Servus beinand,
trotz fettem Mond, der aus der Jungfrau heraus alles beleuchtete, bin ich mal wieder zu meinem Beobachtungshügel gefahren – und das ganz bewusst ohne Kamera, um visuell mit meinem 8" RC f/8 zu beobachten. Trotz Mond ;-). Die Durststrecke war wetterbedingt so lang, dann kann der Mond nicht schrecken. Als Ziele hatte ich mir einige Doppelsterne herausgesucht. Und hier war erstmal der Herkules Zielregion (nebst Nördlicher Krone, Leier, dann auch Delphin und Adler).
Ich beginne mit 52 Herculis, Teil des OdM Juni, der auch auf β 627 hört und 180 Lichtjahre von uns entfernt ist. Es ist eigentlich ein Dreifachsystem, aber die Komponenten Aa und Ab sind zu eng. A und B trennen aber 2,0 Bogensekunden, was für einen 8-Zöller kein Problem sein sollte. Die Komponenten sind aber 5m5 und 8m5 hell, was es schwieriger macht. Ich konnte die beiden auch wirklich erst bei 203× trennen, da aber doch bequem. Folgende Zeichnung sprang dabei heraus:
Ich bleibe bei den Sternbildern, unabhängig von der Reihenfolge des Beobachtens. Also weiter im Herkules...
Rho Herculis (= STF 2161) ist im Cambridge Atlas mit einem Sternchen versehen, soll also sehr hübsch sein. Auch hier umkreisen sich drei Sterne, wobei zwei zu dicht zum Trennen stehen (nur spektroskopisch). Rho Herculis ist deutlich weiter entfernt als 52 Her, nämlich 394 Lichtjahre. Die beiden Hauptsterne sind 4 Bogensekunden voneinander entfernt und 4m5 resp. 5m4 hell. Notiert habe ich: Der Doppelstern steht in einem auffälligen Sternmuster, das entweder (kleiner gesehen) an eine Bienewabe erinnert, wobei hier die unterschiedliche hellen Sterne die Symmetrie stören, oder eher mit weiteren Sternen im Osten an einen Drachen (den, den man steigen lässt); einfach zu trennen, schon bei 81× problemlos. Beide Komponenten strahlen rein weiß. Das Sternmuster ist ausgesprochen hübsch und Rho Herculis steht am Ende des Musters, was ihn zu einem sehr schönen Objekt macht.
Hier die Übersichtszeichnung bei 81×:
Die "Drachenschnur" geht hier links außerhalb des Sichtfeldes weiter...
Und hier mit Fokus auf den Stern selbst bei 203×:
µ Herculis (= STF 2220) war das nächste Ziel. Er ist fast ein Nachbar, nur 27,1 Lichtjahre von uns entfernt. Dementsprechend sind die beiden Komponenten weit auseinander, 35,5". Der Helligkeitsunterschied (3m5 vs. 9m8) ist da dann fast irrelevant. Auch hier haben wir ein Dreifachsternsystem. Aa und Ab sind 1,3" voneinander entfernt, Aa ist aber 3m5 hell und Ab nur 12m7, daher wird die schwächere Komponente überstrahlt. Notiert habe ich: Dank des sehr weiten Abstands auch bei 43× einfach zu trennen. Bei 81× fiel ein Sternmuster in Form einer Geraden auf, die an dem Doppelstern vorbeizieht. Bei 203× erscheint Komponnente A gelblich, und B grau.
Eigentlich sollte B rot sein und einen Kontrast zur gelben Hauptkomponente zeigen (G5 vs. M3), aber vermutlich war B nicht hell genug und mein Auge hat den Rotton nicht wahrgenommen und daraus einen Grauton gemacht. Hier die Skizze dazu (bei 81×, inkl. der Sternketten in der Nähe):
STF 2021 = 49 Serpentis ist das nächste Ziel. Im Cambridge Atlas steht er (mit Sternchen als besonders hübsch) unter "49" im Herkules, aber 49 Herculis ist ein ganz anderer Stern (und auch nicht doppelt). Die Grenze zwischen den Sternbildern Hercules und Serpens (Caput) wurde zwischenzeitlich einmal verlegt, weshalb 49 Serpentis dadurch nun im Hercules liegt. Daher die Namensverwirrung. Unter der Struve-Bezeichnung ist es aber eindeutig. 76,9 Lichtjahre Entfernung ist auch nicht allzu weit entfernt, trotzdem ist der Abstand nur 4,1". Die Helligkeiten sind 7m4 und 7m5, die beiden Komponenten sind also etwa gleich hell. Notiert habe ich: Die Trennnung erfolgt schon bei 43×, bei 203× (und 81×) erscheinen beide Komponenten blass gelb. Es ist wieder ein Dreifachsystem, zwei Komponenten sind aber nur spektroskopisch trennbar.
Hier die zugehörige Skizze:
95 Herculis (= STF 2264), wieder mit Sternchen im Cambridge-Atlas versehen, ist mit 417 Lichtjahren wieder weiter entfernt. Der Abstand der Komponenten beträgt bequeme 6,4". Der Reiz des Systems ist die Farbigkeit der Sterne, die 4m9 und 5m2 hell sind. Ich habe notiert: Die Trennung ist bereits bei 43× erfolgt. Beo 203× zeigt sich ein netter Farbunterschied: Komponente A erscheint weiß, B gelblich; beide sind fast gleich hell. Ein sehr hübscher Doppelstern.
Hier die zugehörige Skizze:
Im Hercules befindet sich auch der Schildkrötennebel, NGC 6210. Da er mit 8m8 ein heller Planetarischer Nebel ist, geht er auch bei viel Mond. Zudem kann ja ein OIII-Filter helfen. Mit 6500 Lichtjahren ist er im Vergleich zu den besuchten Doppelsternen weit weg. Der Zentralstern mit 12m9 wird vom Nebel, der nur eine halbe Bogenminute klein ist, überstrahlt. Ich habe notiert: Wirkt bei 43× und 81× fast stellar, bei 203× dann doch flächig. Man sieht einen helle, nicht ganz runde, mehr ovale, asymmetrische Struktur in der Mitte und an den Rändern einen schwächeren, diffusen Nebelhauch. Im OIII-Filter wirkt der Nebel etwas kontrastreicher und der schwache Außenbereich ist vielleicht einen Tick besser zu sehen, aber viel mehr an Erkenntnissen hat der Filter nicht gebracht. Interessant ist v.a. die leichte Asymmetrie, sowohl in Bezug auf den hellen Zentralbereich als auch das außenrum.
Hier die zugehörige Skizze:
Weiter geht's in der Nördlichen Krone. Zeta Coronae Borealis (= STF 1965) ist hier ein einfaches Ziel, das wieder den Stern vom Cambridge-Atals erhalten hat. Dass mit STF 1964 gleich ein weiterer, mit Sternchen versehener Doppelstern in direkter Nähe steht, hatte ich bei der Vorbereitung des Nachtsession glatt übersehen. Ich muss also nochmal hierhin und STF 1964 nachholen. Zurück zu STF 1965... 473 Lichtjahre entfernt, Komponenten mit 6,4" Abstand (sehr bequem), Helligkeiten von 5m0 und 5m9 und insgesamt sogar ein Fünffachsternsystem (ein spektroskopisches Dreifachsystem und Komponente B wiederum ein spektroskopischer Doppelstern. Notiert habe ich: Die Trennung war klar bei 43× zu sehen. Bei 203× zeigt die hellere Komponente ein wäremeres Weiß, also einen ganz schwachen Gelbstich.
Hier die zugehörige Skizze:
Also rüber zur Leier...
Epsilon Lyrae, der Doppel-Doppelstern. Erklärungen sind unnötig, denn zu bekannt ist dieses Ziel. Hier die Notiz: Bei 203× sind beide Sterne jeweils in die beiden Komponenten getrennt. Der Hintergrund ist trotz Mondlicht recht sternreich – äußerst nett!
Und hier die Skizze:
Wenn man schon in der Leier ist, dann kann man auch bei Mondlicht einen sehr hellen (nein, nicht der Ringnebel ist gemeint) Offenen Sternhaufen besuchen, nämlich Stephenson 1. Dieser kleine Haufen liegt bei Delta Lyrae, wobei Delta2 Lyrae, der wunderschön gelb strahlt. nicht zum Haufen gehört. Hier habe ich nur genussgespechtelt und nicht skizziert, da ich noch ein paar Doppelsterne vor mir hatte. Das wunderschöne Gelb von Delta2 Lyrae in Verbindung mit dem kleinen Sterngewimmel hat was. Funfact zum Stephenson-Katalog: Stephenson 2 im Schild enthält mit Stephenson 2-18 einen der oder den größten uns bekannten Stern. Leider ist dieser Sternhaufen, der viele Rote Überriesen enzhält, nur im Infrarot wirklich als Haufen zu sehen. Stephenson 1 ist dafür umso schöner, wenn man ihn aufsucht – auch für das Fernglas ein schönes Objekt.
Albireo (Beta Cygni) habe ich auch noch kurz besucht, also im Schwan. Dieser höchstens sehr locker gebundene Doppelstern, der eher als optisch gilt, ist ja allbekannt und zeigt einen wunderschänen Blau-Gelb-Kontrast. Das Gelb kommt strahlend rüber, das Blau aber erst nur als Weiß. Dann habe ich etwas unscharf gestellt und der Kringel war kräftig blau. Wunderschön. Dann wieder fokussiert un dmein Gehirn erkannte ihn nun auch im Fokus als blau (bzw. bläulich). Sehr nett.
So, jetzt weiter südlich zum Adler...
57 Aquilae (= STF 2594) ist ein Fünffachsystem, von dem mal wieder nur zwei Komponenten erkennbar sind. Der Abstand von 36" macht aus ihm ein Fernglasobjekt (Helligkeiten 5m7 und 6m4). Entfernt ist das System von uns 482 Lichtjahre. Hier meine Notiz: Weiter Abstand, daher leicht zu trennen; die hellere Komponente erscheint etwas wärmer weiß, die schwächere rein weiß (bei 81× und 203×). (Diesmal keine Skizze)
STF 2644 war wieder mit Sternchen im Cambridge-Atlas, also habe ich ihn aufgesucht. Eckdaten: 6m9 und 7m1 bei 2,6", 590 Lichtjahre entfernt. Hier meine Notiz: Enger Doppelstern, der bei 203× klar getrennt ist; die hellere Komponente strahlt blau, die schwächere bläulichweiß – sehr hübsch! Der Doppelstern steht in einem Sterndreieck.
Und die Skizze dazu:
HIP 99476 war das letzte Ziel im Adler. Zwischen STF 2644 und Theta Aquilae ist im Cambridge Atlas noch ein Doppelstern (aber ohne Namen) eingezeichnet. Ich habe den Stern dann über Wikisky identifiziert. Die beiden Komponenten sind 7m1 und 7,9 hell und haben einen Abstand von 56,4", es ist also eigentlich ein Fernglasobjekt. Stelle Doppie bzw. die WDS-Datenbank sagt, dass nicht geklärt sei, ob es ein physischer Doppelstern ist. Hier meine Notiz (ohne Skizze): Abstand ist sehr groß, Trennung daher bei 43× sehr einfach. Hellerer Stern erscheint gelb (F3), der schwächere graubläulich (A3) - sollte aber eigentlich weiß sein?! Aufgrund der Farben sehr nett – Fernglasobjekt!
Zu guter Letzt noch ein Abstecher in den Delphin:
Gamma Delphini und STF 2725 – zwei Doppelsterne beieinander (wirkt etwas wie epsilon Lyrae, nur mit weiter entfernten Komponenten und nicht alle vier fast gleich hell. Bei 81× sind beide gemeinsam im Gesichtsfeld:
Ich habe zu den beiden notiert: Leicht zu trennender Doppelstern, dessen hellere Komponente deutlich gelblich erscheint, die blassere eher weiß (obwohl sie vom Spektraltyp nocch etwas gelber sein müsste). Besonders schön: STF 2725 steht bei 81× im selben Gesichtsfeld, ebenfalls etwas gelblich.
Und nochmal Gamma Delphini, diesmla aber bei 203× gezeichnet:
Jetzt war ich mit meinem angedachten und vorbereiteten Pensum durch und es war schon wieder gegen 3 Uhr morgens. Der Mond geht und geht nicht unter und wenn er es doch macht, dann dämmert es schon. Also habe ich alles eingepackt und bin zufrieden und doppelsterngesättigt wieder heimgefahren. Und ich muss sagen, es hat wirklich Spaß gemacht. Man kann auch bei Mondlicht visuell beobachten. Wo ein Wille, da ein Weg. Galaxien gehen halt nicht, aber Doppelsterne, helle Offene Sternhaufen und helle Planetarische Nebel gehen immer.
Liebe Grüße,
Christoph