Ganz sicher ein etwas provozierender Titel, aber dennoch etwas, was ich seit dem Kauf meines Canon 15x50IS im Jahre 1998 weiss.
Damals habe ich mir gesagt, nie mehr ein Fernglas ohne Bildstabilisierung.
Allerdings war ich mir da auch sicher, dass dies erst der Anfang der Technologie ist und es nun Schlag auf Schlag gehen würde.
Das Seherlebnis und die Freiheit ohne Wackeln und ohne Stativ war für mich solch ein Zugewinn an Beobachtungsfreude - nicht nur bei Nacht - dass ich mir sicher war, alle Hersteller würden nun auf den Zug aufspringen und versuchen sich gegenseitig zu überbieten.
Weit gefehlt, denn heute, über 20 Jahre später ist das Angebot nur unwesentlich gewachsen, ganz speziell für den Astrobereich, da die Stabi Gläser eher für den Sport und Freizeitbereich konzipiert werden, und da will man wenig Gewicht und braucht wenig Öffnung.
Kurze Zeit nach dem 15x50 hatte ich mir auch noch das 10x42 gekauft, aber recht schnell wieder abgegeben.
Größe und Gewicht waren fast gleich, aber die Beobachtungen mit 15x sind doch wesentlich beeindruckender als mit 10x.
Mit der Zeit habe ich es aber immer mehr vermisst und es mir nun erneut gekauft, zusammen mit dem Zeiss 20x60 besitze ich nun also die 3 meiner Meinung nach interessantesten Stabil Gläser.
Wie es dazu kam, warum ich diesen Weg ging und wo die Unterschiede, Vorteile und Nachteile liegen und warum sich die 3 Gläser so gut ergänzen, erzähle ich euch gleich.
Zuerst mal Bilder und Fakten
Die Daten wie Austrittspupille, wahres Gesichtsfeld Eigengesichtsfeld Gewicht (selbst gewogen)
Canon 10x42 IS 4,2mm 6,5° 60° 1120g
Canon 15x50 IS 3,3mm 4,5° 60° 1200g
Zeiss 20x60 S 3,0mm 3,0° 60° 1650g
Wie viele wissen, habe ich ja lange Jahre auf mein ultimatives Beobachtungsinstrument in Form des APM 150 SD hingearbeitet.
Es ist nach wie vor mein Traumgerät und lässt keine Wünsche offen.
Der Plan war auch, dieses Instrument auch mobil einzusetzen, was generell auch möglich ist, aber der Aufwand ist so hoch, dass ich ihn scheue.
Deshalb habe ich gerade kürzlich entschieden es (fast) nur noch im heimischen Garten zu benutzen und habe dafür extra einen entsprechenden Beobachtungsplatz gebaut.
Der Landhimmel in meinem kleinen Dorf ist sehr gut, die Milchstrasse ist regelmäßig mit bloßem Auge sichtbar und da ich an einem Südhang wohne habe ich freie Sicht bis fast zum Horizont von Norwest bis Nordost.
Das ist sicherlich bei weitem nicht perfekt, speziell im Vergleich zu dem, was in den Alpen möglich ist, aber die Schmerzgrenze für etwas bessere Bedingungen das ganze Geraffels zu transportieren ist inzwischen sehr hoch.
Was also tun.
Der Erste Gedanke war natürlich ein kleineres 90° SD Bino mit 120 oder 100mm
Das bedeutet aber auch ein weiteres Stativ, einen weiteren Fluidhead, einen weiteren Satz Okulare (meine sind ja alle Parfokal und Gewichtsgleich auf 2" für das 150er umgebaut) und vor allem wären meine absoluten Lieblingsokulare, das 17mm Ethos und das 32mm Kasai nicht nutzbar.
Für viel Geld und immer noch viel Geschleppe hätte ich auch Angst bei jeder Beobachtung zu denken "wie toll wäre das jetzt mit dem 150er"
Es gibt tolle geradesichtige Gläser, das APM 25x100ED oder auch das Nikon 18x70 - ich hatte sie beide und kenne deshalb auch ihre Nachteile.
Ich bin ein sehr bequemer Mensch, ich bastle zwar viel und gerne an meiner Ausrüstung herum, aber primär um sie zu optimieren um mich dann beim Beobachten nicht mit unzulänglichen Dingen herumschlagen zu müssen.
Sehr viel Spass hat mir immer das Canon 15x50IS gemacht, das ich schon über 20 Jahre besitze, so lang wie kein anderes Instrument.
Natürlich ist men begrenzt, weil man nur eine begrenzte Öffnung hat und auch keine Okulare wechseln kann.
Dafür ist der ease of use im verstellbaren Liegestuhl unerreicht, und darum geht es mir halt auch.
Beim APM wechsle ich Okulare, um die Vergrößerung zu ändern, warum das nicht für Handferngläser weiter denken und zum Wechsel der Vergrößerung die Ferngläser wechseln?
Diese Gedanke ging mir im Kopf herum, als mir ein Sternfreund, der auch die Canon 10x42 und 15x50 besitzt von seinem Zeiss 20x60S vorgeschwärmt hat, das mir über die Jahre auch immer mal wieder die Sinne vernebelt hat, ich mich aber nie zum Kauf durchringen konnte.
Da es gerade ein günstiges Angebot gab habe ich zugeschlagen und bin von dem Glas auch völlig hin und weg.
Von da war es dann nur noch ein kleiner Schritt zum dritten Glas und den Vergrößerungen 10x 15x und 20x
Was sind nun die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der 3 Gläser.
Das Eigengesichtsfeld it mit 60° bei allen zum Glück gleich, und für mich als 100° Junkie akzeptabel
Auch der Stabilisator ist absolut vergleichbar, manchmal habe ich das Gefühl das Zeiss packt besser zu, manchmal denke ich die Canon sind stabiler.
Auf jeden Fall sind die Unterschiede nicht der Rede wert.
Die Beiden Canons sind fast gleich schwer und gleich groß
Das Zeiss ist länger, dafür schlanker und wiegt 500g mehr.
Es sieht schwerer aus als es ist und es fühlt sich auch leichter an als es ist.
Ich merke die 500g Gewichtsunterschied kaum auch weil es für mich bequemer zu halten ist als kurzen und dicken Canons.
Da ich diese Gläser fast immer mit aufgestützen Ellbogen nutze geben sie sich in der Handhabung nicht sehr viel.
Mit 10x und 6,5° lässt sich hervorragend in der Milchstrasse spazierengehen, das Bild ist durch die 4.2mm AP hell und knackig.
Der Mond ist aber etwas klein und die hellen Deppskyobjekte sind zwar zu sehen, bleiben aber (für mich) uninteressante smudges.
Das 15x50 packt da schon anders zu, der Himmel wird durch AP 3.3mm dunkler, das Feld durch 4.5° enger, aber der Mond macht nun deutlich mehr her.
Auch ein M13 und M31 deutliche Unterschiede, man erkennt wesentlich mehr.
Der Sprung mit dem Zeiss 20x50 ist nochmal genau so heftig, die Details bei den Mondkratern, speziell am Terminator sind jetzt schon richtig gut.
Durch AP3 wird es spürbar dunkler und mit 3° sucht es sich schon schwieriger.
Aber Deepsky Objekte zeigen jetzt richtig was sie drauf haben, man spürt auch deutlich, dass man nochmal 10mm mehr Öffnung hat.
Meine Erfahrungen und Vergleiche sind noch sehr jung, ich freue mich aber schon damit aus dunklen Ecken heraus zu beobachten.
Ich fühle mich endlich richtig angekommen und habe meinen Seelenfrieden gefunden.
Viele Erfahrungen muss man selbst machen, oft hilft ein Denkanstoß von einem anderen Sternfreund und man muss auch mal die eingetretenen Pfade verlassen und etwas unkonventionelles probieren.
Grüße Jochen