C11: Böse Falle, und Schmidtplatte im Eimer.

  • Die Schmidtplatte ist wohl im Eimer:



    Was war passiert? Der Besitzer wollte eigentlich zu mir kommen, weil er ein Problem mit dem neuen feinuntersetzten Fokussierknopf hatte. Den hatte er ausgebaut und das wohl vergessen, als er das C11 hochhob, um es ins Auto zu wuchten.


    Der Hauptspiegel wird entlang der optischen Achse nur mit dem Fokussierknopf gehalten. Fehlt der, macht er einen Abgang, wenn das Teleskop kopfueber gestellt wird. Es gibt zwar noch einen Sprengring, aber der hatte bei einem beschleunigten massiven Hauptspiegel keine Chance. Der Hauptspiegel liegt drinnen,



    Erstmal sauber machen. Das Innere kam mir bekannt vor, ich kenne die Klebstreifen, mit denen ich die Pappstreifen in Schach hielt. Es kommt heraus, dass der Besitzer das Geraet gebraucht kaufte, und der Vorbesitzer hat es vorm Verkauf bei mir warten lassen. Klein ist die Welt!



    Die Ueberlebenden. Dem Hauptspiegel ist nichts passiert. Ging wie eine Abrissbirne durch die Schmidtplatte, und das Fangspiegelblendrohr hat den Fangspiegel geschuetzt.



    So sieht uebrigens der Hauptspiegel eines C11 aelterer Bauart - kein Edge HD, aber schon Fastar - von hinten aus.



    Der Besitzer hat die Ersatzschmidtplatte bestellt, denn zum Glueck gibt es hier in England einen Haendler, der sie anbietet. 475 Englische Pfund ... so wird in der naechsten Woche die Augenoperation anstehen.

  • Oha...

    Bin mal gespannt, wie Du die Justage hinbekommst - ich freue mich auf weitere Berichte!


    Gruß, Jochen

  • JSchmoll

    Hat den Titel des Themas von „C11 ... boese Falle --> Platte im Eimer.“ zu „C11: böse Falle, und Schmidtplatte im Eimer.“ geändert.
  • Oh - beängstigend, beeindruckende Bilder.


    Baut man den Fokussierknopf bewusst aus, oder bekommt man den Hauptspiegel auch durch "zu weit" fokussieren lose?

    Frage für meinen EdgeHD 8 - dem würde ich dieses Schicksal gern ersparen.


    Viele Grüße,

    Frank

  • Hallo an alle und danke fuer Eure Kommentare. Und wie Tom schrieb, die Gewindeschraube im Fokussierknopf hat eine Unterlegscheibe aufgeschraubt, die irgendwann beim Fokussieren nach aussen die Mutter trifft und dann ist Schluss. Beim Demontieren des Fokussierknopfes muss erst der Handgriff entfernt werden, und dann eben diese Unterlegscheibe. Dann laesst sich die Gewindestange bei horizontalem (!!!) Teleskop ganz herausdrehen. Hierzu muessen auch die drei Schrauben, die den Fokussierer an der Spiegelzelle befestigen, entfernt werden. So liegt dann die mit der Hauptspiegelbuchse verbundene Gewindestange in dem Loch in der Hauptspiegelzelle beziehungsweise sie laesst sich durch lateres Verschieben von dem Stift entfernen, der starr mit der Hauptspiegelbuchse verbunden ist.


    Normalerweise wird die Stellschraube in einem Rutsch entfernt und durch die neue Schraube ersetzt, wobei das Teleskop horizontal auf dem Operationstisch liegenbleibt. Kommt man dagegen auf die Idee, es zu transportieren, stehen die Chancen gut, dass es zum oben beschriebenen Unfall kommt.

  • Nun zu den guten Nachrichten:


    Die Schmidtplatte traf mit einiger Verspaetung bei mir ein, und heute konnte ich mich in einer stillen Mittagsstunde in die Werkstatt schleichen, um das C11 zu operieren.


    Zunaechst die Drecksarbeit: Celestron hat ja diese weichen Aluminiumpins, die die Staubschutzkappe per Bajonett halten. Die muessen zum Entnehmen und Bestuecken der Schmidtplatte weichen, aber sie gehen dabei kaputt. Keine gute Loesung. Besser: M4x6mm Inbus-Pilzkopfschrauben aus schwarzem Edelstahl. Also erstmal auf 3.3mm aufbohren und Gewinde schneiden. Dann die Schrauben erstmal locker eindrehen und mit feuchten Taschentuechern den enstandenen Metallstaub entfernen.


         


    Hier ist die Schmidtplatte drin:


         


    Sie hat die Anreise ohne Blessuren ueberstanden. Erstmal den Fangspiegel aus dem luftdichten Lebensmittelcontainer geholt, wo ich ihn staubdicht aufbewahrte. Dann Schmidtplatte drauf, und Blendrohr aufgeschraubt. EIn bisschen fummelig, da Feingewinde und Plastik. Nach einigen Anlaeufen klappte es. Hierzu trug ich Gummihandschuhe, um die neue Platte nicht gleich mit Fingerfett zu verzieren.


      


    Dann ging es ins Teleskop, das ich dafuer in einer Nische vertikal aufstellte. Ein bisschen fummelig, die Plastikstreifen buendig auf die Loecher zu bekommen. Deswegen hatte ich damals schon Klebstreifen angebracht. Interessant auch, dass es bei diesem Celestronmodell keine radialen Korkstuecke gibt, und auch keine radialen Stellschrauben. Die Platte wird in den Weichplastikstreifen eingedrueckt und per Augenmass zentriert. Nach einigem Hin und Her liessen sich alle acht Schrauben ueberzeugen, schlussendlich in ihre Loecher zu gehen.

     


    Fertig!



    In einem Anfall jugendlichen Eifers (Mittagspause war noch nicht vorbei) habe ich das Geraet gleich am kuenstlichen Stern justieren wollen. Auf den Gartentisch damit! Und den kuenstlichen Stern auf die Hollywoodschaukel (so hiessen die Teile zumindest in den 1970ern) 25m entfernt.


         


    Doch oh je ... die defokussierten Sternabbilder zeigten allerlei barocke Spielkartenfiguren, wobei diese nicht stillstanden. Die Mittagssonne knallte auf den schwarzen Tubus. Was soll schon schiefgehen.


    Also wieder in die Werkstatt damit, und das Kollimieren abends wiederholt.

            


    Und jetzt klappte das auch: Es ar also nur die Thermik, die eine Justage in der prallen Mittagssonne unmoegilch machte!


    Nach einigen Minuten hatte ich in Bildfeldmitte ein vollkommen symmetrisches Abbild, das gleichmaessig zu einem Stern zusammenlief. Das auch mit 1400x am 2mm-Okular bei 2800mm Brennweite. Intra- und extrafokal waren natuerlich Unterschiede in der radialen Helligkeitsverteilung sichtbar, da mein Objekt nicht im Unendlichen liegt und es deshalb sphaerische Aberration gibt. Aber zum Kollimieren langt das, und am Stern sollte dieses Instrument eine gute Figur abgeben.


    Morgen gehts wieder zurueck zum Besitzer.

  • JSchmoll

    Hat den Titel des Themas von „C11: böse Falle, und Schmidtplatte im Eimer.“ zu „C11: Böse Falle, und Schmidtplatte im Eimer.“ geändert.
  • Hallo Jürgen,


    Wer ist dieser tolle Hersteller der Ersatz-Platten? Und liefert der nur nach Nordostengland? Aus alten Zeiten gibt es die Geschichten, dass bei Celestron aufgrund Fertigungstoleranzen die Optiksets untereinander hinoptimiert wurden. D.H. Spiegel und S-Platte haben beide ihre Produktionsfehler und werden dann zusammen-kompensiert. Ist da was dran? Das würde bedeuten, dass man in einem kompensierten Set nicht 'einfach' eine generische S-Platte ersetzen kann. Sicher ist das heute anders, die Produktion aller Komponenten arbeitet in korrekten Toleranzen und man kann Teile 'tauschen'.


    Hat die Platte eine markeierte Vorder-/Rückseite, die beim Einbau zu berücksichtigen ist? Was wird als Vergütung angeboten?


    Die Glasfarbe der neuen Platte an der Kante sieht so weiß / grünlich aus. Weiß man was das fü Glas ist? (BK7???)


    Cheers & Clear Skies,

    Gert

  • Hallo Gert,


    ich kaufe die Platten von einem kleinen Haendler (Marcus Grover, Northallerton), der sie von Celestron UK bezieht. Sie kommen breitbandverguetet, und sie haben keinerlei Bezeichnungen bezueglich Einbaurichtung. Es sollte bei einer Schmidtplatte aber auch nicht viel ausmachen, da die andere Seite ja plan ist.


    Als mich Marcus fragte, ob ich fuer einen seiner Kunden eine Platte einbauen koennte, war ich auch erst skeptisch. Aber bislang hat das immer auf Anhieb geklappt. Sie muessen also hinreichend rotationssymmertrisch sein.

  • Uhh... das ging dann ja relativ schmerzfrei ab... ^^  :thumbup:


    Aus alten Zeiten gibt es die Geschichten, dass bei Celestron aufgrund Fertigungstoleranzen die Optiksets untereinander hinoptimiert wurden. D.H. Spiegel und S-Platte haben beide ihre Produktionsfehler und werden dann zusammen-kompensiert. Ist da was dran? Das würde bedeuten, dass man in einem kompensierten Set nicht 'einfach' eine generische S-Platte ersetzen kann.

    Das hatte ich auch mal irgendwo gelesen - ich hatte mir den Umbau wesentlich abenteuerlicher vorgestellt.


    Sie muessen also hinreichend rotationssymmertrisch sein.

    Ebenso habe ich mal irgendwo (evt. sogar in einem früheren Bericht von Dir, Jürgen?) gelesen, dass bei Entnahme der Schmidtplatte (z.B. zu Reinigungszwecken) diese markiert werden muss um sie später exakt so wieder einzusetzen. Ist das dann auch hinfällig?


    Gruß, Jochen

  • Zitat

    Ebenso habe ich mal irgendwo (evt. sogar in einem früheren Bericht von Dir, Jürgen?) gelesen, dass bei Entnahme der Schmidtplatte (z.B. zu Reinigungszwecken) diese markiert werden muss um sie später exakt so wieder einzusetzen. Ist das dann auch hinfällig?

    Hi Jochen,


    ich wuerde das trotzdem rein vorsichtshalber tun. Ich habe mal als Teenager das Teleskop meines Mentors (ein Pfarrer, der mich zusammen mit einem anderen Amateur zur Astronomie brachte) komplett zerlegt und gereinigt. Es war eines dieser orangen C8 aus den fruehen 1980er Jahren. Nach Wiederzusammenbau war dieses nicht mehr richtig scharf zu bekommen, trotz Fangspiegeljustage. Es musste nach Vehrenberg eingeschickt werden, um dort auf der optischen Bank justiert zu werden. Also war es bei dem Geraet notwendig, den Drehwinkel einzuhalten - was ich damals nicht wusste.

    Bei moderen Geraeten scheint das keine Rolle mehr zu spielen. Aber so eine Markierung ist schnell gesetzt und senkt das Risiko, spaeter Aerger zu haben.

  • Nach Wiederzusammenbau war dieses nicht mehr richtig scharf zu bekommen, trotz Fangspiegeljustage. Es musste nach Vehrenberg eingeschickt werden, um dort auf der optischen Bank justiert zu werden. Also war es bei dem Geraet notwendig, den Drehwinkel einzubehalten

    Hi Jürgen - genau, daran meine ich mich zu erinnern...


    Gruß, Jochen


    Edit - es war dieser Beitrag: ;)


  • Ich kenne das mit dem Aussuchen der Schmidtplatten zum passenden Spiegel von früher auch, stand wohl sogar in der Werbung. Das war noch früher bei der Handfertigung, wo unweigerlich die Toleranzen größer sein mussten. Ich denke, Celestron verwendet heute Polierroboter, wo ohne wesentliche Handeingriffe mit engen Toleranzen poliert werden kann.

  • Hi!


    Soweit ich weiß, sind/waren Haupt- und Sekundärspiegel aufeinander abgestimmt und retuschiert. Deshalb sollte man auch tunlichst darauf achten, den Fangspiegel nicht zu verdrehen (Bei denen mit Fastar ist die Schrift auf die Schiene am Teleskop ausgerichtet).


    Die Schmidtplatte ist nicht so kritisch.


    Beste Grüße,

    Alex

  • Hi Alex,


    auch mit dem Fangspiegel scheint es nicht mehr so kritisch zu sein. Diese Vermutung hatte ich auch mal, aber nach mittlerweile vier SCTs, wo ich den Fangspiegel nach Schmidtplattenwechsel unter zufaelliger Drehung eingebaut habe, komme ich zum Schluss, dass heutige Systeme rotationssymmetrisch genug sind. Denn in allen vier Faellen liess sich das Teleskop sofort kollimieren, und es zeigten sich saubere Abbilder ohne irgendwelche nicht rotationssymmetrischen Aberrationen.

  • Hallo Astrokollegen,


    also wegen den Schmidtplatten mussten keine Positionen eingehalten werden!

    Schaut man sich mal die alten Bilder der Celestron Fabrikation an, sieht man dort Schmidtplatten mit fertig montierten Fangspiegeln liegen, das ist der Grund für eine Festlegung der Montagerichtung.

    Der Montierten, nicht immer Rotationsymetrischen Fangspiegel und deren Montage auf der Halteplatte, machten das nötig!


    Wie ich damals mein C8 bei Vehrenberg abholte, war Er gerade dabei ein C14 für ein Gymnasium neu zu justieren, das Er geöffnet hatte um eine Tote US - Fliege heraus zu holen und sagte zu mir komm schau zu, dann weist Du wie es auch mit deinem C8 geht.


    Dort fragte ich ihn nach den Schmidtplatten und der Einbauposition, Er zeigte mir die Markierung und ein Foto der Fertigungsstraße, voll mit den fertigen Schmidtplatten!


    Dazu sagte erzählte Er mir was Er im Celestronwerk darüber erfahren hat.

    Die Haupt und Fangspiegel bekommen nach der Optikprüfung einen Vermerkt mit der Abweichungsgröße in Über oder Unterkorrektur, danach werden die Optiksets dann passend zusammengestellt.

    Sodas sich die kleinen Fertigungsfehler der Korrektur von Haupt,- und Fangspiegel minimieren lassen!


    Passen Die gut zusammen, wird auf dem Messtisch durch Rotation der Schmidtplatte, die beste Orientierung für den Fangspiegel zum Hauptspiegel ermittelt und gekennzeichnet!


    Das war auch der Grund warum die bei Neubestellung von Schmidtplatten / Fangspiegelsets immer sagten, das gehe nicht ohne genaue Abstimmung von Hauptspiegel / Fangspiegel.

    In Wirklichkeit wollten Die keine einzelnen Schmidtplatten abgeben, da dadurch der Verkaufsverlust einer ganzen Einheit verloren ging, die ja der Käufer nicht bezahlt und Einzelanfertigungen den Fertigungsfluss stören würden!


    Zu der Zeit war ich ein Dreivierteljahr in Düsseldorf auf Montage, im Kaufhof und bei Horten und fast wöchentlich bei Vehrenberg, der mir dann beim Pakete auspacken und Bücher einräumen, so viele gute Hinweise; Hilfe + Tipp gab, und mir später auch seine Celestron 8" Schmidt Kamera nebst Zubehör verkaufte!

    Gruß Günter


    GSO 12"+ 8" Skywatcher Dobson, Celestron 8" Schmidtkamera; C8 Orange + 5,5" Comet-Catcher; MAK 100/1000 + 127/1500; ED 80 PRO,

  • Hallo Guenter,


    das ist ein interessanter Einblick, danke!


    Ich bin ja selber inzwischen professionell in der Optik taetig (Instrumentierung, hauptsaechlich Astronomie), und ich bin immer wieder erstaunt, welche kleinen Toleranzen heutzutage "Standard" sind, da sich die Fertigungsmethoden so stark geaendert haben!

    Nebenbei - das C11 hat heute seinen Weg zurueck zum Besitzer gefunden. Es ist nun ein sehr gutes C11, mit dem der Besitzer gluecklich sein sollte. Er hatte das alte Geraet bereits 2 Jahre, aber erst einmal beobachtet, da er es als optischen Tubus kaufte und erst spaeter feststellte, wie teuer Montierungen sind. Immerhin hatte er sich eine EQ6pro angespart, sodass das Geraet eine stabile Basis hat.

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