Hier mal ein Instandsetzungsbericht ueber ein verunfalltes Celestron 11.
Der Albtraum eines Schiebedachhuettennutzers: Beim Schliessen der Sternwarte auf einmal komische Geraeusche ... das fragliche Schiebedach war in diesem Fall tonnenschwer und motorisch betrieben. Fuer das Teleskop gibt es eine Aussparung, die ausserhalb der Beobachtungszeit mit einer Klappe geschlossen wird. Diese Klappe war irrtuemlich bereits zu, als das Dach auf das Celestron 11 auf einer Sky-Watcher EQ8 zusteuerte.
Als ich an dieser Sternwarte mithalf, eine Saeule einzukuerzen, fiel unser Gespraech auf ein C11, dass eine haessliche Beule habe und ausgebeult werden muesse. So nahm ich das Geraet mit nach Hause.
Erst hier wurde mir klar: Das ist keine kosmetische Operation, sondern ein lebenswichtiges Organ ist in Gefahr. Dieser Patient gehoert schnellstmoeglich in den OP!
Die Delle ist nicht nur unschoen, sie vignettiert auch den Hauptspiegel.
Und noch schlimmer - eine offene Fraktur! Der Spiegel steht vor dem Blech und ist bereits von aussen sichtbar. Wird in die falsche Richtung fokussiert, knirscht es ... ab in den OP mit dem Patienten! Heute abend musste meine Frau arbeiten, ich hatte die Kueche fuer mich alleine ...
Als erstes die Resektion der Schmidtplatte. Natuerlich wurden die Markierungen beachtet, um sie hinterher wieder korrekt einsetzen zu koennen. Bei den modernen Celestrons muss eine Madenschraube, die einen Plastikkopf hat, gelockert werden, damit die Schmidtplatte entnommen werden kann. Dieselbe Schraube wird dann nach dem Einbau wieder SACHTE angezogen. Siehe Inbusschluessel im Bild.
Minimalinvasive Beulentherapie ...
Der erste Versuch war, mit einem kleinen Hammer, der mit einer Gummikappe versehen war, die Beule von innen auszuhaemmern. Hierbei war Vorsicht angesagt, denn der Hauptspiegel war nicht weit weg. Er wurde zunaechst bis zum Anschlag in die rueckwaertige Zelle einfokussiert, um den Abstand zur Beule und dem Hammer zu maximieren.
Doch der Erfolg war nicht messbar. Das war Homoeopathie ... also doch die grosse OP: Entfernen der gesamten rueckseitigen Spiegelzelle!
Sechs Kreuzschlitzschrauben galt es herauszudrehen, wobei die Muttern von innen mit einem 7mm-Maulschluessel fixiert wurden. NATUERLICH war eine Schraube genau unter dem Losmandyschwalbenschwanz, der somit auch entfernt werden musste.
Schliesslich konnte die Zelle mit vorsichtigen Schlaegen eines Holzhammers gelockert und abgezogen werden.
Nach dieser Bollerei wurde mir klar, dass die Nachbarn sich wundern mussten, was ich Freitagabends um halb zehn so treibe. Also erstmal mit dem Tubus in die Werkstatt, die sich in einem Aussengebaeude befindet. Hier konnte ich nach Herzenslust Krach machen!
Ich ziehe den Hut vor den KFZ-Fachkraeften, die ein Auto ausbeulen koennen, nachdem es beim Rueckwaertseinparken von einer Laterne angesprungen wurde. Rueckstandsfrei habe ich das nicht hinbekommen. Wohl aber die Luecke an der Spiegelzelle geschlossen, sodass weder Dreck eindringen kann noch der Hauptspiegel Gefahr laeuft, mit der Delle auf Tuchfuehlung zu gehen.
Das Ergebnis meiner Bemuehungen!
Nun war eigentlich der Wiederzusammenbau dran. Aber ... wo wir schon mal hier sind, habe ich den Tubus gleich noch mit Velour ausgekleidet.
Von daher hatte der Unfall ja auch was Gutes.
Auch konnte ich nun die Optik reinigen. Lauwarmes Wasser mit ein paar Tropfen Spuelmittel wirkt Wunder!
Schliesslich wurde die Zelle wieder mit dem nunmehr ausgebeulten und ausgekleideten Tubus verheiratet. Mit ein paar Fluechen und sanften Faustschlaegen auf den Tubus klappte das sogar.
Ein gluecklicher Hauptspiegel: Vignettefrei und sauber!
Hier nach Einbau der ebenfalls gereinigten Schmidtplatte.
Und jaaaa, was vergessen. Das haette ich besser vor Einbau der Optik gemacht. Die zwei Pimpel, die das Bajonett des Deckels halten, muessen zur Entnahme der Schmidtplatte entfernt werden. Das gelingt selten zerstoerungsfrei. Ich bohre da immer 3.3mm vor und schnippel ein M4-Gewinde rein, wo dann kurze Schrauben eingedreht werden. M4x6 oder M4x8 wie hier. Eklatanter Vorteil: Diese Schrauben lassen sich bei kuenftiger Wartung einfach rausdrehen. Die Abdeckung sitzt.
Post-OP und Reha
Sieht der Patient nicht gluecklich aus?
Ein erster Belastungs-EKG auf EQ6 verlief vielversprechend. Die Optik wurde kollimiert, aber der Patient ist noch benommen ... der Tubus muss erst auskuehlen. Nachdem mir die Sterne eines klaren Himmels waehrend der OP einen Stinkefinger zeigten (ich konnte das offene Teleskop ja nicht so liegenlassen), fing es jetzt beim Sterntest natuerlich an, zuzuziehen. Es zeigen sich die typischen Schwaenze an den Sternen, die durch den Warmluftsee oben hinter der Schmidtplatte erzeugt werden und alles war langsam am wabern.
Also lassen wir das C11 mal in der Sternwarte stehen, bevor die Kollimation bei der naechsten Gelegenheit beendet werden kann! Immerhin sah ich den Orionnebel und ein paar Details auf dem Mars, wobei das Bild aber noch langsam waberte. Dies war mit einem 32mm-Erfle (2"), Mehr hatte nach dieser groben Kollimation noch keinen Sinn.
Operation gelungen, Patient lebt!