klar gewesen, wer da oben sei, aber wenn jemand nachts mit kleinem Rotlicht (auch meine Montierung leuchtet ein bisserl) ist, dann müsse er immer prüfen, ob ein Wilderer unterwegs sei. Er drehte dann ohne Licht um, nutze dann wieder erst das Standlicht und als er weit genug weg war, erst wieder die volle Beleuchtung. Coole Sache. Bisher hatte ich wirklich nur sehr nette Begegnungen und noch nie musste oder sollte ich das Teleskop zur Seite räumen. Und der Blendfaktor war auch recht gering, sodass es recht bald wieder weiter gehen sollte. Es ergab aber Sinn, mit einem sehr hellen Objekt zu beginnen und sich wieder einzuschauen…
M 7 (3m3, 80‘), der Ptomelaeus-Haufen: Der Anblick war bei 43× grandios – der Haufen passt gerade noch ins Gesichtsfeld und es waren sehr viele, auch schwache Sterne zu erkennen. Wenn man diesen Haufen deutlich mit bloßem Auge sehen kann, lohnt es sich einfach, ihn auch mit dem Teleskop aufzusuchen. Das Sternmuster erinnert mich hier durchaus an einen Schmetterling, auch wenn nicht er, sondern der Nachbarhaufen M 6 Schmetterlingshaufen genannt wird. Ein tolles Objekt für's Fernglas oder Teleskop bei geringer Vergrößerung. Dass ich nicht gut auf diesen Südtrip vorbereitet war, erkennt man an der mangelnden Vorbereitung. NGC 6453 ist mir z.B. nicht aufgefallen, ein Kugelsternhaufen hinter M 7 (am Westrand). NGC 6455 hätte ich auch rauskitzeln können – es ist ein kleiner Asterismus, der früher für einen Offenen Sternhaufen gehalten wurde, aber eben nur eine kleine Sterngruppe auf kleinstem Raum (1 Bogenminute Durchmesser) ist. Auch dieser liegt am Rand, aber noch innerhalb von M 7. Ich hätte quasi aus Herschels Spuren unterwegs sein können, der ihn 1837 entdeckte. Trumpler 30 wäre auch nicht weit weg gewesen und auf Barnard 287 hätte ich auch achten können. Ich werde aber sicher nicht das letzte Mal M 7 aufgesucht haben. Nur sind die Bedingungen nicht immer wirklich gut.
M 6 (4m2, 33‘), der Schmetterlingshaufen: Von M 7 aus zog es mich quasi von allein zu M 6. Das ist obligatorisch. Und ich kann nur sagen: sehr schöne Sternketten auf engem Raum. Einen Schmetterling sehe ich hier zwar eher nicht, da die "Flügel" zu schmal sind, bzw. wenn ich die schmalen Flügel als Körper interpretiere, dann wirken die breiteren Flügel, die senkrecht dazu liegen, durch den hellen, auffälligen, variablen Stern BM Scorpii zu asymmetrisch. Wie auch immer, besonders auffällig ist genau dieser Stern, BM Scorpii, der sich am Ostende einer Sternenkette befindet und auch zu M 6 gehört. Er ist vom Spektraltyp K2.5lb und schwankt zwischen 5m25 und 6m46. Eine Helligkeitsschätzung habe ich nicht vorgenommen, aber ich habe seine wunderschöne tief orange wirkende Farbe genossen. M 6 ist kompakter und kleiner als M 7, muss sich aber vor seinem "großen Bruder" nicht verstecken.
Eigentlich ruft ja schon die ganze Zeit M 101, aber ich konnte mich einfach nicht vom Südhimmel losreißen. Also ging es westlich von M 6 weiter…
NGC 6383 (5m5, 20‘): Es handelt sich hier um einen äußerst jungen Offenen Sternhaufen, der noch keine 4 Millionen Jahre alt ist und in dem immer noch Sternentstehung abläuft bzw. der noch einige Prä-Hauptreihensterne enthält. Ihn umgibt auf der Ostseite ein sehr großer blauer Reflexionsnebel, der fast bis rüber zu M 6 reicht und der natürlich im Teleskop nicht sichtbar war. Um den mit 5m7 sehr hellen Stern HD 159176 findet man zahlreiche Sterne um die 11. Größenklasse, was den Haufen etwas an den Tau Canis Majoris-Haufen erinnert. Weiter westlich findet man weitere Sterne rund um 9 mag, die eine längliche Verdichtung ausmachen, aber ob sie zum Haufen im engen Sinn gehören, lässt sich am Teleskop schwer entscheiden. Das kleine Gewimmel um HD 159176 ist bei 203× sehr hübsch anzuschauen. Es ist eh der Wahnsinn, wie viele schöne und interessante Offene Sternhaufen auf engstem Raum zu finden sind. Die südliche Sommermilchstraße ist einfach nur ein Traum.
NGC 6416 (5m7, 15‘): Direkt östlich von M 6 ist dieser ausgesprochen nette Offene Sternhaufen zu finden. Er ist recht groß, sodass er bei 81× bildfüllend ist. Zwei Sterne mit 8m5 respektive 9m stechen hervor, der Rest fängt knapp jenseits der 10. Größenklasse an. Sehr auffällig ist, dass die Sterne eine lange, gewundene Kette bilden, die ein großes S bildet, von dem dann eine weitere, geschwungene Linie nach Süden abgeht. Sieht wirklich schön aus.
NGC 6425 (7m2, 10‘): Eine kleine Sterngruppe, von dem ein sehr kleines Dreieck dominiert, wird von einer Sternkette eingeschlossen. Man sieht keinen dichten, kompakten Haufen, sondern nur dieses lockere Muster, welches an einen Rochen erinnern kann oder an einen Flugdrachen. Der Hintergrund wirkt relativ sternarm, was durch eine kräftige Dunkelwolke bedingt ist, die offenbar hinter dem uns doch mit 2500 Lichtjahren recht nahen Haufen positioniert ist.
NGC 6451 (8m2, 8‘): Der Hintergrund wirkt sehr sternarm, obwohl der Sternhaufen fast vor dem galaktischen Zentrum steht, was sehr anschaulich die dickten Dunkelwolken hier zeigt. Auf Wikisky ist im Hintergrund zwar eine dichte Sternwolke zu erkennen, der Haufen liegt aber an deren Rand und die Sternwolke erscheint hier schon schwächer als etwas weiter östlich. Der Randbereich der großen Dunkelwolke, die z.B. NGC 6425 in einer quasi hintergrundsternlosen Region erscheinen lässt, dunkelt also für einen 8-Zöller und der Horizontnähe so weit ab, dass auch hier alles sternarm wirkt. Bei 203× fallen 5 hellere Sterne auf und zusätzlich einige, funkelnde, schwächere Sterne. Der Haufen füllt dann das Gesichtsfeld aus und zeigt schöne Sternmuster. Lohnenswert!
NGC 6520 (7m6, 5‘): Dead Man's Chest – die Brust des toten Manns… Da hat O'Meara mal wieder einen Namen kreiert… Aufgenommen in die Liste der Hidden Treasures als Nr. 88 und in der Tat, dieser Offene Sternhaufen ist mit der schönste, den ich bisher gesehen habe, was an seiner Umgebung liegt. Direkt westlich schließt sich nämlich mit Barnard 86 der sogenannte Tintenfleck an, eine absolut dunkle Bok-Globule. Am Rand dieser Globule wiederum leuchtet HIP 88384 tief orangerot wie ein Scheinwerfer (6m7, Spektralklasse K4III, immerhin 11247 Lichtjahre entfernt, also ein Monster eines Roten Riesen). NGC 6520 selbst ist klein, kompakt, zeigt vier herausstechend hellere Sterne (8m8-9m1, dann ab 10m3 viele Sterne), was mit seinem jungen Alter korrespondiert, und im Hintergrund einige schwächere Mitgliedssterne (eben ab 10m3). Die Dunkelwolke hat physisch aber nichts mit NGC 6520 zu tun, dieser ist also nicht aus ihr entstanden (laut Odell 2014 – https://iopscience.iop.org/art…088/0004-6256/147/1/7/pdf).
Barnard 86: Ich habe es oben ja schon angedeutet… Der Tintenklecks wirkt auf grauem Hintergrund (Milchstraße) wie ein tief schwarzer Fleck. Er sieht im Teleskop aber größer aus als auf lang belichteten Aufnahmen: Beginnend bei dem orangeroten Stern HIP 88384, der westlich des Nordendes der Dunkelwolke steht, ist es nach Süden und dann Osten sehr dunkel, wobei die Dunkelwolke eine kleine Sterngruppe umschließt, die eine von Norden kommende, schmale Halbinsel in den dunklen Nebel bildet, um dann südlich des Sternhaufens NGC 6520 zu enden und dessen Rand zu bilden. Hierbei zieht sich die Dunkelwolke direkt am Westrand des Haufens nach Norden. Es sieht wirklich so aus, als wäre hier Tinte verlaufen und der Sternhaufen und die Sterngruppe seinen etwas erhöht, die Tinte ist um sie herum ausgelaufen. Die Dunkelwolke ist bei 43× und 82× besonders schön, bei 203× ist der Eindruck viel schwächer, da der gesamte Hintergrund abgedunkelt ist. Zum Glück ist das Objekt mit eine Deklination von -27°50' noch hoch genug stehend, um die Dunkelwolke als schwarz vor grauem Milchstraßenhintergrund wirken zu lassen. Zusammen mit dem Offenen Sternhaufen NGC 6520 atemberaubend schön.
Als kleines Fazit hier: ich habe einen neuen Lieblingssternhaufen: NGC 6520 mit Barnard 86 – was für ein traumhaft schönes Objektpaar! Und dieses wirklich dunkle Schwarz, unglaublich!
NGC 6558 (8m6, 4,2‘): Ein sehr kleiner, kompakter Kugelsternhaufen, der bei 81× nur schwach zu erkennen war, dann aber, als die Position klar war, indirekt betrachtet deutlicher wurde, wobei nun erkennbar war, dass das Zentrum heller als die Randbereiche ist. Im Vergleich zu NGC 6520 kam er aber recht langweilig rüber und ich habe ihm vielleicht Unrecht getan, nicht mehr auf’s 8mm-Okular zu wechseln, ihn also nicht bei 203× anzuschauen.
NGC 6569 (8m7?, 6,4‘): Deutlich heller und größer als NGC 6558, obwohl er laut Wikipedia nur 9m47 hell sein soll. Wikisky gibt für NGC 6569 hingegen 8m7 an. Wie auch immer, er wirkt größer und zugleich heller als sein Nachbar. Bei 203× erscheint der Nebel etwas inhomogen, aber es sind noch keine Einzelsterne auflösbar.
M 22 (5m5, 32‘) war nun reines Sight Seeing, denn ich mag dieses Objekt einfach: M 22 wird schon bei 43× in zahllose Einzelsterne ausgelöst und wirkt kräftig, groß und imposanter als M 13. Bei 81× sieht dieser Kugelsternhaufen bzw. nackte Kern einer Zwerggalaxie hell, funkelnd und wunderschön aus.
IC 1297 (10m7, 24“): Dieser kleine, Planetarische Nebel in der Südlichen Krone steht mit -39°37' schon sehr weit südlich und schaut nur knapp über die Alpen hervor, zumal er noch nicht ganz im Meridian stand (aber es fehlte nicht viel). Der Nebel war nicht flächig zu erkennen, sodass nicht klar ist, ob es nun nur der Zentralstern RU CrA war, der mit 10m8-11m1 im Vergleich zum Nebel mit 10m7 schon sehr hell ist, den ich gesehen habe oder ob es die Mischung aus Stern und Nebel war. Das Auffinden war dank GoTo natürlich einfach, und auch durch die Nähe zu Beta CrA war es einfach, die Position zu verifizieren. Rukbat (Alpha Sag) war leider nicht zu sehen, da dieser von den Alpen verdeckt war. Der Versuch, IC 1297 zu sehen, war eher ein Test des Himmels am Horizonts als eine wirkliche Hoffnung, hier ein flächiges Objekt erkennen zu können. Bei 203× war wie gesagt kein wirkliches Scheibchen zu erkennen, er wirkte nur stellar. Interessant fand, dann weiter nach Süden die Berge anzusehen – die Alpenkette war kaum erkennbar (die Gewitter waren mittlerweile weg oder nicht mehr so intensiv blitzend), lag aber mit im Gesichtsfeld. Der vor den Alpen gelegene Hohe Peißenberg mit seinen Lichtern konnte durch etwas weiter nach Süden Schwenken gesehen werden. Hierbei waren die Lichter vom Hohen Peißenberg, der doch einige Kilometer entfernt ist, bei 203× sehr unscharf. 20 Kilometer sind eben bei 203× noch lange nicht „Unendlich“. Das zu sehen, fand ich sehr nett. Das Scharfstellen auf das Kloster war dann ganz interessant, denn auch hier war die Luftqualität offenbar sehr gut und es sah nicht aus wie eine Unterwasserwelt.
NGC 6723 (6m8, 13‘): Etwas weiter westlich, wieder im Schützen, aber direkt an der Grenze zur Südlichen Krone steht dieser Kugelsternhaufen, etwas nordöstlich von Epsilon CrA. Bei 43× war er kaum zu erkennen, bei 81× wirkte er als diffuser Fleck. 203× brachte abgesehen von einem deutlich größeren Nebelfleck keine näheren Details zum Vorschein, obwohl er eigentlich sehr hell ist.
Hm, M 101 wanderte langsam in Richtung Nordwesten weg und es wurde Zeit, die Supernova zu besuchen. Also noch schnell ein paar Messier-Objekte im Schützen bewundern (plus ein letztes NGC-Objekt) und dann ab zum Nordhimmel…
M 69 (8m3, 7,1‘): Ein heller, kompakter Kugelsternhaufen, der erst bei 203× granuliert wirkte und aus dem dann ab und zu mal ein Sternaufblitzt, der aber nicht gehalten werden kann. Etwas mehr Öffnung und man müsste wohl einige Sternchen funkeln sehen.
M 70 (9m06, 7,8‘): M 70 wirkt noch kompakter als M 69, obwohl er sogar etwas größer sein soll und zeigt einen fast stellar hellen Kern. Offenbar werden die schwächeren Außenbereiche nicht mehr erkannt. Auch bei 203× konnten keine Einzelsterne aufgelöst werden und der Nebel wirkt noch nicht granuliert.
NGC 6652 (8m2, 6‘): Nach M 69 und M 70 liegt es nahe, auch noch NGC 6652 anzusehen, der etwas südlich der Verbindungslinie beider Messierobjekte liegt. Mit 8m2 ist er sogar heller als die beiden Messier-Kugelsternhaufen, aber kleiner und noch kompakter mit seinen nur 6 Bogenminuten Durchmesser. Direkt nordwestlich von ihm steht mit HD 171296 ein 6m86 heller Stern. Bei 203× konnten zwar keine Sterne aufgelöst werden, der Haufen wirkt aber zumindest etwas ausgefranst. Er hätte es auf alle Fälle verdient, in den Messier-Katalog aufgenommen zu werden.
M 54 (7m8, 9,1‘): M 54 wirkt sehr hell, kompakt, aber auch bei 203× werden keine Sterne aufgelöst. Der Nebelfleck wirkt hier aber zumindest granuliert und zudem am Rand etwas unregelmäßig – weit weg vom Auflösen ist das also nicht entfernt.
M 55 (7m4, 19‘): Groß, hell, bei 81× schon bis ins Zentrum in zahllose Einzelsterne aufgelöst. Bei 203× wirkt das wunderschön. Was für ein Abschluss der Horizontwanderung im Süden.
So viele Objekte zwischen -30° und -39°, es hat sich wirklich gelohnt. Vielleicht ist es so wie mit den Kirschen aus Nachbars Garten. Die Objekte, die eigentlich zu südlich liegen, will man dann doch anschauen, auch wenn sie höher am Himmel natürlich besser zu beobachten wären. Auf der anderen Seite schadet es auch nicht, sich das eine oder andere südliche Objekt schonmal von hierzulande aus angeschaut zu haben, falls man doch mal in den Süden reist, um dort im Urlaub zu spechteln. Der Südhimmel hat irgendwie schon eine magische Anziehungskraft. Zudem ist der Skorpion auch für’s bloße Auge ein eindrucksvolles Sternbild. Ich habe ihn auch schon senkrecht über mir gesehen und aus Patagonien auch nördlich von mir, aber selbst bei uns, wo er westlich des Stachels den Horizont kratzt, sieht er toll aus, finde ich. Aber jetzt ging’s zur Supernova…
M 101 mit SN 2023ixf: Ich hatte mir meine Zeichnung vom ersten Besuch invertiert ausgedruckt, um zu vergleichen, ob ich jetzt mehr sehe. Und in der Tat waren ein paar Sterne mehr erkennbar, also etwas mehr Tiefe vorhanden. Den Spiralarm mit der Supernova habe ich auch wieder angedeutet erkannt und ich meine auch, den zweiten eventuell (?) ab und zu gesehen zu haben. Viel Unterschied war es aber nicht zum Erstbesuch. Die neue Zeichnung muss sich erst noch auswerten. Visuell habe ich die Supernova auf 11m6 geschätzt (über Vergleich mit Nachbarsternen). Ich bin da aber nicht sehr geübt, also mit entsprechender Fehlerbreite. Ich hätte eigentlich früher zu M 101 schwenken müssen, aber ich wurde ja am Südhimmel „aufgehalten“ und das hat sich auch gelohnt. Die Supernova zu sehen, ging auch jetzt noch, später in der Nacht und Details in M 101 sind eh besser in einer langen, sehr dunklen Nacht zu beobachten.
Es ging jetzt schon auf die 3 Uhr zu und ich musste ja doch noch etwas schlafen, damit ich den Arbeitstag überstehe. Also noch einmal was Hübsches im Schwan anschauen:
Leiter 9 („Kleiner Orion“): Leiter 9 ist ein sehr auffälliges Sternmuster, wobei es mich an den Orion nach der Explosion von Beteigeuze erinnert hat, denn für mich steht HD 199547 zu weit aus dem klassischen Orionmuster herausgezogen. Genau genommen fehlt also nicht Beteigeuze, sondern es fehlen Bellatrix und Meissa, aber die Ähnlichkeit mit dem Orion ist schon frappierend. Ein nettes und praktisches Muster, da es ja den hellsten Teil des Nordamerikanebels anzeigt (wobei es selber vor der Dunkelwolke steht, die vorgelagert ist).
NGC 7000 (Nordamerikanebel, hier die „Cygnus-Wand“): Vom Sternmuster des kleinen Orions ausgehend ist westlich von diesem eine auffallend helle, schräg verlaufende Nebelregion ohne Filter erkennbar. Der Nebel fällt bei 43× direkt ins Auge und ist der hellste Teil des Nordamerikanebels. "Der Golf von Mexiko" und "Florida" waren nicht zu erkennen bzw. es fehlte leider die Zeit, um hier in aller Ruhe nach den Nebelausläufern zu schauen oder Filter anzusetzen. Dass "die Wand" aber so klar, hell und kontrastreich abgrenzbar war, hat mich positiv überrascht.
Der Mond ist auch schon aufgegangen, Saturn leuchtete sanft und Jupiter müsste auch gleich kommen (nahe beim Mond). Aber dafür war jetzt keine Zeit mehr – schnell alles abgebaut, rein ins Auto, ab nach Hause und für ein paar kurze Stunden in die Falle. Die Müdigkeit am Folgetag hat sich aber gelohnt. Die Erinnerungen an diese tolle Nacht bleiben lange erhalten.
Liebe Grüße,
Christoph
P.S.: Beobachtet nahe Dettenschwang, etwas südliche vom 48. Breitengrad mit meinem 8" RC f/8 und 38mm-, 20mm - und 8mm-Okular