Hallo zusammen.
Ich möchte in diesem Beitrag meine Erfahrungen aus meinem insgesamt dritten Beobachtungsabend teilen. Diesen Abend habe ich vollständig der Deep Sky Betrachtung gewidmet, da die Planeten zur Zeit keine gut beobachtbaren Objekte sind (zumindest nicht an meiner Position). Lasst mich vorher noch erwähnen, dass ich ein Anfänger bin, immerhin erst mein drittes "Spechteln", und mich gerade deshalb über Ratschläge und / oder konstruktiver Kritik jedweder Art freue . Viel Spaß beim lesen!
Als es so langsam wirklich dunkel wurde und sich bereits Sirius und Beteigeuze am Himmel offenbarten, begann ich mich umzuziehen. Da es später stramm auf die 0°C Marke zusteuern sollte und ich einen wirklich ausgiebigen Beobachtungsabend vorgesehen hatte, habe ich mich besonders warm angezogen. Thermo-Unterwäsche, Thermo-Shirt, Fleece-Pullover und Softshell-Hose. Darüber meine dicke Winterjacke. Das sollte mich zumindest für 2-3h warm halten. Spoiler: Hat gut funktioniert. Ich habe noch alle Finger und Zehen Ich stelle das Teleskop gegen 19:45 Uhr nach draußen unter das Abdach.
Zu meinem Unvergnügen wird mein Abend bereits unterbrochen, bevor es richtig Losging. Nach dem das Problem gelöst war starte ich dann, zwar etwas verspätet, aber mit umso mehr Vorfreude in den Abend.
Es ist 21:00 Uhr.
Meine Reise am gestrigen Abend startet, wie hätte es auch anders sein sollen, in meinem Lieblingssternenbild Orion. Als ich den Leuchtpunktsucher meines 5" Bresser Messier Dobson auf Beteigeuze richte merke ich bereits das kribbeln in den Fingern. Mein Ziel sind heute die Messier Objekte und einige offene Sternhaufen um Canis Major, Puppis und Canceri. Da mein Sternenatlas noch nicht da ist (ich habe mich für den Karkoschka entschieden) , habe ich ein paar interessante Objekte in Stellarium ausgewählt, die zu meiner Ausrichtung nach Süden passen. Ein kleiner Anhaltspunkt waren die angegeben Grenzgrößen in Stellarium. Da ich die Bortle-Skala noch nicht bestimmen kann, habe ich mich kurzerhand an der subjektiven Grenzgrößenbestimmung an Ursa Minor versucht. Die schwächste Grenzgröße, die ich mit bloßem Auge und etwas Konzentration bestimmen konnte lag bei etwa 4m8 (ich hoffe die Schreibweise ist korrekt) in Form des Ecksterns unterhalb von Zeta Ursae Minoris.
Zurück am OAZ stellte ich an Beteigeuze scharf und schwenkte direkt rüber zu Sirius . Mein erstes Ziel war M47, im Sternbild Puppis. Ich habe also praktisch horizontal nach Osten geschwenkt bis sich ein heller Sternenhaufen vor meinen Augen auftat. Ich muss im ersten Moment ziemlich ungläubig durch mein 25mm Kellner geschaut haben, denn ich hatte nicht erwartet M47 sofort zu finden. Ich war sehr überrascht, wie stak sich dieser Sternenhaufen von der restlichen Umgebung abhebt, denn ich muss zugeben, dass ich mich zwischen sehr eindeutigen Objekten, wie Sirius oder dem Orionnebel, kaum orientieren kann. Zumindest, wenn ich durch das Teleskop sehe. Für mich als absoluter Teleskop-Laie sieht auf den ersten Blick jeder Himmelsausschnitt gleich aus. Aber nicht, weil sie sich tatsächlichen ähneln, sondern weil ich von der schieren Masse an Sternen förmlich übermannt werde. Ich sehe so viele Sterne, die ich durch meine bloßen Augen nichtmal erahnen kann, dass ich mich wortwörtlich in den Sternen verliere. Gerade deshalb wollte ich zunächst nicht glauben, dass das was ich da gerade sehe tatsächlich M47 ist. Ich schaute also weg vom OAZ und schaute durch den Sucher. Natürlich war im Sucher nichts zu erkennen, was für mich, so absurd es auch klingt, ein "AHA-Moment" war. Ich habe in dem Moment erst realisiert wie unfassbar groß der Nachthimmel im Teleskop erscheint. Vor aller Augen verborgen und dennoch da. Ich hatte an meinen ersten beiden Nächten natürlich schon Planeten, den Mond und die Plejaden gesehen, allerdings waren das alles Dinge, die ich auch mehr oder weniger gut über mehrere Jahre mit meinen bloßen Augen gesehen hatte. Etwas im Teleskop zu sehen, was mit bloßem Auge gar nicht zu erkennen war, war beflügelnd. Ich habe also Stellarium geöffnet und in M47 gezoomt um meine Sicht damit zu vergleichen. Natürlich war Stellarium deutlich detaillierter, aber ich konnte Sterne erkennen die ich auch in meinem Sichtfeld sehen konnte. Im Besonderen viel mir der "Briefumschlag" (so hab ich kurzerhand benannt ) mit den drei Sternen obendrüber auf. In meiner Zeichnung könnt ihr das wahrscheinlich besser nachvollziehen.
Ich habe meine Skizze aus meinem Tagebuch einmal in Paint nachgemalt und mit den NGC Nummern beschriftet, welche ich für den jeweiligen Stern vermute. Das ganz rechte Bild ist meine Sicht im Teleskop gewesen und für die Vergleichbarkeit habe ich es gedreht. Ich weiß leider nicht, wie ihr Zeichnungen hier handhabt, also ob sie "Richtigherum" hier reingestellt werden oder eben wie aus dem Teleskop. Ich konnte natürlich noch mehr Sterne in M47 sehen, allerdings sind meine zeichnerischen Fähigkeiten auch alles andere als ausgeprägt. Aus diesem Grund bin ich eigentlich ganz zufrieden mit meinem Ergebnis.
Nach M47 war ich so aufgeregt, dass sich meine Hände am Teleskop praktisch selbständig machten um nach M46 ganz in der Nähe zu suchen. Dieses Objekt ist mit 6m09 schon deutlich lichtschwächer als sein Nachbar, den ich zuvor bestaunt habe, weshalb ich schon erwartet habe, dass es schwieriger zu finden ist. Ich bin mir leider immer noch nicht ganz sicher, ob das, was ich jetzt versuche zu beschreiben, wirklich M46 war. Ich schwenkte das Teleskop also leicht nach Osten (links) und leicht nach unten, bis ich nach bereits ein paar wenigen cm Drehung ein schwach schimmernden Sternenhaufen wahrnahm. Hätte ich nicht so langsam geschwenkt, wäre ich sicher darüber hinweg gerast, doch ich stockte und versuchte mich auf den Haufen zu konzentrieren. In dem Moment ging das Prinzip des indirekten Sehens durch den Kopf, also schaute leicht daran vorbei und konnte tatsächlich mehr schwache Sterne sehen. Der Bildausschnitt war gefüllt mit einem schwachen aber dichten Haufen an Sternen. Ich war verwundert, denn die Entfernung bzw. die Azimutale Drehbewegung war kaum merklich. Ich kann das leider in Grad und Bogenminuten überhaupt nicht einschätzen, wie groß die Entfernung aussah, aber es war definitiv sehr nah dran. Mit meinem 25mm Kellner musste ich praktisch nur 1 ganzes Blickfeld weiter und war schon fast bei M47. Kann es sein, dass ich mich da vielleicht verguckt habe? Ich habe selbstverständlich eine Reise durch die Umgebung gewagt, allerdings keinen weiteren erkennbaren Haufen gefunden.
Meine nächste Aufgabe ergab sich somit aus diesem Zweifel an meiner Entdeckung. Ich schaute also in Stellarium nach und entdeckte 140 Puppis und NGC 2422 9. Beide sehen in Stellarium groß und rot aus und mit mindestens 5m09 sollten sie auch hell genug sein. Zu meinem eigenen Frust konnte ich sie auf biegen und brechen aber nicht finden. Ich habe nach 20min gedacht, dass ich verrückt werde. Ich habe mehrmals vermutet, dass ich einfach die Himmelrichtung aufgrund der Umkehrung im Teleskop vertauscht habe, aber egal ob drüber oder drunter, links oder rechts, ich konnte keinen der beiden finden. Ich muss euch gestehen, dass ich zu dem Zeitpunkt wirklich gefrustet war. Ich meine, so helle, große und rote Sterne sollten doch zu finden sein. Gerade wenn ich mir zumindest bei M47 schon so sicher war. Irgendwann habe ich dann tatsächlich in der Nähe des schwachen Sternenhaufens, was ich als M46 vermute, einen kleineren leicht rötlich schimmernden Stern entdeckt. Kann das wirklich 140 Puppis gewesen sein? Ich zweifle ehrlichgesagt noch daran. Ich weiß, dass 5" nicht die größte Öffnung ist und dass ich nur begrenzt Licht einfangen kann, aber ich sollte ihn doch zumindest größer wahrnehmen oder? Zum Vergleich: Ich habe ihn ungefähr so groß wahrgenommen, wie oben in der Zeichnung NGC 2422 70 .
Nach diesem zweifelhaften Ausflug wollte ich mich doch noch spontan in das Sternenbild Monoceros vorwagen um NGC 2238 (Rosetten-Nebel) und C50 (Caldwell 50) zu betrachten. Mein Startpunkt war Beteigeuze, allerdings konnte ich diese Objekte nicht finden, so sehr ich es auch versucht habe. Um ehrlich zu sein, war mein Frustlevel dort schon etwas gestiegen. Ich wollte dennoch nicht aufgeben und guckte stattdessen etwa 15min einfach in die Plejaden. Das war für mich ein bisschen wie Energie tanken. Die Plejaden sind natürlich auch ein dankbares Beobachtungsobjekt und einfach schön anzusehen.
Nach dem ich wieder etwas motivierter war, wollte ich zum Abschluss nochmal etwas schönes, aber neues entdecken und habe mich mit meinem Teleskop auf die Suche nach M44 im Sternenbild Canceri begeben. Dank seiner guten Position in der Mitte zwischen Asellus Borealis und Asellus Australis, konnte ich M44 schnell ausfindig machen und bestaunen. Ich sags euch, das war schön! Ich hab den Anblick wirklich genossen und deshalb auch vollkommen vergessen zu zeichnen
Das war nach fast 3h spechteln auch ein schöner Abschluss für mich, denn da Krebs in der Deklination schon sehr hoch ist, hat sich mein Rücken beim beobachten auch irgendwann gemeldet.
Da es heute Nacht und morgen Nacht nochmal klar sein soll, werde ich heute gleich nochmal rausgehen und die selben Ziele aufsuchen um mich sozusagen selber zu überprüfen. Mit etwas Glück finde ich diesmal auch 140 Puppis oder NGC 2422 9. Heute werde ich allerdings versuchen früher rauszugehen und M31 im Westen zu sehen, bevor sie hinter den Dächern verschwindet
Falls ihr noch Tipps für mich heute oder morgen Nacht habt, schaue ich mir diese sehr gerne an. Ich habe leider zu wenig Erfahrung, was man mit 5" wirklich gut sehen kann. Das wirkt auf Stellarium manchmal etwas verwirrend für einen Anfänger wie mich.
Vielen vielen Dank, wenn ihr bis hierher gelesen habt. Ich hoffe ich konnte euch ein bisschen mitnehmen und euch zeigen, wie sich mein dritter Beobachtungsabend für mich angefühlt hat.
Danke und allzeit klare Nächte!
Galahad