Fernglastour am Herbsthimmel

  • Hallo,


    von mir gibt es nun auch wieder einen Bericht, diesmal mit ganz kleiner Ausrüstung.


    Allzu oft war ich in letzter Zeit nicht draussen, bis auf ein paar Planetensessions auf dem Balkon. Aktuell halte ich mich in Remagen auf, nicht weit von der Ahrmündung (gegenüber Linz am Rhein).


    Ich habe zumindest mein kleines Fernglas (Nikon Monarch 8x36 mit 7 Grad Gesichtsfeld) mit Fotostativ und Stativadapter mitgenommen und es Sonntagabend bei meinen Eltern aufgestellt. Die letzten Tage habe ich damit den Mondaufgang genossen und Jupiter und seine Monde angeschaut.


    Durch die Lage im Rheintal und die Bebauung war es hier auch vor ca. 30 Jahren, als ich mit der Astronomie begann, schon nicht gerade dunkel. Back to the roots gewissermaßen. Am kritischsten sind nach wie vor die umliegenden Häuser mit Beleuchtung und Bewegungsmeldern, deshalb stellte ich mich auch nicht mitten in den Garten sondern blieb auf der Terasse mit Blick in Richtung Osten. So konnte ich die meisten hell erleuchteten Fenster gut ausblenden. Die schwächsten zu erkennenden Sterne (Pegasus und kleiner Wagen) lagen zwischen ca 4,5 und 5, letzteres mit gutem Willen, aber ich wollte mich unter diesen Bedingungen nicht lange damit aufhalten, Grenzgrößen zu bestimmen. Alle Objekte waren im Laufe der Zeit deutlicher zu sehen, weil aufgehend.


    Gegen 17:30 habe ich vom Balkon aus schon einen kleinen Blick auf Jupiter geworfen, Callisto war gut zu sehen; Io und Europa waren nahe am Jupiterrand zu erkennen.


    Danach habe ich zwischen ca. 18:45 und 19:30 die kleine Session auf der Terasse gemacht. Zum Aufsuchen nutzte ich den Deep Sky Reiseführer und Stellarium auf dem Smartphone im Rotlichtmodus.


    Angefangen habe ich nochmal mit Jupiter, dann bin ich zu den Plejaden und Melotte 20, die sich beide sehr schön vom Hintergrund abhoben. Melotte 20 finde ich mit der Zeit immer faszinierender; die markantesten Sterngruppen nenne ich mittlerweile die Tabakspfeife um Mirfak und darunter der kleine Wagen mit langer Deichsel ;)


    Hoch zu h und chi, der innerhalb der rund 45 Minuten deutlich an Brillianz gewann, trotz ordentlicher Aufhellung. Darunter war Tr 2 gut und deutlich zu erkennen. St 2 - das Muskelmännchen...? Wo soll das nur sein? Nichts zu sehen. Ein wenig höher - da bin ich schon in der Cassiopeia und da ist noch was! Nachgeschaut: NGC 663, schön deutlich! Wieder zurück - immer noch kein Muskelmännchen. Wieder in die Cassiopeia: NGC 654 war nicht zu sehen; M 103 eher zu ahnen (oder waren das nur zwei Sterne?).


    Ein paarmal hin und her zwischen Perseus und Cassiopeia, dann nochmal zu h und chi und Tr 2; mal etwas nach Links. Ach da ist es ja: St 2!!! Vielleicht war es Anfangs noch zu hell, habe mich jedenfalls ziemlich schwer getan bei meinem ersten Versuch. Ich hatte auch die Ausdehnung erst nicht richtig nachgelesen und hatte was "kleineres" von der Ausdehnung her erwartet.


    Über dem Horizont ging nun Mars auf, hübsch rot - sch* Bewegungsmelder!!! War nur kurz an, danke. Zur Andromedagalaxie, erwartungsgemäß war nur der helle Kern zu sehen. M 33 war tatsächlich als extrem schwache Aufhellung zu erkennen - wieder ein Bewegungsmelder!!!


    Zum Ende hin wollte ich endlich Uranus (wieder)finden, die letzten Tage war der Mond zu hell und ich hatte die Sterne im Umfeld noch nicht gut erfasst. Diesmal lief es besser. Von den Plejaden nach rechts zu der Struktur, die ich "den kleinen Löwen" getauft habe und nochmal weiter zu den beiden "Astgabeln", in der unteren hob sich ein türkisfarbenes "Sternchen" ab. Toll und wie im letzten Jahr fühlte ich auch wieder eine gewisse Ehrfurcht davor, dass ein so grosser Planet nur noch so winzig zu sehen ist!


    Weil's so schön war, machte ich zwischendurch immer wieder die "Sternhaufentour" zwischen Stier, Perseus und Cassiopeia. H und chi war gegen Ende direkt mit bloßem Auge sichtbar.


    Einen hatte ich aber noch: Kembels Kaskade. Ich hatte zuerst Bedenken, weil in der starken Aufhellung in dieser Richtung kaum schwächere Sterne zu sehen waren. Ich fand sie aber erstaunlich schnell und fand die Sternenkette trotz Aufhellung hübsch anzusehen.


    Damit endete dann schon eine kurze, aber trotz aller Widrigkeiten sehr schöne und entspannende Fernglastour.


    Viele Grüße und CS,

    Klaus

  • Hallo Klaus,


    danke Dir für Deine ausführliche Schilderung.


    Das bestätigt meinen Ansatz, dass es auch lohnend sein kann, mal mit kleinerem Besteck zu operieren.

    Ich war gestern zu faul, einen Dobson auf die Terrasse zu hieven, nur damit er 30 Minuten später komplett
    von Tau überzogen ist. Also habe ich mein uraltes 10x50 Hanimex auf den neu gebraucht erworbenen Berlebachhalter
    geschnallt und das Ganze aufs Manfrotto Stativ gepackt.
    Die Plejaden waren eine wahre Pracht, ich habe dort selten so viele der schwächeren Sterne gesehen.


    CS Jochen

    Meine Ausrüstung: GSO Dobson 8", Skywatcher Heritage 150p Virtuoso GTi, Canon EOS 90D, Canon EOS 200D, Sony RX 100M4

  • Hallo Klaus,


    vielen Dank, dass du uns auf deine Tour mitgenommen hast.

    Durch Fernglasbeobachtungen habe ich die Sternhaufen lieben gelernt. Vorher waren mir die Schnuppe. Heute kaum zu glauben.


    Deine Beobachtung zu M 103 kann ich bestätigen, in kleinen Ferngläsern und/oder bei ungünstigen Bedingungen ist mitunter nicht mehr zu sehen als zwei Sterne. Wirklich erstaunlich, dass M 103 es in den Messierkatalog geschafft hat, NGC 663 dagegen nicht. Der Haufen ist wirklich einfacher zu sehen und ist in den Optiken von früher sicher nicht in Einzelsterne aufzulösen gewesen.

    Bei Stock 2 habe ich immer zwei Muster, die ich erkenne, das kleinere richtige ... und mit etwas Fantasie noch ein viel größeres nach Osten ausgedehnteres Muster, bei dem der Sternhaufen ASCC 8 mit eingeschlossen ist.

    Ich weiß, was du mit Tabakspfeife bei M 20 meinst, die markante schön geschwungene Sternkette. Da sehe ich auch jedes Mal etwas neues Schönes. Ich kann deine Freude hier gut nachvollziehen.


    Beste Grüße


    Rene

  • Hallo Klaus,


    ich habe mich mal inspirieren lassen und habe den klaren Himmel genutzt, mein 8,5x42 FG auf ein Stativ gepackt und deine Tour teilweise nachbeobachtet. Danke dir also für deinen wunderbaren und eben auch inspirierenden Bericht. Es ist immer wieder faszinierend, wieviel Spaß man mit diesen kleinen Gläsern haben kann.


    Gruß Holger

  • Servus Klaus,


    vielen Dank für den schönen Bericht! Das Muskalmännchen kannst du eigentlich nicht verfehlen, wenn du dich an der auffälligen, gebogenen Sternenkette entlanghangelst, die direkt nördlich von h Persei (dem westichen der beiden) losgeht. Nimm dann die beiden letzten Sterne der gebogenen Kette und gehe im rechten Winkel zu diesen von der Biegeung weg (also nicht in Richtung Mittelpunkt der Bogens, sondern nach "außen" weg, also in Richtung Nord-Nordost. Im Fernglas ist das besonders einfach, weil ka nichts auf dem Kopf steht und man den ganzen Bogen mit im Gesichtsfeld hat.

    Im Telelskop kann man die gebogene Kette entlanghoppeln und am Ende richtig quer abzweigen ;-). Am Ende ist der Bogen ein bisserl im Zickzack nach Norden gehend, aber mehrere Sternpaare sind gleich ausgerichtet, sodass sie immer im rechten Winkel auf Stock 2 zeigen. Ist man einmal die Kette entlang gegangen, findet man das "Mantschgerl" immer sofort (finde ich).


    Es ist eh faszinierend, wie viele Offene Sternhaufen man im Fernglas in der Cassiopeia sehen kann. Es macht Spaß, da die Milchstraße entlangzuwandern.


    Die Pfeiffe in Melotte 20 habe ich noch nicht entdeckt. Ich sehe eher eine gewundene Kette, die mich an das Sternbild Draco erinnert, an dessem Schwanz aber angedeutet "Miniplejaden" stehen. Das meinst du vielleicht mit dem Kleinen Wagen in Melotte 20?! Bei "meinem Minidrachen" bilden Mirfak, 34 Per und HD 21362 dem "Kopf des Drachens". Den Drachen (oder Lindwurm oder Schlange) sehe ich am besten mit bloßem Auge. Mit dem Fernglas kommen viele Sterne dazu. Ich muss da mal auf die Pfeiffe achten.


    Ich finde es spannend, wie jedes Gehirn andere Muster zu erkennen meint. Wir haben da einen netten Algorithmus eingebaut, weshalb wir auch in allen Möglichen Dingen meinen, Gesichter zu erkennen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo und lieben Dank für die vielen positiven Rückmeldungen! Ich hätte gar nicht mit so vielen Reaktionen gerechnet!


    Ich bin auch immer wieder überrascht, wieviel man mit einem kleinen Fernglas sehen kann, vor allem wenn es ruhig auf einem Stativ steht.


    Ich finde es auch interessant, wer welche Sternenmuster wie zusammenfasst (musste gerade auch wieder an den Tweet zum Wild Duck Cluster denken) und wie Wahrnehmung funktioniert. Sternbilder sind ja auch in unterschiedlichen Kulturen anders benannt und zusammenfasst. Ich habe das für Melotte 20 versucht, einzuzeichnen; Bild ist aus Wikipedia; kann gerade leider nur mit Smartphone arbeiten.

    Melotte 20 – Wikipedia
    de.m.wikipedia.org



    Ich denke im Nachhinein, das Problem beim Muskelmännchen lag vor allem in der falschen Einschätzung seiner scheinbaren Größe am Himmel (hatte das erst im zweiten Schritt nochmal nachgelesen) Ich habe zunächst nach etwas deutlich kleinerem Ausschau gehalten. Auch eine Frage der Wahrnehmung ;)


    Viele Grüße und CS,

    Klaus

  • Hallo Klaus,


    schöne Himmelstour:thumbup:


    Mit meinem Nikon Aculon 10-22x50 ist zwar, vom städtischen Balkon aus, nicht so viel zu sehen, aber Jupiter mit seinen galileischen Monden ist schon sehr beeindruckend im Fernglas.


    CS & VG

    Stefan

    :star: Deep Sky: Sky-Watcher QUATTRO 150P | TS PHOTOLINE 106/700 f6.6 | ASKAR FRA300 Pro 60mm f/5 | Samyang 135mm F2.0 ED UMC :ringed_planet: Mond, Planeten (,Sonne): Sky-Watcher Skymax Mak-Cas 150/1800 | Sky-Watcher Skymax Mak-Cas 102/1300 :sun_with_face: Sonne: Lunt LS60MT Ha B1200 :camera: Kameras: ZWO ASI533MC Pro, ZWO ASI178MM, ZWO ASI178MC, ZWO ASI585MC, QHY 5III 715C :magnet: Autoguiding: Svbony SV106 | QHY 5III 178c :telescope: Montierung: iOptron CEM26 :high_voltage: Powerbank: FOX HALO 96K Power Pack :globe_showing_Europe_Africa: Webseite: https://www.junger.net/

  • Servus Klaus,


    danke für das Einzeichnen der Muster. Ich habe in das Foto mal "meinen" Lindwurm eingezeichnet:


    Oben ist der Kopf mit Mirfak, unten links der Schwanz mit den "Miniplejaden" (habe nur die drei hellsten mit dem grünen Strich erwischt. Man kann den Schwanz auch verlängern (sind ja noch zwei sehr helle Sterne dafür da) ;-).


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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