Tubusschellen aus CFK - selbst laminiert

  • Hallo zusammen,

    ich habe die letzten Wochenenden im Keller mit Epoxidharz und Kohlefasern verbracht und dachte mir ich sollte das vielleicht mit Euch teilen. Möglicherweise will ja jemand mal ein ähnliches Schlechtwetterprojekt durchführen...

    Da ich mit meinem Teleskop immer an der Zuladungsgrenze meiner Montierung operiere, ist Gewichtsreduktion für mich ein wichtiges Thema. Daher habe ich nach dem Tubus jetzt die bisherigen Alu-Tubusschellen durch CFK ersetzt.


    Teil 1: Die Formen

    Dazu habe ich mir eine Laminierform 3D-gedruckt, die ich zuvor selbst konstruiert hatte. Die Rohrschelle wird aus zwei identischen Teilen gefertigt, die am Scharnier nachträglich von Hand ausgesägt werden. Die Halbschelle ist in Bild 1 dargestellt, die zugehörige Form in Bild 2. Die Form besteht aus insgesamt 6 Teilen, vier Vierteln für den Unterteil und zwei "Deckeln" die den oberen Teil (Innenseite der Schelle) bilden. Bild 2 zeigt die Schelle in grau, die unteren Formteile in blau und die Deckel in gelb. Die unteren Formteile werden durch Schrauben zusammengehalten.

           

    Das Design sieht eine Einbuchtung vor wo die Schelle später an die Schiene geschraubt wird. Da hier die grössten Kräfte auftreten ist das Teil hier auch lokal deutlich aufgedickt.


    Nach dem Druck der Formteile habe ich diese montiert, so dass ich in die blaue untere Form hinein laminieren konnte. Als Trennmittel habe ich PVA Formtrennlack verwendet. Bild 3 zeigt die untere Form in teilmontiertem Zustand (linke beiden Teile) sowie die beiden Deckel (rechte zwei Teile) nach dem Aufbringen des Formtrennlacks. Bild 4 zeigt ein Detail bei dem ich einen kleinen verbliebenen Spalt zwischen den Formhälften mittels Wachs zugeschmiert habe. Das war an ein paar Stellen nötig, da trotz guten 3D Druckergebnis, das Epoxidharz am Ende auch kleinste Spalten findet... ;)

        


    Um die Formen nachher zu trennen habe ich außen überall Fasen angebracht die mittels eines Schraubendrehers ein Aufhebeln der Formen ermöglichten. Das hat in Summe recht gut funktioniert und auch die Formen kaum beschädigt.

    Ich habe nur einen Satz Formen für alle 4 Teile benötigt - ein paar mehr wären wahrscheinlich auch noch gegangen, aber natürlich leiden die Kunststoffteile bei jedem Entformen doch etwas.

    Teil 2 des Projekts kommt heute Nachmittag ins Forum. Jetzt muss ich erstmal zum Weihnachtsmarkt 8)

    Gruß, Stephan

  • Teil 2: Das Laminieren


    Nachdem die Unterschale aus den vier Teilen zusammengefügt wurde, konnte ich mit dem Laminieren beginnen. Ich habe 4cm breites Uni-Direktionales Kohlefaserband verwendet, da die Hauptbelastungsrichtung auf Zug geht. Im Bereich der Befestigung habe ich es mit +/-45 Grad Gelege verstärkt, so dass dort ausreichend Festigkeit und Steifigkeit gegeben ist, und die Krafteinleitung über die Schraube auch schön gleichmäßig geht.

    Das Kohlefaserband habe ich um die Scharnierachse gewickelt, so dass hier der Faserverlauf nicht unterbrochen ist.

    Bild 5 zeigt die komplette Unterschale mit dem bereits um die Scharnierachse drapierten Gewebebändern, bereit für das Laminieren.

    Dann ging das Laminieren los. Zuerst zwei mal das Gewebeband vom Scharnier nach vorne, dann in der Mitte mit Gelege auffüllen, bis genügend "Fleisch" erreicht ist. Bild 6 zeigt in etwa diesen Zustand. Auf Bild 7 kann man das Detail der Scharnierachse sehen bevor die beiden verbliebenen Lagen nach vorne geklappt und einlaminiert werden. Die Achse selbst habe ich mit Backpapier umwickelt, damit ich sie nach dem Erhärten auch wieder raus bekomme. Sie wird während des Laminierens von Gummis gehalten. Diese Stelle war etwas schwierig in der Handhabung und hier gab es auch gelegentlich Luftblasen. Aber da das Gewebe um die Scharnierachse herum läuft, sind Luftblasen nur kosmetische Defekte.

        


    Dann kam noch eine weitere Decklage auf das ganze und schließlich wurden die beiden Formdeckel aufgebracht. Die Formdeckel komprimieren das Ganze und führen zu einem recht hohen Faser/Harz Verhältnis da das überschüssige Harz aus der Form gedrückt wird. Dazu wurden diverse Klemmen angebracht und das austretende Harz gelegentlich weggewischt (Bild 8). Dann galt es einen Tag Geduld aufzubringen. :rolleyes:

  • Teil 3: Entformen und Nacharbeit


    Nach dem Erhärten des Harzes konnte das Teil entformt werden. Die Deckel konnte ich jeweils gut "abschälen" und durch die Vierteilung der unteren Form gelang auch das meist problemlos. Bild 9 zeigt das Teil bereits weitgehend entformt, nur ein viertel der Unterschale ist noch dran. Auf Bild 10 ist dann das ganze, frisch entformte Teil zu sehen daneben das entgratete und versäuberte "Rohteil".

        


    Da beim Handlaminieren (speziell wenn man das so wie ich nicht professionell macht) gerne mal Luftblasen im Bauteil verbleiben, muss man diese entweder akzeptieren, oder reparieren. Ich habe mich für letzteres entschieden!

    Bild 11 zeigt zwei kleine Luftblasen (ca. 2mm Durchmesser) am Ende der Aufdickung, die ich mit Harz aufgefüllt habe. Nach dem Verschleifen war das i.O.

    Kleinere Luftblasen auf der Oberfläche habe ich ebenfalls aufgefüllt und dann zum Aushärten mit einem Klebeband überklebt. Damit bleibt das Harz wo es sein soll und man muss weniger überschleifen.

    Die Oberfläche hatte ich vorher angerauht, weshalb es jetzt aussieht, als habe das Teil die Masern =O . Ich hatte so versucht, die Oberfläche gut genug hinzubekommen, dass mit einfachem drüberlackieren am Ende eine glatte, porenfreie Deckschicht entsteht. Das hat aber nur mäßig gut geklappt, so dass ich am Ende noch eine Schickt Deckharz aufgebracht habe (kommt im nächsten Teil).


    Im Bereich des Scharniers waren relativ große Luftblasen (siehe Bild 11a unten), weshalb ich mir eine Reparaturform gedrukt habe um das Harz in diesem Bereich zu halten. Ich habe also Harz in die Fehlstelle gefüllt, dann Backpapier drumgewickelt und dann die Reparaturform über das Ende gepackt und alles schön zusammengedrückt (Bild 11b unten). Das hat super geklappt und am Ende sah das Teil manierlich aus.

         


    Dann fehlt nur noch das Finale!

  • Teil 4: Finish und Zusammenbau


    Wie in Teil 3 schon erwähnt, wollte ich eine schöne Oberfläche haben. Da beim Verschleifen aber immer wieder kleine und kleinste Bläschen an der Oberfläche auftauchten blieb mir nur, am Ende eine schöne, dicke Schicht aus Deckharz aufzubringen. Das war nicht so einfach wie gedacht, da das Harz trotz gutem Anschleifens und Entfettens gelegentlich "Fischaugen" bildete. Ich habe mehrere Anläufe dafür gebraucht und nur mit penibelstem säubern war das Ergebnis ok. Wer hier einen guten Vorschlag hat, welches Harz oder welche Vorgehensweise da besser geeignet ist, möge es mir doch bitte sagen.

    Trotzdem war das Ergebnis am Ende relativ gut und bei normalem Hinschauen sieht es echt ok aus:

    Die Kohlefaser-Maserung kommt so halt richtig gut raus :P


    Dann musste ich noch die Löcher in die Anbindungsstellen bohren. Dazu habe ich mit einem normalen Bohrer vorgebohrt und dann mit einem Forstner-Bohrer angesenkt, so dass die Schraube schön verschwindet. Auf der Innenseite habe ich dann noch zwei umlaufende Streifen schwarzen Filz aufgeklebt und damit war die Innenseite soweit fertig.

        


    Das Scharnier hinten habe ich mit der Handsäge ausgespart, so dass die beiden Halbschellen schön zusammenpassen. Die Achse war ein 3mm Gewindestift mit zwei Hutmuttern als Abschluss:


    Zusammengehalten werden die beiden Halbringe durch eine M6 Schraube mit selbstgedrucktem Rändelgriff und einer in einem halbrunden Bock gelagerten Rundmutter (Möbelverbinder):


    Alles Montiert sieht jetzt so aus:


    Bleibt nur noch der Praxistest unter klarem Himmel...

    Die Schellen sind gefühlt extrem steif und wahrscheinlich sogar massiv überdimensioniert. Meine Sorge war, dass sich die Schellen an der offenen Seite beim Anziehen des Rändelrads stark verformen würden. Aber da verformt sich (fast) nix! Echt deutlich stabiler als gedacht. CFK halt :thumbup:

    Also zum Schluss noch die Frage, was habe ich eingespart:

    Eine CFK Schelle ohne Schrauben wiegt 190g. Die vorher verbaute Alu-Schelle kam auf knapp 500g. Damit habe ich pro Schelle rund 300g eingespart, für beide also etwa 600g. Ob das am Ende einen Unterschied macht? Wahrscheinlich nicht, aber Kleinvieh macht eben auch Mist - und Spaß gemacht hat es sowieso.


    Vielleicht hat ja jemand ein ähnliches Projekt schonmal gemacht oder hat es noch vor. Über Kommentare und Tips freue ich mich immer. Außerdem ist die Spiegelzelle auch noch aus Alu - das muss auch irgendwann weg ;)


    Schöne Grüße

    Stephan

  • Hi Stephan,

    In meinem anderen Lieblingsforum haben sich auch ein paar Jungs mit selbstgebastelten CFK beschäftigen.

    Hier mal der Link dazu :


    Unterrohrschutz aus Carbon, Eigenbau, Frage wie?
    Liebe Community Fuhr bislang ein Bike mit geradem kreisrunden Unterrohr und nutzte einen Carbon-Unterrohrschutz (von rockguardz). Hab mir ein neues Bike…
    www.mtb-news.de


    vielleicht findest du da noch brauchbare Tipps.


    VG und DCS


    Sascha

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