Präzision von Linearlagern

  • Hallo zusammen,


    ich würde gerne den Okularschlitten meines Dobsons auf Basis von Linearlagern und stärkeren Wellen neu bauen. Bei der alten Konstruktion gerät besonders gegen den Zenit das Teleskop etwas aus der Justage. Ist nicht die Welt, aber ich würde das Problem gerne lösen.


    Das Problem ist wahrscheinlich das Drehmoment, das die Anbauteile (Spinne/Fangspiegel, Bino/Okulare) auf den Schlitten ausüben. Weder die verwendeten Wellen noch die verwendeten Gleitlager halten dem vollständig Stand.


    Dickere Wellen sind allerdings schwer genau wie die Linearlagerblöcke. Daher habe ich überlegt, ob ich nicht statt einer Welle ein Edelstahlrohr nehmen soll. Allerdings hat eine h6 Welle 5x niedrigere Toleranzen als die besten Präzisionskapillarrohre, die ich gefunden habe.


    Mit Linearlagern habe ich leider überhaupt keine Erfahrung. Wie präzise sind die eigentlich und wieviel Spiel haben die? Und wovon hängt das ab? Wie reagieren diese Lager auf Drehmomente? Die normale Anwendung ist ja ein Schlitten auf den nur Druck ausgeübt wird, aber kein großes Drehmoment wirkt (z.B. im 3d Drucker).


    Sind diese Lager überhaupt für so einen vertikal laufenden Schlitten geeignet? Da hängen immerhin ca. 2kg Last dran mit einem ordentlichen Hebel dran. Und was kann ich tun um die Schlittenlagerung zusätzlich zu stabilisieren?


    Danke und Grüße,

    Joachim

  • Hallo Joachim,


    ich habe mal aus Geldmangel was ähnliches (wie ein Okularschlitten) mit kleinen Schwerlast-Schubladenauszügen realisiert.

    Die Dinger hatten eine angegebene Traglast von 50kg pro Stück, einen Verfahrweg von etwa 150mm u. waren trotzdem enorm stabil.

    Das war zwar nicht hübsch, erfüllte aber seinen Zweck.


    Gute, genaue u. stabile Linearführungen sind nicht gerade günstig.


    Hier mal einBeispiel:

    Lineartechnik, Kugelbuchsen, Präzisionsführungen

  • Servus Joachim,


    Linearführungen sind sehr präzise und tragen durchaus auch größere Lasten. Welche Größe würdest du denn benötigen, also wie lang müsste die sein?


    Ich habe einige und könnte dir was überlassen und das weit unter den Preisen, die in dem Link zu finden sind.


    Foto mit Größen


  • Zitat

    Bei den billigen chinesischen Linearführungen kann man Glück haben.... oder auch nicht. ....

    Ich denke diese Erkenntnis ist sicherlich nicht neu bzw. das ist hinlänglich bekannt....und ebay ist da auch keine verlässliche Quelle, wenn man nicht genau weiß wonach man sucht.... X/

  • Johannes,

    Zitat

    Da hängen immerhin ca. 2kg Last dran mit einem ordentlichen Hebel dran. ...

    ..wie groß bzw. lang ist denn dieser Hebel?


    ......Davon abgesehen würde ich an deiner Stelle mal ernsthaft das Angebot von stefan-h ins Auge fassen u. mich mit ihm in Verbindung setzen....

  • Die Schienen von stefan-h sind zu kurz. Ich bräuchte 35-36cm.


    Zur Veranschaulichung habe ich mal ein paar Bilder rausgesucht. Der Fangspiegel ist da grad ausgebaut.



    Der Auszug funktioniert an sich super. Fokussierung über die Gewindestange läuft wie Butter egal wie viel Gewicht dran hängt. Bei der Fokusumkehr hat er etwas Shifting. Das ist aber nur ca. 30". Das müsste sogar lösbar sein, in dem ich die Gleilager über zwei Madenschrauben justierbar mache. Bei einem Schenk in den Höhenlagern von 0°-90° läuft der Laserpunkt allerdings ca. 1,5mm aus der Mitte nach oben. Das meiste davon >60°. Dieses Problem würde ich gerne beheben.


    Ich habe auch nochmal drüber nachgedacht. Wenn man an dem Schlitten an sich zieht und rüttelt merkt man kein Spiel oder sowas. Das ist alles bombenfest. Wenn ich aber auf den Fangspiegelhalter Druck ausübe gibt die Konstruktion als Ganzes inklusive der Stangen sichtbar elastisch nach. Daher vermute ich, dass das Drehmoment der Anbauteile dafür verantwortlich sind. Aber evtl. sind die Lager gar nicht das Hauptproblem. Vielleicht ist auch die Befestigung am Hut für die Verbiegung verantwortlich. Die Wellen sind in die Aluminiumbarren nur eingeschlagen.


    Ist übrigens nur aus Abfall und Kleinteilen konstruiert und mit einfachen Werkzeugen (Handsäge, Bohrmaschine, Feile) gebaut. Der hat praktisch nix gekostet :)

  • Hallo Joachim,


    vermutlich brauchst Du nicht den kompletten Weg? Dann könntest Du auch die Stangen in den nicht genutzten Bereichen versteifen / zusätzlich abstützen oder den ganzen Aufbau kürzen und dann stabiler befestigen.


    Herzliche Grüße


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

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  • Hallo Joachim,

    Daher vermute ich, dass das Drehmoment der Anbauteile dafür verantwortlich sind......

    ....das wird es auch sein!


    Den Durchmesser der beiden Führungsstangen schätze ich mal auf 8-9mmm. (oder ?)

    Bei der erforderlichen Länge von ca. 35 cm, dem geringen Durchmesser u. dem Hebelarm (der Anbauteile) verbiegen sich diese Führungsstangen einfach weil sie zu dünn sind.


    Um das Problem (ohne großen Aufwand) zu minimieren wäre die einfachste Lösung den Schlitten so lang wie möglich zu machen .

    Das heißt: Die Gleitlager sollen so weit wie möglich auseinander sein.

  • vermutlich brauchst Du nicht den kompletten Weg?

    Doch :) Deshalb habe ich ja den Schlitten gebaut. So kann ich alles anschließen. Egal was, ob Reducer, Barlow, Bino, Kamera mit ADC. Es geht immer ohne irgendwelche Probleme. Oben und unten habe ich aber ca.1cm Reserve. Ich denke halt, wenn das Teleskop nicht irgendetwas hat, das man so nicht kaufen kann, lohnt sich der Selbstbau nicht mehr.


    Den Durchmesser der beiden Führungsstangen schätze ich mal auf 8-9mmm. (oder ?)

    Ja, es sind 8mm Wellen, die ich aus einem defekten Flachbettscanner ausgebaut habe. Evtl. könnte ich Flanschlager vor und hinter den Schlitten bauen. So könnte ich den Schlitten erhalten. Oben und unten werde ich wohl auch den Aluriegel rausnehmen, mit einer Platte den Hutring verstärken und dann die Wellen richtig stabil verklemmen. Ich denke da ist auch noch Reserve auf 10mm Wellen hochzugehen und anstatt der Gewindestange ein Gewinderohr zu nehmen. Paar 100 Gramm mehr Gewicht müsste die Balance noch hergeben. Muss ich mal durchrechnen.

  • Hallo Joachim,

    Doch :) Deshalb habe ich ja den Schlitten gebaut. So kann ich alles anschließen. Egal was, ob Reducer, Barlow, Bino, Kamera mit ADC. Es geht immer ohne irgendwelche Probleme

    Alles klar, das hat Sinn. Interessehalber die Frage: verwendest Du dann auch verschieden große Fangspiegel dazu?


    Danke und Gruß, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo,

    Interessehalber die Frage: verwendest Du dann auch verschieden große Fangspiegel dazu?

    Das habe mich beim durchlesen von diesem Thema ebenfalls gefragt, denn es wird ein langer Verfahrweg genutzt.

    Wird in der "unteren" oder der nähesten Stellung zum Hauptspiegel, der Stellung mit dem grössten Bachfokus, der Hauptspiegel überhaupt noch gesamt genutzt oder leuchtet ein Teil vom Hauptspiegel am Fangspiegel vorbei?


    Viele Grüße

    Gerd

    Beobachtung der Sonne im Weißlicht und der H-alpha Linie. Beobachtungen am Nachthimmel mit verschiedenen Teleskopen.

  • Hallo Johannes,


    Wofür braucht man so viel Fokusweg mit einem Fangspiegel?...egal... (PS: uupps...Holger u. Gerd waren schneller :whistling: )


    ....ich würde zu 12mm Wellen raten.

    Zum Gewicht von Stahlwellen (...unter Vorbehalt, da nur mit Daten aus meiner Erinnerung):

    2 Wellen mit 12mm D u. 35cm Länge= ca.620g

    2 Wellen mit 8mm D u. 35cm Länge = ca. 300g


    ...um das Shifting zu umgehen kann man versuchen die Gewindestange möglichst mittig am/im Schlitten zu plazieren u. die Länge der (Gleit)Lager auf ein Maximum zu erhöhen.


    ......das alles ist aber letztendlich nur ,,Flickwerk" ..... um all deine genannten ,,Probleme" auszumerzen, u. deine Vorstellungen erfüllen zu können solltest du über einen kompletten Neubau eines Okularschlittens (nicht nur) nachdenken... :winking_face:

  • Hallo Joachim,

    ich hab vor einiger Zeit mal was ganz ähnliches gebaut:

    Dabei Gleitlagerführungen der Fa. Igus verwendet. Diese Teile haben für den vorliegenden Anwendungsfall 2 Vorteile:
    1.) hat das Profil in Richtung der Momentbelastung die maximale Steifigkeit und 2. wiegen die Dinger nicht sehr viel. Mittlerweile kann man die auch in einer Spiel- reduzierten Variante bekommen. Außerdem sind sie unempfindlich gegenüber Verschmutzung und Feuchtigkeit, was bei allen Kugelumlaufführungen definitiv nicht der Fall ist.


    Gruß Ulli

  • Hallo Joachim,

    Alles klar, das hat Sinn. Interessehalber die Frage: verwendest Du dann auch verschieden große Fangspiegel dazu?


    Danke und Gruß, Holger

    Nein, ein Fangspiegel reicht aus. Ich bin mit dem Schlitten viel dichter am Fangspiegel als mit einem normalen Okularauszug. Am Anfang des Fokussierbereichs bin ich mit dem Brennpunkt etwas innerhalb des Okularstutzens. Das finde ich ganz praktisch, wenn man tagsüber mal eine Gegenstandsweite kleiner unendlich haben will. Wenn der Brennpunkt an der Stutzenkante liegt habe ich dann ca. 26mm ausgeleuchtetes Feld, mit Bino ohne Glaswegkorrektor 3mm. Am Ende des Fokuswegs geht das ausgeleuchtete Feld auf null. Theoretisch hätte ich aber auch noch einen etwas größeren Fangspiegel rumliegen mit dem jeweils fast die kompletten maximalen Feldblenden ausleuchten könnte.


    Hallo Joachim,

    ich hab vor einiger Zeit mal was ganz ähnliches gebaut:

    Dabei Gleitlagerführungen der Fa. Igus verwendet. Diese Teile haben für den vorliegenden Anwendungsfall 2 Vorteile:
    1.) hat das Profil in Richtung der Momentbelastung die maximale Steifigkeit und 2. wiegen die Dinger nicht sehr viel. Mittlerweile kann man die auch in einer Spiel- reduzierten Variante bekommen. Außerdem sind sie unempfindlich gegenüber Verschmutzung und Feuchtigkeit, was bei allen Kugelumlaufführungen definitiv nicht der Fall ist.


    Gruß Ulli

    Hallo Ulli,


    vielen Dank für den Link. In der Zeit habe ich auch meinen Dobson gebaut. Da sind für mich viele interessante Anregungen drin. Sperrholz"rohre" könnte ich als Pfosten für die Führungen nehmen. Ansonsten wären das halt Aluvierkante. Wäre noch die Frage, wie ich die Wagen im rechten Winkel an den Schlitten kriege. Deine Fokussierung sieht auch interessant aus. Dafür fehlt mir aber leider der Platz.


    ......das alles ist aber letztendlich nur ,,Flickwerk" ..... um all deine genannten ,,Probleme" auszumerzen, u. deine Vorstellungen erfüllen zu können solltest du über einen kompletten Neubau eines Okularschlittens (nicht nur) nachdenken... :winking_face:

    Langfristig wird es darauf rauslaufen. Das wird allerdings ein größeres Projekt werden. In der Zwischenzeit tut es der Auszug mit ein paar Workarounds auch so. Das Teil ist ja schon seit 20 Jahren so ;) Ich justiere das auf die Höhe, die ich in der ich hauptsächlich beobachten will und den Versatz durch das Drehmoment der Anbauteile gleiche ich dem Spiel des Auszugs aus, in dem ich den Fokus einfach von der anderen Seite aus anfahre. Wenn ein paar inkrementelle Verbesserungen das Problem in der Zwischenzeit etwas reduzieren, schadet sicher nicht.

  • Bei der erforderlichen Länge von ca. 35 cm, dem geringen Durchmesser u. dem Hebelarm (der Anbauteile) verbiegen sich diese Führungsstangen einfach weil sie zu dünn sind.

    Hast Du das mal ausgerechnet, um wie viel sich die Stangen durchbiegen?


    CS Bernd

  • Hallo Joachim,


    ich vermute dass du zum Fokussieren nicht die gesamte Länge der Stangen brauchst, sondern nur einen kleinen Teil davon. Du könntest in dem unbenutzten Teil der Stangen noch ein oder zwei zusätzliche Lagerungen einbauen, die mit Flach-Profilen mit den anderen beiden Lagerungen verbunden werden. Dadurch wird das Linearlager steifer.


    Gruß

    Michael

  • Moin,


    wie Bernd schrieb, ist es sinnvoll, einmal rechnerisch grob abzuschätzen, welche Durchbiegungen unter den auftretenden wechselenden Lasten und Positionen auftreten.


    Imho reichen die Möglichkeiten diese Tools dafür gutr aus:

    Balkenrechner: Lagerreaktionen, Biegemoment, Spannungen - Strommer
    Kräfte, Momente, Spannungen, Winkel & Durchbiegung statisch (un)bestimmter Träger. Grafische Darstellung: Querkraft, Moment & Durchbiegung.
    www.johannes-strommer.com


    Die Werte und deine Beschreibung legen nahe, dass der größte Teil deiner Lageänderungen aus den Durchbiegungen der Führungsstangen resultiert. (Bis zu einigen 1/10 mm. In jedem Fall Werte deutlich über dem Spiel halbwegs brauchbarer Lager).


    Bei der Konstruktion gibt es imho im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, das Verhalten zu verbessern: Die Einspannung der Führungsstäbe und deren Durchmesser.


    In einem Idealen System (Hut unendlich steif) läge zwischen schlecht in den Endstücken eingepassten, "klappernden" Stangen und fest eingespannten mit Null-Spiel etwa Faktor 4 bis 5. (Loslager bzw. Festlager im Vergleich zu fester Einspannung auf beiden Seiten)


    Wenn, die Stangen, (sehr) stramm in den Alu-Endstücken eingepresst sind, ist das im Prinzip schon die feste Einspannung.

    Die Endstücke sind aber nicht sehr massiv und nur auf den Hutringen aufgeschraubt, der in zumindest einer Achse auch deutlich nachgeben kann.


    =>

    Endstücke aus einem größeren Profil (weniger "höher" [in Stellrichtung], als "breiter" [in Richtung OAZ-Stutzen-Achse] und die Stangen ggf. einkleben. (Eine korrekte Presspassung ist besser). "Breiter", weil ich vermute, dass die Befestigung am Hutring der weichste Punkt ist. Ggf hilft es schon, zwischen dem Haltestück und dem Hutring ein etwa 2mm dickes, möglichst breites Blech einzufügen. ("Stramm" verschrauben oder ggf. verkleben.)


    Und Flex des Hutes im Bereich der Befestigungen reduzieren. Den größten Effekt wirst du erzielen, wenn die Steg-Brettchen/Leisten links und rechts des Schlittens die gesamte Hutring-Breite nutzen.


    Und: jeder mm Länge zählt. 10% kürzere Stangen reduzieren die Durchbiegungen um über 25%

    Wenn der Fokusweg erhalten bleiben muss, kann der Abstand der Lager am Schlitten verkürzt werden. (Was aber die Auswirkungen von Lagerspiel vergrößert. Je besser die Lager, um so unkritischer.)


    Ansonsten dickere Stangen: 10mm Stangen gegenüber 8mm Stangen halbieren annähernd die Durchbiegungen. 12 bringen es auf ca 1/3.


    CS

    Harold

  • Bernd,

    Also, ohne das Du nachgerechnet hast, machst Du so eine Aussage.

    ....jep, um so etwas grob abzuschätzen reicht es oftmals einfach aus auf (meine) ,,paar Jahre" Berufserfahrung zurückgreifen zu können. ;)

    Wenn dann genaue Angaben erforderlich sind kann es auch ausgerechnet werden.


    Zweifel an meinen Aussagen?...dann frag´ doch einfach direkt... ohne Geplänkel.

  • Wenn bei den 8mm Stangen, 35cm lang, beide Enden eingespannt und horizontal ausgerichtet in der Mitte punktuell eine Last von 20N senkrecht nach unten drückt biegen sich die Stangen um 0,06mm durch. Das ist aber auch der Extremfall.


    CS Bernd

  • Stimmt.

    Aber nur wenn die Stangen an beiden Enden fest eingespannt sind.

    Sind sie in Joachims Fall aber scheinbar nicht...


    ....egal, ich kann nichts mehr zum Thema beitragen, ich bin raus.

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