Servus beinand,
unverhofft wurde es letzte Nacht sternenklar – bei 80% Mondphase natürlich, aber der Mondaufgang lag dank der niedrigen Deklination kurz nach Mitternacht. Also Zeit genug, rauszufahren, wobei ein opulentes Ostermahl am Abend dies deutlich erschwerte (wenn man zu viel isst, bewegt es sich nicht so einfach). Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich also endlich mal wieder mein Teleskop aufbauen und auch nutzen. Man bekommt ja wirklich Entzugserscheinungen.
Herrlich, Venus strahlte in vollem Glanz und im Westen war Merkur nicht zu übersehen. Ein toller Anblick! Von meinem Hügel aus musste ich aber auf merkur verzichten, weil nach Westen hin Bäume im Weg sind. Also schnell aufgebaut, eingenordet und aligniert. Danach musste ich am Stern ziemlich nacharbeiten, um den RC wieder zu justieren. Aber mit etwas Übung is auch das kein Problem. Lauschige 1°C zu Beginn, noch kein Frost, ein sehr transparenter, klarer Himmel, was will man mehr?
Zuerst ging es zu NGC 2129, einem Teil des OdM März 2023, den ich unbedingt zeichnen wollte. Nein, zugegebenermaßen wollte ich ihn eigentlich, faul wie ich manchmal bin, fotografieren. Ich hätte aber vorher mal prüfen sollen, ob die Batterien meines programierbaren Fernauslösers noch voll sind. Waren sie nämlich nicht, was mir erst auffiel, als ich von visuell (zum Alignieren und Justieren) auf meine kamera umgerüstet hatte. Also alles wieder retour und doch visuell rangehen. Null problemo! Der Haufen ist wirklich hübsch und als Haufen gut erkennbar (trotz Trumpler III-Status hebt er sich gut vom Hintergrund ab, finde ich). Statt des Fotos also doch eine Zeichung:
Ohne zu zeichnen hätte ich vermutlich noch ein paar Sterne mehr herauskitzeln können. Ich musste mich aber etwas beeilen, weil das Objekt schon nah an den Bäumen im Westen lag und bald nicht mehr erreichbar wäre (ohne den Platz zu wechseln, was ja sehr viel Zeit kosten würde, also keine Alternative ist).
Dann noch schnell zu IC 2156 / 2157, auch Teil des OdM März:
Ich hatte visuell aus IC 2157 schonmal ein paar Sterne mehr herauskitzeln können, aber die Rotlichtlampe beim Zeichnen stört doch ein wenig, ich war auch hier etwas unter Zeitdruck und die Haufen standen nicht mehr sehr hoch am Himmel, was die Transparenz etwas absenkt. Hübsch sind die beiden aber, finde ich.
Danach obligatorsich nochmal zu M 35 und explizit auf Sternfarben achtend – erst sprangen zwei Sterne durch ihren schönen, gelben Ton ins Auge (dass mit das vorher nie aufgefallen ist), dann kam ein dritter dazu. Sehr schön!
Doch jetzt rufen die Galaxien... und kurz nach Mitternacht ist ja Schicht im Schacht. Erst zum OdM April 2023, M 95 & 96:
Messier 95:
Ich war völlig gflasht, wie man es wohl auf neudeutsch sagt. Erst habe ich den hellen Balken gesehen, den ich bei 203× nebst Sternen gut zeichnen konnte, dann wieder zurück auf 81×, da hier die Galaxie flächenheller und so besser zu erkennen ist. Erster Eindruck: indirekt ist rund um den Balken doch recht hell eine runder, diffuser Nebel zu erkennen, aus dem sich dann langsam aber sicher ein Ring herauskristallisierte. Nicht deutlich, eher an der Grenze der Wahrnehmung, aber erkennbar. Ich hatte dabei nicht mehr im, Kopf, wie die beiden genau aussehen. Und bei meinem letzten Besuch war davon nichts zu sehen. Ich habe versucht, das alles zu zeichnen. Der Ring ist hier überdeutlich dargestellt, da man beim Zeichnen den Kontrast immer stark anheben muss...
Jetzt noch zu Messier 96, die etwas heller im Okular aussieht. Hier war weniger an Struktur zu erkennen. Folgendes habe ich notiert: "Schon bei 81× fällt auf, dass die Galaxie bohnenförmig, etwas verbogen wirkt, wobei der nach nordwest zeigende Teil etwas heller erscheint; die "Bohne" ist nach nordosten hin geöffnet; Spiralarme kann man nicht wirklich erkennen, aber die Bohnenform ist auffällig; diese "Bohne" ist in einen etwas größeren, diffusen Nebel eingebettet, der aber auch nicht kreisrund erscheint, sondern ebenfalls etwas gebogen, aber weniger deutlich als der hellere, innere Bereich; beobachtet bei 81× und 203×."
Die etwas größere Helligkeit des Nordostteils kommt in der Skizze nicht zum Vorschein. Es war aber auch nur einen Hauch heller. Daher habe ich es so belassen und verweise auf die zugehörige Notiz.
Nach diesen beiden Klassikern zog es mich in den Sextanten zu NGC 3115, der Spindelgalaxie (es gibt ja mehrere mit dem Namen, daher muss man wohl immer "im Sextanten" mit dazu sagen...).
Meine Notizen: "beobachtet und gezeichnet bei 81×; auffallend helle, schmale Galaxie mit stellar erscheinendem, hellem Kern; Zentralbereich sehr hell, indirekt beobachtet aber nochmal so lang, wobei sie hier etwas asymmetrisch erscheint, da der südwestliche Teil etwas länger als der nordöstliche (indirekt) zu sehen ist. Alles aber sehr diffus..."
Die Skizze wirkt nicht sehr spektakulär, aber es war doch einiges zu sehen. Der helle Zentralbereich mit dem stellaren Kern fiel natürlich sowas von ins Auge, da die Galaxie mit ihren 9m1 ja sehr hell ist. Aber die Ausläufer der Spindel, puh... sowas von zart, nur indirekt wahrnehmbar, mal länger, mal kürzer... dann plötzlich weg (der Fangspiegel taute gerade zu). Also diesen wieder trockengefönt und erneut ans Okular und wieder ist eine Seite etwas länger als die andere (optische Täuschung wegen der Vordergrundsterne?). Schwierig... diese wunderschöne Galaxie schreit nach mehr Öffnung...
Jetzt war wenig Zeit, also zu einem Klassiker, Arp 244 = NGC 4038/39, die Antennengalaxien im Raben. Hier erstmal die Zeichnung:
Sehr schwer zu skizzieren, da sehr diffus, nicht greifbar, aber dennoch auffällig. Hier die Notiz dazu: "schon bei 43x direkt erkennbar; bei 81x erkennt man zwei elongierte, an der Basis verschmolzene Flecken, von denen der südliche (NGC 4039) länger, aber weniger flächenhell ist, der nördliche (NGC 4038) ist kompakter, heller; die Antennen selbst sind nicht zu erkennen, nur die Ansätze indirekt und unscharf." Während des Skizzierens wurden die beiden Galaxienkörper stetig unauffälliger – wieder der fangspiegel zugetaut? Nein, der Mond ging auf. Und jetzt konnte ich mal die "Monddämmerung" live erleben. Also kurz vor Mondaufgang hellte sich der Südosthorizont bereits auf und betraf sogar den Raben. Die Alpen verhindern zudem den Blick auf den exakten Aufgang. Ich war mit der Skizze fertig, konnte aber keine Details mehr ausarbeiten. Dafür konnte ich erleben, wie der Horizont immer heller wurde und schließlich der Mond – gekappt von den Alpen – aufging. Sehr hübsch. Der Himmel war transparent bis zum Horizont, dort aber nicht ganz optimal. Ich habe (vor Mondaufgang geprüft) schon deutlich mehr Sterne des Zentaurus mit bloßem Auge sehen können. Aber wenn man nicht ganz am Horizont abgrast, war die Nacht wirklich richtig gut.
Die Grenzhelligkeit lag mindestens bei 6m5. Die 6m2 habe ich im Zwilling noch am Ende der Dämmerung geknackt und Lamda UMi mit seinen 6m4 war leicht zu sehen und kein Kampf wie sonst. Daher vermute ich 6m5 oder vielleicht minimal mehr. Ich war zu sehr mit Zeichnen beschäftigt, als dass ich die fst auf die Zehntelgrößenklasse genau bestimmen wollte. Toller Himmel jedenfalls. Bis der Mond kam. Normalerweise hätte ich jetzt noch dies oder das fotografiert, aber ohne Fernauslöser... und Doppelsterne wären noch möglich gewesen, aber ich war mit der Ausbeute zufrieden, es war dann doch etwas kühl und nach dem opulenten Ostermahl kam etwas Müdigkeit. Also Abbau... Nach dem Abbau war dann noch Eiskratzen am Auto angesagt. Minus 1,5° C kälter wurde es aber nicht. Nicht frühlingshaft, aber sehr genehm im Vergleich zu den Winternächten. So kann es weitergehen.
Liebe Grüße,
Christoph
P.S.: die OdM-Inhalte werde ich später noch (oder morgen) in die jeweiligen Threads einflechten. Jetzt müssen die Reste von gestern aufgegessen werden